Zehn Jahre WM-Titel 2003: "Wir waren eine tolle Gemeinschaft"

Als es plötzlich vorbei ist, ist es noch längst nicht vorbei. Tina Theune reißt die Arme in den Himmel. Sie verschwindet in einer jubelnden Menschentraube. Sie rennt auf den Platz. Danach verschwimmen die Erinnerungen. Sie kehren zurück, als Theune wenige Minuten später den WM-Pokal in den Händen hält. Der Triumph der DFB-Frauen von 2003 ist natürlich eng verknüpft mit Nia Künzer, die in der Verlängerung des Endspiels mit einem sehenswerten Kopfball das Golden Goal zur Entscheidung erzielt hatte. Aber Baumeisterin des Erfolgs war ohne Zweifel Cheftrainerin Tina Theune mit ihren Assistentinnen. Am Samstag jährt sich der Erfolg zum zehnten Mal.

Die heute 59-Jährige denkt gerne an die ereignisreichen Tage in den USA zurück. Es war das bis dato herausragende Ereignis der DFB-Frauen. "Wir waren eine tolle Gemeinschaft. Der Erfolg kam durchaus überraschend. Denn wir waren gerade erst dabei, uns in die absolute Weltspitze vorzuarbeiten", sagt Theune rückblickend. "Wir haben uns im Laufe des Turniers konsequent gesteigert und sind als Mannschaft entwickelt über uns hinaus gewachsen. Es war einfach toll."

Souverän in die K.o.-Runde

Die Qualifikation war kein großes Problem. Auch in der Vorrunde zeigte die deutsche Auswahl ihre ganze Klasse und marschierte relativ souverän durch die Gruppe – 4:1 gegen Kanada, 3:0 gegen Japan, 6:1 gegen Argentinien. Danach ging es zunächst so weiter – 7:1 im Viertelfinale gegen Russland. Das 3:0 im Halbfinale gegen Gastgeber USA gilt bis heute als eines der besten Frauenspiele aller Zeiten. Kerstin Garefrekes war früh das 1:0 gelungen. Erst in der Nachspielzeit entschieden Maren Meinert und Birgit Prinz das Duell mit ihren Treffern.

"Für mich war diese Begegnung gegen die USA als Gastgeber ein Knackpunkt für uns", sagt Theune. "Obwohl beide Kader mit großen Spielerinnen gespickt waren, galten wir als Außenseiter. Und die USA waren tatsächlich stark. Wir mussten alles abrufen, um in das Endspiel einzuziehen. Und etwas Glück brauchten wir auch noch, so ehrlich sollte man schon sein."

Finale: nach dem Schock alles richtig gemacht

Und dann beginnt die dramatische Geschichte mit dem Endspiel gegen Schweden: Deutschland ist überlegen. Aber die Schwedinnen gehen nach 42 Minuten nach einem Konter durch Hanna Ljungberg in Führung – ein Schock kurz vor Pause. Aber Theune macht in der Halbzeit alles richtig. Sie baut die Spielerinnen wieder auf. Es dauert keine 40 Sekunden, dann trifft Maren Meinert zum 1:1. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Beide Mannschaften können gewinnen, aber es fallen keine weiteren Treffer.

Es geht in die Verlängerung. Theune nimmt einige Umstellungen vor. "Wir mussten ein hohes Tempo gehen. Besonders die Spielerinnen auf den Außenbahnen waren am Ende ihre Kräfte", erinnert sich die damalige Bundestrainerin. Erst bringt sie Martina Müller, danach noch Nia Künzer. Später ist klar, sie hatte mit dieser Entscheidung mal wieder ihr goldenes Händchen bewiesen. Denn zu diesem Zeitpunkt wird immer offensichtlicher, dass es nur noch zwei Möglichkeiten gibt: entweder Golden Goal oder Elfmeterschießen.

"Nach der regulären Spielzeit hatte ich ein gutes Gefühl", betont Theune. "Wir hatten bereits Erfahrung mit einer solchen Situation. Ich bin mit einem sehr positiven Gefühl in die Verlängerung gegangen." Als diese beginnt, ist die Spannung kaum auszuhalten. Jedem ist klar: eine gute Aktion, genauso ein Fehler kann alles beenden.

Künzer sorgt für grenzenlosen Jubel

In der 98. Minute bekommt Deutschland einen Freistoß an der gegnerischen Strafraumgrenze zugesprochen. Renate Lingor legt sich den Ball liebevoll zurecht. Sie bringt ihn noch liebevoller in den 16-Meter-Raum der Schwedinnen. Dort steigt Nia Künzer höher als alle anderen und trifft mit einem wunderbaren Kopfball zum 2:1, zur Entscheidung, zum Sieg, zum WM-Titel. Die Schweden sacken in sich zusammen, geschlagen, enttäuscht. Bei den Deutschen bricht Jubel aus, grenzenlos, euphorisch.

Wenn Theune heute an diesen Nachmittag in Carson/Kalifornien vor gut 26.000 Zuschauern zurückdenkt, kommen die ganzen schönen Erinnerungen wieder hoch. Als in der Kabine die große Party ausbrach, ist sie mit ihrer Assistentin Silvia Neid noch mal zurück in das leere Stadion gegangen. Die Aufräumarbeiten hatten bereits begonnen. Mit einem Getränk haben sie sich gemeinsam noch mal auf die Bank gesetzt. Da haben sie etwas getrunken und beobachtet, wie die Tore abgebaut und die goldenen Schnipsel für den Sieger weggesaugt wurden.

Triumphale Rückkehr nach Deutschland

"Wir haben bestimmt eine halbe Stunde dort verbracht, mit einem permanenten Schmunzeln auf den Lippen, und alles noch einmal Revue passieren lassen. Das Ende kam auf einmal so schnell, da brauchten wir einfach ein paar Augenblicke der Ruhe", sagt Theune. Danach sind sie dann zusammen zurück in die Kabine gegangen. Dort hat sie bereits das volle Programm nach großen Siegen erwartet – Sektdusche, mit Hymnenanzug in die Badewanne und alles was dazu gehört.

In Deutschland war zu diesem Zeitpunkt schon längst eine riesige Euphorie ausgebrochen. Theune und die Spielerinnen hatten davon in den USA gehört. Aber was dort tatsächlich los war, ahnten sie erst auf dem Rückweg. Schon während des Landeanflugs wurden sie von Hubschraubern begleitet. Am Flughafen gab es einen großen Empfang. Der Weg zum Römer war gesäumt von jubelnden Fans. Der Platz in der Frankfurter Innenstadt war überfüllt.

Aber es war noch immer nicht vorbei. Als sie einige Tage später nach Hause ins Rheinland kam, erlebte sie die wahrscheinlich größte Überraschung. Nachbarn hatten den Wasserturm in Frechen, in dem Theune noch heute lebt, schwarz-rot-gold gefärbt, einen Teppich ausgelegt, einen Schlagzeuger und einen Türmer mit Trompete engagiert. Sie hatte ihre abenteuerliche Reise beendet. Sie war wieder in der Heimat. Als Weltmeisterin.

DER WEG ZUM TITEL

Vorrunde:

Deutschland – Kanada 4:1: Torschützen: Bettina Wiegmann, Stefanie Gottschlich, Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes.

Deutschland – Japan 3:0: Torschützen: Sandra Minnert, Birgit Prinz (2),

Deutschland – Argentinien 6:1: Torschützen: Maren Meinert (2), Bettina Wiegmann, Birgit Prinz, Conny Pohlers, Martina Müller.

Viertelfinale:

Deutschland – Russland 7:1: Torschützen: Martina Müller, Sandra Minnert, Pia Wunderlich, Kerstin Garefrekes (2), Birgit Prinz (2).

Halbfinale:

Deutschland – USA 3:0: Torschützen: Kerstin Garefrekes, Maren Meinert, Birgit Prinz.

Endspiel:

Deutschland – Schweden 2:1 nach Golden Goal: Torschützen: Maren Meinert, Nia Künzer.

Das meinen DFB.de-User:

"Unvergessen! Ich hatte das Spiel im TV verfolgt. Nein, was haben sich unsere Mädels gefreut. Und von dieser Zeit an bin ich ein Fan des Frauenfußballs. Wenn möglich, verpasse ich keine Live-Übertragung der Spiele unserer Frauen-Nationalmannschaft und wünsche ihr auch weiterhin viel Erfolg!" (Josef Senden, Aachen)

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Als es plötzlich vorbei ist, ist es noch längst nicht vorbei. Tina Theune reißt die Arme in den Himmel. Sie verschwindet in einer jubelnden Menschentraube. Sie rennt auf den Platz. Danach verschwimmen die Erinnerungen. Sie kehren zurück, als Theune wenige Minuten später den WM-Pokal in den Händen hält. Der Triumph der DFB-Frauen von 2003 ist natürlich eng verknüpft mit Nia Künzer, die in der Verlängerung des Endspiels mit einem sehenswerten Kopfball das Golden Goal zur Entscheidung erzielt hatte. Aber Baumeisterin des Erfolgs war ohne Zweifel Cheftrainerin Tina Theune mit ihren Assistentinnen. Am Samstag jährt sich der Erfolg zum zehnten Mal.

Die heute 59-Jährige denkt gerne an die ereignisreichen Tage in den USA zurück. Es war das bis dato herausragende Ereignis der DFB-Frauen. "Wir waren eine tolle Gemeinschaft. Der Erfolg kam durchaus überraschend. Denn wir waren gerade erst dabei, uns in die absolute Weltspitze vorzuarbeiten", sagt Theune rückblickend. "Wir haben uns im Laufe des Turniers konsequent gesteigert und sind als Mannschaft entwickelt über uns hinaus gewachsen. Es war einfach toll."

Souverän in die K.o.-Runde

Die Qualifikation war kein großes Problem. Auch in der Vorrunde zeigte die deutsche Auswahl ihre ganze Klasse und marschierte relativ souverän durch die Gruppe – 4:1 gegen Kanada, 3:0 gegen Japan, 6:1 gegen Argentinien. Danach ging es zunächst so weiter – 7:1 im Viertelfinale gegen Russland. Das 3:0 im Halbfinale gegen Gastgeber USA gilt bis heute als eines der besten Frauenspiele aller Zeiten. Kerstin Garefrekes war früh das 1:0 gelungen. Erst in der Nachspielzeit entschieden Maren Meinert und Birgit Prinz das Duell mit ihren Treffern.

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"Für mich war diese Begegnung gegen die USA als Gastgeber ein Knackpunkt für uns", sagt Theune. "Obwohl beide Kader mit großen Spielerinnen gespickt waren, galten wir als Außenseiter. Und die USA waren tatsächlich stark. Wir mussten alles abrufen, um in das Endspiel einzuziehen. Und etwas Glück brauchten wir auch noch, so ehrlich sollte man schon sein."

Finale: nach dem Schock alles richtig gemacht

Und dann beginnt die dramatische Geschichte mit dem Endspiel gegen Schweden: Deutschland ist überlegen. Aber die Schwedinnen gehen nach 42 Minuten nach einem Konter durch Hanna Ljungberg in Führung – ein Schock kurz vor Pause. Aber Theune macht in der Halbzeit alles richtig. Sie baut die Spielerinnen wieder auf. Es dauert keine 40 Sekunden, dann trifft Maren Meinert zum 1:1. Danach überschlagen sich die Ereignisse. Beide Mannschaften können gewinnen, aber es fallen keine weiteren Treffer.

Es geht in die Verlängerung. Theune nimmt einige Umstellungen vor. "Wir mussten ein hohes Tempo gehen. Besonders die Spielerinnen auf den Außenbahnen waren am Ende ihre Kräfte", erinnert sich die damalige Bundestrainerin. Erst bringt sie Martina Müller, danach noch Nia Künzer. Später ist klar, sie hatte mit dieser Entscheidung mal wieder ihr goldenes Händchen bewiesen. Denn zu diesem Zeitpunkt wird immer offensichtlicher, dass es nur noch zwei Möglichkeiten gibt: entweder Golden Goal oder Elfmeterschießen.

"Nach der regulären Spielzeit hatte ich ein gutes Gefühl", betont Theune. "Wir hatten bereits Erfahrung mit einer solchen Situation. Ich bin mit einem sehr positiven Gefühl in die Verlängerung gegangen." Als diese beginnt, ist die Spannung kaum auszuhalten. Jedem ist klar: eine gute Aktion, genauso ein Fehler kann alles beenden.

Künzer sorgt für grenzenlosen Jubel

In der 98. Minute bekommt Deutschland einen Freistoß an der gegnerischen Strafraumgrenze zugesprochen. Renate Lingor legt sich den Ball liebevoll zurecht. Sie bringt ihn noch liebevoller in den 16-Meter-Raum der Schwedinnen. Dort steigt Nia Künzer höher als alle anderen und trifft mit einem wunderbaren Kopfball zum 2:1, zur Entscheidung, zum Sieg, zum WM-Titel. Die Schweden sacken in sich zusammen, geschlagen, enttäuscht. Bei den Deutschen bricht Jubel aus, grenzenlos, euphorisch.

Wenn Theune heute an diesen Nachmittag in Carson/Kalifornien vor gut 26.000 Zuschauern zurückdenkt, kommen die ganzen schönen Erinnerungen wieder hoch. Als in der Kabine die große Party ausbrach, ist sie mit ihrer Assistentin Silvia Neid noch mal zurück in das leere Stadion gegangen. Die Aufräumarbeiten hatten bereits begonnen. Mit einem Getränk haben sie sich gemeinsam noch mal auf die Bank gesetzt. Da haben sie etwas getrunken und beobachtet, wie die Tore abgebaut und die goldenen Schnipsel für den Sieger weggesaugt wurden.

Triumphale Rückkehr nach Deutschland

"Wir haben bestimmt eine halbe Stunde dort verbracht, mit einem permanenten Schmunzeln auf den Lippen, und alles noch einmal Revue passieren lassen. Das Ende kam auf einmal so schnell, da brauchten wir einfach ein paar Augenblicke der Ruhe", sagt Theune. Danach sind sie dann zusammen zurück in die Kabine gegangen. Dort hat sie bereits das volle Programm nach großen Siegen erwartet – Sektdusche, mit Hymnenanzug in die Badewanne und alles was dazu gehört.

In Deutschland war zu diesem Zeitpunkt schon längst eine riesige Euphorie ausgebrochen. Theune und die Spielerinnen hatten davon in den USA gehört. Aber was dort tatsächlich los war, ahnten sie erst auf dem Rückweg. Schon während des Landeanflugs wurden sie von Hubschraubern begleitet. Am Flughafen gab es einen großen Empfang. Der Weg zum Römer war gesäumt von jubelnden Fans. Der Platz in der Frankfurter Innenstadt war überfüllt.

Aber es war noch immer nicht vorbei. Als sie einige Tage später nach Hause ins Rheinland kam, erlebte sie die wahrscheinlich größte Überraschung. Nachbarn hatten den Wasserturm in Frechen, in dem Theune noch heute lebt, schwarz-rot-gold gefärbt, einen Teppich ausgelegt, einen Schlagzeuger und einen Türmer mit Trompete engagiert. Sie hatte ihre abenteuerliche Reise beendet. Sie war wieder in der Heimat. Als Weltmeisterin.

DER WEG ZUM TITEL

Vorrunde:

Deutschland – Kanada 4:1: Torschützen: Bettina Wiegmann, Stefanie Gottschlich, Birgit Prinz, Kerstin Garefrekes.

Deutschland – Japan 3:0: Torschützen: Sandra Minnert, Birgit Prinz (2),

Deutschland – Argentinien 6:1: Torschützen: Maren Meinert (2), Bettina Wiegmann, Birgit Prinz, Conny Pohlers, Martina Müller.

Viertelfinale:

Deutschland – Russland 7:1: Torschützen: Martina Müller, Sandra Minnert, Pia Wunderlich, Kerstin Garefrekes (2), Birgit Prinz (2).

Halbfinale:

Deutschland – USA 3:0: Torschützen: Kerstin Garefrekes, Maren Meinert, Birgit Prinz.

Endspiel:

Deutschland – Schweden 2:1 nach Golden Goal: Torschützen: Maren Meinert, Nia Künzer.

Das meinen DFB.de-User:

"Unvergessen! Ich hatte das Spiel im TV verfolgt. Nein, was haben sich unsere Mädels gefreut. Und von dieser Zeit an bin ich ein Fan des Frauenfußballs. Wenn möglich, verpasse ich keine Live-Übertragung der Spiele unserer Frauen-Nationalmannschaft und wünsche ihr auch weiterhin viel Erfolg!" (Josef Senden, Aachen)