Schnell bis zum Schluss

Häufig wird die zurückgelegte Laufdistanz eines Spielers oder einer gesamten Mannschaft als aussagekräftiger Indikator für den Fitnesszustand herangezogen. Studien belegen jedoch, dass die absolute Laufleistung die athletischen Anforderungen im Fußball nur unzureichend beschreibt. Vielmehr ist es wichtig, über die gesamte Spieldauer hinweg wiederholt maximale Sprintleistungen abrufen zu können – eine Fähigkeit, die in den Sportwissenschaften als Repeated Sprint Ability (RSA) beschrieben wird. Dr. Lutz Herdener ist Experte für Konditionstraining und stellt RSA vor.


Fußballspezifisches Athletiktraining

Sowohl die Diagnostik als auch das Training der konditionellen Fähigkeiten im Fußball hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Mit zunehmender Komplexität des Spiels sind auch im athletischen Bereich verschiedene Aspekte näher beleuchtet worden. Wurden die zentralen konditionellen Fähigkeiten Ausdauer und Schnelligkeit früher noch isoliert betrachtet, so zeigte sich bald, dass diese Begriffe weiter differenziert werden mussten. Hieraus ergaben sich Begrifflichkeiten wie Schnelligkeits- oder Lang-, Mittel- und Kurzzeitausdauer. Inwieweit sich diese Begriffe voneinander unterscheiden, lässt sich nicht allgemeingültig sagen, da es verschiedene Definitionen gibt. Dies ist im ersten Schritt aber auch nicht notwendig, da man sich als Trainer letztlich selbst mit den leistungsbestimmenden Faktoren des Spiels auseinandersetzen sollte.

So kann man sein Training entsprechend seinen Zielstellungen, dem Leistungsniveau der Spieler sowie der taktischen Ausrichtung gestalten. Ausgehend von den Daten verschiedener Spielanalysen zeigt sich, dass ein Spiel nicht nur vom ständigen Wechsel zwischen hoch- und geringintensiven Belastungen geprägt ist, sondern auch, dass das Spieltempo mit zunehmender Spieldauer im Regelfall abnimmt. Dies ist nun sicherlich keine neue Erkenntnis, aber es stellt sich die Frage, wie genau sich diese Reduzierung des Spieltempos bemerkbar macht. Es fällt auf, dass die einzelnen hochintensiven Aktionen nicht nur mit weniger Tempo ausgeführt, sondern die Pausen zwischen den Aktionen auch wesentlich länger werden. Die Spieler benötigen also mehr Erholungszeiten zwischen den kurzen Sprints und Antritten. Das lässt sich vor allem vor allem bei Offensivmaßnahmen erkennen, bei denen hochintensive Aktionen letztlich weniger vom Gegner bestimmt sind, als vielmehr von dem eigenen Ermessen. Überträgt man dieses Prinzip der sich wiederholenden hochintensiven Aktionen auf fußballtypische Laufleistungen, so verdeutlicht der Begriff der Repeated Sprint Ability die wesentlichen Punkte der genannten Anforderungen sehr gut.


Das Training der RSA

Die Trainingsansätze der RSA sind vielfältig, da man sowohl die benötigte Regenerationszeit als auch die Sprintleistung optimieren kann. Letztlich ergeben sich verschiedene leistungsrelevante Komponenten, welche sich mittels unterschiedlicher Verfahren trainieren lassen. Dabei zeigt sich, dass sich die Methoden von der typischen Belastungsgestaltung (Stichwort: vollständige Erholung) eines klassischen Schnelligkeitstrainings unterscheiden:

Auf den ersten Blick ist es nicht unbedingt nachvollziehbar, dass eine Verbesserung der grundlegenden Ausdauerfähigkeit die wiederholte Schnelligkeitsleistung verbessert. Betrachtet man aber die Ergebnisse mehrerer Studien, so zeigt sich, dass Sportler mit einer guten Grund- lagenausdauer bei wiederholten hochintensiven Belastungen weit weniger Leistungseinbußen haben als klassische Sprintertypen, welche zwar bei den ersten Sprints zu den schnellsten Spielern gehören, dann aber sukzessive und unverhältnismäßig schnell in der Schnelligkeitsleistung nachlassen. Verschiedene Studien zeigen, dass die Grundlagenausdauerfähigkeit und die Repeated Sprint Ability miteinander positiv korrelieren, also in einem direkten Zusammenhang stehen. Die klassischen Verfahren des Grundlagenausdauertrainings greifen auch hier, sodass Belastungen ab 40 Minuten mit geringem, mittlerem oder intervallartigem Intensitätscharakter zu einer Verbesserung der aeroben Kapazität führen. Somit kann der erste Baustein zu einer Verbesserung der Repeated Sprint Ability bereits zu Beginn der Saisonvorbereitung gelegt und im weiteren Saisonverlauf durch entsprechend gestaltete Spiel- und Übungsformen stabilisiert werden.

Auch wenn die Rolle von Laktat in den letzten Jahren kontrovers diskutiert und seine Bedeutung relativiert wurde, so ist es auch weiterhin ein legitimer und wirkungsvoller Ansatz, die Laktatshuttle und –puffersysteme zu trainieren, um bei hochintensiven Belastungen die auftretenden Leistungseinbußen zu minimieren. Die wesentlichen Effekte dieser Trainingsmethode sind einer Erhöhung der Monocarboxylattransporter zuzuschreiben, welche das in der Arbeitsmuskulatur anfallende Laktat in Bereiche transportieren, wo es verstoffwechselt und zur Energiegewinnung genutzt werden kann.

Kreatinphosphat ist primärer Energielieferant der ATP-Resynthese und spielt bei wiederholten hochintensiven Belastungen eine zentrale Rolle. Somit kann die Speichergröße und die damit verbundene Resynthesegeschwindigkeit von Kreatinphosphat als limitierender Faktor betrachtet werden. Vergleicht man verschiedene Trainingsmethoden, so weisen solche mit zweiminütigen, hochintensiven Belastungen und nur einminütiger Pause bei sechs bis zehn Wiederholungen die besten Adaptationseffekte hinsichtlich der Kreatinphosphat-resynthese auf. Im Gegensatz zu anderen Trainingsmethoden ergibt sich durch die systematische Entleerung der Phosphokreatinspeicher ein entsprechend hoher Superkompensationseffekt.

Die anaerobe Kapazität beschreibt den Anteil der Energiegewinnung, welcher unter unzureichender Sauerstoffzufuhr, wie sie bei kurzen hochintensiven Belastungen typischerweise auftritt, generiert wird. Ein Vergleich verschiedener Trainingsmethoden zeigt, dass kurze hoch- intensive Intervalle von 20- bis 30-sekündiger Dauer mit vier- bis sechsminütigen Pausen, die besten Effekte bezüglich einer Verbesserung der anaeroben Kapazität aufweisen. Studien haben ergeben, dass gerade bei kurzen, hochintensiven Belastungen eine lautstarke Motivation zu höheren Intensitäten und in diesem Fall auch zu besseren Trainingsergebnissen führt.


© Philippka

Mechanismen der Energiebereitstellung

Damit ein Muskel kontrahieren kann, benötigt er Energie. Diese Energie gewinnt der Körper durch die Spaltung von Adenosintriphosphat (ATP). Da der ATP-Vorrat im Muskel begrenzt ist, muss ATP fortlaufend ersetzt werden. Diese Resynthese erfolgt auf drei Wegen:

  • anaerob alaktazid (über Kreatinphosphat)
  • anaerob laktazid (über Glukose)
  • aerob (über Glykogen und Fette)

Bei der anaerob-alaktaziden Energiebereitstellung wird das im Muskel gespeicherte Kreatinphosphat gespalten. Die Bereitstellung verläuft anaerob (ohne Sauerstoff) und alaktazid (ohne nennenswerte Laktatproduktion), funktioniert jedoch nur wenige Sekunden. Der zweite Resyntheseweg ist der anaerob-laktazide, welcher zwar auch anaerob verläuft, aber mit einer Laktatproduktion verbunden ist. Bei hoher allgemeiner Belastung reicht die Energie für 45 bis 90 Sekunden. Bei Aktivitäten von mehr als zwei Minuten wird vor allem die aerobe Energiegewinnung genutzt. Sie erfolgt durch die Verbrennung von Kohlenhydraten (bis ca. 60 Minuten) und Fetten. Welcher Weg stärker genutzt wird, hängt von der Belastungsintensität, der Dauer der Belastung und ihren Pausen bzw. Unterbrechungen ab.


Fazit

Die Repeated Sprint Ability unterscheidet sich durch ihren engen Zusammenhang mit den Ausdauerfähigkeiten grundlegend von der klassischen, einmaligen Schnelligkeitsleistung. Gerade Spieler mit einer hohen einmaligen Schnelligkeitsleistung haben häufig einen hohen Ermüdungsindex, wenn mehrere hochintensive Belastungen aufeinander folgen. Die Ausprägung der jeweiligen Fähigkeiten sowie die Wahl der Trainingsmethode zur Verbesserung der jeweiligen konditionellen Fähigkeit gilt es, im Zuge einer ganzheitlichen Trainingsgestaltung und -entwicklung abzustimmen.

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