Joelle Wedemeyer: "Ich wollte immer die Beste sein!"

Junge Fußballerinnen und Fußballer sind immer auf der Suche nach Anregungen, wie sie ihre Karriere vorantreiben können. Wie lässt es sich dabei besser lernen, als von den Erfahrungen von Sportlerinnen und Sportlern zu profitieren, die einen ähnlichen Weg bereits erfolgreich gegangen sind? Wir haben Joelle Wedemeyer, Bundesliga-Spielerin vom VfL Wolfsburg, zum Interview getroffen!

Joelles Treffer ebnete ihrem Team den Weg zur Meisterschaft!

Bei den Frauen ist der VfL Wolfsburg derzeit das, was der FC Bayern München bei den Männern ist – der erfolgreichste deutsche Vertreter in internationalen Wettbewerben und stetiger Titelaspirant. Die abgelaufene Saison endete zwar mit der Finalniederlage in der Champions League gegen Olympique Lyonnais (1:3), aber in der Liga holten sich die Werksfußballerinnen den deutschen Meistertitel zum vierten Mal in Folge – mit sage und schreibe acht Zählern Vorsprung vor dem FC Bayern München. Eine, die am drittletzten Spieltag den Weg zur Meisterschaft mit ihrem ersten Saisontreffer ebnete, war Joelle Wedemeyer. Die 24-jährige hat den Weg in die Bundesliga geschafft und hatte 2014 auch Anteil am Weltmeister-Titel der deutschen U 20-Nationalmannschaft. Wir haben sie zum Interview getroffen und haben dabei festgestellt: Sie hat eine Menge zu erzählen und gibt euch gerne Tipps für euren weiteren Weg im Fußball!


Joelle, du hast es aus dem Nachwuchs des VfL Wolfsburg bis in die Bundesliga und in die Nationalmannschaft geschafft. Wie verlief diese Entwicklung?

Joelle Wedemeyer: Das ging alles ziemlich schnell. Ich habe in der VfL-Jugend gespielt und eines Tages die Möglichkeit bekommen, an einem Training der Ersten Mannschaft auf einem Hallencourt teilzunehmen. Ich war natürlich begeistert und habe mich riesig gefreut, war aber auch ebenso aufgeregt. Nach wenigen weiteren Einheiten wurde ich gefragt, ob ich mit ins Winter-Trainingslager nach Portugal reisen möchte – auch da musste ich nicht lange überlegen. Als wir wieder zurück waren, habe ich regelmäßig einmal pro Woche oben mittrainiert. Im Sommer wurde ich dann – meine B-Juniorinnen-Zeit war zu Ende – als einzige Nachwuchsspielerin komplett hochgezogen. Dass ich noch zur Schule ging und so die Vormittagseinheiten verpasst habe, war rückblickend eher von Vorteil, denn so konnte ich mich langsam an das Trainingspensum gewöhnen. Spielpraxis habe ich in dieser Phase in der Zweiten Mannschaft bekommen.

Wenn du deinen Weg Revue passieren lässt – was würdest du jungen Spielerinnen empfehlen, die den Traum haben, ähnliche Ziele zu erreichen?

Wedemeyer: Ich wollte immer die Beste sein – beim Fußballtraining, aber auch, wenn es um Ausdauer, Sprints oder Stabis ging. Und das ist sicher ein Grund, warum ich es so weit gebracht habe. Natürlich darf auch der Spaß nicht fehlen. Das würde ich jungen Spielerinnen empfehlen: Immer Spaß haben, nur dann kann man auch gut sein! Hinzu kommt, dass man nicht nur an seinen Schwächen, sondern auch an seinen Stärken arbeiten sollte, um diese weiter auszubauen.

Die Möglichkeiten für Mädchen, in Deutschland Fußball zu spielen sind verschieden: Einige spielen bereits frühzeitig in Mädchen-Teams, andere bevorzugen, noch länger bei den Jungs mitzuspielen. Welche Vor- und Nachteile bringen diese Systeme mit sich, und was würdest du empfehlen?

Wedemeyer: Ich bin damals durch die Jungs auf meiner Straße zum Fußball gekommen und habe dadurch auch viele Jahre mit Jungs zusammengespielt. Ich war stolz, das einzige Mädchen in der Mannschaft zu sein. Das finde ich auch immer noch sinnvoll, um sich körperliche Robustheit anzueignen. Als ich damals beim Stützpunkttraining mit den Jungs war, wurde man schon ordentlich gefordert. Heute gibt es mehr Mädchenmannschaften als zu meiner Jugendzeit, und auch das Niveau hat sich verbessert. Wenn ich mal bei unserer U 15 zuschaue, bin ich durchaus über die gute Technik der Mädels erstaunt. Natürlich hängt vieles davon ab, wie die generelle Qualität in der Mannschaft ist. Trotzdem kann ich nur empfehlen, möglichst lange bei den Jungs zu spielen oder zumindest regelmäßig Einheiten dort mitzumachen.

Du bist mit 15 Jahren aus Wolfenbüttel zum VfL Wolfsburg gekommen. Erinnere dich mal zurück: Wie hast du den Wechsel damals erlebt?

Wedemeyer: Wir haben damals gegen die B-Juniorinnen vom VfL gespielt, und wenig später habe ich eine Mail von Anja Hoppe, der damaligen Trainerin, bekommen. Sie hat gefragt, ob ich nicht Lust hätte, im Sommer nach Wolfsburg zu wechseln. Damals war ich aber noch relativ schüchtern und wollte lieber bei meinen Freunden in Wolfenbüttel bleiben. Wie es das Schicksal wollte, hat sich meine Mannschaft dann im folgenden Winter aufgelöst, sodass ich dann doch schon nach der Hälfte der Saison zum VfL gewechselt bin. Hier habe mich dann auch direkt wohlgefühlt, auch weil ich einige Spielerinnen bereits von der NFV-Auswahl kannte. Und das Trainerteam war wirklich sehr nett.

Seit 2013 gehörst du zum Kader der Ersten Mannschaft beim VfL, wurdest immer wieder aber auch in der Zweiten eingesetzt. War der Weg nach oben steiniger als gedacht?

Wedemeyer: Steiniger nicht unbedingt. In den ersten zwei Jahren habe ich Spielpraxis in der Zweiten Mannschaft gesammelt. Und Spielpraxis ist wirklich das A und O. In der Saison 2015/2016 bekam ich, bedingt durch einen kurzfristigen Ausfall von Nilla Fischer, einen Einsatz in einem Champions-League-Spiel. Eine Chance, die ich nutzen konnte. In der darauffolgenden Saison war ich gleich beim ersten Spiel in der Startelf. Allerdings fiel ich dann wegen einer Schambeinentzündung für die komplette Hinrunde aus. Nachdem ich wieder ins Training eingestiegen war, kam der Schmerz zurück. Das hat mich natürlich zurückgeworfen. In den folgenden beiden Jahren bekam ich meist nur Einsätze gegen kleinere Gegner. Das war eine schwierige Zeit, die mich frustriert hat. Man denkt sich, dass man doch nicht schlechter als früher sein kann. In der Sommerpause habe ich dann zusätzliche Krafteinheiten gemacht, um robuster in Zweikämpfe gehen zu können. Ich hatte damals schlichtweg zu wenig auf den Rippen. Ich habe es geschafft, meine Frustration in aggressive Zweikampfe umzusetzen. Diese Phase hat mir sehr geholfen, selbstbewusster auf dem Platz aufzutreten. Seitdem läuft es ziemlich gut für mich.

Heute bist du ein fester Bestandteil des Bundesliga-Teams. Doch die Konkurrenz ist groß. Wie schafft man es, sich hier immer wieder zu behaupten und unter Beweis zu stellen?

Wedemeyer: Für mich gehört ein fairer Konkurrenzkampf zum Leistungssport dazu. Dadurch werden wir alle besser. Jeder möchte spielen, denn nur Trainieren macht keinem Spaß. Da bleibt einem schlichtweg nichts anderes übrig, als jeden Tag sein Bestes zu geben und weiter an sich zu arbeiten. Hinzu kommen unsere Ziele als Mannschaft, für die wir alle hundert Prozent in den Trainingseinheiten und Spielen geben. Aber auch der eigene Anspruch eines Leistungssportlers motiviert mich jeden Tag.

Welcher war der schönste Moment in deiner bisherigen Karriere?

Wedemeyer: Da gibt es einige, aber etwas ganz Besonderes war für mich das Finale der U 20-Weltmeisterschaft im Jahr 2014. Ich wurde für dieses Turnier erst nachnominiert und kam dann im Finale für Rebecca Knaak rein. Das waren meine ersten Spielminuten in diesem Turnier überhaupt. Wir haben gegen Nigeria mit 1:0 nach Verlängerung gewonnen und waren Weltmeister. Aber auch das DFB-Pokalfinale 2016 war etwas Besonderes, da es mein erster Final-Einsatz für den VfL war – und dann gleich in der Startelf. Auch das Pokalfinale 2018 gegen die Bayern, das wir im Elfmeterschießen gewonnen haben, gehört zu meinen tollsten Momenten.

Mit der Deutschen U 20-Nationalmannschaft hast du bereits den WM-Titel geholt. Jetzt bist du 24! Welche Ziele hast du für die kommenden Jahre?

Wedemeyer: Mein Ziel ist es, noch einmal die Champions League zu gewinnen. Zwar konnte ich diesen Pokal schon 2014 in meinen Händen halten, aber damals habe ich nur ein Spiel gemacht. Aus meiner Sicht nicht genug, um sich den Titel voll anrechnen zu können. Immer ein Ziel ist natürlich die Nationalmannschaft. Aber solange eine weitere Nominierung ausbleibt, konzentriere ich mich darauf, konstant meine Leistung zu bringen und meinen Teil zum Erreichen unserer Teamziele beizutragen.