Ziegler: "Die Jungs hatten richtig Bock"

Vier Tage dauerte das DFB-Torwartcamp im Sportcentrum Kaiserau, in dem Marc Ziegler mit seinem Trainerteam 24 Nachwuchstorhüter der Jahrgänge 2001 bis 2007 unter die Lupe nahm. Der DFB-Torwartkoordinator spricht im DFB.de-Interview mit Mitarbeiterin Hannah Bunz über die vergangenen Tage im Camp, die Ziele und die Entwicklung des Torwartnachwuchses.

DFB.de: Herr Ziegler, Sie haben diese Woche das DFB-Torwart-Camp in Kaiserau organisiert - wie war Ihr Eindruck?

Marc Ziegler: Wir haben uns gefreut, unsere Torwarttalente nach dem schwierigen Jahr wieder bei uns zu haben. Unser Ziel war es, die Jungs mit unserer DFB-DNA für Nationaltorhüter vertraut zu machen und intensiv am Torwartspiel mit unseren Inhalten zu arbeiten.

DFB.de: Wo haben Sie die Schwerpunkte im Training gelegt?

Ziegler: Wir haben in den vier Trainingseinheiten intensiv an der Zielverteidigung, der Raumverteidigung und dem Offensivspiel gearbeitet. Diese DNA-Bausteine machen das Torwartspiel aus. Zusätzlich hatten die Jungs einen Workshop, bei dem Szenen aus unserer EM-Analyse gezeigt wurden. Diese mussten sie mit ihren Nationaltorwarttrainern analysieren. Anschließend führten wir eine gemeinsame Trainingseinheit nach unserer Trainingskonzeption "W-A-S-I-C" durch. Die Einheit wurde gefilmt, vom Analyseteam aufbereitet und wiederum mit den Jungs zusammen analysiert.

DFB.de: Um noch einmal speziell auf die DFB-DNA einzugehen, können Sie uns ein paar Hintergründe erläutern?

Ziegler: DNA ist ja ein Baustein des menschlichen Körpers. Wir hielten es für wichtig, dass es eine charakteristische DFB-DNA für Torhüter und Torhüter*innen gibt. Diese besteht aus zehn Punkten, die von uns eingefordert werden. Wir standen im stetigen Austausch mit Tortwart-Trainern aus den Vereinen, Fußballprofis und Experten aus der Akademie. Wir haben viel Energie in die Entwicklung gesteckt, unsere wichtigsten Kernelemente herausgearbeitet und diese in die Torwart-DNA eingearbeitet. Aus unserer Sicht stellen die Bausteine eine Grundlage dar, was die Kernfaktoren eines Welttorhüters ausmachen. Die wollen wir den Jungs vermitteln und mitgeben

DFB.de: Sie haben der Analyse während des Camps viel Raum gegeben. Was analysieren Sie und wie machen Sie das?

Ziegler: In erster Linie analysieren die Jungs gemeinsam mit ihren Nationaltorwarttrainern, ich halte mich zurück. (lacht) Sie schauen sich eigene Szenen und welche der Top-Torhüter an, zum Beispiel wie Gianluigi Donnarumma und sein Team die goldene Zone bei der EURO verteidigen. Unsere Keeper und Trainer konzentrieren sich in der Analyse auf Kernelemente: technische Dinge oder taktische, beispielsweise das Stellungsspiel, das ein Teil des Positionsmanagements ist. Das, was sie da sehen, nehmen sie in eine von insgesamt vier Trainingseinheiten mit und versuchen, es direkt selbst auf dem Platz umzusetzen.

DFB.de: Auch das Offensivspiel wird bei Torhütern immer wichtiger – wie haben sie das trainiert?

Ziegler: Wir haben versucht, die fußballerischen Techniken zu durchleuchten und zu trainieren. Bei den Nationalmannschaften ist uns wichtig, die Techniken mit taktischen Elementen zu verknüpfen, zum Beispiel mit der Entscheidungsfindung in Drucksituationen: Welchen Pass spiele ich? Wie setze ich den Flugball an? All das sind Ansätze, die wir im Offensivspiel provozieren wollten.

DFB.de: Die Spieler mussten durch Corona über ein Jahr pausieren. Waren da Auswirkungen ersichtlich?

Ziegler: Die Jungs haben das im Trainingsbetrieb sehr gut gemacht. Im Vergleich zu anderen Camps haben wir auch trotz der Corona-Pause auf einem sehr guten Niveau trainiert. Die Trainer der Leistungszentren haben einen tollen Job gemacht. Klar hat die lange Pause zu weniger Spielpraxis für die Torhüter geführt, was hier im Camp aber nicht ins Gewicht gefallen ist.

DFB.de: Was ist Ihnen dieses Jahr besonders positiv aufgefallen?

Ziegler: Die Freude war groß. Die Jungs hatten richtig Bock zu arbeiten und haben ein sehr hohes Engagement an den Tag gelegt. Sie haben die Inhalte richtig aufgesaugt. Es wurde super mitgearbeitet, egal ob im Workshop oder auf dem Platz.

DFB.de: Im Camp sind von der U 15 bis U 20 alle Toptorhüter dabei. Wie ist es, mit verschiedenen Altersklassen zusammen zu trainieren?

Ziegler: Gerade das ist ein riesiger Erfahrungswert. Wir versuchen, die Jungs miteinander kommunizieren zu lassen. Von den Jüngeren bekommen wir immer wieder die Rückmeldung, dass sie sich viel von den Älteren abschauen können. Es ist richtig cool zu sehen, wie sie miteinander umgehen, Rücksicht aufeinander nehmen und die jüngeren Torhüter sich an den älteren orientieren. Das Camp bietet durch verschiedene Wettbewerbe Möglichkeiten, sich untereinander zu vergleichen. So können die Torhüter sehr gut sehen, an welchen Abläufen sie noch arbeiten müssen.

DFB.de: Was macht denn einen modernen Torwart mittlerweile aus?

Ziegler: Das hat man bei Gianluigi Donnarumma gesehen, aber auch bei unseren Torhütern. Ein sehr gutes Komplettpaket muss vorhanden sein. Die Bereitschaft, in der Raumverteidigung die Jungs bei Flanken oder Pässen in die Tiefe zu unterstützen. Weiter müssen sie als Zielverteidiger den absoluten Willen haben, das Tor zu verteidigen. Den Mut zeigen, agieren zu wollen. Donnarumma konnte in entscheidenden Momenten der Mannschaft helfen, war ein Impulsgeber und agierte als erster Offensivspieler. Mit eigener Persönlichkeit die Mannschaft führen und organisieren zu können, das möchten wir bei den Jungs vorantreiben. Das Komplettpaket ist wichtig und macht Toptorhüter aus. Wir versuchen, die Jungs in den Bereichen auszubilden und weiterzuentwickeln.

DFB.de: Aufgrund der vermeintlichen Torwart-Problematik in der Zukunft...

Ziegler: Ja, wir haben schon gesehen, dass wir möglicherweise nach Manuel Neuer, Marc-André ter StegenBernd Leno und Kevin Trapp eine kleine Delle bekommen könnten. Wir können die Jungs trainingstechnisch und taktisch super ausbilden. Dort haben sie auch ein sehr gutes Niveau. Das Entscheidende ist aber, sie zum Spielen zu bekommen. Gerade im Wettbewerb müssen sie sich in Drucksituationen beweisen und auf höchstem Niveau etablieren. Wir müssen die Vereine dafür sensibilisieren und versuchen, die Jungs gemeinsam wieder in die Bundesliga zu bringen. Mit Alexander Nübel, der aktuell als Leihspieler bei Monaco spielt, und Florian Müller vom VfB Stuttgart sind zwei frühere U 21-Torhüter in unserem Blickpunkt.

DFB.de: Der Schlüssel zur erfolgreichen Torwartkarriere...

Ziegler: ... ist, so viel Erfahrung und Spielpraxis wie möglich zu sammeln. Nur so kann ich mich auf höchstem Niveau weiterentwickeln. Training ist dabei die Grundlage, das Fundament. Wir haben bei den internationalen Toptorhütern gesehen, dass alle in frühen Jahren schon sehr viele Partien bestritten haben. Donnarumma ist 22 Jahre alt, kann über 250 Spiele für den AC Mailand und mehr als 40 Länderspiele der A-Nationalmannschaft aufweisen. Diese Spielerfahrung ist unter anderem der Grund für seine Position als internationaler Toptorhüter. Da müssen wir hinkommen, wenn wir weiterhin eine führende Rolle in der Torwart-Weltspitze spielen wollen.

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Vier Tage dauerte das DFB-Torwartcamp im Sportcentrum Kaiserau, in dem Marc Ziegler mit seinem Trainerteam 24 Nachwuchstorhüter der Jahrgänge 2001 bis 2007 unter die Lupe nahm. Der DFB-Torwartkoordinator spricht im DFB.de-Interview mit Mitarbeiterin Hannah Bunz über die vergangenen Tage im Camp, die Ziele und die Entwicklung des Torwartnachwuchses.

DFB.de: Herr Ziegler, Sie haben diese Woche das DFB-Torwart-Camp in Kaiserau organisiert - wie war Ihr Eindruck?

Marc Ziegler: Wir haben uns gefreut, unsere Torwarttalente nach dem schwierigen Jahr wieder bei uns zu haben. Unser Ziel war es, die Jungs mit unserer DFB-DNA für Nationaltorhüter vertraut zu machen und intensiv am Torwartspiel mit unseren Inhalten zu arbeiten.

DFB.de: Wo haben Sie die Schwerpunkte im Training gelegt?

Ziegler: Wir haben in den vier Trainingseinheiten intensiv an der Zielverteidigung, der Raumverteidigung und dem Offensivspiel gearbeitet. Diese DNA-Bausteine machen das Torwartspiel aus. Zusätzlich hatten die Jungs einen Workshop, bei dem Szenen aus unserer EM-Analyse gezeigt wurden. Diese mussten sie mit ihren Nationaltorwarttrainern analysieren. Anschließend führten wir eine gemeinsame Trainingseinheit nach unserer Trainingskonzeption "W-A-S-I-C" durch. Die Einheit wurde gefilmt, vom Analyseteam aufbereitet und wiederum mit den Jungs zusammen analysiert.

DFB.de: Um noch einmal speziell auf die DFB-DNA einzugehen, können Sie uns ein paar Hintergründe erläutern?

Ziegler: DNA ist ja ein Baustein des menschlichen Körpers. Wir hielten es für wichtig, dass es eine charakteristische DFB-DNA für Torhüter und Torhüter*innen gibt. Diese besteht aus zehn Punkten, die von uns eingefordert werden. Wir standen im stetigen Austausch mit Tortwart-Trainern aus den Vereinen, Fußballprofis und Experten aus der Akademie. Wir haben viel Energie in die Entwicklung gesteckt, unsere wichtigsten Kernelemente herausgearbeitet und diese in die Torwart-DNA eingearbeitet. Aus unserer Sicht stellen die Bausteine eine Grundlage dar, was die Kernfaktoren eines Welttorhüters ausmachen. Die wollen wir den Jungs vermitteln und mitgeben

DFB.de: Sie haben der Analyse während des Camps viel Raum gegeben. Was analysieren Sie und wie machen Sie das?

Ziegler: In erster Linie analysieren die Jungs gemeinsam mit ihren Nationaltorwarttrainern, ich halte mich zurück. (lacht) Sie schauen sich eigene Szenen und welche der Top-Torhüter an, zum Beispiel wie Gianluigi Donnarumma und sein Team die goldene Zone bei der EURO verteidigen. Unsere Keeper und Trainer konzentrieren sich in der Analyse auf Kernelemente: technische Dinge oder taktische, beispielsweise das Stellungsspiel, das ein Teil des Positionsmanagements ist. Das, was sie da sehen, nehmen sie in eine von insgesamt vier Trainingseinheiten mit und versuchen, es direkt selbst auf dem Platz umzusetzen.

DFB.de: Auch das Offensivspiel wird bei Torhütern immer wichtiger – wie haben sie das trainiert?

Ziegler: Wir haben versucht, die fußballerischen Techniken zu durchleuchten und zu trainieren. Bei den Nationalmannschaften ist uns wichtig, die Techniken mit taktischen Elementen zu verknüpfen, zum Beispiel mit der Entscheidungsfindung in Drucksituationen: Welchen Pass spiele ich? Wie setze ich den Flugball an? All das sind Ansätze, die wir im Offensivspiel provozieren wollten.

DFB.de: Die Spieler mussten durch Corona über ein Jahr pausieren. Waren da Auswirkungen ersichtlich?

Ziegler: Die Jungs haben das im Trainingsbetrieb sehr gut gemacht. Im Vergleich zu anderen Camps haben wir auch trotz der Corona-Pause auf einem sehr guten Niveau trainiert. Die Trainer der Leistungszentren haben einen tollen Job gemacht. Klar hat die lange Pause zu weniger Spielpraxis für die Torhüter geführt, was hier im Camp aber nicht ins Gewicht gefallen ist.

DFB.de: Was ist Ihnen dieses Jahr besonders positiv aufgefallen?

Ziegler: Die Freude war groß. Die Jungs hatten richtig Bock zu arbeiten und haben ein sehr hohes Engagement an den Tag gelegt. Sie haben die Inhalte richtig aufgesaugt. Es wurde super mitgearbeitet, egal ob im Workshop oder auf dem Platz.

DFB.de: Im Camp sind von der U 15 bis U 20 alle Toptorhüter dabei. Wie ist es, mit verschiedenen Altersklassen zusammen zu trainieren?

Ziegler: Gerade das ist ein riesiger Erfahrungswert. Wir versuchen, die Jungs miteinander kommunizieren zu lassen. Von den Jüngeren bekommen wir immer wieder die Rückmeldung, dass sie sich viel von den Älteren abschauen können. Es ist richtig cool zu sehen, wie sie miteinander umgehen, Rücksicht aufeinander nehmen und die jüngeren Torhüter sich an den älteren orientieren. Das Camp bietet durch verschiedene Wettbewerbe Möglichkeiten, sich untereinander zu vergleichen. So können die Torhüter sehr gut sehen, an welchen Abläufen sie noch arbeiten müssen.

DFB.de: Was macht denn einen modernen Torwart mittlerweile aus?

Ziegler: Das hat man bei Gianluigi Donnarumma gesehen, aber auch bei unseren Torhütern. Ein sehr gutes Komplettpaket muss vorhanden sein. Die Bereitschaft, in der Raumverteidigung die Jungs bei Flanken oder Pässen in die Tiefe zu unterstützen. Weiter müssen sie als Zielverteidiger den absoluten Willen haben, das Tor zu verteidigen. Den Mut zeigen, agieren zu wollen. Donnarumma konnte in entscheidenden Momenten der Mannschaft helfen, war ein Impulsgeber und agierte als erster Offensivspieler. Mit eigener Persönlichkeit die Mannschaft führen und organisieren zu können, das möchten wir bei den Jungs vorantreiben. Das Komplettpaket ist wichtig und macht Toptorhüter aus. Wir versuchen, die Jungs in den Bereichen auszubilden und weiterzuentwickeln.

DFB.de: Aufgrund der vermeintlichen Torwart-Problematik in der Zukunft...

Ziegler: Ja, wir haben schon gesehen, dass wir möglicherweise nach Manuel Neuer, Marc-André ter StegenBernd Leno und Kevin Trapp eine kleine Delle bekommen könnten. Wir können die Jungs trainingstechnisch und taktisch super ausbilden. Dort haben sie auch ein sehr gutes Niveau. Das Entscheidende ist aber, sie zum Spielen zu bekommen. Gerade im Wettbewerb müssen sie sich in Drucksituationen beweisen und auf höchstem Niveau etablieren. Wir müssen die Vereine dafür sensibilisieren und versuchen, die Jungs gemeinsam wieder in die Bundesliga zu bringen. Mit Alexander Nübel, der aktuell als Leihspieler bei Monaco spielt, und Florian Müller vom VfB Stuttgart sind zwei frühere U 21-Torhüter in unserem Blickpunkt.

DFB.de: Der Schlüssel zur erfolgreichen Torwartkarriere...

Ziegler: ... ist, so viel Erfahrung und Spielpraxis wie möglich zu sammeln. Nur so kann ich mich auf höchstem Niveau weiterentwickeln. Training ist dabei die Grundlage, das Fundament. Wir haben bei den internationalen Toptorhütern gesehen, dass alle in frühen Jahren schon sehr viele Partien bestritten haben. Donnarumma ist 22 Jahre alt, kann über 250 Spiele für den AC Mailand und mehr als 40 Länderspiele der A-Nationalmannschaft aufweisen. Diese Spielerfahrung ist unter anderem der Grund für seine Position als internationaler Toptorhüter. Da müssen wir hinkommen, wenn wir weiterhin eine führende Rolle in der Torwart-Weltspitze spielen wollen.

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