„Wer nichts unternimmt, schießt ein Eigentor“.

Interview mit Jens Prüller, Öko-Check-Berater beim Landessportbund Hessen

Wer sanieren muss, aber nicht weiß wie, sollte einen Öko-Check machen. Die Berater untersuchen die Sportstätten auf ihre Schwachstellen und erstellen einen Spielplan für eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Modernisierung. „Wir wollen niemandem etwas aufschwätzen, sondern die wirtschaftliche Situation des Vereins verbessern“, sagt Öko-Check-Berater Jens Prüller. Außerdem ist eine Beratung oft Bedingung, damit überhaupt Fördergelder fließen.

Herr Prüller, Sie haben selbst nie Fußball gespielt, wissen aber mehr über die Vereinslandschaft als die meisten Funktionäre.

Das hat sich so ergeben. Meine Kollegen und ich haben in den vergangenen Jahren bundesweit rund 600 Vereine des DFB unter die Lupe genommen. Dabei zeigt sich fast immer das gleiche Bild: überdimensionierte und ineffiziente Heizungen und Warmwasserspeicher, Asbest auf dem Dach, ungedämmte Dächer und Fassaden, veraltete Sanitäranlagen, die viel Wasser verschwenden.

Aber diese Zustände sind ja schon länger so.

Natürlich, aber in den letzten zwei Jahren spüren eben viele Vereine die stark gestiegenen Kosten für Energie und Wasser. Oft ist schon die Schmerzgrenze überschritten, die ersten Vereine, so habe ich gehört, sind deshalb gezwungen, über den Winter ganz dichtzumachen.

Vorstände im Fußballverein müssen sich um den Sport kümmern. Keiner ist Experte, was Heiztechnik oder Dämmung angeht.

Das war ich anfangs auch nicht. Aber ich habe mich im Laufe der Jahre reingearbeitet. Das muss auch jeder Vereinsvorstand in gewissen Umfang tun. Denn eine Sanierung ist komplex, weil es so viele Techniken gibt. Und wir können nur beraten. Entscheiden muss der Verein.

Können Laien die komplizierte Technik überhaupt verstehen?

Es geht ja gar nicht nur um komplizierte Technik. Viele wundern sich beispielsweise, warum Wände und Decken der Duschen so häufig Schimmel haben. Ich kann dann schon beim ersten Rundgang zeigen, was bei der Entlüftung der Räume falsch gemacht wird. Anderes Beispiel: Viele Vereine haben sehr hohe Stromkosten. Aber keiner weiß, dass daran oft die viel zu großen und zu alten Kühlschränke, Kühltheken und Kühlräume schuld sind. Abschalten oder effiziente Geräte kaufen, schon spart der Verein einige hundert Euro im Jahr!

Entscheiden über eine Sanierung kann man eigentlich nur, wenn das Geld dafür da ist. Aber welcher Verein hat schon viele tausend Euro in der Kasse?

Das ist genau der Punkt. Natürlich kostet eine Sanierung Geld. Aber wer nichts unternimmt, schießt ein Eigentor und wird irgendwann von den Kosten für Gas, Heizöl und Strom erdrückt. Oder er läuft sogar Gefahr, den Sportbetrieb nicht aufrechterhalten zu können, weil das Dach undicht wird oder die 30 Jahre alte Heizung kaputt geht. Außerdem gibt es Fälle, da kann man schon mit Kleinigkeiten viel erreichen: Alte Duschköpfe verbrauchen 35 Liter Wasser die Minute. Ein Durchflußbegrenzer für zwölf Euro reduziert die Menge auf neun Liter, ohne dass man das beim Duschen merkt.

Fußball ist der Deutschen Lieblingssport und hat damit eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Also fördern Länder und Kommunen die Sanierung der Sportstätten?

Schön wär’s. Sport ist Ländersache. Das heißt, jedes Bundesland hat seine eigenen Richtlinien und Förderprogramme. Hessen fördert beispielsweise großzügig, bis zu 75 Prozent der Sanierungskosten bei kleineren Maßnahmen. Auch in Rheinland-Pfalz gibt es ähnliche Programme. Oft ist zwar der Antragsweg kompliziert, es lohnt sich aber. Aber das ist längst nicht in allen Bundesländern und Sportbünden so, viele haben nicht mal Ansprechpartner für das Thema.

Warum ist eine Beratung vor der Sanierung so wichtig?

Die Funktionäre im Verein sind ja keine Energie- und Umweltexperten. Sie müssen den Sportbetrieb organisieren, damit haben Ehrenamtliche schon mehr als genug zu tun. Eine fachübergreifende Beratung, wir nennen das den Öko-Check, ist wichtig, um die richtige Technik auszuwählen. In einigen Bundesländern ist die Beratung für die Vereine kostenlos, andere geben Zuschüsse. Ohne Zuschüsse kostet der Öko-Check samt Gutachten derzeit 800 Euro. Wenn die Berater eine weite Anfahrt haben, kommen noch Fahrtkosten hinzu.

Warum lohnt sich der Öko-Check auch, wenn die Vereine selbst zahlen müssen?

Der Öko-Check ist eine neutrale und fachlich fundierte Beratung, die zum Ziel hat, die wirtschaftliche Situation des Vereins auf lange Sicht zu verbessern. Wir wollen nichts verkaufen, wir wollen niemandem etwas aufschwätzen. Wir schauen uns vor Ort alles an und sehen schnell, wo der Verein seine größten Schwachstellen hat. Dabei spielt auch eine Rolle, was der Verein selbst möchte. Das Gutachten mit unseren Vorschlägen, das wir im Nachgang zuschicken, ist wie ein Fahrplan, nach dem der Verein Schritt für Schritt seine Sportstätten auf Vordermann bringen kann.

Geht es dabei nur um Energie und Wasser?

Nein, im Prinzip gehören dazu auch Bereiche wie Abfall oder Verkehr. Bei großen Sportstätten sind diese Bereiche wichtig, bei kleinen aber spielen sie kaum eine Rolle. Denn Abfall entsteht hier nicht viel und für die Fahrt zum Sport bleiben in der Regel nur zwei Möglichkeiten: Rad oder Auto. Die Sportstätten der kleineren Vereine liegen meist außerhalb der Städte, da gibt es nicht viel öffentlichen Nahverkehr.

Erfährt der Verein bei der Beratung, wie er an Fördermittel kommt?

Selbstverständlich. Das ist ein wichtiger Teil der Beratung. Wobei man wissen muss, dass es Fördermittel für die Sanierung oft nur dann gibt, wenn vorher ein Öko-Check oder eine Energieberatung gemacht wurde.

Das Wort Öko-Check impliziert, dass Umweltschutz eine große Rolle spielt.

Wenn ein Verein durch eine Wärmepumpe 40 Prozent Energie spart oder durch moderne Duschen seinen Wasserverbrauch um zwei Drittel senkt, ist das natürlich ein Beitrag zum Umweltschutz. Aber wir verstehen öko nicht so, dass jeder Fußballverein eine Solaranlage auf dem Dach braucht oder aus seinem Vereinsheim ein Passivhaus macht. Das ist weder sinnvoll noch praktikabel. Unsere Beratung richtet sich nach dem, was der Verein oder die Kommune leisten kann. Klar sind viele Sachen ökologisch wünschenswert, aber manche sind nicht wirtschaftlich oder nicht immer nicht sinnvoll.

Was zum Beispiel?

Eine solarthermische Anlage macht nur dann Sinn, wenn die Dachfläche nach Süden ausgerichtet ist, eine optimale Neigung hat, asbestfrei ist und vor allem wenn der Verein auch im Sommer genügend Wärme verbraucht. Strom aus Photovoltaikanlagen wird per Gesetz zwar großzügig vergütet. Jedoch passt nicht auf jedes Dach und zu jedem Verein eine PV-Anlage. Bei einer Holzpellet-Heizung muss klar sein, wer sich kontinuierlich um die Anlage kümmert.

Sie bieten auch einen online-Check an. Für wen ist er geeignet?

In machen Vereinen oder Kommunen gibt es Fachleute, die alle notwendigen Daten selbst erheben können. Damit auch alle relevanten Daten einfließen, stellt der Landessportbund Hessen Erhebungsbogen, Auswertungsprogramm sowie eine Qualitätskontrolle im Internet zur Verfügung. Fast jeder Verein hat Mitglieder, die selbst Handwerker sind. Können die nicht auch entscheiden, was gemacht werden muss?

Da bin ich skeptisch. Nicht, weil die ihr Handwerk nicht verstehen, sondern weil jeder nur sein Gewerk sieht. Als externe Berater aber sehen wir die Sanierung als Ganzes. Ein moderner Gas-Brennwertkessel macht nur Sinn, wenn die Gebäude und Dächer gleichzeitig gut gedämmt werden. Wasserspeicher kann man viel kleiner bauen, wenn vorher wassersparende Duschköpfe eingebaut wurden. Ich habe schon öfters erlebt, dass eine Solaranlage auf ein nach Norden ausgerichtetes Dach gebaut wurde oder die neue, angeblich sparsamere Technik mehr Energie verbrauchte als die alte.

Lassen sich Fußballvereine von einem externen Berater denn sagen, was sie zu tun haben?

Die ersten zehn Minuten sind viele skeptisch. Dann aber entspannt sich die Situation schnell, wenn klar wird, dass wir gemeinsam mit dem Verein nach der besten Lösung suchen. Außerdem binden wir dessen Handwerker immer gerne mit ein, denn die spielen nachher beim Umbau ja eine große Rolle.

Sie meinen die Eigenleistungen?

Ja, die sind ganz wichtig. Vor allem deshalb, weil sie die tatsächlichen Kosten des Vereins für die Sanierung drastisch verringern können. Ich würde sogar sagen, zumindest für Hessen: Wenn die Fördermittel ausgeschöpft werden und beim Umbau alle mitziehen, ist eine Sanierung für relativ wenig Geld zu machen.