Zimmermann: "Bewegungen fangen an der Basis an"

Ronny Zimmermann, zuständiger DFB-Vizepräsident für Jugendfußball und Schiedsrichterwesen, Florian Weißmann als Vertreter des DFB-Jugendausschusses und Leon Ries, DFB-Abteilungsleiter Basisberatung und -entwicklung, haben über die Ergebnisse DFB-Bundesjugendtages gesprochen. DFB.de hat die wichtigsten Aussagen gebündelt.

Ronny Zimmermann über...

... klare Botschaften des DFB-Bundesjugendtages für mehr Schulsport: Wir haben im Vorfeld diskutiert, ob wir uns nur auf den Vereinsfußball reduzieren wollen, aber schnell darauf verständigt, dass das keinen Sinn macht, weil viele äußere Einflüsse für den Fußball prägend sind, beispielsweise die Schule. Die alte Forderung nach mehr Sport in den Schulen haben wir stark betont. Sport ist aus unserer Sicht genauso wichtig wie Mathematik. Wir wollen Wertschätzung für die Vereine, die Angebote an Schulen machen. Sie werden zu oft als Lückenbüßer gesehen, da sehen wir erheblichen Verbesserungsbedarf. 

... Bürokratisierung: Wir möchten das vereinfachen, gerade für Leute, die ehrenamtlich ihre Zeit opfern. Da stellt sich die Frage, wie man den Menschen helfen kann. Im DFB haben wir das selbst in der Hand und können dafür sorgen, dass unsere Regelungen möglichst einfach gehalten sind. Andere Themen werden von außen vorgegeben, Beispiel Datenschutz. Wir wollen daran arbeiten, dass die Arbeit für die Ehrenamtlichen nicht zusätzlich erschwert wird. Ich kenne es beispielsweise von meinem Klub, in dem wir zwei FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr; Anm. d. Red.) haben. Was man auf dem Weg tun muss, ist schon anspruchsvoll. Man muss aber deutlich differenzieren zwischen dem, was wir Verbände steuern können und was nicht.

... Ablehnung von Sportverboten: Wir haben in der Pandemie erlebt, dass wir mit dem, was wir für Kinder und Jugendliche wollen, zu wenig gehört wurden. Wir wollten deshalb klar zum Ausdruck bringen, dass generelle Sportverbote für Kinder und Jugendliche nicht mehr gehen. Sport ist kein Problem, Sport bietet Lösungen. Wir haben festgestellt, dass mit der großen Walze Maßnahmen getroffen wurden, die uns nicht glücklich machen. Gerade für den Freiluftsport wie Fußball kann man andere, differenziertere Lösungen finden.

... Möglichkeiten der Einflussnahme: Das Gespräch ist immer der erste Schritt. Man kann zwar irgendwann Gerichte anrufen, das darf aber nur der letzte Schritt sein. Ich wüsste nicht, ob das am Ende der richtige Weg wäre. Wir hoffen alle auf die Vernunft der Entscheider*innen der Politik.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Bewegungen fangen an der Basis an. Wir haben bei der Erarbeitung und Pilotierung einen bewussten Perspektivwechsel vorgenommen. Im Zentrum steht, was für das Kind gut und wichtig ist, losgelöst erst mal von dem, was Trainer*innen und Eltern besonders gefällt. Wenn wir bei den Pilotversuchen nicht zu der Überzeugung gekommen wären, den Kindern gefällt das, hätten wir es nicht weiter betrieben. Das ist keine übergestülpte Entscheidung von oben. Spaß und Freude, darum geht es in dem Alter.

... Widerstände: Die deutsche Fußballkultur ist intensiver und unser System deutlich größer als beispielsweise in der Schweiz, wo es diese Spielformen schon länger gibt. Auf Verbandsebene herrscht Einvernehmen, die gesammelten Erfahrungen sind gut.

Florian Weißmann über...

... die Schwierigkeiten des Sports in der Pandemie: Es ist sehr anstrengend, auf einen guten Weg mit der Politik zu kommen. Sport als Teil der Lösung ist teilweise anerkannt, es gibt aber viele Fragen, die die Politik nicht berücksichtigt hat und für die es Lösungen zu finden gilt. Wir arbeiten in Bayern zum Beispiel mit der Bayerischen Sportjugend und versuchen hinter den Kulissen zu arbeiten. Klagen können im ersten Schritt erfolgreich sein, im zweiten Schritt aber andere Einschränkungen zur Folge haben. Es ist ein Wandeln auf schmalem Grat. Wenn wir öffentlich draufhauen, macht es die Situation oft nicht besser.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Wir hatten noch einmal eine Umfrage im Vorfeld des DFB-Bundesjugendtages, was wichtig ist im Kinderfußball. Drei Schlagwörter sind dort herausgestochen: Spaß, Fairplay und, überraschenderweise, Ballkontakte, also Ballkontakte für jedes Kind . Das bieten diese Spielformen. Kinder, die bei den Bambini nicht aktiv lernen können, sind in der F- oder E-Jugend nicht mehr da. Jeder Verein, jeder Trainer, der mehr mitmacht, wird andere mitreißen, aber es steht noch ein Weg vor uns. Wir wollen jedem Kind die Möglichkeit zum Spielen, zur aktiven Spielteilnahme geben. 

... die lange Dauer der Umsetzung: Warum erst jetzt? Die Frage kann man sich immer stellen. Aber wenn ich auf die letzten Jahre zurückschaue, mussten wir schon einige Widerstände überwinden. Auf andere Länder hinzuweisen, in denen es bereits praktiziert wird, hilft da alleine nicht. Das wird gerne weggewischt. Wir müssen Vereine und Trainer*innen mitnehmen, das geht nicht von heute auf morgen. Deswegen die Übergangsphase bis 2024, damit wir nicht von heute auf morgen alles umstellen, sondern einen fließenden Übergang haben. Es gibt immer noch Kreise und Vereine, die Schwierigkeiten mit den neuen Spielformen haben.

Leon Ries über...

... sinkende Zahlen an aktiven Fußballer*innen im Alter von 15 bis 18: Der Bruch im Alltag durch die Pandemie hat verschärfend dazu geführt, dass das Training bei einigen nicht mehr richtig zum Ablauf der Woche dazugehört und die Vereine sich da schwer tun. Untersuchungen zeigen, dass die Zeit der Jugendlichen vor den Bildschirmen signifikant gestiegen ist. Die Bildschirmzeit ist 60 Prozent höher als vor dem Lockdown. Das ist eine veränderte Freizeitgestaltung, die durch Corona verstärkt wurde. 2020/2021 wurden 175.000 Jugendspiele ausgetragen, in einer normalen Saison sind es 780.000. Spiele sind das Salz in der Suppe. Wenn das fehlt, kommt man eher weniger zum Verein. Das ist einer der Gründe für den erhöhten Aderlass. Wir als Verband müssen darauf reagieren.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Es geht um einen Kulturwandel. Wir sind der Überzeugung, eine nachhaltige Änderung eher mit einem Strukturwechsel statt mit moralischen Appellen schaffen zu können. 

[dfb]

Ronny Zimmermann, zuständiger DFB-Vizepräsident für Jugendfußball und Schiedsrichterwesen, Florian Weißmann als Vertreter des DFB-Jugendausschusses und Leon Ries, DFB-Abteilungsleiter Basisberatung und -entwicklung, haben über die Ergebnisse DFB-Bundesjugendtages gesprochen. DFB.de hat die wichtigsten Aussagen gebündelt.

Ronny Zimmermann über...

... klare Botschaften des DFB-Bundesjugendtages für mehr Schulsport: Wir haben im Vorfeld diskutiert, ob wir uns nur auf den Vereinsfußball reduzieren wollen, aber schnell darauf verständigt, dass das keinen Sinn macht, weil viele äußere Einflüsse für den Fußball prägend sind, beispielsweise die Schule. Die alte Forderung nach mehr Sport in den Schulen haben wir stark betont. Sport ist aus unserer Sicht genauso wichtig wie Mathematik. Wir wollen Wertschätzung für die Vereine, die Angebote an Schulen machen. Sie werden zu oft als Lückenbüßer gesehen, da sehen wir erheblichen Verbesserungsbedarf. 

... Bürokratisierung: Wir möchten das vereinfachen, gerade für Leute, die ehrenamtlich ihre Zeit opfern. Da stellt sich die Frage, wie man den Menschen helfen kann. Im DFB haben wir das selbst in der Hand und können dafür sorgen, dass unsere Regelungen möglichst einfach gehalten sind. Andere Themen werden von außen vorgegeben, Beispiel Datenschutz. Wir wollen daran arbeiten, dass die Arbeit für die Ehrenamtlichen nicht zusätzlich erschwert wird. Ich kenne es beispielsweise von meinem Klub, in dem wir zwei FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr; Anm. d. Red.) haben. Was man auf dem Weg tun muss, ist schon anspruchsvoll. Man muss aber deutlich differenzieren zwischen dem, was wir Verbände steuern können und was nicht.

... Ablehnung von Sportverboten: Wir haben in der Pandemie erlebt, dass wir mit dem, was wir für Kinder und Jugendliche wollen, zu wenig gehört wurden. Wir wollten deshalb klar zum Ausdruck bringen, dass generelle Sportverbote für Kinder und Jugendliche nicht mehr gehen. Sport ist kein Problem, Sport bietet Lösungen. Wir haben festgestellt, dass mit der großen Walze Maßnahmen getroffen wurden, die uns nicht glücklich machen. Gerade für den Freiluftsport wie Fußball kann man andere, differenziertere Lösungen finden.

... Möglichkeiten der Einflussnahme: Das Gespräch ist immer der erste Schritt. Man kann zwar irgendwann Gerichte anrufen, das darf aber nur der letzte Schritt sein. Ich wüsste nicht, ob das am Ende der richtige Weg wäre. Wir hoffen alle auf die Vernunft der Entscheider*innen der Politik.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Bewegungen fangen an der Basis an. Wir haben bei der Erarbeitung und Pilotierung einen bewussten Perspektivwechsel vorgenommen. Im Zentrum steht, was für das Kind gut und wichtig ist, losgelöst erst mal von dem, was Trainer*innen und Eltern besonders gefällt. Wenn wir bei den Pilotversuchen nicht zu der Überzeugung gekommen wären, den Kindern gefällt das, hätten wir es nicht weiter betrieben. Das ist keine übergestülpte Entscheidung von oben. Spaß und Freude, darum geht es in dem Alter.

... Widerstände: Die deutsche Fußballkultur ist intensiver und unser System deutlich größer als beispielsweise in der Schweiz, wo es diese Spielformen schon länger gibt. Auf Verbandsebene herrscht Einvernehmen, die gesammelten Erfahrungen sind gut.

Florian Weißmann über...

... die Schwierigkeiten des Sports in der Pandemie: Es ist sehr anstrengend, auf einen guten Weg mit der Politik zu kommen. Sport als Teil der Lösung ist teilweise anerkannt, es gibt aber viele Fragen, die die Politik nicht berücksichtigt hat und für die es Lösungen zu finden gilt. Wir arbeiten in Bayern zum Beispiel mit der Bayerischen Sportjugend und versuchen hinter den Kulissen zu arbeiten. Klagen können im ersten Schritt erfolgreich sein, im zweiten Schritt aber andere Einschränkungen zur Folge haben. Es ist ein Wandeln auf schmalem Grat. Wenn wir öffentlich draufhauen, macht es die Situation oft nicht besser.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Wir hatten noch einmal eine Umfrage im Vorfeld des DFB-Bundesjugendtages, was wichtig ist im Kinderfußball. Drei Schlagwörter sind dort herausgestochen: Spaß, Fairplay und, überraschenderweise, Ballkontakte, also Ballkontakte für jedes Kind . Das bieten diese Spielformen. Kinder, die bei den Bambini nicht aktiv lernen können, sind in der F- oder E-Jugend nicht mehr da. Jeder Verein, jeder Trainer, der mehr mitmacht, wird andere mitreißen, aber es steht noch ein Weg vor uns. Wir wollen jedem Kind die Möglichkeit zum Spielen, zur aktiven Spielteilnahme geben. 

... die lange Dauer der Umsetzung: Warum erst jetzt? Die Frage kann man sich immer stellen. Aber wenn ich auf die letzten Jahre zurückschaue, mussten wir schon einige Widerstände überwinden. Auf andere Länder hinzuweisen, in denen es bereits praktiziert wird, hilft da alleine nicht. Das wird gerne weggewischt. Wir müssen Vereine und Trainer*innen mitnehmen, das geht nicht von heute auf morgen. Deswegen die Übergangsphase bis 2024, damit wir nicht von heute auf morgen alles umstellen, sondern einen fließenden Übergang haben. Es gibt immer noch Kreise und Vereine, die Schwierigkeiten mit den neuen Spielformen haben.

Leon Ries über...

... sinkende Zahlen an aktiven Fußballer*innen im Alter von 15 bis 18: Der Bruch im Alltag durch die Pandemie hat verschärfend dazu geführt, dass das Training bei einigen nicht mehr richtig zum Ablauf der Woche dazugehört und die Vereine sich da schwer tun. Untersuchungen zeigen, dass die Zeit der Jugendlichen vor den Bildschirmen signifikant gestiegen ist. Die Bildschirmzeit ist 60 Prozent höher als vor dem Lockdown. Das ist eine veränderte Freizeitgestaltung, die durch Corona verstärkt wurde. 2020/2021 wurden 175.000 Jugendspiele ausgetragen, in einer normalen Saison sind es 780.000. Spiele sind das Salz in der Suppe. Wenn das fehlt, kommt man eher weniger zum Verein. Das ist einer der Gründe für den erhöhten Aderlass. Wir als Verband müssen darauf reagieren.

... die neuen Spielformen im Kinderfußball: Es geht um einen Kulturwandel. Wir sind der Überzeugung, eine nachhaltige Änderung eher mit einem Strukturwechsel statt mit moralischen Appellen schaffen zu können. 

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