Aus der Hinrunden-Analyse die richtigen Schlüsse ziehen

Video- und Datenanalyse spielen im Profibereich nicht umsonst eine große Rolle. Die Teams beschäftigen häufig eine Vielzahl an Expert*innen für die verschiedenen relevanten Bereiche. Sie sollen dabei helfen die Leistungsfähigkeit einzelner Spieler*innen und ganzer Mannschaftsteile zu optimieren. Auch im Amateurfußball gibt es inzwischen einige Möglichkeiten, um an hilfreiche Informationen zur Standortbestimmung der eigenen Performance zu gelangen.

Relevante Daten erheben und auswerten

Im Idealfall notieren Trainer*innen sorgfältig die markanten Ereignisse der Spiele. Zeitpunkt der (Gegen-)Treffer und Ort der Vorlage sowie des tatsächlichen Abschlusses sind dabei besonders interessant. Daraus lassen sich nämlich schon einige wichtige Fragen beantworten:

1. Wie lang braucht mein Team, um ins Spiel zu kommen? Zu welchen Zeitpunkten sind wir besonders anfällig?
2. Wo liegen die räumlichen Schwachstellen in der Defensive?
3. Wo sind unsere Assist-Zonen? Welche weitere Zonen könnten effektiver genutzt werden?
4. Wie stark sind wir in der "Golden Zone" vor dem Tor? Gibt es dabei einen Zusammenhang mit den Assist-Zonen?

Um die erhobenen Daten optimal nutzen zu können, lohnt es sich, die Zahlen und Notizen bildlich darzustellen. So können die Erkenntnisse letztendlich auch für die Spieler*innen nachvollziehbarer dargestellt und präsentiert werden.

Die Assist-Map der dargestellten Mannschaft zeigt deutlich, dass mehr Vorlagen von der rechten als von der linken Seite geliefert wurden. In diesem speziellen Fall hängt das vor allem damit zusammen, dass die rechte Flügelspielerin Rechtsfuß ist und gerne bis zur Grundlinie geht, während auf der linken Außenbahn ebenfalls eine rechtsfüßige Spielerin agiert, die sich hingegen "invers" verhält – also mit dem Ball zur Mitte zieht und selbst den Abschluss sucht.

Die zugehörige Abbildung der tatsächlichen Treffer-Orte gibt Aufschluss über die Besetzung der "Golden Zone". In diesem Fall ist deutlich zu erkennen, dass die torgefährlichen Räume vor allem im zentralen Bereich unmittelbar vor dem Tor sind. Je größer die Distanz zum Tor, desto breiter ist der torgefährliche Bereich aufgefächert.

Daten sammeln und in Einzelgesprächen präsentieren

Dank des Online-Spielberichts auf FUSSBALL.DE können Trainer*innen auch die Einsatzzeiten ihrer Spieler*innen nachhalten. Diese Daten sind nicht nur für die betreffenden Mannschaftsteile relevant, sondern helfen auch den Coaches bei der Selbstreflektion. Habe ich alle Spieler*innen fair behandelt? Wer hing in der Hinrunde etwas hinterher und benötigt in der Vorbereitung auf die Rückrunde vielleicht etwas mehr Unterstützung? Wie kann ich dafür sorgen, dass Spieler*in XY zu mehr Einsatzzeit kommt?

Darüber hinaus können Spieler*innen auf einer Position anhand der Einsatzzeiten in Kombination mit den gelieferten Scorer-Punkten miteinander verglichen werden. Ein Beispiel:

Stürmer A hat bei zehn Einsätzen siebenmal von Anfang an gespielt, wurde dreimal eingewechselt und kommt durchschnittlich auf eine Spielzeit von 70 Minuten pro Spiel. In dieser Zeit sind ihm sechs Treffer und eine Vorlage gelungen. Sein Sturmpartner kommt in zehn Spielen auf neun Startelf-Einsätze, wurde einmal eingewechselt und hat so im Schnitt 84 Minuten auf dem Platz gestanden – dabei jedoch "nur" fünfmal getroffen und kein Tor vorbereitet.

Im Einzelgespräch mit Stürmer A wird nun wichtig sein, nachvollziehbar erläutern zu können, weshalb sein Sturmpartner trotz der vermeintlich geringeren Effektivität mehr Spielzeit erhalten hat. Außerdem gilt es, dem Spieler zu vermitteln, was er selbst tun kann, um zukünftig noch mehr Einsatzzeiten zu bekommen.

Planvoll in die Vorbereitung starten

Nach der Analyse und der Ergebnispräsentation an Mannschaft und Einzelspieler*innen beginnt die Arbeit auf dem Platz. Die Vorbereitung steht an und es gilt nun, die Erkenntnisse aus der Hinrunde sinnvoll zu nutzen.

War das Team besonders anfällig in den Schlussminuten einer Halbzeit, könnte das beispielsweise mit Fitnessproblemen zusammenhängen, die im Winter behoben werden können. Hat die Mannschaft auffällig oft Gegentreffer über eine bestimmte Seite kassiert? Dann sollte am Anlaufverhalten und der Sicherung auf der betreffenden Seite gearbeitet werden. Gibt es in der Offensive eine auffällig starke Seite? Dann werden eure Gegner das vielleicht auch aus der Hinrunde mitgenommen haben und sich für das Rückspiel entsprechend darauf vorbereiten. Ergreift also Maßnahmen für mehr Variabilität im Angriff und probiert in der Vorbereitung neue Konstellationen und Spielsysteme aus.

So bleiben eure Spieler*innen stets gefordert und entwickeln sich in verschiedenen Bereichen immer weiter, anstatt sich an "Schema F" zu gewöhnen und unflexibel das immer gleiche Programm abzuspulen.