"Gefahren des Kopfballspiels weder unter- noch überschätzen"

Wie gefährlich sind Kopfbälle wirklich, und wie können die neuen Spielformen im Kinder- und Jugendfußball die Gefahren reduzieren? Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger, Lehrstuhlinhaber für Sportmedizin an der Universität Paderborn und Facharzt für Neurologie, betreut in der Medizinischen Kommission des DFB das Fachthema "Kopfverletzungen beim Fußball" - und gibt Antworten auf aktuelle Fragen zum Thema.

DFB.de: Herr Prof. Reinsberger, ist das Kopfballspiel tatsächlich lebensgefährlich, wie gerade in einem aktuellen Medienbericht behauptet wird?

Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger: Nein, das ist so eine sicher nicht haltbare Formulierung. Ein Kopfball, mit richtiger Technik ausgeführt, ist nicht gefährlich und schon gar nicht lebensgefährlich. Stattdessen dürfen wir die Gefahr, die beim langfristig wiederholten Einsatz des Kopfes beim Fußballspielen besteht, nicht unter-, aber eben auch nicht überschätzen. Wir müssen viel mehr rational und nicht überstürzt herangehen. Denn aus dem aktuellen Forschungsstand kann niemand ernsthaft herauslesen, dass wiederholtes ordnungsgemäßes Kopfballspiel die Wahrscheinlichkeit erhöht, daran dauerhaft Schaden zu nehmen oder gar daran zu versterben. Es gibt allerdings Hinweise, dass vom Kopfballspiel gewisse Risiken ausgehen, denen sich der DFB und seine Landesverbände gerade mit den Richtlinien zum Kopfballspiel im Kinder- und Jugendfußball sowie den neuen Spielformen aus meiner Sicht sehr verantwortungsbewusst gestellt haben.  

DFB.de: Wie gefährlich ist ein Kopfball denn nun?

Reinsberger: Ein Kopfball an sich, der mit der richtigen Technik ausgeführt wird, ist nicht gefährlich. Gefährlich werden können zunächst vielmehr Kopfballduelle, bei denen es zu einer Kollision kommt, denn sie können zum Beispiel zu Gehirnerschütterungen führen. Hier muss man konsequent auswechseln und behandeln. Mit Blick auf die Summierung von Kopfbällen, die man im Laufe einer Karriere ausführt, und ihre Auswirkungen auf die chronische Gesundheit des Gehirns sind viele Fragen noch nicht beantwortet. Etwa die nach der Rolle von krankheitsmodifizierenden oder auch schützenden Faktoren, zum Beispiel wenn es um die Regeneration geht. Viele Studienergebnisse legen nah, dass zahlreiche Faktoren, auch genetische, eine massive Rolle spielen. Aber das ist noch nicht ausreichend erforscht.

DFB.de: Warum also verzichtet der DFB auf ein Kopfballverbot?

Reinsberger: Die neuen Spielformen im Kinderfußball mit kleineren Spielfeldern, kleineren Toren, mit Eindribbeln und ohne Eckbälle und Abstöße schließen Kopfbälle im Spiel in der G-, F- und E-Jugend weitgehend aus. Der Kinderfußball in Deutschland muss also keine Verbote aussprechen, er antwortet mit angepassten, altersgerechten Spielformen im Sinne der Kinder und des natürlichen Bewegungsverhaltens. Für das Training muss unser Ziel die Reduzierung des Risikos sein, so wie es die Richtlinien zum Kopfballspiel im Kinder- und Jugendfußball auch bewirken werden. Kinder und Jugendliche müssen das saubere Kopfballspielen erlernen, weil es spätestens im Erwachsenenalter zum Spiel dazugehört. Ein technisch schlecht ausgeführter Kopfball ist im späteren Jugendlichen- und Erwachsenenalter mutmaßlich gefährlicher als ein technisch gut ausgeführter im jüngeren Alter. Gerade angesichts häufig wechselnder und oft nicht spezifisch qualifizierter Trainer*innen im Kinderfußball muss der DFB seine Anstrengungen vermehren, das Wissen und das Verständnis um die Risikofaktoren und ihre Vermeidung auch in der Breite zu stärken.

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Wie gefährlich sind Kopfbälle wirklich, und wie können die neuen Spielformen im Kinder- und Jugendfußball die Gefahren reduzieren? Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger, Lehrstuhlinhaber für Sportmedizin an der Universität Paderborn und Facharzt für Neurologie, betreut in der Medizinischen Kommission des DFB das Fachthema "Kopfverletzungen beim Fußball" - und gibt Antworten auf aktuelle Fragen zum Thema.

DFB.de: Herr Prof. Reinsberger, ist das Kopfballspiel tatsächlich lebensgefährlich, wie gerade in einem aktuellen Medienbericht behauptet wird?

Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger: Nein, das ist so eine sicher nicht haltbare Formulierung. Ein Kopfball, mit richtiger Technik ausgeführt, ist nicht gefährlich und schon gar nicht lebensgefährlich. Stattdessen dürfen wir die Gefahr, die beim langfristig wiederholten Einsatz des Kopfes beim Fußballspielen besteht, nicht unter-, aber eben auch nicht überschätzen. Wir müssen viel mehr rational und nicht überstürzt herangehen. Denn aus dem aktuellen Forschungsstand kann niemand ernsthaft herauslesen, dass wiederholtes ordnungsgemäßes Kopfballspiel die Wahrscheinlichkeit erhöht, daran dauerhaft Schaden zu nehmen oder gar daran zu versterben. Es gibt allerdings Hinweise, dass vom Kopfballspiel gewisse Risiken ausgehen, denen sich der DFB und seine Landesverbände gerade mit den Richtlinien zum Kopfballspiel im Kinder- und Jugendfußball sowie den neuen Spielformen aus meiner Sicht sehr verantwortungsbewusst gestellt haben.  

DFB.de: Wie gefährlich ist ein Kopfball denn nun?

Reinsberger: Ein Kopfball an sich, der mit der richtigen Technik ausgeführt wird, ist nicht gefährlich. Gefährlich werden können zunächst vielmehr Kopfballduelle, bei denen es zu einer Kollision kommt, denn sie können zum Beispiel zu Gehirnerschütterungen führen. Hier muss man konsequent auswechseln und behandeln. Mit Blick auf die Summierung von Kopfbällen, die man im Laufe einer Karriere ausführt, und ihre Auswirkungen auf die chronische Gesundheit des Gehirns sind viele Fragen noch nicht beantwortet. Etwa die nach der Rolle von krankheitsmodifizierenden oder auch schützenden Faktoren, zum Beispiel wenn es um die Regeneration geht. Viele Studienergebnisse legen nah, dass zahlreiche Faktoren, auch genetische, eine massive Rolle spielen. Aber das ist noch nicht ausreichend erforscht.

DFB.de: Warum also verzichtet der DFB auf ein Kopfballverbot?

Reinsberger: Die neuen Spielformen im Kinderfußball mit kleineren Spielfeldern, kleineren Toren, mit Eindribbeln und ohne Eckbälle und Abstöße schließen Kopfbälle im Spiel in der G-, F- und E-Jugend weitgehend aus. Der Kinderfußball in Deutschland muss also keine Verbote aussprechen, er antwortet mit angepassten, altersgerechten Spielformen im Sinne der Kinder und des natürlichen Bewegungsverhaltens. Für das Training muss unser Ziel die Reduzierung des Risikos sein, so wie es die Richtlinien zum Kopfballspiel im Kinder- und Jugendfußball auch bewirken werden. Kinder und Jugendliche müssen das saubere Kopfballspielen erlernen, weil es spätestens im Erwachsenenalter zum Spiel dazugehört. Ein technisch schlecht ausgeführter Kopfball ist im späteren Jugendlichen- und Erwachsenenalter mutmaßlich gefährlicher als ein technisch gut ausgeführter im jüngeren Alter. Gerade angesichts häufig wechselnder und oft nicht spezifisch qualifizierter Trainer*innen im Kinderfußball muss der DFB seine Anstrengungen vermehren, das Wissen und das Verständnis um die Risikofaktoren und ihre Vermeidung auch in der Breite zu stärken.

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