Damir Dugandzic: "Bloßes Coachen war mir nie genug"

DFB.de: Auf welche weiteren Schwerpunkte kommt es Ihnen an?

Dugandzic: Eine weitere wichtige Komponente sind die kognitiven Eigenschaften. Inwieweit ist ein Spieler in der Lage, eine Spielsituation richtig einzuschätzen, die beste Entscheidung zu treffen und diese dann in der Praxis umzusetzen? Aufgrund der Athletik und der besseren Ausbildung wird das Spiel immer schneller, deshalb gehört auch eine gute Raumorientierung dazu. Wenn der Spieler dann noch aufgrund von Spielerfahrungen über viele Entscheidungswege verfügt, haben wir schon einiges erreicht. Den besten Spielern gelingt es zusätzlich, sich aus der jeweiligen Situation unter Raum-, Zeit – und Gegnerdruck zu lösen. Hieran möchten wir in den nächsten Jahren arbeiten.

DFB.de: Neben den fußballerischen Inhalten haben Sie das Ziel ausgegeben, die Spieler auch menschlich weiterzuentwickeln. Wie ist das in knapp zwei Stunden pro Woche möglich?

Dugandzic: Die Besonderheit, dass unser Training nur einmal die Woche stattfindet, verlangt von den Spielern bereits eine persönliche Eigenschaft, nämlich die Eigenmotivation. Sie sollten zwischen den Einheiten am Stützpunkt in ihren Heimatvereinen an den Aufgaben arbeiten, die unsere Trainer ihnen mitgeben, um sich stetig weiter zu entwickeln. Ein weiteres wichtiges Attribut ist für mich die Eigenverantwortlichkeit. Ich habe meinen Spielern immer gesagt, sie sind sowohl für den Erfolg als auch für den Misserfolg verantwortlich. Das beginnt mit simplen Dingen, wie dem Reinigen der Schuhe oder der Vollständigkeit der Ausstattung und endet mit der Verantwortung, die sie auf dem Platz tragen. Von unseren Trainern erwarte ich eine hohe Verlässlichkeit und respektvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Spielern. Diese Werte werden nicht isoliert vermittelt, sondern in jeder Einheit vorgelebt und integriert.

DFB.de: Wie sehr hilft es Ihnen, dass Sie selbst über zehn Jahre als Stützpunktkoordinator tätig waren?

Dugandzic: Das hilft sehr. Am Ende muss alles, was wir hier entwickeln, auf dem Platz umgesetzt werden. Dabei ist es natürlich sehr hilfreich, wenn man das System und die Abläufe kennt. Ich weiß, wie die Elfjährigen ticken, die auf dem Platz stehen. Ich weiß, was die Honorartrainer umtreibt und ich kenne die Zusammenarbeit zwischen den Koordinatoren und dem DFB.

DFB.de: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Ihrem Vorgänger Jörg Daniel?

Dugandzic: Jörg und ich kommen beide aus dem Badischen Fußballverband. Deshalb kennen wir uns schon seit geraumer Zeit. Er ist der Wegbereiter des Talentförderprogramms und hat es geschafft, aus einem Pilotprojekt ein festes Programm zu etablieren. Das ist für mich eine absolute Meisterleistung. Dazu gehört ein langer Atem und den hat Jörg bewiesen. Neben seiner fachlichen Kompetenz hatte er für mich und andere immer ein offenes Ohr. Wir sind beruflich und privat immer noch in Kontakt.

DFB.de: Welche Ziele haben Sie sich für das kommende Jahr gesetzt?

Dugandzic: Ich möchte mir zunächst einen guten Gesamtüberblick verschaffen. Dafür werde ich jeden Koordinator mindestens einmal in seinem Landesverband besuchen. Vor Ort erörtern wir gemeinsam Erwartungen und Wünsche, so dass wir zusammen Zielvereinbarungen festlegen können. Im Mai findet die nächste Tagung statt, mit den beiden Schwerpunkten "Coachen im Team" und "Motivationales Setting". Beim Stützpunkttraining arbeiten in der Regel drei Trainer gleichzeitig in ihrer jeweiligen Gruppe. Perspektivisch stelle ich mir vor, dass auch alle gemeinsam eine Spielform situativ coachen. Ich denke, da schlummert noch Potenzial. Beim motivationalen Setting geht es mir darum, dass wir die Qualität der einzelnen Einheiten erhöhen. Wir beschäftigen uns mit der Frage, welche Rahmenbedingungen geändert werden müssen, um ein bestmögliches und nachhaltiges Training durchzuziehen. Dafür benötigen wir auch das Feedback der Spieler. Sie müssen im Mittelpunkt stehen, sich wohlfühlen und ihren eigenen Fortschritt erkennen können. Wenn ich diese zwei Punkte in diesem Jahr entwickeln kann, wäre ich sehr zufrieden.

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Seit gut drei Wochen ist Damir Dugandzic nun der neue sportliche Leiter des DFB-Talentförderprogramms und damit Nachfolger von Jörg Daniel. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei den 366 Stützpunkten, die von 1300 Trainern geleitet werden, die wiederum von 29 Stützpunktkoordinatoren instruiert werden. Wer sich hier vor Ort einen Überblick verschafft, braucht keinen Geographieunterricht mehr.

Zwischen Terminen in Berlin, Frankfurt, Hannover und dem eiskalten Erzgebirge nimmt sich Dugandzic Zeit, über seine neue Aufgabe zu sprechen. Im Interview auf DFB.de mit Redakteur Peter Scheffler spricht der 42-Jährige über sportliche und menschliche Werte, Ziele und Wünsche für seine Arbeit sowie das Gefühl, den Job fürs Leben gefunden zu haben.

DFB.de: Herr Dugandzic, nachdem Sie im März 2017 als Jahrgangsbester den Fußballlehrer-Lehrgang abgeschlossen hatten, erwähnten Sie in einem Interview, dass Sie "Trainer der Trainer" werden möchten. Sind Sie mit Ihrer neuen Stelle nun genau dort angekommen, wo Sie hinwollten?

Dugandzic: Das kann ich wirklich mit voller Überzeugung bejahen. Unterhält man sich mit Trainern, bekommt man meistens die gleichen Ziele genannt: Bundesliga, Champions League, ausverkaufte Stadien und Titel. Mich hat das nie angetrieben. Meine Stärken kommen in der aktuellen Aufgabe am besten zum Tragen, denn ich finde sie unglaublich wertvoll und nachhaltig. Ich habe immer von einem großen Hebel gesprochen, an dem ich gerne drehen möchte. Deshalb war mir das bloße Coachen nie genug. Als Fußballtrainer arbeite ich mit 25 Spielern und dem jeweiligen Funktionsteam zusammen – ein relativ enger, illustrer Kreis. In meiner aktuellen Position erreiche ich über die 29 Koordinatoren 1300 Trainer und vor allem 14000 Spieler, die letztendlich davon profitieren.

DFB.de: Was reizt Sie genau daran?

Dugandzic: Am Ende eines Prozesses entscheiden immer die handelnden Personen über Erfolg und Misserfolg einer Maßnahme. Als Trainer bekommt man selten Feedback, oft nur über das Ergebnis und das ist nicht immer fair. Wenn du einen eigenen Trainer hast, der sich in deiner Materie auskennt, dir kontinuierlich Feedback gibt und mit dir zusammen arbeitet, kann man viel Potenzial rausholen. Das ist mein Antrieb!

DFB.de: Womit haben Sie Ihre ersten Wochen im neuen Amt verbracht?

Dugandzic: Ich bin dabei, mir einen Überblick über die Voraussetzungen in den unterschiedlichen Landesverbänden zu verschaffen. Das Thema Personalentwicklung steht aktuell bei mir an erster Stelle. Mein Ziel ist es, dass die 29 Koordinatoren noch besser untereinander und mit der DFB-Zentrale kommunizieren. Dazu gehe ich auf sie zu und tausche mich mit ihnen aus: Wie können wir gemeinsame Ziele angehen? Wie sind die gegenseitigen Erwartungen? Und wie können alle Beteiligten ihre unterschiedlichen Stärken gewinnbringend für alle einbringen? Die Koordinatoren nehmen als unsere "Zwischenstufe" eine entscheidende Rolle ein. Je besser wir sie ausbilden, desto besser wird die Entwicklung der Spieler am Ende sein.

DFB.de: Neben der Personalentwicklung steht in Ihrem Stellenprofil auch die Umsetzung und Weiterentwicklung der DFB-Ausbildungsvision sowie die Erstellung und Evaluation des DFB-Aus- und Fortbildungsleitfadens. Was bedeutet das konkret?

Dugandzic: Noch unter Hansi Flick wurde das sportliche DFB-Leitbild "Unser Weg" erstellt. Unsere Aufgabe ist es, die entscheidenden Inhalte für das Talentförderprogramm zu eruieren und sie dann an der Basis altersgerecht zu vermitteln. Das heißt, wir überführen die Theorie in die Praxis und unterstützen die Trainer dabei, die Inhalte dann später an einen Elfjährigen weiterzugeben.

DFB.de: Aktuell gibt es eine öffentliche Debatte über typisch deutsche Spielertypen, die taktisch perfekt ausgebildet sind und sich durch hohe Passqualität auszeichnen, den internationalen Gegnern aber im offensiven und defensiven Zweikampf unterlegen sind. Spielt so etwas bei Ihren Überlegungen eine Rolle?

Dugandzic: Wir sollten uns nicht ausschließlich an solchen Debatten orientieren. Mit den 10- bis 14-Jährigen bilden wir an den Stützpunkten nicht die Spieler für das unmittelbare Morgen aus, sondern für die kommenden Jahre. Und ob die aktuellen Trends in fünf oder zehn Jahren noch relevant sind, ist schwer vorherzusagen. Oft hilft stattdessen ein Blick auf das Wesentliche, um zu erkennen, welche Prinzipien sich systemunabhängig über einen langen Zeitraum bewährt haben. Da kommt man immer wieder zu der Erkenntnis, dass wir nach technischer Perfektion streben sollten. Jede taktische Ausrichtung wird scheitern, wenn die Spieler nicht über die notwendige Technik verfügen. Deshalb versuchen wir unsere Spieler technisch bestmöglich auszubilden.

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DFB.de: Auf welche weiteren Schwerpunkte kommt es Ihnen an?

Dugandzic: Eine weitere wichtige Komponente sind die kognitiven Eigenschaften. Inwieweit ist ein Spieler in der Lage, eine Spielsituation richtig einzuschätzen, die beste Entscheidung zu treffen und diese dann in der Praxis umzusetzen? Aufgrund der Athletik und der besseren Ausbildung wird das Spiel immer schneller, deshalb gehört auch eine gute Raumorientierung dazu. Wenn der Spieler dann noch aufgrund von Spielerfahrungen über viele Entscheidungswege verfügt, haben wir schon einiges erreicht. Den besten Spielern gelingt es zusätzlich, sich aus der jeweiligen Situation unter Raum-, Zeit – und Gegnerdruck zu lösen. Hieran möchten wir in den nächsten Jahren arbeiten.

DFB.de: Neben den fußballerischen Inhalten haben Sie das Ziel ausgegeben, die Spieler auch menschlich weiterzuentwickeln. Wie ist das in knapp zwei Stunden pro Woche möglich?

Dugandzic: Die Besonderheit, dass unser Training nur einmal die Woche stattfindet, verlangt von den Spielern bereits eine persönliche Eigenschaft, nämlich die Eigenmotivation. Sie sollten zwischen den Einheiten am Stützpunkt in ihren Heimatvereinen an den Aufgaben arbeiten, die unsere Trainer ihnen mitgeben, um sich stetig weiter zu entwickeln. Ein weiteres wichtiges Attribut ist für mich die Eigenverantwortlichkeit. Ich habe meinen Spielern immer gesagt, sie sind sowohl für den Erfolg als auch für den Misserfolg verantwortlich. Das beginnt mit simplen Dingen, wie dem Reinigen der Schuhe oder der Vollständigkeit der Ausstattung und endet mit der Verantwortung, die sie auf dem Platz tragen. Von unseren Trainern erwarte ich eine hohe Verlässlichkeit und respektvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Spielern. Diese Werte werden nicht isoliert vermittelt, sondern in jeder Einheit vorgelebt und integriert.

DFB.de: Wie sehr hilft es Ihnen, dass Sie selbst über zehn Jahre als Stützpunktkoordinator tätig waren?

Dugandzic: Das hilft sehr. Am Ende muss alles, was wir hier entwickeln, auf dem Platz umgesetzt werden. Dabei ist es natürlich sehr hilfreich, wenn man das System und die Abläufe kennt. Ich weiß, wie die Elfjährigen ticken, die auf dem Platz stehen. Ich weiß, was die Honorartrainer umtreibt und ich kenne die Zusammenarbeit zwischen den Koordinatoren und dem DFB.

DFB.de: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Ihrem Vorgänger Jörg Daniel?

Dugandzic: Jörg und ich kommen beide aus dem Badischen Fußballverband. Deshalb kennen wir uns schon seit geraumer Zeit. Er ist der Wegbereiter des Talentförderprogramms und hat es geschafft, aus einem Pilotprojekt ein festes Programm zu etablieren. Das ist für mich eine absolute Meisterleistung. Dazu gehört ein langer Atem und den hat Jörg bewiesen. Neben seiner fachlichen Kompetenz hatte er für mich und andere immer ein offenes Ohr. Wir sind beruflich und privat immer noch in Kontakt.

DFB.de: Welche Ziele haben Sie sich für das kommende Jahr gesetzt?

Dugandzic: Ich möchte mir zunächst einen guten Gesamtüberblick verschaffen. Dafür werde ich jeden Koordinator mindestens einmal in seinem Landesverband besuchen. Vor Ort erörtern wir gemeinsam Erwartungen und Wünsche, so dass wir zusammen Zielvereinbarungen festlegen können. Im Mai findet die nächste Tagung statt, mit den beiden Schwerpunkten "Coachen im Team" und "Motivationales Setting". Beim Stützpunkttraining arbeiten in der Regel drei Trainer gleichzeitig in ihrer jeweiligen Gruppe. Perspektivisch stelle ich mir vor, dass auch alle gemeinsam eine Spielform situativ coachen. Ich denke, da schlummert noch Potenzial. Beim motivationalen Setting geht es mir darum, dass wir die Qualität der einzelnen Einheiten erhöhen. Wir beschäftigen uns mit der Frage, welche Rahmenbedingungen geändert werden müssen, um ein bestmögliches und nachhaltiges Training durchzuziehen. Dafür benötigen wir auch das Feedback der Spieler. Sie müssen im Mittelpunkt stehen, sich wohlfühlen und ihren eigenen Fortschritt erkennen können. Wenn ich diese zwei Punkte in diesem Jahr entwickeln kann, wäre ich sehr zufrieden.

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