Zwanziger: "Wir haben viel Positives bewegt"

Dr. Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), zieht im aktuellen Gespräch auf www.dfb.de ein positives Fazit der Entwicklung seit dem WM-Finale von Berlin und nimmt auch Stellung zu aktuellen Fragen.

Frage: Herr Dr. Zwanziger, die Nationalmannschaft hat mit dem 3:1 über die Schweiz ein erstes Ausrufezeichen für das neue Jahr gesetzt. Und schon steht das immens wichtige Spiel in Prag vor der Tür. Wissen Sie eigentlich noch, was vor sieben Monaten war?

Zwanziger: Anfang Juli 2006 – da erinnere ich mich an den beherzten Kampf unserer Mannschaft beim WM-Halbfinale in Dortmund und an die bitteren Schlussminuten. Wenige Tage später endete mit dem vierten Titelgewinn Italiens eine grandiose Fußball-Weltmeisterschaft. Diese WM hat unglaublich viel bewirkt, für unsere Nationalmannschaft, für den DFB, aber auch für das Image unseres Landes in der ganzen Welt. Aber Sie haben mit Ihrer Frage recht. Seitdem ist schon wieder unglaublich viel passiert.

Frage: Seit dem Ausklang des Sommermärchens, welche sportlichen Themen haben dominiert?

Zwanziger: Insgesamt haben wir in den vergangenen Monaten viel Positives bewegt. Kurz nach der WM kam der Trainerwechsel, den wir binnen eines Tages durchführen konnten. Jürgen Klinsmann übergab die Verantwortung an Joachim Löw. Die Übergabe geschah in ausgesprochener Kollegialität und mit spürbarem Respekt füreinander. Ich denke, die Bilanz des neuen Bundestrainers mit sechs Siegen und einem Unentschieden bei einem Torverhältnis von 27:3 kann sich sehen lassen. Löw setzt Klinsmanns Kurs des attraktiven Offensivfußballs und der konsequenten Verjüngung der Mannschaft fort, wie etwa gegen die Schweiz mit dem Einsatz des Stürmers Mario Gomez unter Beweis gestellt wurde. Die Frauen-Nationalmannschaft hat sich ungeschlagen qualifiziert für die WM in China, die wir uns alle schon für den September rot im Kalender anstreichen sollten. Das Projekt Titelverteidigung läuft, unsere Frauen werden sich unter der Leitung von Trainerin Silvia Neid und ihrem Stab auf diese große Aufgabe mit Akribie und Leidenschaft vorbereiten. Als Welt- und Europameister gehören die deutschen Frauen selbstverständlich zum engen Favoritenkreis.

Frage: Aber nicht nur sportliche Themen bewegten zuletzt.

Zwanziger: Im vergangenen halben Jahr haben wir in der Struktur des DFB die Task Force installiert. Dieses Gremium soll jeder als Zeichen unseres wirklich kompromisslosen Engagements gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus werten. Wir dürfen den Fußball nicht den Rattenfängern überlassen, weder im Westen noch im Osten Deutschlands. Mit Gül Keskinler haben wir erstmals in der Geschichte des DFB eine Integrationsbeauftragte installiert, die dem Vorstand beratend zur Seite steht und auch der Task Force angehört. Zuletzt beschäftigte uns außerdem die bestehende Partnerschaft mit adidas und das Angebot von Nike. An dieser Stelle möchte ich nur sagen, dass die Verhandlungen weiter geführt werden. Adidas ist unser Ansprechpartner. Aber da muss deutlich nachgelegt werden.

Frage: Begeben wir uns doch mal auf die Zeitreise. Was war vor einem Jahr?

Zwanziger: Ich glaube, im Frühjahr 2006 war vielen Fußballfans etwas flau im Magen. Im Februar und März 2006 malten uns einige Organisationen die bevorstehende WM in den düstersten Farben. Die Stadien seien unsicher, das Ticketsystem nicht ausgereift, sportlich stehe ein Fiasko bevor. Ich denke, viele können sich noch an die teils harsche, oft völlig unsachliche und überzogene Kritik erinnern. Eigentlich hätten unsere Stadien noch im April einstürzen müssen. Der Weltuntergang stand unmittelbar bevor. Es kam aber ganz anders, als einige Besserwisser es dargestellt hatten. Beim Ton der Kritik damals an Jürgen Klinsmann sehe ich Parallelen zur heutigen Kritik an unserem Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, der gute Arbeit leistet. Rund zwei Jahre liegt jetzt schon wieder der Wett- und Manipulationsskandal zurück. Als die Unparteilichkeit der Schiedsrichter in Frage gestellt werden musste, war das für unseren Fußball ein einschneidendes Erlebnis, ein Fall, der die Strukturen des Fußballs in Deutschland bis ins Fundament erschüttert hat. Ich denke, dass wir damals richtig gehandelt haben. Der DFB hat sich dem Thema gestellt und die sachliche Aufarbeitung schnell erledigt und völlig transparent dargestellt.

Frage: Was erwarten Sie für das kommende Jahr?

Zwanziger: Dass sich unsere Nationalmannschaft weiterhin gut präsentiert. Natürlich träumt auch der DFB-Präsident davon, dass wir das Schlüsselspiel in Prag gewinnen, und als Gruppenerster die Qualifikationsrunde der EURO 2008 abschließen. Der Stellenwert des Frauenfußballs muss 2007 weiter steigen, dafür soll auch unsere Mannschaft bei der WM vom 10. bis 30. September in China sorgen. Wie schon mehrfach gesagt, wird der DFB sich für die Ausrichtung der FIFA WM 2011 bewerben. Mit Beginn der Bewerbung, umso mehr noch wenn wir wirklich den Zuschlag bekämen, würde eine fantastische Entwicklung starten. So wie unsere Frauen Fußball spielen, besteht in Sachen Popularität sicher noch viel Wachstumspotenzial. Die Arbeit unseres Sportdirektors Matthias Sammer auf der Basis seines zehn Punkte umfassenden Plans zur Förderung der Elite zeigt gute Ergebnisse. Ich erinnere an das Trainingslager der Juniorenteams in Katar, das neue Maßstäbe gesetzt hat. 2007 wollen wir im Juniorenbereich auch bei den anstehenden Europameisterschaften gute Leistungen zeigen und wieder einmal einen Titel gewinnen. Schließlich müssen wir als DFB unsere Stimme auch international wie bisher einbringen. Dafür ist mit der Wahl Franz Beckenbauers in das Exekutivkomitee der FIFA und der Mitarbeit Gerhard Mayer-Vorfelders im UEFA-Exekutivkomitee eine perfekte organisatorische Basis gelegt.

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Dr. Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), zieht im aktuellen Gespräch auf www.dfb.de ein positives Fazit der Entwicklung seit dem WM-Finale von Berlin und nimmt auch Stellung zu aktuellen Fragen.

Frage: Herr Dr. Zwanziger, die Nationalmannschaft hat mit dem 3:1 über die Schweiz ein erstes Ausrufezeichen für das neue Jahr gesetzt. Und schon steht das immens wichtige Spiel in Prag vor der Tür. Wissen Sie eigentlich noch, was vor sieben Monaten war?

Zwanziger: Anfang Juli 2006 – da erinnere ich mich an den beherzten Kampf unserer Mannschaft beim WM-Halbfinale in Dortmund und an die bitteren Schlussminuten. Wenige Tage später endete mit dem vierten Titelgewinn Italiens eine grandiose Fußball-Weltmeisterschaft. Diese WM hat unglaublich viel bewirkt, für unsere Nationalmannschaft, für den DFB, aber auch für das Image unseres Landes in der ganzen Welt. Aber Sie haben mit Ihrer Frage recht. Seitdem ist schon wieder unglaublich viel passiert.

Frage: Seit dem Ausklang des Sommermärchens, welche sportlichen Themen haben dominiert?

Zwanziger: Insgesamt haben wir in den vergangenen Monaten viel Positives bewegt. Kurz nach der WM kam der Trainerwechsel, den wir binnen eines Tages durchführen konnten. Jürgen Klinsmann übergab die Verantwortung an Joachim Löw. Die Übergabe geschah in ausgesprochener Kollegialität und mit spürbarem Respekt füreinander. Ich denke, die Bilanz des neuen Bundestrainers mit sechs Siegen und einem Unentschieden bei einem Torverhältnis von 27:3 kann sich sehen lassen. Löw setzt Klinsmanns Kurs des attraktiven Offensivfußballs und der konsequenten Verjüngung der Mannschaft fort, wie etwa gegen die Schweiz mit dem Einsatz des Stürmers Mario Gomez unter Beweis gestellt wurde. Die Frauen-Nationalmannschaft hat sich ungeschlagen qualifiziert für die WM in China, die wir uns alle schon für den September rot im Kalender anstreichen sollten. Das Projekt Titelverteidigung läuft, unsere Frauen werden sich unter der Leitung von Trainerin Silvia Neid und ihrem Stab auf diese große Aufgabe mit Akribie und Leidenschaft vorbereiten. Als Welt- und Europameister gehören die deutschen Frauen selbstverständlich zum engen Favoritenkreis.

Frage: Aber nicht nur sportliche Themen bewegten zuletzt.

Zwanziger: Im vergangenen halben Jahr haben wir in der Struktur des DFB die Task Force installiert. Dieses Gremium soll jeder als Zeichen unseres wirklich kompromisslosen Engagements gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus werten. Wir dürfen den Fußball nicht den Rattenfängern überlassen, weder im Westen noch im Osten Deutschlands. Mit Gül Keskinler haben wir erstmals in der Geschichte des DFB eine Integrationsbeauftragte installiert, die dem Vorstand beratend zur Seite steht und auch der Task Force angehört. Zuletzt beschäftigte uns außerdem die bestehende Partnerschaft mit adidas und das Angebot von Nike. An dieser Stelle möchte ich nur sagen, dass die Verhandlungen weiter geführt werden. Adidas ist unser Ansprechpartner. Aber da muss deutlich nachgelegt werden.

Frage: Begeben wir uns doch mal auf die Zeitreise. Was war vor einem Jahr?

Zwanziger: Ich glaube, im Frühjahr 2006 war vielen Fußballfans etwas flau im Magen. Im Februar und März 2006 malten uns einige Organisationen die bevorstehende WM in den düstersten Farben. Die Stadien seien unsicher, das Ticketsystem nicht ausgereift, sportlich stehe ein Fiasko bevor. Ich denke, viele können sich noch an die teils harsche, oft völlig unsachliche und überzogene Kritik erinnern. Eigentlich hätten unsere Stadien noch im April einstürzen müssen. Der Weltuntergang stand unmittelbar bevor. Es kam aber ganz anders, als einige Besserwisser es dargestellt hatten. Beim Ton der Kritik damals an Jürgen Klinsmann sehe ich Parallelen zur heutigen Kritik an unserem Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, der gute Arbeit leistet. Rund zwei Jahre liegt jetzt schon wieder der Wett- und Manipulationsskandal zurück. Als die Unparteilichkeit der Schiedsrichter in Frage gestellt werden musste, war das für unseren Fußball ein einschneidendes Erlebnis, ein Fall, der die Strukturen des Fußballs in Deutschland bis ins Fundament erschüttert hat. Ich denke, dass wir damals richtig gehandelt haben. Der DFB hat sich dem Thema gestellt und die sachliche Aufarbeitung schnell erledigt und völlig transparent dargestellt.

Frage: Was erwarten Sie für das kommende Jahr?

Zwanziger: Dass sich unsere Nationalmannschaft weiterhin gut präsentiert. Natürlich träumt auch der DFB-Präsident davon, dass wir das Schlüsselspiel in Prag gewinnen, und als Gruppenerster die Qualifikationsrunde der EURO 2008 abschließen. Der Stellenwert des Frauenfußballs muss 2007 weiter steigen, dafür soll auch unsere Mannschaft bei der WM vom 10. bis 30. September in China sorgen. Wie schon mehrfach gesagt, wird der DFB sich für die Ausrichtung der FIFA WM 2011 bewerben. Mit Beginn der Bewerbung, umso mehr noch wenn wir wirklich den Zuschlag bekämen, würde eine fantastische Entwicklung starten. So wie unsere Frauen Fußball spielen, besteht in Sachen Popularität sicher noch viel Wachstumspotenzial. Die Arbeit unseres Sportdirektors Matthias Sammer auf der Basis seines zehn Punkte umfassenden Plans zur Förderung der Elite zeigt gute Ergebnisse. Ich erinnere an das Trainingslager der Juniorenteams in Katar, das neue Maßstäbe gesetzt hat. 2007 wollen wir im Juniorenbereich auch bei den anstehenden Europameisterschaften gute Leistungen zeigen und wieder einmal einen Titel gewinnen. Schließlich müssen wir als DFB unsere Stimme auch international wie bisher einbringen. Dafür ist mit der Wahl Franz Beckenbauers in das Exekutivkomitee der FIFA und der Mitarbeit Gerhard Mayer-Vorfelders im UEFA-Exekutivkomitee eine perfekte organisatorische Basis gelegt.