"Wolfsburg gegen Lyon ist das vorweggenommene Finale"

Champions-League-Siegerin trifft Nachwuchshoffnung: Die frühere Welt- und Europameisterin Martina Müller (38) und Ex-Juniorennationalspielerin Pia-Sophie Wolter (21) sprechen vor dem Viertelfinalhinspiel in der Champions League zwischen Olympique Lyon und VfL Wolfsburg im Interview darüber, wie es sich anfühlt, auf Europas Fußballthron zu sitzen.

DFB.de: Frau Müller, was sagt Ihnen das Datum 23. Mai 2013?

Martina Müller: 2013 war das Triplejahr. An diesem Tag sind wir also entweder Deutscher Meister, DFB-Pokal- oder Champions-League-Sieger geworden.

DFB.de: Es war der Tag des Champions-League-Erfolgs in London, an dem Sie nicht ganz unbeteiligt waren.

Müller: Stimmt, wir haben durch mein Strafstoßtor 1:0 gegen Olympique Lyon gewonnen - und ich sollte gar nicht schießen. Nadine Keßler, damals unsere Elfmeterschützin, hatte schon beim Aufwärmen zu mir gesagt: "Ich habe Fußschmerzen. Wenn ein Elfmeter kommt, musst du ran." Ich habe noch gedacht: "Don’t worry, wir bekommen ohnehin keinen Elfer." Pustekuchen! Ich war unglaublich aufgeregt, als ich mir den Ball auf den Punkt gelegt habe. Held oder Depp - eines von beiden kannst du in dem Moment werden. Glücklicherweise wurde es Held.

DFB.de: Das Jahr 2013 war das erste, in dem die VfL-Frauen Titel holten - und dann gleich drei auf einmal. War der in der Champions League der bedeutendste?

Müller: Für mich stehen die Deutsche Meisterschaft und der Erfolg in der Champions League auf einer Stufe. Klar ist es schön, sich gegen die europäische Konkurrenz durchgesetzt zu haben. Eine Deutsche Meisterschaft aber ist mindestens genauso hart erkämpft. Sie ist Ausdruck von Konstanz über eine ganze Saison.

DFB.de: Frau Wolter, Ihre Augen haben geleuchtet, als Martina Müller vom Triple erzählt hat.

Pia-Sophie Wolter: Ja, denn das möchte ich auch schaffen und irgendwann von Titeln erzählen können. Davon träume ich, dafür arbeitet unsere gesamte Mannschaft hart. Und deswegen bin ich auch nach Wolfsburg gewechselt. Man darf nicht vergessen: Ich komme vom im Frauenfußball kleinen Werder Bremen, habe bis vergangenen Sommer noch Heimspiele vor 150 Zuschauern bestritten und gegen den Abstieg gekämpft. Hier in Wolfsburg ist alles ein paar Nummern größer - klasse!

DFB.de: War es schwierig, sich beim VfL einzuleben?

Wolter: Gar nicht! Von der Mannschaft bin ich super aufgenommen worden. Ich fühle mich total wohl in Wolfsburg, auch wenn ich hier zum ersten Mal alleine wohne. Aber auch das klappt gut. Meinen Wechsel habe ich nicht eine Sekunde lang bereut, zumal ich als junge Spielerin schon viel mehr Einsätze hatte als erhofft.

DFB.de: Frau Müller, wie war Ihr Ankommen damals in Wolfsburg?

Müller: Super, und das ist auch das erklärte Ziel des Vereins. Neue Spielerinnen werden beim VfL immer gut integriert. Daran hat sich, glaube ich, bis heute nichts geändert. Und das ist vermutlich auch eines der Erfolgsgeheimnisse.

DFB.de: Wer ist der Favorit im Duell der Giganten?

Wolter: Es gibt keinen. Für uns kommt es darauf an, uns im Hinspiel in Frankreich eine gute Ausgangslage zu erarbeiten, um dann zu Hause in einzigartiger Flutlichtatmosphäre den Einzug ins Halbfinale zu schaffen. Ich habe gesehen, dass schon Mitte Februar alle Sitzplatzkarten verkauft waren - Wahnsinn! Das freut uns alle.

Müller: Für mich ist VfL gegen Olympique das vorweggenommene Finale. Leider treffen die wohl besten Mannschaften Europas schon so früh aufeinander. Lyon hat personell aufgerüstet, aber den Nachteil, in der französischen Liga nur zwei-, dreimal pro Saison gefordert zu werden. Die entscheidenden Prozente können in einem Kracherspiel dann fehlen. Ich drücke dem VfL die Daumen. Er ist mein Verein, an ihm hängt mein Herz. Und ich bin überzeugt: Er schafft den Einzug ins Halbfinale, zumal er noch eine Rechnung offen hat nach dem verlorenen Endspiel 2018.

DFB.de: Frau Wolter, Ihr Vater Thomas Wolter hat für Werder Bremen rund 300 Bundesligaspiele bestritten. Ist es Fluch oder Segen, einen prominenten Fußballer als Vater zu haben?

Wolter: Segen! Mein Vater hat sich nie darüber definiert, dass er Bundesligaprofi war, und lässt mich mein Ding machen. Bisher waren meine Mutter und er noch nicht hier in Wolfsburg zu einem Spiel. Für die Lyon-Partie aber habe ich ihnen Karten bestellt.

DFB.de: Werden auch Sie im Stadion sein, Frau Müller?

Müller: Nein. Ich war seit meinem Karriereende erst zweimal da, weil ich wenig Zeit habe. Neben meiner Tätigkeit bei Volkswagen als Sachbearbeiterin im Mobilitäts- und Umweltservice der Service Factory habe ich mich zur Wirtschaftsfachwirtin weitergebildet. Außerdem spiele ich noch in der Landesliga beim STV Holzland. Da fehlt die Zeit für Stadionbesuche. Im Fernsehen aber schaue ich mir so oft wie möglich den VfL an - ganz sicher auch Ende März das Rückspiel gegen Lyon.

Pia-Sophie Wolter (21) spielte bisher 20-mal für die deutsche U 19- und U 20-Nationalmannschaft. Im vergangenen Sommer wechselte die Mittelfeldakteurin aus Bremen zum VfL Wolfsburg und kam bisher achtmal in der Allianz Frauen-Bundesliga zum Einsatz. Wolter studiert nach ihrem Abitur am VfL-Campus in Wolfsburg Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Sportbusiness.

Martina Müller (38) spielte 101-mal für die DFB-Frauen und feierte mit der Nationalmannschaft jeweils zwei Weltmeister- und zwei Europameistertitel sowie den Gewinn der olympischen Bronzemedaille. Mit dem VfL Wolfsburg wurde die Stürmerin zweimal Champions-League-Siegerin, Deutsche Meisterin und DFB-Pokalsiegerin. 2015 beendete sie ihre Karriere und arbeitet seitdem Vollzeit bei Volkswagen in Wolfsburg.

[dfb]

Champions-League-Siegerin trifft Nachwuchshoffnung: Die frühere Welt- und Europameisterin Martina Müller (38) und Ex-Juniorennationalspielerin Pia-Sophie Wolter (21) sprechen vor dem Viertelfinalhinspiel in der Champions League zwischen Olympique Lyon und VfL Wolfsburg im Interview darüber, wie es sich anfühlt, auf Europas Fußballthron zu sitzen.

DFB.de: Frau Müller, was sagt Ihnen das Datum 23. Mai 2013?

Martina Müller: 2013 war das Triplejahr. An diesem Tag sind wir also entweder Deutscher Meister, DFB-Pokal- oder Champions-League-Sieger geworden.

DFB.de: Es war der Tag des Champions-League-Erfolgs in London, an dem Sie nicht ganz unbeteiligt waren.

Müller: Stimmt, wir haben durch mein Strafstoßtor 1:0 gegen Olympique Lyon gewonnen - und ich sollte gar nicht schießen. Nadine Keßler, damals unsere Elfmeterschützin, hatte schon beim Aufwärmen zu mir gesagt: "Ich habe Fußschmerzen. Wenn ein Elfmeter kommt, musst du ran." Ich habe noch gedacht: "Don’t worry, wir bekommen ohnehin keinen Elfer." Pustekuchen! Ich war unglaublich aufgeregt, als ich mir den Ball auf den Punkt gelegt habe. Held oder Depp - eines von beiden kannst du in dem Moment werden. Glücklicherweise wurde es Held.

DFB.de: Das Jahr 2013 war das erste, in dem die VfL-Frauen Titel holten - und dann gleich drei auf einmal. War der in der Champions League der bedeutendste?

Müller: Für mich stehen die Deutsche Meisterschaft und der Erfolg in der Champions League auf einer Stufe. Klar ist es schön, sich gegen die europäische Konkurrenz durchgesetzt zu haben. Eine Deutsche Meisterschaft aber ist mindestens genauso hart erkämpft. Sie ist Ausdruck von Konstanz über eine ganze Saison.

DFB.de: Frau Wolter, Ihre Augen haben geleuchtet, als Martina Müller vom Triple erzählt hat.

Pia-Sophie Wolter: Ja, denn das möchte ich auch schaffen und irgendwann von Titeln erzählen können. Davon träume ich, dafür arbeitet unsere gesamte Mannschaft hart. Und deswegen bin ich auch nach Wolfsburg gewechselt. Man darf nicht vergessen: Ich komme vom im Frauenfußball kleinen Werder Bremen, habe bis vergangenen Sommer noch Heimspiele vor 150 Zuschauern bestritten und gegen den Abstieg gekämpft. Hier in Wolfsburg ist alles ein paar Nummern größer - klasse!

DFB.de: War es schwierig, sich beim VfL einzuleben?

Wolter: Gar nicht! Von der Mannschaft bin ich super aufgenommen worden. Ich fühle mich total wohl in Wolfsburg, auch wenn ich hier zum ersten Mal alleine wohne. Aber auch das klappt gut. Meinen Wechsel habe ich nicht eine Sekunde lang bereut, zumal ich als junge Spielerin schon viel mehr Einsätze hatte als erhofft.

DFB.de: Frau Müller, wie war Ihr Ankommen damals in Wolfsburg?

Müller: Super, und das ist auch das erklärte Ziel des Vereins. Neue Spielerinnen werden beim VfL immer gut integriert. Daran hat sich, glaube ich, bis heute nichts geändert. Und das ist vermutlich auch eines der Erfolgsgeheimnisse.

DFB.de: Wer ist der Favorit im Duell der Giganten?

Wolter: Es gibt keinen. Für uns kommt es darauf an, uns im Hinspiel in Frankreich eine gute Ausgangslage zu erarbeiten, um dann zu Hause in einzigartiger Flutlichtatmosphäre den Einzug ins Halbfinale zu schaffen. Ich habe gesehen, dass schon Mitte Februar alle Sitzplatzkarten verkauft waren - Wahnsinn! Das freut uns alle.

Müller: Für mich ist VfL gegen Olympique das vorweggenommene Finale. Leider treffen die wohl besten Mannschaften Europas schon so früh aufeinander. Lyon hat personell aufgerüstet, aber den Nachteil, in der französischen Liga nur zwei-, dreimal pro Saison gefordert zu werden. Die entscheidenden Prozente können in einem Kracherspiel dann fehlen. Ich drücke dem VfL die Daumen. Er ist mein Verein, an ihm hängt mein Herz. Und ich bin überzeugt: Er schafft den Einzug ins Halbfinale, zumal er noch eine Rechnung offen hat nach dem verlorenen Endspiel 2018.

DFB.de: Frau Wolter, Ihr Vater Thomas Wolter hat für Werder Bremen rund 300 Bundesligaspiele bestritten. Ist es Fluch oder Segen, einen prominenten Fußballer als Vater zu haben?

Wolter: Segen! Mein Vater hat sich nie darüber definiert, dass er Bundesligaprofi war, und lässt mich mein Ding machen. Bisher waren meine Mutter und er noch nicht hier in Wolfsburg zu einem Spiel. Für die Lyon-Partie aber habe ich ihnen Karten bestellt.

DFB.de: Werden auch Sie im Stadion sein, Frau Müller?

Müller: Nein. Ich war seit meinem Karriereende erst zweimal da, weil ich wenig Zeit habe. Neben meiner Tätigkeit bei Volkswagen als Sachbearbeiterin im Mobilitäts- und Umweltservice der Service Factory habe ich mich zur Wirtschaftsfachwirtin weitergebildet. Außerdem spiele ich noch in der Landesliga beim STV Holzland. Da fehlt die Zeit für Stadionbesuche. Im Fernsehen aber schaue ich mir so oft wie möglich den VfL an - ganz sicher auch Ende März das Rückspiel gegen Lyon.

Pia-Sophie Wolter (21) spielte bisher 20-mal für die deutsche U 19- und U 20-Nationalmannschaft. Im vergangenen Sommer wechselte die Mittelfeldakteurin aus Bremen zum VfL Wolfsburg und kam bisher achtmal in der Allianz Frauen-Bundesliga zum Einsatz. Wolter studiert nach ihrem Abitur am VfL-Campus in Wolfsburg Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Sportbusiness.

Martina Müller (38) spielte 101-mal für die DFB-Frauen und feierte mit der Nationalmannschaft jeweils zwei Weltmeister- und zwei Europameistertitel sowie den Gewinn der olympischen Bronzemedaille. Mit dem VfL Wolfsburg wurde die Stürmerin zweimal Champions-League-Siegerin, Deutsche Meisterin und DFB-Pokalsiegerin. 2015 beendete sie ihre Karriere und arbeitet seitdem Vollzeit bei Volkswagen in Wolfsburg.

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