Die Spielphilosophie im Fokus, den Gegner im Blick!

Die Kenntnis darüber, aus welcher Grundordnung der Gegner agiert, wie er das Spiel aufbaut und in welcher Zone er wie verteidigt, kann wichtige Rückschlüsse auf die eigene taktische Ausrichtung geben. Eine Spielbeobachtung kann also in vielen Spielklassen ein praktisches Mittel sein, um das Team bestmöglich auf die anstehenden Aufgaben vorzubereiten.

Damit die Analyse auch auf dem Punkt gelingt, sollte sich der Trainer bei der Spielbeobachtung jedoch an einige grundsätzliche Verfahrensweisen halten. Es gilt, für die Spieler eine strukturierte Analyse des beobachteten Spiels vorzubereiten. Am besten – soweit dies je nach Spielklasse möglich ist – bieten sich hierfür Videos an.

Entscheidend ist, dass der Trainer ans Team nur gefilterte Informationen weitergibt. Das heißt, er muss zuvor überlegen welche Informationen seiner Beobachtung er selbst für die eigene Spielphilosophie für relevant erachtet. Ansonsten ziehen alle Spieler aus den Erläuterungen ihre ganz eigenen Schlüsse. Und das wäre für die geschlossene Team-Taktik wohl eher kontraproduktiv!

Damit die Spieler zudem nicht zu schnell das Interesse verlieren bzw. durch zu viele Informationen ‚überfrachtet‘ werden, sollte der Trainer zudem nur etwa 10 bis 20 Minuten referieren und dabei kurz und prägnant die wichtigsten Punkte herausarbeiten. Dabei widmet er sich vornehmlich den folgenden Punkten:

1. Taktische Grundordnung

  • Aufstellung
  • Systemumstellungen
  • Wechselverhalten

2. Verhalten bei eigenem Ballbesitz

  • Spielaufbau
  • Angriffsspiel
  • Spielertypen

3. Verhalten bei gegnerischem Ballbesitz

  • Pressingzone
  • Pressingstrategie
  • offene Räume

4. Umschaltverhalten

  • von Angriff auf Abwehr
  • von Abwehr auf Angriff

5. Standardsituationen

  • Offensivvarianten
  • Positionen bei gegnerischen Standards

Mit der guten Spielbeobachtung ist es natürlich nicht getan! Diese gilt es, richtig auszuwerten und die Erkenntnisse konkret in die Spielvorbereitung in der Trainingswoche einfließen zu lassen. Mit gezielten Trainingsformen sollen die Spieler die vorgesehenen Verhaltensweisen einstudieren. Bis zum Spiel ist dann jedem Spieler klar, was der Trainer von ihm erwartet.

Doch bei aller Vorbereitung auf die anstehenden Aufgaben: Auch eine präzise Gegnerbeobachtung mit entsprechender Spielvorbereitung ist noch keine Garantie dafür, dass die geplanten Maßnahmen schlussendlich in der Partie auch zum Erfolg führen. Entsprechend ist auch eine qualifizierte Spielnachbereitung vonnöten, um aus dem Verlauf des Spiels die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

In 3 Schritten zur kompletten Gegneranalyse!

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Der 3-stufige Ablauf einer systematischen Spielvor- und -nachbereitung beginnt mit der qualitativen Spielanalyse der letzten Begegnungen des kommenden Gegners in Bezug auf individual-, gruppen- und mannschaftstaktische Merkmale sowie der Entwicklung von Spielstrategien gegen diese Verhaltensweisen.

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Auf die Analyse des Gegners, die am Montag vor dem Spiel abgeschlossen sein sollte, folgt die konkrete Spielvorbereitung im Rahmen der wöchentlichen Trainingseinheiten. Die erste Einheit beginnt dabei mit der Analyse des letzten Meisterschaftsspiels (siehe Schritt 3). Im Anschluss rückt dann bereits die konkrete Vorbereitung auf den nächsten Gegner in den Blickpunkt. Die Vorstellung des Gegners und unserer Spielstrategie erfolgt im Rahmen einer etwa 20-minütigen Videoanalyse. Die jeweils besprochenen Aspekte bilden im Anschluss den Schwerpunkt des Trainings. Im Abschlusstraining kann dieser Aspekt erweitert oder ein anderer Schwerpunkt angerissen werden.

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Im Mittelpunkt der Nachbesprechung des Wettspiels steht die Analyse der eigenen Mannschaftsleistung: Inwiefern konnten die für die Begegnung ausgegebenen Spielziele umgesetzt werden? Und wie ist die Leistung in den einzelnen Spielphasen zu bewerten? Aber auch die erarbeitete Spielvorbereitung steht hier noch einmal auf dem Prüfstand: Inwieweit stimmte das Gegnerverhalten mit der erwarteten Ausrichtung überein? Und vor allem: Ist die daraus abgeleitete Spielstrategie aufgegangen? Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, anhand von ausgewählten Spielszenen einzelne Spieler oder Positionsgruppen zu coachen – sofern ein entsprechendes Videomaterial der Partie zur Verfügung steht. Dieses individualisierte Videofeedback ist für Spieler besonders auffordernd, weil sie selbst noch einmal sehen wollen, inwiefern sie die persönlichen Vorgaben umsetzen konnten und ob sie die richtigen Entscheidungen getroffen haben oder eine andere Lösung gegebenenfalls besser gewesen wäre.