WM 2010: Junges Team mit tollem Auftakt

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

13. Juni 2010 in Durban, 1. Gruppenspiel: Deutschland - Australien 4:0

Vor dem Spiel:

Zum dritten Mal in Folge ging Deutschland mit einem neuen Trainer in eine WM. Joachim Löw übernahm nach Klinsmanns Rücktritt 2006 die Mannschaft und erreichte 2008 das EM-Finale. Seine erste WM stand unter keinem guten Stern, fielen doch gleich vier Spieler in den letzten Wochen vor Turnierstart aus. Am schwersten wog der Ausfall von Kapitän Michael Ballack. Im Mai musste er sich auch einen neuen Torwart suchen, der Leverkusener René Adler erlitt eine Schulterverletzung. Im Trainingslager in Südtirol erwischte es auch Verteidiger Heiko Westermann und Mittelfeldrenner Christian Träsch.

So waren die Erwartungen gedämpft. Der Kader freilich machte neugierig. Es war der jüngste (Altersschnitt: 24,9 Jahre) seit 1934, unerfahren wie lange nicht, aber vielversprechend. Die Fixpunkte der U 21-Europameister von 2009 waren schon dabei und freuten sich auf ihre erste WM: Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mesut Özil und Sami Khedira. Gleich elf Kadermitglieder hatten Migrationshintergrund, nie war Deutschland bunter. Erstmals seit 1978 bestand er nur aus Bundesligaspielern. Spannend auch die Nominierung der zwei Shootingstars von Meister FC Bayern, die gerade ihre erste Profi-Saison hinter sich hatten: Holger Badstuber und Thomas Müller.

Trotzdem erwarteten Experten wie Franz Beckenbauer und der nun fehlende Kapitän Ballack den Einzug ins Halbfinale. Löw überlegte am längsten, wen er auf der rechten Seite einsetzen sollte: Piotr Trochowski (HSV) oder Bayerns Thomas Müller? Dessen Vereinskollege Miroslav Klose war gesetzt, trotz schwacher Saison in München. Beim Champions League-Finale gegen Inter Mailand hatte er – ebenso wie Mario Gomez – auf der Bank gesessen. In der Liga waren ihm nur drei Tore gelungen – der Karrieretiefstwert. Aber im gewohnten Umfeld der Nationalmannschaft taute er wieder auf; im Trainingsspiel der A- gegen die B-Elf (3:5) schoss er zwei Tore und Löw diagnostizierte erfreut "körperliche Frische" beim nun 32-Jährigen.

Die WM in Südafrika war auch für den Veteran etwas Besonderes. Es war die erste auf dem Kontinent und es war das kälteste Turnier aller Zeiten. Nachts fiel das Thermometer auf 10 Grad minus und es gab im Land mehr Schnee als in den vergangenen zehn Jahren. Die Deutschen wurden zumindest vom Schnee in ihrem Quartier in Pretoria verschont und Löw wollte auch keine Ausreden gelten lassen: "Wir wollen die Partie natürlich gewinnen. Wir möchten das Spiel nicht nur verwalten, sondern auch nach vorn spielen." Gegen Australien (Nummer 20 der Fifa-Rangliste) hatte man bei einer WM erst einmal gespielt, 1974 gab es in Hamburg ein 3:0 – und am Ende den Titel.



Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

13. Juni 2010 in Durban, 1. Gruppenspiel: Deutschland - Australien 4:0

Vor dem Spiel:

Zum dritten Mal in Folge ging Deutschland mit einem neuen Trainer in eine WM. Joachim Löw übernahm nach Klinsmanns Rücktritt 2006 die Mannschaft und erreichte 2008 das EM-Finale. Seine erste WM stand unter keinem guten Stern, fielen doch gleich vier Spieler in den letzten Wochen vor Turnierstart aus. Am schwersten wog der Ausfall von Kapitän Michael Ballack. Im Mai musste er sich auch einen neuen Torwart suchen, der Leverkusener René Adler erlitt eine Schulterverletzung. Im Trainingslager in Südtirol erwischte es auch Verteidiger Heiko Westermann und Mittelfeldrenner Christian Träsch.

So waren die Erwartungen gedämpft. Der Kader freilich machte neugierig. Es war der jüngste (Altersschnitt: 24,9 Jahre) seit 1934, unerfahren wie lange nicht, aber vielversprechend. Die Fixpunkte der U 21-Europameister von 2009 waren schon dabei und freuten sich auf ihre erste WM: Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mesut Özil und Sami Khedira. Gleich elf Kadermitglieder hatten Migrationshintergrund, nie war Deutschland bunter. Erstmals seit 1978 bestand er nur aus Bundesligaspielern. Spannend auch die Nominierung der zwei Shootingstars von Meister FC Bayern, die gerade ihre erste Profi-Saison hinter sich hatten: Holger Badstuber und Thomas Müller.

Trotzdem erwarteten Experten wie Franz Beckenbauer und der nun fehlende Kapitän Ballack den Einzug ins Halbfinale. Löw überlegte am längsten, wen er auf der rechten Seite einsetzen sollte: Piotr Trochowski (HSV) oder Bayerns Thomas Müller? Dessen Vereinskollege Miroslav Klose war gesetzt, trotz schwacher Saison in München. Beim Champions League-Finale gegen Inter Mailand hatte er – ebenso wie Mario Gomez – auf der Bank gesessen. In der Liga waren ihm nur drei Tore gelungen – der Karrieretiefstwert. Aber im gewohnten Umfeld der Nationalmannschaft taute er wieder auf; im Trainingsspiel der A- gegen die B-Elf (3:5) schoss er zwei Tore und Löw diagnostizierte erfreut "körperliche Frische" beim nun 32-Jährigen.

Die WM in Südafrika war auch für den Veteran etwas Besonderes. Es war die erste auf dem Kontinent und es war das kälteste Turnier aller Zeiten. Nachts fiel das Thermometer auf 10 Grad minus und es gab im Land mehr Schnee als in den vergangenen zehn Jahren. Die Deutschen wurden zumindest vom Schnee in ihrem Quartier in Pretoria verschont und Löw wollte auch keine Ausreden gelten lassen: "Wir wollen die Partie natürlich gewinnen. Wir möchten das Spiel nicht nur verwalten, sondern auch nach vorn spielen." Gegen Australien (Nummer 20 der Fifa-Rangliste) hatte man bei einer WM erst einmal gespielt, 1974 gab es in Hamburg ein 3:0 – und am Ende den Titel.

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Ein Auftakt, der Mut macht

Spielbericht:

Am dritten Tag der WM greifen auch die Deutschen ein. Ihr Auftaktspiel in einer Stadt direkt am Indischen Ozean findet an einem Sonntagabend um 20.30 MEZ statt. Hier ist der Winter noch zu ertragen, es sind für Europäer herbstliche 18 Grad. Für das ZDF kommentiert Bela Rethy, es ist das deutsche WM-Spiel mit den drittmeisten Zuschauern (27,91 Millionen) und Beleg für die stetig wachsende Popularität der Nationalmannschaft.

Die steht bei der Hymne Arm in Arm. Rethy transportiert Erfreuliches in die Heimat. Zum Beispiel das zweitschnellste deutsche WM-Tor in einem Auftaktspiel, nur Philipp Lahm ist 2006 (6. Minute gegen Costa Rica) schneller gewesen. Nun dauert es acht Minuten, als Mesut Özil den umtriebigen Müller auf rechts bedient. Dessen scharfer Pass fast von der Auslinie und ohne den Kopf zu heben hebelt die ganze Abwehr aus, zischt genau in den Lauf von Lukas Podolski und gegen seinen linken Hammer kann Mark Schwarzer im Tor der Aussies nichts machen – auch wenn er noch die Hände dran bekommt. Und Löw sieht sich bestätigt ("Der Lukas explodiert in Südafrika"). Nach 26 Minuten bekommt er schon wieder recht, da macht auch Klose sein Tor. Zwei Minuten zuvor verfehlt er noch mit einem Schlenzer den Kasten, aber auf seinen Kopf ist gerade bei WM-Spielen immer Verlass. Kurz vor dem ins Leere faustenden Schwarzer drückt er die Flanke vom neuen Kapitän Philipp Lahm dank imposanter Sprungkraft ein – 2:0. Es ist sein 49. Länderspieltor und das erste seit acht Monaten. Er rutscht auf Knien zur Eckfahne, die Erleichterung muss raus. "Torwartfehler – dem Klose wird’s egal sein", nimmt Rethy völlig zurecht an. Das Spiel läuft flüssig, allein Özil kann noch zwei Tore vor der Pause schießen, findet ebenso wie Sami Khedira in Schwarzer seinen Meister.

In der Halbzeit sind sie zuversichtlich, aber noch ist nichts entschieden. Zehn Minuten trödelt das Spiel so vor sich hin, dann setzt WM-Debütant Thomas Müller den nächsten Akzent. Sein Schlenzer nach herrlicher Kombination geht knapp drüber, was ihn nicht entmutigt. In der 56. Minute foult Tim Cahill Bastian Schweinsteiger, der sich vor Schmerzen krümmt. Der Australier sieht Rot. Letzte Zweifel am Sieg beseitigt Müller, der nach Podolskis Zuspiel noch einen Haken schlägt, seinen Widersacher ins Leere rutschen lässt und mit rechts an den Innenpfosten schießt – 3:0. Nun darf Cacau ran, der Stuttgarter hatte sich sogar Hoffnungen auf einen Startelfplatz gemacht. Klose geht und sitzt kaum, da hat sein Konkurrent schon gleichgezogen. Nach Özils Vorlage schließt er einen Konter mühelos zum 4:0-Endstand ab. 110 Sekunden steht er auf dem Platz, es ist das schnellste Joker-Tor der WM-Historie. Ein Auftakt, der Mut macht. Die Australier gewinnen nur nach Ecken (7:4), aber Manuel Neuer hat nur einen Ball halten müssen. 

Aufstellung: Neuer – Lahm, Mertesacker, Friedrich, Badstuber – Schweinsteiger, Khedira – Müller, Özil (74. Gomez), Podolski (81. Marin) – Klose (68. Cacau).

Tore: 1:0 Podolski (8.), 2:0 Klose (26.), 3:0 Müller (68.), 4:0 Cacau (70.).

Zuschauer: 62.660

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"Wie bei Gerd Müller 1974 gegen Holland"

Stimmen zum Spiel

Joachim Löw: "Das ist das Ergebnis harter Arbeit in den vergangenen fünf Wochen. Viele Dinge haben gut funktioniert, aber das war erst der Anfang. Dieser Auftakt-Sieg ist ganz wichtig fürs Selbstbewusstsein. Mich wundert, dass niemand an Lukas Podolski und Miroslav Klose geglaubt hat. Aber ich kenne ihre Stärken, deshalb war es für mich logisch, sie spielen zu lassen. Über Badstuber und Müller wundere ich mich auch. Die sind unheimlich locker und zeigen kein Nervenflattern."

Franz Beckenbauer (Bild-Kolumnist): "Was die Fitness angeht, ist unser Team schwer zu übertreffen: Die Spieler sind ständig in Bewegung und wirken konditionell so stark, als könnten sie noch viel länger als 90 Minuten in diesem Tempo spielen. Damit ist die Grundlage für ein ganz langes Turnier geschaffen."

Gerd Müller (Weltmeister 1974): "Thomas ist ein Typ wie ich. Er macht seine Drehungen genau wie ich sie früher gemacht habe. Schön, dass wieder ein Müller die 13 bei einer WM trägt."

Thomas Müller: "Als ich mein Tor hinterher im Fernsehen gesehen habe, dachte ich mir: das ist ja wie bei Gerd Müller 1974 gegen Holland."

Miroslav Klose (zu seinem Tor): "Wir haben es im Training immer wieder einstudiert. Dass Philipp genau den richtigen Zeitpunkt findet, dass er noch mal kurz hoch schaut, und ich geh zwischen Torwart und Abwehrspieler rein. Der Gegner hat so wenig Chancen, das zu verteidigen. Und wenn ich dann noch in die Höhe komme, wie es heute der Fall war, dann landet der Ball im Tor."

Philipp Lahm: "Von der Qualität her ist das die beste Nationalmannschaft, in der ich je gespielt habe."

Lukas Podolski: "Ich habe vor dem Spiel mit meinem Sohn telefoniert. Zum Glück habe ich das Tor in der 1. Halbzeit geschossen, weil er in der 2. Halbzeit schon schlafen musste."

Pim Verbeek (Trainer Australiens): "Wir wurden in den ersten 25 Minuten ausgespielt. Deutschland hat verdient gewonnen."

Mark Schwarzer (Australien): "Das zweite Tor geht klar auf meine Kappe, da gibt es keine Entschuldigung. Und auch den ersten hätte ich besser halten können."

Mark van Bommel (Niederlande/FC Bayern): "Sie haben wie wir gespielt. Für mich sind die Deutschen jetzt Titelfavorit."

"Das wird unsere WM! Sensationell, wie unsere junge Elf (25,6 Jahre im Schnitt) loswirbelte. 2006 haben wir das Sommermärchen gefeiert, sind mit Jürgen Klinsmann Dritter geworden. Dieser Sieg könnte der Anfang vom Jogi-Märchen sein…Löw hat mit allem recht behalten. Er setzte mit Klose, Poldi und Müller auf die richtigen Spieler." (Bild)

"Abendspaziergang in Durban. Die deutsche Elf startet mit einem locker herausgespielten 4:0-Sieg gegen überforderte Australier ins WM-Turnier. Für Australien war es am Ende eine Demütigung." (Frankfurter Rundschau)

"Unser schlechtestes Spiel aller Zeiten." (Daily Telegraph/Sydney)

"Ein deutsches Team auf dem Weg nach oben hat ein australisches Team auf dem Weg nach unten phasenweise gedemütigt." (Sydney Morning Herald/Australien)

"Deutschland zeigt sich so überwältigend wie immer, aber mit einem Fußball, der seit vielen Jahren nicht mehr zu sehen war." (Sport/Spanien)

"Deutschland macht Angst. Das war eine Kandidatur auf den WM-Sieg." (AS/Spanien)

"Das multikulturelle Deutschland beeindruckt. Jugend und Technik besiegen die australischen Opas." (Tuttosport/Italien)

"Das neue Deutschland schickt die Fantasie an die Macht." (Corriere della Sera/Italien)

"Die Deutschen überrollen alle, mit Özil als Drehscheibe, der nach allen Seiten Raketen schießt." (Liberation/Frankreich)

"Was soll nur werden, wenn es jetzt auch noch Spaß macht, den Germanen zuzuschauen?" (Ekstra Bladet/Dänemark)

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