Färöer-Frauen "auf toller Reise"

Fakten zum Frauenfußball auf den Färöer Inseln sind hierzulande nahezu unbekannt. Die 18 Inseln, nur etwa eineinhalb mal größer als Rügen, liegen mitten im Nordmeer zwischen Island, Norwegen und Großbritannien. Politisch gehört die autonome Inselgruppe, auf der es mehr Schafe als Menschen gibt, zur dänischen Krone. Bis ins 19. Jahrhundert war Schafzucht der wichtigste Erwerbszweig und dementsprechend Wolle das bedeutendste Exportgut. Heute dominiert auf den Färöern die Fischerei und die mit ihr verbundene Wirtschaft.

Die Partie am Dienstag (ab 16.10 Uhr) in der WM-Qualifikation in Großaspach gegen die deutsche Nationalmannschaft sei die "Erfüllung eines Traumes", sagt Rannva Biskopstø Andreasen. "Ich bin sehr gespannt, wie wir uns gegen solch ein Team der Weltelite aus der Affäre ziehen." Die 36 Jahre alte Rekordnationalspielerin steht als Rekordschützin der Färöer (26 Tore) jetzt gegen die DFB-Frauen vor ihrem 51. Länderspiel. Sie ist Kapitänin des Teams, für das auch ihre Zwillingsschwester Ragna sieben Jahre lang gespielt hat. Mit ihrem Verein KI Klaksvik gewann Andreasen neben den 18 Meisterschaften auch zwölf Pokale, wurde zwölfmal Torschützenkönigin und ist derzeit "Fußballerin des Jahres".

Das Nationalteam existiert seit 1986 und ist aktuell auf Platz 69 der Weltrangliste zu finden. Trainer ist seit letztem Jahr Paetur Clementsen. Jetzt hat das Team erstmals die Gruppenphase der WM-Qualifikation erreicht, nachdem im April daheim die Vorqualifikation gegen Luxemburg, Montenegro und die Türkei gewonnen wurde.

In einer neuen Realität angekommen

Heidi Sevdal (28), aktuell 44 Länderspiele und 19 Tore, eröffnete bei diesem Turnier das 5:1 Festival gegen Luxemburg bereits in der zweiten Minute. Eyðvør Klakstein und Birita Nielsen trafen danach beim 2:1 bei extremen Windverhältnissen gegen Montenegro. Nach einem schnellen Konter traf Rannvá Biskopstø Andreasen dann in der alles entscheidenden letzten Begegnung unhaltbar zum 1:1 (36.) gegen die Türkei und Milja R. Simonsen zum 2:1 Sieg für die Färöer, sorgte damit sensationell für kollektive Glückseligkeit. Trainer Clementsen: "Dass wir das erreicht haben, macht uns megastolz. Wir sind jetzt in einer neuen Realität angekommen und spielen gegen einige der besten Teams aus Europa. Das haben wir mit einem rauen Start, jeweils 0:8 gegen Tschechien und auf Island, deutlich zu spüren bekommen."

Dass für die Frauen nicht nur eine 1. und 2. Liga existieren, sondern auch eine sechs Teams starke Liga "Old Girls" Ü 35 sowie weibliche Nachwuchsligen U 17, U 14, U 12, U 10, U 7/8 und U 6, kennzeichnet die knapp 50.000 Bewohner der Färöer-Inseln als absolut begeistert für Frauenfußball. Zwar kommen zu den Erstligaspielen nur etwa 20 - 100 Zuschauer kommen - doch das ist durchaus anständig angesichts der wenigen Inselbewohner.

Am letzten Spieltag der 1. Liga waren beim meisterschaftsentscheidenden Topspiel zwischen EBS/ Skala und KI Klaksvik rund 400 Neugierige im kleinen, aber schmucken Stadion Við Margáir der Ortschaft Streymes und sahen das 2:2, mit dem die Gastgeberinnen den Titelträger nach gefühlt ewigen Zeiten entthronten. Für EBS/ Skala ist es die dritte Meisterschaft. Zuletzt konnte das Team 1992 über den Titel jubeln. Heidi Sevdal war Doppeltorschützin, sicherte sich auch mit 32 Treffern überlegen die Krone als Torjägerin der Liga, der 1. Deild, vor Rannvá Biskopstø Andreasen von KI mit 18 Treffern.

Rekordmeister KI Klaksvik und Familie Klakstein

Rekordmeister KI Klaksvik gewann bereits 18 Titel und 14 Pokale und ist der einzige Klub Europas ohne Unterbrechung in den UEFA-Wettbewerben. Jetzt muss sich der Klub erstmals seit 1999 mit der Vize-Meisterschaft begnügen, sodaß die Rekordstrecke bei der UEFA beendet ist, mit der der Klub auch im Guinessbuch der Rekorde zu finden ist. Fünf Jahre nach der Liga wurde 1990 ein Pokalwettbewerb eingeführt. Aktuell holte sich EBS/ Skala die Trophäe, übrigens vor 778 Fans mit 3:2 im Finale von Torshavn gegen den örtlichen Klub HB. Birna Tummasardottir (2) und Anna Sofia Sevdal hatten für die Sieger getroffen. Das bedeutet erstmals das Double für diesen Verein von der Insel Streymoy.

Ganz besonders in Sachen Fußball ist auch die Familie Klakstein. Nicht nur Vater und Sohn waren und sind gute Fußballer, sondern auch Mutter und Tochter. Bára Skaale Klakstein, heute Co-Trainerin bei KI, bestritt bis 2013 exakt 20 Länderspiele. Ihre Tochter Eyðvør kommt bereits auf 22 Einsätze. Beide trugen sogar viermal gemeinsam das Nationaltrikot. 2012 und 2013 war das. Zuvor gelang so etwas weltweit nur Mutter und Tochter Halaby von den Nördlichen Marianen (2007) sowie den Herreras auf American Samoa im gleichen Jahr. Eyðvør Klakstein (KI) hat als einzige Spielerin des Nationalkaders Legionärserfahrung. Die 22-Jährige war zuletzt bei CF Mislata in Spaniens 2. Liga aktiv.

Für die WM-Qualifikation hoffen die Färingerinnen, das Interesse am Frauenfußball weiter zu steigern. "Wir wollen zeigen, dass die Frauen in unserem Land Fußball spielen können. Ziel ist es, im Verhältnis zur Bevölkerung stetig zu wachsen. Vor allem den jungen Mädchen wollen wir zeigen, dass es Vorbilder gibt, zu denen sie aufschauen können", sagt der aus Torshavn stammende Paetur Clementsen (35), seit letztem Jahr Technischer Direktor des Fußballverbands.

Die Partie gegen Olympiasieger Deutschland betrachtet er vor allem als "wichtige Lernerfahrung für die Zukunft, denn wir haben große Ziele", sagt er. "Deutschland ist klarer Favorit. Aber man muss alles in Relation sehen. Ich kann nur aus etwa 350 erwachsenen Spielerinnen wählen. Mir ist vor allem wichtig, dass meine Spielerinnen allesamt mutig aufzutreten, ehrlichen Fußball zu zeigen und sich ordentlich anzustrengen - mit respektablem Ergebnis, was immer das bedeuten mag." Als Sportpsychologe mit Masterabschluss verwundert es nicht, dass er den Weg seines Teams als "tolle Reise" bezeichnet, und dabei nicht nur den Trip nach Großaspach meint.

[rh]

Fakten zum Frauenfußball auf den Färöer Inseln sind hierzulande nahezu unbekannt. Die 18 Inseln, nur etwa eineinhalb mal größer als Rügen, liegen mitten im Nordmeer zwischen Island, Norwegen und Großbritannien. Politisch gehört die autonome Inselgruppe, auf der es mehr Schafe als Menschen gibt, zur dänischen Krone. Bis ins 19. Jahrhundert war Schafzucht der wichtigste Erwerbszweig und dementsprechend Wolle das bedeutendste Exportgut. Heute dominiert auf den Färöern die Fischerei und die mit ihr verbundene Wirtschaft.

Die Partie am Dienstag (ab 16.10 Uhr) in der WM-Qualifikation in Großaspach gegen die deutsche Nationalmannschaft sei die "Erfüllung eines Traumes", sagt Rannva Biskopstø Andreasen. "Ich bin sehr gespannt, wie wir uns gegen solch ein Team der Weltelite aus der Affäre ziehen." Die 36 Jahre alte Rekordnationalspielerin steht als Rekordschützin der Färöer (26 Tore) jetzt gegen die DFB-Frauen vor ihrem 51. Länderspiel. Sie ist Kapitänin des Teams, für das auch ihre Zwillingsschwester Ragna sieben Jahre lang gespielt hat. Mit ihrem Verein KI Klaksvik gewann Andreasen neben den 18 Meisterschaften auch zwölf Pokale, wurde zwölfmal Torschützenkönigin und ist derzeit "Fußballerin des Jahres".

Das Nationalteam existiert seit 1986 und ist aktuell auf Platz 69 der Weltrangliste zu finden. Trainer ist seit letztem Jahr Paetur Clementsen. Jetzt hat das Team erstmals die Gruppenphase der WM-Qualifikation erreicht, nachdem im April daheim die Vorqualifikation gegen Luxemburg, Montenegro und die Türkei gewonnen wurde.

In einer neuen Realität angekommen

Heidi Sevdal (28), aktuell 44 Länderspiele und 19 Tore, eröffnete bei diesem Turnier das 5:1 Festival gegen Luxemburg bereits in der zweiten Minute. Eyðvør Klakstein und Birita Nielsen trafen danach beim 2:1 bei extremen Windverhältnissen gegen Montenegro. Nach einem schnellen Konter traf Rannvá Biskopstø Andreasen dann in der alles entscheidenden letzten Begegnung unhaltbar zum 1:1 (36.) gegen die Türkei und Milja R. Simonsen zum 2:1 Sieg für die Färöer, sorgte damit sensationell für kollektive Glückseligkeit. Trainer Clementsen: "Dass wir das erreicht haben, macht uns megastolz. Wir sind jetzt in einer neuen Realität angekommen und spielen gegen einige der besten Teams aus Europa. Das haben wir mit einem rauen Start, jeweils 0:8 gegen Tschechien und auf Island, deutlich zu spüren bekommen."

Dass für die Frauen nicht nur eine 1. und 2. Liga existieren, sondern auch eine sechs Teams starke Liga "Old Girls" Ü 35 sowie weibliche Nachwuchsligen U 17, U 14, U 12, U 10, U 7/8 und U 6, kennzeichnet die knapp 50.000 Bewohner der Färöer-Inseln als absolut begeistert für Frauenfußball. Zwar kommen zu den Erstligaspielen nur etwa 20 - 100 Zuschauer kommen - doch das ist durchaus anständig angesichts der wenigen Inselbewohner.

Am letzten Spieltag der 1. Liga waren beim meisterschaftsentscheidenden Topspiel zwischen EBS/ Skala und KI Klaksvik rund 400 Neugierige im kleinen, aber schmucken Stadion Við Margáir der Ortschaft Streymes und sahen das 2:2, mit dem die Gastgeberinnen den Titelträger nach gefühlt ewigen Zeiten entthronten. Für EBS/ Skala ist es die dritte Meisterschaft. Zuletzt konnte das Team 1992 über den Titel jubeln. Heidi Sevdal war Doppeltorschützin, sicherte sich auch mit 32 Treffern überlegen die Krone als Torjägerin der Liga, der 1. Deild, vor Rannvá Biskopstø Andreasen von KI mit 18 Treffern.

Rekordmeister KI Klaksvik und Familie Klakstein

Rekordmeister KI Klaksvik gewann bereits 18 Titel und 14 Pokale und ist der einzige Klub Europas ohne Unterbrechung in den UEFA-Wettbewerben. Jetzt muss sich der Klub erstmals seit 1999 mit der Vize-Meisterschaft begnügen, sodaß die Rekordstrecke bei der UEFA beendet ist, mit der der Klub auch im Guinessbuch der Rekorde zu finden ist. Fünf Jahre nach der Liga wurde 1990 ein Pokalwettbewerb eingeführt. Aktuell holte sich EBS/ Skala die Trophäe, übrigens vor 778 Fans mit 3:2 im Finale von Torshavn gegen den örtlichen Klub HB. Birna Tummasardottir (2) und Anna Sofia Sevdal hatten für die Sieger getroffen. Das bedeutet erstmals das Double für diesen Verein von der Insel Streymoy.

Ganz besonders in Sachen Fußball ist auch die Familie Klakstein. Nicht nur Vater und Sohn waren und sind gute Fußballer, sondern auch Mutter und Tochter. Bára Skaale Klakstein, heute Co-Trainerin bei KI, bestritt bis 2013 exakt 20 Länderspiele. Ihre Tochter Eyðvør kommt bereits auf 22 Einsätze. Beide trugen sogar viermal gemeinsam das Nationaltrikot. 2012 und 2013 war das. Zuvor gelang so etwas weltweit nur Mutter und Tochter Halaby von den Nördlichen Marianen (2007) sowie den Herreras auf American Samoa im gleichen Jahr. Eyðvør Klakstein (KI) hat als einzige Spielerin des Nationalkaders Legionärserfahrung. Die 22-Jährige war zuletzt bei CF Mislata in Spaniens 2. Liga aktiv.

Für die WM-Qualifikation hoffen die Färingerinnen, das Interesse am Frauenfußball weiter zu steigern. "Wir wollen zeigen, dass die Frauen in unserem Land Fußball spielen können. Ziel ist es, im Verhältnis zur Bevölkerung stetig zu wachsen. Vor allem den jungen Mädchen wollen wir zeigen, dass es Vorbilder gibt, zu denen sie aufschauen können", sagt der aus Torshavn stammende Paetur Clementsen (35), seit letztem Jahr Technischer Direktor des Fußballverbands.

Die Partie gegen Olympiasieger Deutschland betrachtet er vor allem als "wichtige Lernerfahrung für die Zukunft, denn wir haben große Ziele", sagt er. "Deutschland ist klarer Favorit. Aber man muss alles in Relation sehen. Ich kann nur aus etwa 350 erwachsenen Spielerinnen wählen. Mir ist vor allem wichtig, dass meine Spielerinnen allesamt mutig aufzutreten, ehrlichen Fußball zu zeigen und sich ordentlich anzustrengen - mit respektablem Ergebnis, was immer das bedeuten mag." Als Sportpsychologe mit Masterabschluss verwundert es nicht, dass er den Weg seines Teams als "tolle Reise" bezeichnet, und dabei nicht nur den Trip nach Großaspach meint.

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