WM-Serie: Deutschland - Tschechoslowakei im Halbfinale 1934

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

3. Juni in Rom - Halbfinale: Deutschland – Tschechoslowakei 1:3

Vor dem Spiel

Die Delegation nahm Abschied von Cernobbio am Comer See, sie sang den Dorfbewohnern auf dem Marktplatz sogar ein Abschiedslied. Mit dem Zug ging es nach Rom, wo die Tschechen warteten. Gegen sie hatte man noch nie gespielt.

Jakob Bender von Meister Fortuna Düsseldorf ersetzte Verteidiger Gramlich, den sein Arbeitgeber nach Hause abkommandiert hatte. Als Halblinker kam auch der Hamburger Rudolf Noack zu seinem WM-Debüt, er ersetzte den Helden des Schweden-Spiels, Karl Hohmann, für den das Turnier wegen seiner Knieverletzung (Bluterguss) zu Ende war. "Der Ausfall dieser beiden Spieler ist sicher, soweit sich nach Papierform urteilen läßt, ein empfindlicher Schlag für die deutsche Mannschaft", unkte der kicker.

Kapitän Szepan forderte Nerz zudem auf, den fahrig wirkenden Torwart Willibald Kreß gegen Hans Jakob auszutauschen. Kreß selbst habe ihn gebeten, das Nerz auszurichten. Der Trainer willigte ein, doch scheiterte der Plan am Veto von Fachamtsleiter Felix Linnemann ("Never change a winning team"). Der kicker prognostiziert unbestimmt: "Die Mannschaft ist gut genug, den Tschechoslowaken einen Kampf zu bieten, der erst gewonnen oder verloren sein will."

Das Spiel

Anstoß im Nationalstadion ist um 16.30 Uhr. Kapitän Szepan gewinnt die Seitenwahl und lässt mit Rückenwind spielen. Wieder sind nur 12.000 Zuschauer gekommen, auch weil Gastgeber Italien zeitgleich in Mailand gegen Österreich spielt. Der Duce, Staatschef Benito Mussolini, aber sieht Deutschland zu. Die Sympathien der Zuschauer liegen mehr bei den Deutschen, die sich Szenenbeifall verdienen. Den bekommt auch der tschechische Wundertorwart Frantisek Planicka, als er einen Noack-Schuss (17.) pariert, der laut Fußball Woche "nach den üblichen Begriffen wirklich unhaltbar" ist.

Von dieser Sorte hält er im Halbfinale gleich drei Bälle. Sein Gegenüber Willibald Kreß hat dagegen einen rabenschwarzen Tag erwischt: Er kann Nejedlys Schuss nicht festhalten und hat bei dessen Nachschuss das Nachsehen – 0:1 (21.). Kurz darauf trifft Swoboda das Außennetz, dann rettet Zielinski in höchster Not vor dem aufgedreht wirkenden Nejedly. "Bis zur Pause dominierten die Tschechen im Felde. Auf den Millimeter genau lief der Ball dorthin, wo er entsprechend den gegebenen Situationen hinkommen mußte", gesteht die Fußball Woche die gegnerische Überlegenheit ein.

Nach dem Wechsel drängen sie auf die Entscheidung, Nejedly trifft die Latte. Als dann Kobierski einmal durchbricht und Siffling bedient, ist der Mannheimer derart überrascht, dass er "um gut 15 Meter neben das Ziel pfefferte". Etwas unerwartet fällt nach 58 Minuten der Ausgleich durch WM-Debütant Richard Noack vom HSV. Über Lehner, Siffling und Conen kommt der Ball eher zufällig zu ihm und gegen seinen Schuss in den Winkel ist sogar Planicka machtlos (58.). Es folgen zwei weitere deutsche Chancen binnen drei Minuten, die Partie scheint sich zu drehen. Aber dann patzt wieder Kreß, der sich von einem abgefälschten Nejedly-Freistoß düpieren lässt (71.). "Ohne die Entwicklung der Situation abzuwarten, hatte Kreß sein Tor schon verlassen. Nun war er genötigt, nach hinten gebeugt den Ball nach vorn zu klatschen. Dort stand Sobottka und ihm fiel es nicht schwer, den Ball mit dem Kopf ins Netz zu legen", schrieb die Fußball Woche unter Nennung eines falschen Torschützen.

Der nun völlig entnervte Kreß schluckt noch ein drittes haltbares Tor von Nejedly, diesmal ist es ein "schlapper Schuss" (81.). Der kicker richtet hart über den Dresdner Torwart: "Kreß hat uns dieses Spiel verloren. Dieser Satz liest sich zwar ohne Zweifel hart, aber wir haben gar keine Möglichkeit, irgendeinen Grund für Milde zu finden." In letzter Minute vergibt Siffling noch eine Großchance auf das 2:3. "Es war schwieriger, den Ball über statt in das Tor zu bringen. Siffling löste die schwierigere Aufgabe", lästert die Fußball Woche. Somit platzt der Traum vom Finale.

Aufstellung Kreß – Haringer, Busch – Zielinski, Szepan, Bender – Siffling, Noack – Lehner, Conen, Kobierski.

Tore: 0:1 Nejedly (21.), 1:1 Noack (59.), 1:2, 1:3 Nejedly (69., 81.).

Zuschauer: 13.000

Stimmen zum Spiel

"Deutschlands Vertretung hat ein großes Spiel geliefert und hätte mit einigem Schlachtenglück auch diesen Kampf gewinnen können…In dem von beiden Seiten mit äußerstem Kampfeinsatz geführten Spiel hatten die tschechischen Berufsspieler schließlich die stärkeren Reserven…, diese Weltmeisterschaft kam, wie von den Führern des deutschen Fußballsports betont wird, doch noch etwas zu früh für uns." (Hamburger Fremdenblatt)

"Das Spiel Deutschland gegen die Tschechoslowakei war ein sportlicher Kampf im besten Sinne des Wortes. Das Spiel der tschechischen Elf verdient Lob und Anerkennung…Die deutsche Elf hat gegen eine Mannschaft von Format verloren! Eine knappe Torspanne, etwa 3:2, hätte den Kampfverlauf richtiger wiedergegeben." (Fußball Woche)

"Deutschland ehrenvoll ausgeschieden" (Münchner Neueste Nachrichten)

"Von den bisherigen Gegnern wurden dem tschechoslowakischem Fußballteam die Deutschen am wenigsten gefährlich. Das Kopieren des englischen Stils durch Deutschland bewährte sich nicht…Wer die neunzig Minuten in Rom miterlebt hat, der wird sie nie vergessen." (Prager Tagblatt)

"Ganze achtmal stand ich nur sechs Meter vor dem Tor und habe draufgeknallt wie ich nur konnte, aber dieser Wundertorwart Planicka hat alles gehalten. Wenn unser Willibald doch auch so gehalten hätte. Aber dem hatte seine italienische Gräfin den Kopf verdreht." (Edmund Conen/1986)

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Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

3. Juni in Rom - Halbfinale: Deutschland – Tschechoslowakei 1:3

Vor dem Spiel

Die Delegation nahm Abschied von Cernobbio am Comer See, sie sang den Dorfbewohnern auf dem Marktplatz sogar ein Abschiedslied. Mit dem Zug ging es nach Rom, wo die Tschechen warteten. Gegen sie hatte man noch nie gespielt.

Jakob Bender von Meister Fortuna Düsseldorf ersetzte Verteidiger Gramlich, den sein Arbeitgeber nach Hause abkommandiert hatte. Als Halblinker kam auch der Hamburger Rudolf Noack zu seinem WM-Debüt, er ersetzte den Helden des Schweden-Spiels, Karl Hohmann, für den das Turnier wegen seiner Knieverletzung (Bluterguss) zu Ende war. "Der Ausfall dieser beiden Spieler ist sicher, soweit sich nach Papierform urteilen läßt, ein empfindlicher Schlag für die deutsche Mannschaft", unkte der kicker.

Kapitän Szepan forderte Nerz zudem auf, den fahrig wirkenden Torwart Willibald Kreß gegen Hans Jakob auszutauschen. Kreß selbst habe ihn gebeten, das Nerz auszurichten. Der Trainer willigte ein, doch scheiterte der Plan am Veto von Fachamtsleiter Felix Linnemann ("Never change a winning team"). Der kicker prognostiziert unbestimmt: "Die Mannschaft ist gut genug, den Tschechoslowaken einen Kampf zu bieten, der erst gewonnen oder verloren sein will."

Das Spiel

Anstoß im Nationalstadion ist um 16.30 Uhr. Kapitän Szepan gewinnt die Seitenwahl und lässt mit Rückenwind spielen. Wieder sind nur 12.000 Zuschauer gekommen, auch weil Gastgeber Italien zeitgleich in Mailand gegen Österreich spielt. Der Duce, Staatschef Benito Mussolini, aber sieht Deutschland zu. Die Sympathien der Zuschauer liegen mehr bei den Deutschen, die sich Szenenbeifall verdienen. Den bekommt auch der tschechische Wundertorwart Frantisek Planicka, als er einen Noack-Schuss (17.) pariert, der laut Fußball Woche "nach den üblichen Begriffen wirklich unhaltbar" ist.

Von dieser Sorte hält er im Halbfinale gleich drei Bälle. Sein Gegenüber Willibald Kreß hat dagegen einen rabenschwarzen Tag erwischt: Er kann Nejedlys Schuss nicht festhalten und hat bei dessen Nachschuss das Nachsehen – 0:1 (21.). Kurz darauf trifft Swoboda das Außennetz, dann rettet Zielinski in höchster Not vor dem aufgedreht wirkenden Nejedly. "Bis zur Pause dominierten die Tschechen im Felde. Auf den Millimeter genau lief der Ball dorthin, wo er entsprechend den gegebenen Situationen hinkommen mußte", gesteht die Fußball Woche die gegnerische Überlegenheit ein.

Nach dem Wechsel drängen sie auf die Entscheidung, Nejedly trifft die Latte. Als dann Kobierski einmal durchbricht und Siffling bedient, ist der Mannheimer derart überrascht, dass er "um gut 15 Meter neben das Ziel pfefferte". Etwas unerwartet fällt nach 58 Minuten der Ausgleich durch WM-Debütant Richard Noack vom HSV. Über Lehner, Siffling und Conen kommt der Ball eher zufällig zu ihm und gegen seinen Schuss in den Winkel ist sogar Planicka machtlos (58.). Es folgen zwei weitere deutsche Chancen binnen drei Minuten, die Partie scheint sich zu drehen. Aber dann patzt wieder Kreß, der sich von einem abgefälschten Nejedly-Freistoß düpieren lässt (71.). "Ohne die Entwicklung der Situation abzuwarten, hatte Kreß sein Tor schon verlassen. Nun war er genötigt, nach hinten gebeugt den Ball nach vorn zu klatschen. Dort stand Sobottka und ihm fiel es nicht schwer, den Ball mit dem Kopf ins Netz zu legen", schrieb die Fußball Woche unter Nennung eines falschen Torschützen.

Der nun völlig entnervte Kreß schluckt noch ein drittes haltbares Tor von Nejedly, diesmal ist es ein "schlapper Schuss" (81.). Der kicker richtet hart über den Dresdner Torwart: "Kreß hat uns dieses Spiel verloren. Dieser Satz liest sich zwar ohne Zweifel hart, aber wir haben gar keine Möglichkeit, irgendeinen Grund für Milde zu finden." In letzter Minute vergibt Siffling noch eine Großchance auf das 2:3. "Es war schwieriger, den Ball über statt in das Tor zu bringen. Siffling löste die schwierigere Aufgabe", lästert die Fußball Woche. Somit platzt der Traum vom Finale.

Aufstellung Kreß – Haringer, Busch – Zielinski, Szepan, Bender – Siffling, Noack – Lehner, Conen, Kobierski.

Tore: 0:1 Nejedly (21.), 1:1 Noack (59.), 1:2, 1:3 Nejedly (69., 81.).

Zuschauer: 13.000

Stimmen zum Spiel

"Deutschlands Vertretung hat ein großes Spiel geliefert und hätte mit einigem Schlachtenglück auch diesen Kampf gewinnen können…In dem von beiden Seiten mit äußerstem Kampfeinsatz geführten Spiel hatten die tschechischen Berufsspieler schließlich die stärkeren Reserven…, diese Weltmeisterschaft kam, wie von den Führern des deutschen Fußballsports betont wird, doch noch etwas zu früh für uns." (Hamburger Fremdenblatt)

"Das Spiel Deutschland gegen die Tschechoslowakei war ein sportlicher Kampf im besten Sinne des Wortes. Das Spiel der tschechischen Elf verdient Lob und Anerkennung…Die deutsche Elf hat gegen eine Mannschaft von Format verloren! Eine knappe Torspanne, etwa 3:2, hätte den Kampfverlauf richtiger wiedergegeben." (Fußball Woche)

"Deutschland ehrenvoll ausgeschieden" (Münchner Neueste Nachrichten)

"Von den bisherigen Gegnern wurden dem tschechoslowakischem Fußballteam die Deutschen am wenigsten gefährlich. Das Kopieren des englischen Stils durch Deutschland bewährte sich nicht…Wer die neunzig Minuten in Rom miterlebt hat, der wird sie nie vergessen." (Prager Tagblatt)

"Ganze achtmal stand ich nur sechs Meter vor dem Tor und habe draufgeknallt wie ich nur konnte, aber dieser Wundertorwart Planicka hat alles gehalten. Wenn unser Willibald doch auch so gehalten hätte. Aber dem hatte seine italienische Gräfin den Kopf verdreht." (Edmund Conen/1986)

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