Der TSV Wiesbaden zu Gast in der Kampfsportschule Nibukai

Hakan Tutkun ist nun seit knapp eineinhalb Jahren Trainer des TSV Wiesbaden in der Kreisoberliga. Der 42-Jährige Coach blickt auf viele Jahre Trainererfahrung zurück. Sein Handwerk lernte er sprichwörtlich von der "Pieke auf". Doch wer so viel Zeit auf dem Fußballplatz verbringt, braucht auch mal Abwechslung und frischen Wind. Den hat Tutkun mit seinem Team in der Kampfsportschule Nibukai in Wiesbaden gefunden.

Ein Leben für den Fußball

"Angefangen habe ich als Trainer der Bambini-Mannschaft meines Sohnes", erinnert sich Tutkun an seine ersten Berührungspunkte mit dem Trainerdasein zurück. "Das hat mich so gepackt, dass mir dieses Papa-Trainer-Ding irgendwann nicht mehr gereicht hat." Und so zog es Tutkun zum SV Wehen Wiesbaden, der zum damaligen Zeitpunkt mit seiner ersten Mannschaft noch in der Zweiten Bundesliga vertreten war. "Aus einem siebenwöchigen Praktikum wurden dann plötzlich sieben Jahre, in denen ich sogar teilweise hauptamtlich im Leistungszentrum arbeiten durfte", erzählt Tutkun. Nach diesen sieben Jahren zog er weiter zur U 19 des FV Biebrich 02. Dort blieb er drei weitere Jahre im Amt, ehe es in die nächsthöhere Altersklasse zu den Senioren gehen sollte. Auf ein knapp einjähriges Engagement bei Türkgücü Rüsselsheim folgte 2020 dann schließlich der Schritt zum TSV Wiesbaden. Und dort "passt einfach alles", schwärmt der Coach.

Der sprichwörtliche "Kampf" um den Aufstieg

Tutkun ist überzeugt vom Potenzial, das nicht nur in seiner Mannschaft, sondern auch in den Vereinsstrukturen steckt: "Wir haben eine total junge Mannschaft. 22,7 Jahre ist der Schnitt. Auch im Vorstand engagieren sich junge Menschen, die offen für neue Ideen und Konzepte sind", berichtet Tutkun von der Arbeit im TSV. Und das Ziel ist klar: "Wir wollen in die Gruppenliga aufsteigen." Doch in der Kreisoberliga Wiesbaden ist es eng. Der TSV grüßt zwar von Platz zwei und hat nur zwei Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter, aber das gilt für die Konkurrenz aus Erbenheim und Sonnenberg genauso.

Um für die anstehende Rückrunde den nötigen Kampfgeist zu wecken, hat Tutkun, der im Besitz der Elite-Jugend-Lizenz ist, sich etwas ganz Spezielles überlegt: "Fünf, sechs Wochen Vorbereitung sind immer eklig", weiß der Coach. "Gerade die ersten zwei Wochen sind hart für die Spieler. Deshalb suche ich meistens in Woche drei nach einer geeigneten Ausgleichssportart."

Und die hat er im Kampfsportstudio Nibukai beim Karate gefunden. "Meine zwölfjährige Tochter trainiert dort, und irgendwie hat mich der Sport total fasziniert. Ich bin schnell mit der Trainerin ins Gespräch gekommen, und wir haben dann ein Konzept entwickelt, um meiner Mannschaft ein gutes Training bei Nibukai zu ermöglichen."

Tutkun meint, er habe "viele Parallelen zum Fußball" entdeckt und war begeistert von dem Effekt, den diese Einheit auf sein Team hatte: "Beim Karate geht es viel um Disziplin und Respekt. Darum sollte es beim Fußball auch gehen. Der Unterschied ist aber, dass du auf dich alleine gestellt bist und die Verantwortung nicht abgeben kannst. Schnell hat sich gezeigt, dass eher schüchterne Spieler plötzlich aus sich herauskommen und ganz selbstbewusst den eigentlichen Führungsspielern Techniken erklärt haben. Das hätte ich so nie erwartet", erzählt Tutkun. Außerdem war der Coach von den Weisheiten beeindruckt, die einen der Kampfsport lehrt: "Man bekommt dort total neue Denkansätze und Demut beigebracht." Zwei dieser Ansätze hat er sich notiert: "Du kannst auch mit wenig Technik viel erreichen" und "Denke nicht nur ans gewinnen, denke auch daran, nicht zu verlieren!"

Doch nicht nur die mentalen Auswirkungen auf sein Team haben den Coach begeistert. Natürlich hat die Mannschaft auch viel im physischen Bereich mitgenommen: "Es geht viel um Selbst- und Körperbeherrschung beim Kampfsport. Um den Körper richtig zu nutzen, musst du ihn richtig wahrnehmen und spüren. Die Jungs haben viele Dehn- und Mobilisierungsübungen kennengelernt, die auch für Fußballer sehr effektiv sind. Auch im Kraftbereich wurde einiges getan – besonders zum Thema Rumpfstabilität", resümiert Tutkun.

Eine klare Empfehlung

Alles in allem war der Ausflug ins Karate-Dojo für die Wiesbadener ein voller Erfolg, denn am nächsten Tag stand ein Testspiel gegen einen Gegner aus dem Mittelfeld der klassenhöheren Gruppenliga an. "Wir haben dieses Spiel überragend mit 8:3 gewonnen", schwärmt Tutkun. "Vorher hätte ich wahrscheinlich ein Unentschieden unterschrieben. Ich wusste zwar, dass wir eine starke Offensive haben (Anmerkung der Redaktion: mit 93 Treffern die beste der Liga), aber mit so einem Erfolg hätte ich nicht gerechnet." Ein rundum gelungenes Wochenende also für Hakan Tutkun und seine Mannschaft vom TSV Wiesbaden, der abschließend das naheliegende Fazit zieht: "Wenn ihr Fußballtrainer seid – geht mit eurer Mannschaft mal zum Kampfsport. Das lohnt sich!"