100 Jahre Otto Siffling: Ausstellung in Mannheim eröffnet

Vor 75 Jahren spielte die berühmte Breslau-Elf auf und vor 100 Jahren kam ihr Kanonier zur Welt. Otto Siffling von Waldhof Mannheim schoss am 16. Mai 1937 beim 8:0 gegen Dänemark fünf Tore, alle hintereinander weg binnen 32 Minuten. Bis heute ist er der Rekord-Nationalspieler (31 Einsätze) des SV Waldhof Mannheim. Grund genug ihn zu ehren, fanden die Mitglieder des Fan-Klubs DoppelPass – SV Waldhof Mannheim-Fans gegen Gewalt und Rassismus e.V., der vor kurzem erst bundesweit auf sich aufmerksam gemacht hat. 2011 verlieh ihm der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Julius Hirsch Preis (3. Platz) für seine Arbeit, die der Vereinsname schon programmatisch ausdrückt.

Nun also Otto Siffling. Die von der DFB-Kulturstiftung Theo Zwanziger geförderte Ausstellung erfreute sich großen Interesses. Rund 350 Menschen kamen am Freitagabend ins Mannheimer Kultur-Zentrum Alte Feuerwache anlässlich der Eröffnung. Jung und Alt begehrten mehr zu erfahren vom wohl besten Waldhof-Spieler aller Zeiten, den doch die allermeisten nie hatten spielen sehen. Vor 73 Jahren war er bereits, viel zu jung mit 27, verstorben – Todesursache Rippenfellentzündung.

Recherchen zur Ausstellung begannen vor sieben Jahren

Umso erstaunlicher, was die Doppelpass-Macher im Doppelpass mit Gönnern, Helfern, Sponsoren und Zeitzeugen alles ans Tageslicht zerren konnten. Die Eröffnungsveranstaltung gab davon nur einen unvollkommenen Eindruck, was auch nicht anders möglich war. Auf die Bühne gehören keine Anstecknadeln, Reisekoffer und Postkarten, sondern Menschen. Die Unterhaltung durfte nicht zu kurz kommen. So stimmten die Neckarmöwen, ein Shanty-Chor, der statt Seemannslieder erstmals Waldhof-Vereinslieder sang, auf den Abend ein.

Der Erste Bürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht, ehrte die Veranstaltung ebenso mit seiner Anwesenheit wie Waldhof-Präsident Dr. Immo von Fallois. Was zur Folge hatte, dass die erste dreiviertel Stunde mit Reden verging, ehe Otto Siffling, der am 3. August 100 Jahre geworden wäre, ins Zentrum der Veranstaltung rückte.

Der Moderator, Eberhard Schulz aus München, Stellvertretender Vorsitzender der Jury des Julius Hirsch Preises, interviewte zunächst zwei Vertreter des Doppelpasses. Von Bernd Dietrich erfuhr das Auditorium, dass die Recherchen zu Siffling vor sieben Jahren begannen. Ein lokaler Sport-Historiker vermachte dem DoppelPass eine beeindruckende Sammlung von Waldhof-Utensilien aus der Vorkriegszeit. Das war der Startschuss für die Ausstellung, die noch bis 13. Juni in der Alten Feuerwache (Brückenstraße 2) zu sehen ist. Dietrich: "Eigentlich wollten wir nur eine Website machen, aber dann dachten wir, dass es doch viel zu schade ist. Dass so viel zusammen kommen würde, hätten wir nie gedacht."

Film mit Zeitzeugen als Höhepunkt

Höhepunkt des Abends war ein 20-minütiger Film, in dem sechs männliche Zeitzeugen, zumeist Mitspieler Sifflings, zu Wort kamen. Sie zeichneten in ihren Aussagen das Bild eines introvertierten Mannes, der auf dem Fußballplatz sicher etwas besser zu recht gekommen ist, als im Leben. Noch immer gibt es Brüche und Lücken in der Biographie Otto Sifflings. Bezeichnend die Frage von Moderator Schulz an Zeitzeuge Karl Ziegler, ehemaliger Radsport-Bundestrainer: "Wovon hat denn der Otto eigentlich gelebt?"



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Vor 75 Jahren spielte die berühmte Breslau-Elf auf und vor 100 Jahren kam ihr Kanonier zur Welt. Otto Siffling von Waldhof Mannheim schoss am 16. Mai 1937 beim 8:0 gegen Dänemark fünf Tore, alle hintereinander weg binnen 32 Minuten. Bis heute ist er der Rekord-Nationalspieler (31 Einsätze) des SV Waldhof Mannheim. Grund genug ihn zu ehren, fanden die Mitglieder des Fan-Klubs DoppelPass – SV Waldhof Mannheim-Fans gegen Gewalt und Rassismus e.V., der vor kurzem erst bundesweit auf sich aufmerksam gemacht hat. 2011 verlieh ihm der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Julius Hirsch Preis (3. Platz) für seine Arbeit, die der Vereinsname schon programmatisch ausdrückt.

Nun also Otto Siffling. Die von der DFB-Kulturstiftung Theo Zwanziger geförderte Ausstellung erfreute sich großen Interesses. Rund 350 Menschen kamen am Freitagabend ins Mannheimer Kultur-Zentrum Alte Feuerwache anlässlich der Eröffnung. Jung und Alt begehrten mehr zu erfahren vom wohl besten Waldhof-Spieler aller Zeiten, den doch die allermeisten nie hatten spielen sehen. Vor 73 Jahren war er bereits, viel zu jung mit 27, verstorben – Todesursache Rippenfellentzündung.

Recherchen zur Ausstellung begannen vor sieben Jahren

Umso erstaunlicher, was die Doppelpass-Macher im Doppelpass mit Gönnern, Helfern, Sponsoren und Zeitzeugen alles ans Tageslicht zerren konnten. Die Eröffnungsveranstaltung gab davon nur einen unvollkommenen Eindruck, was auch nicht anders möglich war. Auf die Bühne gehören keine Anstecknadeln, Reisekoffer und Postkarten, sondern Menschen. Die Unterhaltung durfte nicht zu kurz kommen. So stimmten die Neckarmöwen, ein Shanty-Chor, der statt Seemannslieder erstmals Waldhof-Vereinslieder sang, auf den Abend ein.

Der Erste Bürgermeister der Stadt Mannheim, Christian Specht, ehrte die Veranstaltung ebenso mit seiner Anwesenheit wie Waldhof-Präsident Dr. Immo von Fallois. Was zur Folge hatte, dass die erste dreiviertel Stunde mit Reden verging, ehe Otto Siffling, der am 3. August 100 Jahre geworden wäre, ins Zentrum der Veranstaltung rückte.

Der Moderator, Eberhard Schulz aus München, Stellvertretender Vorsitzender der Jury des Julius Hirsch Preises, interviewte zunächst zwei Vertreter des Doppelpasses. Von Bernd Dietrich erfuhr das Auditorium, dass die Recherchen zu Siffling vor sieben Jahren begannen. Ein lokaler Sport-Historiker vermachte dem DoppelPass eine beeindruckende Sammlung von Waldhof-Utensilien aus der Vorkriegszeit. Das war der Startschuss für die Ausstellung, die noch bis 13. Juni in der Alten Feuerwache (Brückenstraße 2) zu sehen ist. Dietrich: "Eigentlich wollten wir nur eine Website machen, aber dann dachten wir, dass es doch viel zu schade ist. Dass so viel zusammen kommen würde, hätten wir nie gedacht."

Film mit Zeitzeugen als Höhepunkt

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Höhepunkt des Abends war ein 20-minütiger Film, in dem sechs männliche Zeitzeugen, zumeist Mitspieler Sifflings, zu Wort kamen. Sie zeichneten in ihren Aussagen das Bild eines introvertierten Mannes, der auf dem Fußballplatz sicher etwas besser zu recht gekommen ist, als im Leben. Noch immer gibt es Brüche und Lücken in der Biographie Otto Sifflings. Bezeichnend die Frage von Moderator Schulz an Zeitzeuge Karl Ziegler, ehemaliger Radsport-Bundestrainer: "Wovon hat denn der Otto eigentlich gelebt?"

Denn nirgends findet sich eine Berufsbezeichnung. Er war auch nicht verheiratet. "Ein Frauenheld war er meines Erachtens nicht. Frauengeschichten hat der bestimmt keine gehabt“, wird Zeitzeuge Werner Brückl im Ausstellungskatalog (für 12 Euro erhältlich) zitiert. Die Annäherung an den Menschen Otto Siffling, "der sich in der Kneipe immer so gesetzt hat, dass man ihn nicht sieht" (Ziegler) und "vor Journalisten ausgerissen ist", bleibt also schwierig.

Der Historiker Dr. Rudolf Oswald aus München strich in seinem Vortrag hervor, dass es keinen staatlich inszenierten Starkult um Siffling gab. Was diesem auch kaum recht gewesen wäre. Einmal, nach seiner Tororgie von 1937, schaffte er es auf die Titelseite des Völkischen Beobachters. Doch einen Starrummel habe es um ihn nicht gegeben. Sifflings angebliches Rebellentum gegenüber der NS-Obrigkeit, das in dem legendären Satz zu Reichstrainer Sepp Herberger "Leck mich am Arsch mit Deinem Hitler-Gruß" gegipfelt haben soll, arbeitete Oswald an Beispielen heraus.

"Renitenz offen zur Schau gestellt"

Er habe sich in Posen ablichten lassen, die "Renitenz offen zur Schau gestellt haben" und nicht ins NS-Weltbild passten. Die Ausstellung zeigt ihn beim Lesen eines Buchs über Gangster-Größe Al Capone. Siffling habe "den Habitus der Jugend späterer Jahrzehnte vorweg genommen" und sei in der Rückschau auch öfters mit James Dean verglichen worden.

Den Satz gegenüber Herberger konnte auch Dr. Oswald nicht belegen, dafür zitierte er eine andere Begebenheit vor einem Länderspiel in München. Den zackig grüßenden Kameraden soll er auf gut "mannemerisch" gesagt haben: "Passt uff, dass ihr de Lampe net abreisst!". Oswald betonte aber auch deutlich, dass diese Form der Renitenz "nicht mit Widerstand zu verwechseln sei."

Sehenswerte Ausstellung noch bis 13. Juni

Zeitzeuge Ludwig Siffling, Cousin vom "Holz", wie sie den Otto riefen, beteuerte aber: "Eins ist sicher: der Otto war kein Nazi." Das hätten die Macher der Ausstellung, die sich in so vorbildlicher Weise gegen Rassismus wenden, auch wahrlich nicht verdient gehabt.

Wer Freude an Fußball-Devotionalien aus der Vorkriegszeit hat, wird mit dieser sehenswerten Ausstellung, zu der die Familie von Breslau-Elf-Mitglied Reinhold Münzenberg (Aachen) sehr viel beitrug, bestens bedient. Und man sollte viel Zeit mitbringen.