Alte Ziele zementieren, neue definieren

Die typische Anfangsphase der Saison dürfte inzwischen nahezu überall vorbei sein. Nach den ersten fünf bis zehn Spielen entzerrt sich die Tabelle in der Regel und zeigt für viele Mannschaften an, in welche Richtung es auf Dauer gehen wird. Ein guter Zeitpunkt, um den Saisonstart Revue passieren zu lassen, einzuordnen und Konsequenzen für den weiteren Verlauf der Spielzeit zu ziehen.

Voll im Soll

Im Idealfall seid ihr mit eurem Team in der Spitzengruppe dabei. Dann ist es fast schon egal, ob ihr euch für das Saisonende einen Platz an der Sonne oder im gesicherten Mittelfeld vorgestellt habt. Beides ist noch möglich und somit gibt es zunächst keinen Grund zur Panik. Allerdings kann trotzdem eine realistische Einordnung vorgenommen werden: Wie ist der aktuelle Tabellenstand zu erklären? War das Auftaktprogramm verhältnismäßig einfach und die großen Gegner kommen erst noch? Hat das Team "überperformt" und enge Duelle glücklich für sich entschieden? Selbst wenn einer dieser beiden Gründe angeführt werden kann - genießt den komfortablen Tabellenplatz und nehmt den Rückenwind mit in die nächsten Spiele. Selbstvertrauen begünstigt eine mutige Spielweise und die wird mitunter noch für den ein oder anderen nicht eingeplanten Dreier sorgen können.

Wart ihr schon vor der Saison Favorit auf den Titel, stellt sich die Situation natürlich ein wenig anders dar. Die "Gejagten" müssen immer damit rechnen, dass ihre Gegner sich für das Aufeinandertreffen besonders motivieren und alles reinwerfen, um irgendwie einen Punkt zu ergattern. Viele körperlich und mental anspruchsvolle Duelle warten auf euch. Daher ist es von großer Bedeutung, geduldig und klar im Kopf zu bleiben. Ein einzelner Punktverlust wird euch nicht die gesamte Saison ruinieren. Es gilt im Training weiterhin Gas zu geben und sich als Team gemeinsam auf die anstehenden Aufgaben gewissenhaft vorzubereiten. Denn gerade im Amateurbereich, wo es häufig nur einen Aufsteiger pro Saison gibt, funktioniert der Aufstieg nur im Kollektiv - wenn alle an einem Strang ziehen und das gleiche Ziel konsequent verfolgen.

Irgendwo im Nirgendwo

Das Niemandsland der Tabelle ist für die Motivation vielleicht sogar noch undankbarer als das Tabellenende. Je früher der Kontakt zur Spitzengruppe abreißt, desto eher stellt sich auch der Gedanke ein, dass es um nichts mehr geht. Gift für die Trainingsbeteiligung und -intensität. Doch diese beiden Komponenten sind enorm wichtig, um nicht ganz unten reinzurutschen. Denn so viel ist klar: Für die Teams im Keller geht es noch um was. Und um von denen nicht noch überholt zu werden, muss die Freude am Fußball erhalten bleiben. Ein sportlich attraktives Ziel mag vielleicht nicht mehr realistisch sein, aber das Spiel bleibt das gleiche. Haltet das Feuer in der Mannschaft am Leben, veranstaltet Teamevents und interne Wettkämpfe im Training. So bleiben Spaß und Spannung gleichermaßen Teil eures Fußball-Alltags und sorgen dafür, dass eure Mannschaft auch an den Wochenenden weiterhin alles geben wird.

Abgesehen davon ist die Saison noch jung und es gibt viele Teilziele zu erreichen. Ihr könnt das Team zusätzlich motivieren, indem ihr beispielsweise "Awards" für die beste Trainingsleistung, Tor- bzw. Vorlagenquote und weitere besondere Leistungen vergebt. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, die Saisonphase in kleinere Abschnitte einzuteilen und Ziele zu formulieren, wie: "Aus den nächsten vier Spielen wollen wir neun Punkte holen." Zu guter Letzt steht mit dem Winter auch die Hallensaison vor der Tür. Stadt- und Hallenkreismeisterschaften sind für viele Spieler*innen ohnehin das Highlight jeder Spielzeit. Auch wenn Trainer*innen häufig aus Angst vor Verletzungen mit einem eher unguten Gefühl zu diesen Turnieren fahren - lasst der Mannschaft den Spaß und genießt die Atmosphäre.

Früh im Abstiegskampf

Der Tabellenkeller ist aus vielerlei Hinsicht tückisch. Während es häufig nur einen Aufsteiger gibt, haben die meisten Staffeln gleich zwei bis fünf Abstiegsplätze pro Spielzeit. Davon sind besonders die Bezirks- und Landesligen betroffen, denn dort müssen in der Regel viele Aufsteiger untergebracht werden. Der Vorteil in diesem Bereich: Viele Spieler*innen sind bereit, für den sportlichen Erfolg Opfer zu bringen. Drei Trainingseinheiten pro Woche sind ohnehin mittlerweile keine Seltenheit mehr und auch die Verpflichtung von potenzieller Verstärkung im Abstiegskampf ist auf diesem Niveau realistisch. Zieht die Zügel im Training an und sucht in eurer Kontaktliste nach erfahrenen Spieler*innen, die vielleicht sogar schon einmal im Verein waren und zu höheren Zielen aufgebrochen sind. Vielleicht lassen sie sich für eine Rückkehr begeistern.

Wenn all das nicht hilft und die einzige Konstante der Abwärtstrend ist, gilt es, in einem offenen Gespräch mit der Mannschaft über die bisherige Herangehensweise zu sprechen. Wie fühlt sich die Mannschaft auf dem Platz? Ist sie überhaupt einverstanden mit den taktischen Anweisungen und der Spielidee? Muss vielleicht sogar eine Systemänderung her, um erste Erfolge einzufahren und der Mannschaft neuen Mut zu machen? In solchen Situationen stehen die Wünsche und Bedürfnisse von Trainer*innen hinten an. Gebt dem Team das Gefühl, dass ihr diese Phase gemeinsam durchstehen könnt und werdet. Sich jetzt über die Mannschaft zu stellen und stur zu bleiben, wäre kontraproduktiv und könnte dazu beitragen, dass es zu einem kompletten Bruch kommt.