WM-Star 1974: Cruyff führt "Oranje" ins Finale

19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Johan Cruyff, das Gesicht des niederländischen "Voetbal total".

Als er im Sommer 1974 mit der niederländischen Nationalmannschaft nach Deutschland kam, hatte Johan Cruyff beinahe schon alles gewonnen, was ein Fußballer gewinnen kann. Mit seinen 27 Jahren hatte er bereits einen Hattrick im Europapokal der Landesmeister miterlebt, 1971 bis 1973 hieß der Sieger stets Ajax Amsterdam. In jenem Jahr kam der Weltpokal hinzu, Meister und Pokalsieger durfte er sich schon länger nennen und – vor allem – zweimaliger Fußballer des Jahres in Europa (1971 und 1973). Als erster Niederländer überhaupt.

Trainer Michels der Mentor des Mittelfeldgenies

Nun wurde es Zeit, auch mit "Oranje" etwas zu gewinnen. Bei großen Turnieren war die Auswahl stets leer ausgegangen, meistens war sie gar nicht dabei. Genau genommen war es 1974 die erste WM-Teilnahme nach dem Krieg und erst die dritte überhaupt. Aber die goldene Ajax-Ära weckte in den Niederlanden Erwartungen, dass auch die "Elftal" nun auf den Thron klettern sollte und das sollte vor allem "König Johan" möglich machen. Er war das Gesicht des "Voetbal total", den Ajax zelebrierte.

Auf dem Wunderknaben aus Amsterdam, der mit 13 die Schule abbrach im Bewusstsein, Fußball-Profi werden zu können, lasteten die Sehnsüchte einer ganzen Nation. Mit einigem Recht. Der geniale Spielmacher mit der ungewöhnlichen Rückennummer 14 war das Herz der Elf von Trainer Rinus Michels, der ihn schon als 17jährigen in die Ajax-Elf eingebaut hatte. Nun harmonierten sie auch in der Nationalmannschaft zusammen und Michels sah weg, wenn der Kettenraucher wieder mal zur Zigarette griff.

In Deutschland keine WM-Minute versäumt

Die gegnerischen Trainer indes verzweifelten an der Aufgabe, wie sie den mit Kopf und Beinen gleichsam schnellen Regisseur ausschalten konnten. Wirklich gelungen ist es keinem – bis zum Finale. Wie der designierte deutsche Regisseur Günter Netzer (Real Madrid) war auch Cruyff seit der Saison 1973/74 ein Spanien-Legionär, er hatte sein erstes Jahr beim FC Barcelona hinter sich. Im Gegensatz zu Netzer war er jedoch fit und so versäumte er in Deutschland keine WM-Minute. In der Vorrunde ragte er heraus, blieb aber noch ohne Tor. Den Makel legte Cruyff beim 4:0 in der Zwischenrunde gegen Argentinien ab. Er erzielte das erste und das letzte Tor und die Süddeutsche Zeitung schrieb in ihrem WM-Buch Jahrzehnte später über sein 1:0, bei dem er noch den Torwart austanzte: "Ein elegantes Tor ist ein besseres Tor, das war seine Devise."

Es gab aber schon unmittelbar nach Abpfiff höchstes Lob für den Kapitän von "Oranje". Argentiniens Trainer Cap sagte: "Die holländische Mannschaft spielt so gut wie Cruyff spielt. Ich möchte ihn mit Alfredo di Stefano vergleichen. Di Stefano war bestimmt ein Großer, aber Cruyff ist ein ganz Großer, der überragende Mann des Turniers." Das war da erst in der Mitte angekommen und Cruyff selbst noch nicht auf dem Zenit. Gegen die DDR (2:0) bereitete er beide Tore vor, Bewacher Konrad Weise konnte den zuweilen auf die Flügel ausweichenden Offensiv-Allrounder ebenso wenig ausschalten wie seine Vorgänger. Im letzten Zwischenrundenspiel entthronte "Oranje" den Weltmeister und Cruyff erzielte gegen Brasilien das Tor zum 2:0-Endstand. Das 1:0 hatte er vorbereitet, die FIFA-Wahl zum "Mann des Spiels", die heutzutage üblich ist, hätte er sicher gewonnen.

Cruyffs Prophezeiung

Erstmals stand die Niederlande in einem WM-Finale, in Dortmund feierten sie mit ihren Fans schon wie ein Weltmeister. Cruyff fand den Final-Einzug "völlig normal" und prophezeite: "Das Spiel gegen Brasilien war sicher schwerer, als es das Finale gegen Deutschland werden wird." Hinterher würde man diesen Hochmut als ausschlaggebendes Argument dafür ansehen, warum die Niederländer nicht Weltmeister wurden. Denn nicht nur Cruyff dachte so, alle Welt hob die "Elftal" auf den Favoritenschild und sie glaubten es gern.

Dass es anders kam, lag gerade auch an Berti Vogts, dessen Hartnäckigkeit Cruyff am 7. Juli in München zermürbte. Nur in der 1. Minute des Finales war Vogts nicht ganz bei der Sache und so versuchte Uli Hoeneß, den Mann mit der 14 zu halten. An der Strafraumgrenze legte er ihn, der Schiedsrichter gab Elfmeter, den Neeskens verwandelte. Es sollte das letzte Tor sein, das "Oranje" bei dieser WM feierte, und es war eines zu wenig.

Verzicht auf die Weltmeisterschaft in Argentinien

Cruyff handelte sich noch auf dem Weg in die Halbzeit eine Gelbe Karte ein, weil er dem Schiedsrichter Taylor Vorwürfe machte. Mehr freute ihn sicher der Goldene Ball von Adidas, den der beste Spieler des Turniers erhielt. 50 von 67 internationalen Journalisten nannten Cruyff an erster Stelle. Insgesamt kam er auf 372 Punkte, vor Franz Beckenbauer (278). Aber den WM-Pokal erhielt der Kaiser und König Johann ging ungekrönt nach Hause. Wie immer im Nationaldress.

Bei der EM 1976 wurde die Auswahl Vierter, bei der WM 1978 in Argentinien waren die Niederlande erneut im Finale, aber Cruyff hatte aus politischen Gründen auf die Teilnahme verzichtet. Er brauchte keinen Weltmeister-Titel, um als ein ganz Großer in die Geschichte einzugehen. Das fand auch die Jury, die ihn 1999 zu Europas Fußballer des Jahrhunderts wählte.

Johan Cruyff

Geburtsdatum: 25. April 1947
Länderspiele/Tore: 48/33
Vereine als Spieler: Ajax Amsterdam (1964–73), FC Barcelona (1973–78), Los Angeles Aztecs (1979–1980), Washington Diplomats (1980/81), UD Levante (1981), Ajax Amsterdam (1981–83), Feyenoord Rotterdam (1983/84)
Größte Erfolge im Nationalteam: Vize-Weltmeister 1974
Größte Erfolge im Verein: Niederländischer Meister: 9x, Niederländischer Pokalsieger: 6x, Spanischer Meister: 1974, Spanischer Pokalsieger: 1978, Europapokalsieger der Landesmeister: 1971, 1972, 1973, Weltpokalsieger 1972, Supercup-Sieger 1972, 1973, Niederländischer Torschützenkönig: 1967,1972
Auszeichnungen: Europas Fußballer des Jahres: 1971, 1973, 1974, Europas Fußballer des Jahrhunderts: 1999

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19 Weltmeisterschaften, 19 Stars: Vor der Jubiläumsauflage im Sommer erinnert DFB.de in einer Serie an prominente und weniger bekannte Spieler, die den bisherigen WM-Turnieren ihren Stempel aufdrückten. Heute: Johan Cruyff, das Gesicht des niederländischen "Voetbal total".

Als er im Sommer 1974 mit der niederländischen Nationalmannschaft nach Deutschland kam, hatte Johan Cruyff beinahe schon alles gewonnen, was ein Fußballer gewinnen kann. Mit seinen 27 Jahren hatte er bereits einen Hattrick im Europapokal der Landesmeister miterlebt, 1971 bis 1973 hieß der Sieger stets Ajax Amsterdam. In jenem Jahr kam der Weltpokal hinzu, Meister und Pokalsieger durfte er sich schon länger nennen und – vor allem – zweimaliger Fußballer des Jahres in Europa (1971 und 1973). Als erster Niederländer überhaupt.

Trainer Michels der Mentor des Mittelfeldgenies

Nun wurde es Zeit, auch mit "Oranje" etwas zu gewinnen. Bei großen Turnieren war die Auswahl stets leer ausgegangen, meistens war sie gar nicht dabei. Genau genommen war es 1974 die erste WM-Teilnahme nach dem Krieg und erst die dritte überhaupt. Aber die goldene Ajax-Ära weckte in den Niederlanden Erwartungen, dass auch die "Elftal" nun auf den Thron klettern sollte und das sollte vor allem "König Johan" möglich machen. Er war das Gesicht des "Voetbal total", den Ajax zelebrierte.

Auf dem Wunderknaben aus Amsterdam, der mit 13 die Schule abbrach im Bewusstsein, Fußball-Profi werden zu können, lasteten die Sehnsüchte einer ganzen Nation. Mit einigem Recht. Der geniale Spielmacher mit der ungewöhnlichen Rückennummer 14 war das Herz der Elf von Trainer Rinus Michels, der ihn schon als 17jährigen in die Ajax-Elf eingebaut hatte. Nun harmonierten sie auch in der Nationalmannschaft zusammen und Michels sah weg, wenn der Kettenraucher wieder mal zur Zigarette griff.

In Deutschland keine WM-Minute versäumt

Die gegnerischen Trainer indes verzweifelten an der Aufgabe, wie sie den mit Kopf und Beinen gleichsam schnellen Regisseur ausschalten konnten. Wirklich gelungen ist es keinem – bis zum Finale. Wie der designierte deutsche Regisseur Günter Netzer (Real Madrid) war auch Cruyff seit der Saison 1973/74 ein Spanien-Legionär, er hatte sein erstes Jahr beim FC Barcelona hinter sich. Im Gegensatz zu Netzer war er jedoch fit und so versäumte er in Deutschland keine WM-Minute. In der Vorrunde ragte er heraus, blieb aber noch ohne Tor. Den Makel legte Cruyff beim 4:0 in der Zwischenrunde gegen Argentinien ab. Er erzielte das erste und das letzte Tor und die Süddeutsche Zeitung schrieb in ihrem WM-Buch Jahrzehnte später über sein 1:0, bei dem er noch den Torwart austanzte: "Ein elegantes Tor ist ein besseres Tor, das war seine Devise."

Es gab aber schon unmittelbar nach Abpfiff höchstes Lob für den Kapitän von "Oranje". Argentiniens Trainer Cap sagte: "Die holländische Mannschaft spielt so gut wie Cruyff spielt. Ich möchte ihn mit Alfredo di Stefano vergleichen. Di Stefano war bestimmt ein Großer, aber Cruyff ist ein ganz Großer, der überragende Mann des Turniers." Das war da erst in der Mitte angekommen und Cruyff selbst noch nicht auf dem Zenit. Gegen die DDR (2:0) bereitete er beide Tore vor, Bewacher Konrad Weise konnte den zuweilen auf die Flügel ausweichenden Offensiv-Allrounder ebenso wenig ausschalten wie seine Vorgänger. Im letzten Zwischenrundenspiel entthronte "Oranje" den Weltmeister und Cruyff erzielte gegen Brasilien das Tor zum 2:0-Endstand. Das 1:0 hatte er vorbereitet, die FIFA-Wahl zum "Mann des Spiels", die heutzutage üblich ist, hätte er sicher gewonnen.

Cruyffs Prophezeiung

Erstmals stand die Niederlande in einem WM-Finale, in Dortmund feierten sie mit ihren Fans schon wie ein Weltmeister. Cruyff fand den Final-Einzug "völlig normal" und prophezeite: "Das Spiel gegen Brasilien war sicher schwerer, als es das Finale gegen Deutschland werden wird." Hinterher würde man diesen Hochmut als ausschlaggebendes Argument dafür ansehen, warum die Niederländer nicht Weltmeister wurden. Denn nicht nur Cruyff dachte so, alle Welt hob die "Elftal" auf den Favoritenschild und sie glaubten es gern.

Dass es anders kam, lag gerade auch an Berti Vogts, dessen Hartnäckigkeit Cruyff am 7. Juli in München zermürbte. Nur in der 1. Minute des Finales war Vogts nicht ganz bei der Sache und so versuchte Uli Hoeneß, den Mann mit der 14 zu halten. An der Strafraumgrenze legte er ihn, der Schiedsrichter gab Elfmeter, den Neeskens verwandelte. Es sollte das letzte Tor sein, das "Oranje" bei dieser WM feierte, und es war eines zu wenig.

Verzicht auf die Weltmeisterschaft in Argentinien

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Cruyff handelte sich noch auf dem Weg in die Halbzeit eine Gelbe Karte ein, weil er dem Schiedsrichter Taylor Vorwürfe machte. Mehr freute ihn sicher der Goldene Ball von Adidas, den der beste Spieler des Turniers erhielt. 50 von 67 internationalen Journalisten nannten Cruyff an erster Stelle. Insgesamt kam er auf 372 Punkte, vor Franz Beckenbauer (278). Aber den WM-Pokal erhielt der Kaiser und König Johann ging ungekrönt nach Hause. Wie immer im Nationaldress.

Bei der EM 1976 wurde die Auswahl Vierter, bei der WM 1978 in Argentinien waren die Niederlande erneut im Finale, aber Cruyff hatte aus politischen Gründen auf die Teilnahme verzichtet. Er brauchte keinen Weltmeister-Titel, um als ein ganz Großer in die Geschichte einzugehen. Das fand auch die Jury, die ihn 1999 zu Europas Fußballer des Jahrhunderts wählte.

Johan Cruyff

Geburtsdatum: 25. April 1947
Länderspiele/Tore: 48/33
Vereine als Spieler: Ajax Amsterdam (1964–73), FC Barcelona (1973–78), Los Angeles Aztecs (1979–1980), Washington Diplomats (1980/81), UD Levante (1981), Ajax Amsterdam (1981–83), Feyenoord Rotterdam (1983/84)
Größte Erfolge im Nationalteam: Vize-Weltmeister 1974
Größte Erfolge im Verein: Niederländischer Meister: 9x, Niederländischer Pokalsieger: 6x, Spanischer Meister: 1974, Spanischer Pokalsieger: 1978, Europapokalsieger der Landesmeister: 1971, 1972, 1973, Weltpokalsieger 1972, Supercup-Sieger 1972, 1973, Niederländischer Torschützenkönig: 1967,1972
Auszeichnungen: Europas Fußballer des Jahres: 1971, 1973, 1974, Europas Fußballer des Jahrhunderts: 1999