Zeller: "Es war phänomenal, einzigartig und atemberaubend"

Vom 26. Juni bis 17. Juli findet in Deutschland die Frauen-WM 2011 statt - für die Spielerinnen der DFB-Auswahl der Höhepunkt in ihrer Karriere. Ihr Ziel: die Titelverteidigung. Das wichtigste Turnier vor heimischer Kulisse bestreiten zu dürfen, wird für die 21 Frauen, die letztlich im WM-Kader von DFB-Trainerin Silvia Neid stehen werden, aber auch unabhängig vom Abschneiden ein außergewöhnliches Erlebnis sein.

Das können auch die Trainer und Athleten aus anderen Sportarten bestätigen, die in den vergangenen Jahren ebenfalls in den Genuss einer Heim-WM gekommen sind - und erfolgreich waren. In einer Interview-Serie spricht DFB.de immer dienstags mit deutschen Protagonisten und blickt zurück auf deren ganz persönliche Faszination Heim-WM. Heute: Hockeyspieler Christopher Zeller, der die deutsche Nationalmannschaft 2006 bei der Heim-WM in Mönchengladbach zum Titel schoss.

Deutscher Meister, Europameister, Weltmeister, Olympiasieger, Christopher Zeller hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Im Jahr 2006 hatten auch die Hockeyspieler ihr Sommermärchen, bei der Weltmeisterschaft in Mönchengladbach gewann das Team den Titel. Im Finale gegen Australien schoss Zeller den entscheidenden Treffer, wenig später wurde er zum besten jungen Spieler gewählt. Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat der inzwischen 26-Jährige über die Heim-WM gesprochen.

DFB.de: Herr Zeller, welche Bilder kommen Ihnen als erste in den Sinn, wenn Sie an die Weltmeisterschaft 2006 denken?

Christopher Zeller: Die Masse an Zuschauern war für uns unglaublich. Es war für uns einfach überwältigend, wie viele Leute gekommen sind und wie begeistert sie uns unterstützt haben. Das war phänomenal, einzigartig und für Hockeyverhältnisse geradezu atemberaubend.

DFB.de: Sie hatten also mit weniger Unterstützung gerechnet?

Zeller: Wir sind schon davon ausgegangen, dass es voll werden würde. Aber die Stimmung war überschwänglich und anders als sonst beim Hockey, wo das Publikum häufig eher gediegen und zurückhaltend ist. Wir wurden von den Fans getragen, am Ende sogar bis zum Titel. Wenn 16.000 Leute im Stadion abgehen, dann springt der Funke auf die Spieler über. Wir alle werden das niemals vergessen.

DFB.de: Druck haben Sie durch die vielen Zuschauer und die öffentliche Aufmerksamkeit nicht gespürt?



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Vom 26. Juni bis 17. Juli findet in Deutschland die Frauen-WM 2011 statt - für die Spielerinnen der DFB-Auswahl der Höhepunkt in ihrer Karriere. Ihr Ziel: die Titelverteidigung. Das wichtigste Turnier vor heimischer Kulisse bestreiten zu dürfen, wird für die 21 Frauen, die letztlich im WM-Kader von DFB-Trainerin Silvia Neid stehen werden, aber auch unabhängig vom Abschneiden ein außergewöhnliches Erlebnis sein.

Das können auch die Trainer und Athleten aus anderen Sportarten bestätigen, die in den vergangenen Jahren ebenfalls in den Genuss einer Heim-WM gekommen sind - und erfolgreich waren. In einer Interview-Serie spricht DFB.de immer dienstags mit deutschen Protagonisten und blickt zurück auf deren ganz persönliche Faszination Heim-WM. Heute: Hockeyspieler Christopher Zeller, der die deutsche Nationalmannschaft 2006 bei der Heim-WM in Mönchengladbach zum Titel schoss.

Deutscher Meister, Europameister, Weltmeister, Olympiasieger, Christopher Zeller hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Im Jahr 2006 hatten auch die Hockeyspieler ihr Sommermärchen, bei der Weltmeisterschaft in Mönchengladbach gewann das Team den Titel. Im Finale gegen Australien schoss Zeller den entscheidenden Treffer, wenig später wurde er zum besten jungen Spieler gewählt. Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat der inzwischen 26-Jährige über die Heim-WM gesprochen.

DFB.de: Herr Zeller, welche Bilder kommen Ihnen als erste in den Sinn, wenn Sie an die Weltmeisterschaft 2006 denken?

Christopher Zeller: Die Masse an Zuschauern war für uns unglaublich. Es war für uns einfach überwältigend, wie viele Leute gekommen sind und wie begeistert sie uns unterstützt haben. Das war phänomenal, einzigartig und für Hockeyverhältnisse geradezu atemberaubend.

DFB.de: Sie hatten also mit weniger Unterstützung gerechnet?

Zeller: Wir sind schon davon ausgegangen, dass es voll werden würde. Aber die Stimmung war überschwänglich und anders als sonst beim Hockey, wo das Publikum häufig eher gediegen und zurückhaltend ist. Wir wurden von den Fans getragen, am Ende sogar bis zum Titel. Wenn 16.000 Leute im Stadion abgehen, dann springt der Funke auf die Spieler über. Wir alle werden das niemals vergessen.

DFB.de: Druck haben Sie durch die vielen Zuschauer und die öffentliche Aufmerksamkeit nicht gespürt?

Zeller: Wir haben lange auf das Turnier hingearbeitet, und wir haben gewusst, was wir können. Der Druck durch die Erwartungshaltung und Begeisterung der Zuschauer war für unsere Leistung nur förderlich. Es war ja das, was wir uns alle erhofft hatten.

DFB.de: Deutschland war Titelverteidiger und folglich auch einer der Favoriten. Inwieweit hat dies eine Rolle gespielt?

Zeller: Das stimmt so nur zum Teil. Deutschland gehört immer zu den Favoriten, aber im Jahr 2006 gab es Teams, die höher einzuschätzen waren. Nach den Olympischen Spielen 2004, bei denen noch viele der Spieler dabei waren, die 2002 Weltmeister geworden sind, hat sich das Gesicht der Mannschaft komplett gewandelt. Es gab einen Umbruch, viele Säulen haben aufgehört. Mit Ausnahme von zwei, drei Routiniers waren wir ein sehr junges Team mit sehr wenig internationaler Erfahrung. Vor dem Turnier galt deswegen Australien als der große Favorit.

DFB.de: Kurz vor der Hockey-WM war Deutschland im kollektiven Fußball-Rausch. Wie haben Sie das Sommermärchen der Fußballer erlebt?

Zeller: Wie alle anderen Deutschen eigentlich auch. Ich war zwar nicht auf den großen Fanmeilen, aber ich habe meistens in Cafés und Bars die Spiele geschaut. Auch zu Hause, mit Freunden beim Grillen. Auch wir Hockeyspieler waren damals von dieser Deutschland-Euphorie erfasst und haben mitgefeiert. Und etwas von dieser Begeisterung hat sich auch auf unser Turnier und unsere Mannschaft übertragen.

DFB.de: Neid auf die Stimmung bei den Fußballern haben Sie nicht verspürt?

Zeller: Nein. Fußball und Hockey kann man einfach nicht vergleichen - schon gar nicht, was die Wahrnehmung bei der Bevölkerung angeht. Das sind zwei paar Schuhe. Es wäre für uns völlig falsch, wenn wir uns mit den Fußballern messen würden wollen. Wir alle gönnen den Fußballern ihre Erfolge und die Aufmerksamkeit. Die meisten Hockeyspieler sind schließlich auch Fußballfans.

DFB.de: Sie auch. In einem Fragebogen haben Sie einmal angegeben, dass Sie Fan von Armin Störzenhofecker sind. Bei allem Respekt vor dessen Leistungen - wie kam es denn dazu?

Zeller: (lacht) Das habe ich mal in einem Internetprofil angegeben, weil ich den Namen so toll fand. Einen ernsten Hintergrund hatte das nicht.

DFB.de: Und wenn Sie ernsthaft einen Fußballer als Vorbild nennen müssten?

Zeller: Mein Fan-Herz hängt am FC Bayern, doch ein direktes Vorbild habe ich nicht. Aber es gibt Fußballer, die ich für ihre spielerischen Fähigkeiten bewundere. Die üblichen Verdächtigen wie Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Spieler, die im Vergleich zu anderen auch einfach auf einem anderen Level sind.

DFB.de: Das lässt sich mit gutem Gewissen ebenfalls von Ihnen und Ihrem Hockeyspiel behaupten. Auch während der WM 2006. Sie haben im Finale gegen Australien zwei Tore geschossen, darunter den Siegtreffer zum 4:3. Wie oft haben Sie sich das Video von diesem Tor bislang angeschaut?

Zeller: Anfangs natürlich häufig, zuletzt immer weniger. Ich habe während des Turniers kaum etwas von der medialen Begleitung mitbekommen, erst danach habe ich Zeitungen gelesen und wahrgenommen, was alles geschrieben wurde. In diesem Zusammenhang habe ich mir natürlich auch die Videos unserer Spiele angeschaut.

DFB.de: Wissen Sie noch, was Sie beim Siegtor gedacht haben?

Zeller: Ich war erleichtert. Wir haben ja mit 1:3 im Rückstand gelegen, und ich war erst mal froh, dass wir das Spiel noch gedreht haben. Ich wusste aber auch, dass noch 15 Minuten zu spielen sind und noch nichts entschieden ist. Deshalb gab es bei dem Siegtreffer noch keine große Euphorie.

DFB.de: In den Karrieren der meisten anderen Sportler wäre ein Siegtor im WM-Finale ohne Frage der wichtigste Treffer. Bei Ihnen lässt sich diese Frage so einfach nicht beantworten - Sie schießen ganz gerne mal entscheidende Tore in wichtigen Spielen.

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Zeller: (lacht) Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking habe ich im Finale gegen Spanien zum 1:0 getroffen, das stimmt. Dieser Treffer war sogar noch ein Stück wertvoller als mein Tor im WM-Finale.

DFB.de: Warum?

Zeller: Die Olympischen Spiele sind für Hockeyspieler einfach das wichtigste Turnier. Die Bühne ist größer, Olympia ist noch prestigeträchtiger. Olympiasieger bleibt man sein Leben lang, Weltmeister ist man für ein paar Jahre - und dann ist man es wieder nicht.

DFB.de: An dieser Bewertung kann selbst eine Heim-WM nichts ändern?

Zeller: Das Turnier 2006 war von Erlebnis, vom Fan-Gefühl her, von allem, was damit zusammenhängt, schöner als die Olympischen Spiele in Peking. Aber mit einigem zeitlichen Abstand muss man sagen, dass ein Olympiasieg doch höher einzuschätzen ist. Die Goldmedaille von Peking ist die wertvollste in meiner Sammlung, an der Goldmedaille von der WM 2006 hängen dafür mehr Emotionen.