"Nicht mit uns!": Zeitzeuge Frankenstein im Austausch mit Nachwuchskickern

Beim internationalen Walther-Bensemann-Gedächtnisturnier, welches an diesem Wochenende in Nürnberg stattfindet, steht nicht nur hochklassiger Fußball auf dem Programm. Die teilnehmenden Nachwuchstalente, ebenso wie ihre Betreuer*innen und Zuschauer*innen des Turniers, nehmen außerdem am Bensemann-Campus teil, welcher Bildungsangebote verschiedenster Art bietet.

Neben einer Führung durch die Redaktion des kicker, der von Bensemann 1920 gegründet wurde, und verschiedenen weiteren Vorträgen und Workshops stehen dabei die Zeitzeug*innengespräche im Fokus der Teilnehmenden. Mit Tamar Dreifuß, Shaul Paul Ladany, Zvi Cohen, Eva Szepesi, Walter Frankenstein und Ernst Grube berichten gleich sechs Überlebende der Shoa, teils digital zugeschaltet, den Anwesenden von ihrer persönlichen Lebensgeschichte.

Der 98-jährige Walter Frankenstein nahm per Videokonferenz aus seiner Heimatstadt in Stockholm am Austausch mit den interessierten Nachwuchskickern teil. Im Gespräch mit Lukas Keuser aus dem Team Fanbelange des DFB schilderte er seine Erfahrungen als verfolgter Jude. So musste er im Alter von zwölf Jahren seine Schule verlassen und wurde von seinem Onkel in ein Berliner Waisenhaus gebracht. Von dort musste er 1938 ansehen wie in der Reichspogromnacht jüdische Geschäfte und Synagogen durch die Nationalsozialisten geplündert und in Brand gesetzt wurden.

Durch glückliche Umstände von Konzentrationslager verschont

Walter Frankenstein selbst wurde zur Zwangsarbeit gezwungen und entkam einer Deportation in ein Konzentrationslager nur durch glückliche Umstände. Als er eines Morgens 1943 seinen Arbeitsdienst antreten wollte, erfuhr er, dass alle jüdischen Arbeitskollegen deportiert worden waren. Nur ihn selbst hatte dieses Schicksal nicht ereilt, da er kürzlich umgezogen war. Durch die Nachricht alarmiert, eilte er zu seiner Frau Leonie und seinem sechs Wochen alten Sohn Uri. Getreu seinem Motto "Nicht mit uns!" begab er sich mit seiner Familie in den Untergrund. Insgesamt 25 Monate versteckten sich die Frankensteins vor den Nationalsozialisten und erfuhren dabei auch Unterstützung von christlichen Freunden, die ihnen Unterschlupf gewährten. In dieser Zeit wurde 1944 auch Michael, der zweite Sohn der Frankensteins geboren. Nach der Befreiung Berlins durch die Rote Armee emigrierte die Familie Frankenstein zunächst nach Palästina, ehe sie in Stockholm eine neue Heimat fand.

Den interessierten Nachwuchstalenten berichtete Walter Frankenstein auch von seiner Passion für den Fußball. Sein erstes Spiel sah er 1936 im Olympiastadion, da sein Onkel Tickets für ein Heimspiel der Hertha aus Berlin besorgt hatte. Obwohl es zum damaligen Zeitpunkt für Menschen jüdischen Glaubens bereits verboten war, solche Veranstaltungen zu besuchen, gelangten die beiden ins Stadion und waren fasziniert vom Spiel der Hertha. Seitdem ist Walter Frankenstein nunmehr über 85 Jahre lang Fan von Hertha BSC und erzählte stolz von seiner Ehrenmitgliedschaft.  An die jungen Fußballer richtete der Zeitzeuge den Apell trotz sportlicher Konkurrenz fair, respektvoll und freundschaftlich miteinander umzugehen: "Fußball ist Sport. Sport ist Freude und Freundschaft!"

"Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden"

Besonders beeindruckt waren die Teilnehmenden des digitalen Zeitzeugengesprächs, als Walter Frankenstein ein kleines Kästchen hervorholte und vorsichtig öffnete. Darin aufbewahrt werden zwei wichtige Dokumente seiner Lebensgeschichte: der Judenstern, welcher ihn zeichnete und den er ablegte als er untertauchte, sowie das Bundesverdienstkreuz, welches ihm von der Bundesrepublik Deutschland verliehen wurde. Mit beeindruckenden Worten mahnte der Holocaustüberlebende aus der Geschichte zu lernen und sich gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenhass zu stellen: "Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden, besonders in der jetzigen Zeit."

Für alle Teilnehmenden war der Austausch mit Walter Frankenstein ein besonderes Erlebnis. So berichteten die anwesenden Juniorenkicker, dass sie bislang nur aus Schulbüchern und Dokumentationen von der Grausamkeit des Holocausts erfahren hatten. Dementsprechend waren sie umso beeindruckter die Möglichkeit nutzen zu dürfen mit einem Zeitzeugen in den direkten Austausch zu treten.

[lk]

Beim internationalen Walther-Bensemann-Gedächtnisturnier, welches an diesem Wochenende in Nürnberg stattfindet, steht nicht nur hochklassiger Fußball auf dem Programm. Die teilnehmenden Nachwuchstalente, ebenso wie ihre Betreuer*innen und Zuschauer*innen des Turniers, nehmen außerdem am Bensemann-Campus teil, welcher Bildungsangebote verschiedenster Art bietet.

Neben einer Führung durch die Redaktion des kicker, der von Bensemann 1920 gegründet wurde, und verschiedenen weiteren Vorträgen und Workshops stehen dabei die Zeitzeug*innengespräche im Fokus der Teilnehmenden. Mit Tamar Dreifuß, Shaul Paul Ladany, Zvi Cohen, Eva Szepesi, Walter Frankenstein und Ernst Grube berichten gleich sechs Überlebende der Shoa, teils digital zugeschaltet, den Anwesenden von ihrer persönlichen Lebensgeschichte.

Der 98-jährige Walter Frankenstein nahm per Videokonferenz aus seiner Heimatstadt in Stockholm am Austausch mit den interessierten Nachwuchskickern teil. Im Gespräch mit Lukas Keuser aus dem Team Fanbelange des DFB schilderte er seine Erfahrungen als verfolgter Jude. So musste er im Alter von zwölf Jahren seine Schule verlassen und wurde von seinem Onkel in ein Berliner Waisenhaus gebracht. Von dort musste er 1938 ansehen wie in der Reichspogromnacht jüdische Geschäfte und Synagogen durch die Nationalsozialisten geplündert und in Brand gesetzt wurden.

Durch glückliche Umstände von Konzentrationslager verschont

Walter Frankenstein selbst wurde zur Zwangsarbeit gezwungen und entkam einer Deportation in ein Konzentrationslager nur durch glückliche Umstände. Als er eines Morgens 1943 seinen Arbeitsdienst antreten wollte, erfuhr er, dass alle jüdischen Arbeitskollegen deportiert worden waren. Nur ihn selbst hatte dieses Schicksal nicht ereilt, da er kürzlich umgezogen war. Durch die Nachricht alarmiert, eilte er zu seiner Frau Leonie und seinem sechs Wochen alten Sohn Uri. Getreu seinem Motto "Nicht mit uns!" begab er sich mit seiner Familie in den Untergrund. Insgesamt 25 Monate versteckten sich die Frankensteins vor den Nationalsozialisten und erfuhren dabei auch Unterstützung von christlichen Freunden, die ihnen Unterschlupf gewährten. In dieser Zeit wurde 1944 auch Michael, der zweite Sohn der Frankensteins geboren. Nach der Befreiung Berlins durch die Rote Armee emigrierte die Familie Frankenstein zunächst nach Palästina, ehe sie in Stockholm eine neue Heimat fand.

Den interessierten Nachwuchstalenten berichtete Walter Frankenstein auch von seiner Passion für den Fußball. Sein erstes Spiel sah er 1936 im Olympiastadion, da sein Onkel Tickets für ein Heimspiel der Hertha aus Berlin besorgt hatte. Obwohl es zum damaligen Zeitpunkt für Menschen jüdischen Glaubens bereits verboten war, solche Veranstaltungen zu besuchen, gelangten die beiden ins Stadion und waren fasziniert vom Spiel der Hertha. Seitdem ist Walter Frankenstein nunmehr über 85 Jahre lang Fan von Hertha BSC und erzählte stolz von seiner Ehrenmitgliedschaft.  An die jungen Fußballer richtete der Zeitzeuge den Apell trotz sportlicher Konkurrenz fair, respektvoll und freundschaftlich miteinander umzugehen: "Fußball ist Sport. Sport ist Freude und Freundschaft!"

"Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden"

Besonders beeindruckt waren die Teilnehmenden des digitalen Zeitzeugengesprächs, als Walter Frankenstein ein kleines Kästchen hervorholte und vorsichtig öffnete. Darin aufbewahrt werden zwei wichtige Dokumente seiner Lebensgeschichte: der Judenstern, welcher ihn zeichnete und den er ablegte als er untertauchte, sowie das Bundesverdienstkreuz, welches ihm von der Bundesrepublik Deutschland verliehen wurde. Mit beeindruckenden Worten mahnte der Holocaustüberlebende aus der Geschichte zu lernen und sich gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenhass zu stellen: "Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden, besonders in der jetzigen Zeit."

Für alle Teilnehmenden war der Austausch mit Walter Frankenstein ein besonderes Erlebnis. So berichteten die anwesenden Juniorenkicker, dass sie bislang nur aus Schulbüchern und Dokumentationen von der Grausamkeit des Holocausts erfahren hatten. Dementsprechend waren sie umso beeindruckter die Möglichkeit nutzen zu dürfen mit einem Zeitzeugen in den direkten Austausch zu treten.

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