WM 2010: Als sogar Arne Friedrich traf

Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

3. Juli 2010 in Kapstadt - Viertelfinale: Deutschland - Argentinien 4:0

Vor dem Spiel:

Es kam zur Revanche für das Viertelfinale von 2006 in Berlin, als Deutschland im Elfmeterschießen gewann. Eingedenk der unschönen Ereignisse unmittelbar nach Abpfiff warnte Bastian Schweinsteiger ganz bewusst: "Die Handgreiflichkeiten stecken noch in unseren Köpfen, mehr noch als das Elfmeterschießen. Es geht schon vor dem Spiel los, wie sie gestikulieren und versuchen, den Schiedsrichter zu beeinflussen. Das ist respektlos, aber die Argentinier sind so." Arne Friedrich sagte dem Kicker: "Ich glaube, dass sie Rache nehmen wollen für 2006, wir müssen uns da auf alles einstellen."

Besonders im Blickpunkt stand Miroslav Klose, der sich auf sein 100. Länderspiel freute. Bescheiden war er immer noch, auch angesichts der Aufgabe: "Natürlich ist Argentinien Favorit, sie haben die besseren Einzelspieler. Aber das hatten die Engländer auch. Unser Trumpf ist die mannschaftliche Geschlossenheit." Zumal, wenn man an der Mannschaft nichts ändern muss, Löw nominierte alle elf England-Bezwinger und war nach Auswertung der Scoutingberichte zuversichtlich: "Wir haben festgestellt, dass die Argentinier verwundbar sind." Zwei Tage vor dem Spiel kam der verletzte Kapitän Michael Ballack zu Besuch ins "Velmor Grande", zur Unterstützung. Zudem wollte er seine Reha unter Aufsicht der DFB-Ärzte fortsetzen.

Die Argentinier hatten ihre letzten acht Spiele gewonnen, davon alle vier in Südafrika – aber wie Deutschland im Achtelfinale von einer krassen Fehlentscheidung profitiert und gegen Mexiko ein irreguläres Tor erzielt. Es verleitete sie nicht zu Zurückhaltung. "Diese WM wird nur ein Erfolg, wenn wir den Titel holen", sagte Dribbelzwerg Carlos Tevez. Diego Maradona, nunmehr Trainer der Argentinier, tönte in altbekannter Manier: "Meine Gala-Elf wird das schon machen, ganz sicher. Für Deutschland ist die WM zu Ende." Über seine Wortwahl wunderte sich niemand, der einstige Weltklassekicker zog in neuer Funktion in Südafrika eine einzige Show ab. Und immer noch schien er mehr Spieler denn Trainer zu sein. In Pretoria sah man ihn nachts in Studentenclubs, und offen gestand der nun 49-Jährige: "Ich fühle mich, als würde ich das Trikot wieder anziehen und auf den Platz gehen, es ist großartig, sich wie ein Puzzleteil dieses Teams zu fühlen." Von Krake Paul aus dem Oberhausener Zoo hatte er nie etwas gehört. Der tierische Wahrsager prophezeite wieder mal einen deutschen Sieg.



Im Sommer nimmt Deutschland zum 19. Mal an einer WM-Endrunde teil. DFB.de dokumentiert in einer 106-teiligen Serie alle Spiele seit 1934. Sie enthält die obligatorischen Daten und Fakten, eine kurze Übersicht zur jeweiligen Ausgangslage und den Spielbericht. Darüber hinaus finden sich in der Rubrik "Stimmen zum Spiel" Zitate, die das unmittelbar danach Gesagte oder Geschriebene festhalten und das Ereignis wieder aufleben lassen.

3. Juli 2010 in Kapstadt - Viertelfinale: Deutschland - Argentinien 4:0

Vor dem Spiel:

Es kam zur Revanche für das Viertelfinale von 2006 in Berlin, als Deutschland im Elfmeterschießen gewann. Eingedenk der unschönen Ereignisse unmittelbar nach Abpfiff warnte Bastian Schweinsteiger ganz bewusst: "Die Handgreiflichkeiten stecken noch in unseren Köpfen, mehr noch als das Elfmeterschießen. Es geht schon vor dem Spiel los, wie sie gestikulieren und versuchen, den Schiedsrichter zu beeinflussen. Das ist respektlos, aber die Argentinier sind so." Arne Friedrich sagte dem Kicker: "Ich glaube, dass sie Rache nehmen wollen für 2006, wir müssen uns da auf alles einstellen."

Besonders im Blickpunkt stand Miroslav Klose, der sich auf sein 100. Länderspiel freute. Bescheiden war er immer noch, auch angesichts der Aufgabe: "Natürlich ist Argentinien Favorit, sie haben die besseren Einzelspieler. Aber das hatten die Engländer auch. Unser Trumpf ist die mannschaftliche Geschlossenheit." Zumal, wenn man an der Mannschaft nichts ändern muss, Löw nominierte alle elf England-Bezwinger und war nach Auswertung der Scoutingberichte zuversichtlich: "Wir haben festgestellt, dass die Argentinier verwundbar sind." Zwei Tage vor dem Spiel kam der verletzte Kapitän Michael Ballack zu Besuch ins "Velmor Grande", zur Unterstützung. Zudem wollte er seine Reha unter Aufsicht der DFB-Ärzte fortsetzen.

Die Argentinier hatten ihre letzten acht Spiele gewonnen, davon alle vier in Südafrika – aber wie Deutschland im Achtelfinale von einer krassen Fehlentscheidung profitiert und gegen Mexiko ein irreguläres Tor erzielt. Es verleitete sie nicht zu Zurückhaltung. "Diese WM wird nur ein Erfolg, wenn wir den Titel holen", sagte Dribbelzwerg Carlos Tevez. Diego Maradona, nunmehr Trainer der Argentinier, tönte in altbekannter Manier: "Meine Gala-Elf wird das schon machen, ganz sicher. Für Deutschland ist die WM zu Ende." Über seine Wortwahl wunderte sich niemand, der einstige Weltklassekicker zog in neuer Funktion in Südafrika eine einzige Show ab. Und immer noch schien er mehr Spieler denn Trainer zu sein. In Pretoria sah man ihn nachts in Studentenclubs, und offen gestand der nun 49-Jährige: "Ich fühle mich, als würde ich das Trikot wieder anziehen und auf den Platz gehen, es ist großartig, sich wie ein Puzzleteil dieses Teams zu fühlen." Von Krake Paul aus dem Oberhausener Zoo hatte er nie etwas gehört. Der tierische Wahrsager prophezeite wieder mal einen deutschen Sieg.

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Klose, Müller und Co. bringen Maradona zum Weinen

Spielbericht:

Der Klassiker zieht die Prominenz an, Bundeskanzlerin Angela Merkel sitzt an diesem Samstag auf der Tribüne eine Reihe vor Mick Jagger von den Rolling Stones. Vor den Bildschirmen in Deutschland verfolgen 25,95 Millionen Menschen die ZDF-Übertragung (Kommentator: Bela Rethy). Hinzu kommen all diejenigen, die das Spektakel nur noch in der Masse verfolgen wollen. Public Viewing ist auch in diesem WM-Sommer der Hit, zumal wenn es so schön warm ist. Allein vor dem Brandenburger Tor sind es rund 300.000 Deutschland-Fans. Die Kameras senden auch schon aus dem Kabinengang und zeigen, wie Maradona alle seine Spieler auf die Wange küsst. Die Hymnen werden gespielt und plötzlich spürt Mesut Özil, wie er später erzählen wird: "Heute können nur wir gewinnen."

Deutschland spielt zum zweiten Mal bei einer WM ganz in Schwarz, gegen Ghana (1:0) hat der Trauerlook Glück gebracht. Und früh zeigt sich, dass das so bleiben wird. Schon nach 158 Sekunden erzielt Thomas Müller, der neue Liebling der Nation, nach einem Schweinsteiger-Freistoß das 200. deutsche WM-Tor. Bei seinem Kopfball aus sechs Metern sieht Torwart Sergio Romero nicht sonderlich gut aus. "Da ist das 1:0. Und es ist wieder Müller, ich fasse es nicht!", begeistert sich Bela Rethy. Ein idealer Auftakt und das früheste Tor im sechsten WM-Treffen dieser Rivalen.

Argentinien muss kommen, setzt seine Hoffnungen auf den 23 Jahre alten Lionel Messi (im 50. Länderspiel). Doch der Spitzenmann hinter den Spitzen kommt nicht zur Geltung an diesem Tag, Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger, die beiden "Sechser" im 4-2-3-1-System, fangen die Zuspiele auf ihn immer wieder ab. Ausnahme: in der 22. Minute kann Messi Tevez schicken, der frei vor Neuer auftaucht, aber der deutsche Torwart klaut ihm den Ball. Der Kicker wird Messi eine 5 geben. Argentiniens Motor kommt nicht in Schwung, also kommt Argentinien nicht in Schwung. Nur bei einem Schuss von Gonzalo Higuain muss Manuel Neuer vor der Pause eingreifen, Verteidiger Nicolas Otamendi wird ein Abseitstor zurecht abgepfiffen.

Miroslav Klose kann schon in der 24. Minute das 2:0 machen, als Thomas Müller querlegt, er schießt drüber. Zufrieden gehen die Deutschen in die Kabine, nur Müller ärgert sich: wegen eines keineswegs beabsichtigen Handspiels sieht er die zweite Gelbe Karte und wird im nächsten Spiel fehlen, sofern es denn eins gibt. Nur Argentinien kann das noch verhindern und versucht es. Angel di Maria zieht aus 24 Metern ab, da hat nicht viel gefehlt. Bei Tevez‘ Volleyschuss ist der Kopf von Per Mertesacker im Weg und als Higuain nach Messis Zuspiel einschussbereit am Fünfmeterraum lauert, grätscht Kapitän Lahm dazwischen. Die Entscheidung bahnt sich zu Beginn des letzten Spieldrittels an. 67 Minuten sind gespielt, da stochert Müller den Ball im Liegen zu Lukas Podolski, der in den Strafraum eindringt und zentimetergenau auf Jubilar Klose spielt. Dessen Ballannahme wird zum Tor, denn er steht fünf Meter vor dem leeren Kasten. Es sieht so leicht aus, kann das wirklich ein WM-Spiel gegen Argentinien gewesen sein? Podolski sagt nach dem Spiel: "Das Tor hat gezeigt, wir geben alles, wir sind eine Einheit, wir halten zusammen." Beide Trainer vollziehen einen Wechsel, nur der deutsche ist positionsgetreu: Marcell Jansen löst Jerome Boateng als Linksverteidiger ab.

Es folgt ein Novum. Nach einem Solo von Bastian Schweinsteiger an drei Gegnern vorbei (Rethy: "Der macht alle nass, der Schweinsteiger. Dafür ist der Begriff 'nass machen' erfunden worden."), drückt der aufgerückte Berliner Verteidiger Arne Friedrich den Ball im Fallen über die Linie. Es ist sein erstes Länderspieltor im 77. Einsatz und es bringt die Entscheidung.

Friedrich nimmt das Großereignis mit Selbstironie: "Da konnte selbst ich nicht mehr anders als das Tor zu machen." Nun ist es gewonnen, Toni Kroos und Piotr Trochowski dürfen helfen, den Sieg über die Zeit zu bringen und erleben noch einen Klose-Salto. Den gönnt sich der Jubilar, nachdem er Özils butterweiche Linksflanke unbedrängt zum 4:0 einschießen kann. Es ist ein Gänsehaut-Spiel, aus deutscher Sicht zumindest. Bela Rethy stellt fest: "Dieser 3. Juli 2010 geht in die Fußballgeschichte ein. Der Mythos Maradona ist in diesem Augenblick zerstört." Man sieht ihn weinend in die Kabinen gehen, auch bei seinen Spielern fließen Tränen.

Kontrastprogramm bei den Deutschen, die mit Bier anstoßen. "Dass wir keine warme Milch nach so einem Sieg trinken, ist doch auch klar", sagt Thomas Müller mit einem Grinsen. Auch die Kanzlerin trinkt bei ihrem Kabinenbesuch ein Bier mit den gelösten Siegern. Experte Günter Netzer entschuldigt sich derweil in der Bild am Sonntag beim Bundestrainer: "Joachim Löw hat mich widerlegt. Ich hätte nie gedacht, dass Klose und Podolski so eine starke WM spielen." Die Bild entwirft am übernächsten Tag ein Ranking der brillantesten deutschen Siege und hievt dieses 4:0 auf Platz zwei, noch vor dem Wunder von Bern. Zum elften Mal steht Deutschland in einem WM-Halbfinale, Weltrekord!

Aufstellung: Neuer – Lahm, Friedrich, Mertesacker, Boateng (72. Jansen) – Khedira (77. Kroos), Schweinsteiger – Müller (84. Trochowski), Özil, Podolski – Klose.

Tore: 1:0 Müller (3.), 2:0 Klose (68.), 3:0 Friedrich (74.), 4:0 Klose (89.).

Zuschauer: 64.100

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Müller: "Wahnsinn, was hier abgelaufen ist"

Stimmen zum Spiel:

Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Es war einfach überwältigend. Es ist eine junge Mannschaft, aber wie abgeklärt und ruhig sie ihre Chancen genutzt hat, hat mich einfach nur begeistert."

Joachim Löw: "Was wir heute in der zweiten Halbzeit gespielt haben, das war klasse. Die Mannschaft hat den Willen von Champions gezeigt. Was die Höhe dieses Sieges betrifft, das ist fast unvorstellbar. Vieles hat die Mannschaft perfekt umgesetzt, das war einfach toll. Wie wir uns in der zweiten Halbzeit wieder befreit haben, das war ganz hohes Niveau. Jetzt sind wir unter den besten Vier der Welt, aber da gehört diese Mannschaft auch hin. Wir haben noch zwei Spiele vor uns. Jetzt haben wir es selbst in der Hand, hier noch etwas ganz Großes zu erreichen."

Thomas Müller: "Es ist natürlich Wahnsinn, was hier abgelaufen ist. Wenn man Argentinien 4:0 vom Platz fegt, muss man erst einmal nach Worten suchen. Star des Spiels war eindeutig mal wieder die Mannschaft. Wir spielen alle voll am Limit, jeder haut sich für die Sache rein. Ich hoffe, dass meine Kollegen im Halbfinale alles richtig machen, dann kann ich vielleicht im Finale wieder ein Tor machen."

Miroslav Klose: "Wie wir als Mannschaft erneut dagegen gehalten haben, so wie schon gegen England, da muss ich sagen: Respekt. Ich bin stolz auf die Mannschaft und auch auf die Mannschaft dahinter - alle im Kader sind sensationell. Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was wir uns vorher vorgenommen hatten. Alles andere ist Zubrot."

Horst Eckel (Weltmeister 1954): "Ich habe schon lange keine deutsche Mannschaft gesehen, die so gut gespielt hat. Vieles erinnert mich an unsere Berner Elf. Das Wichtigste, das auch bei uns den Ausschlag gab: es ist ein großer Zusammenhalt zu spüren."

Diego Maradona: "Wir waren eigentlich gut vorbereitet, doch dann gerieten wir gleich in den ersten Minuten in Rückstand. Das Spiel ist dann natürlich ganz anders verlaufen. Ich denke, wir haben Ihnen den Ball zu leichtfertig überlassen, und als die Deutschen in Führung lagen, hatten sie plötzlich Ideen, die sie vorher nicht gehabt hatten. Meine Mannschaft hat gut gespielt, aber leider fehlte uns die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Bei den Deutschen war hingegen jede Chance ein Treffer. Das Ergebnis ist natürlich enttäuschend, aber ich bin dennoch stolz auf meine Jungs, denen ich hiermit öffentlich meinen Dank aussprechen möchte. Ich könnte morgen gehen, aber ich möchte, dass diese Jungs sich weiterhin beweisen und allen zeigen, wie gut sie wirklich spielen können. Den Argentiniern kann ich versichern, dass ich genauso enttäuscht bin wie sie. Diese Traurigkeit lässt sich nur mit dem Tag vergleichen, an dem ich mit dem Fußballspielen aufgehört habe."

Clemente Rodríguez (Argentinien): "Das ist für uns alle eine bittere Pille. Deutschland konnte das Mittelfeld sehr schnell überbrücken und schloss jede Chance mit einem Tor ab. Leider ist das Spiel so verlaufen. Wir können aber dennoch erhobenen Hauptes nach Hause fahren."

"Danke, ihr Helden! Das historische 4:0 gegen Argentinien. Heben Sie diese Ausgabe für ihre Enkel auf" (Bild am Sonntag)

"Ganz Deutschland begeistert und berauscht sich an diesen jungen und perfekten Botschaftern des neuen deutschen Fußballspiels, das sie rund 10000 Kilometer entfernt in Kapstadt der Welt mit beeindruckender Lust und Leichtigkeit vorführten. Die erste halbe Stunde geriet da zu einer hinreißenden Demonstration." (Kicker)

"Maradonas WM endet mit einer Tracht Prügel. Es wird Jahre dauern, das zu vergessen." (Olé/Argentinien)

"Aus der göttlichen Gestalt Maradona ist ein Sterblicher aus Fleisch und Blut geworden." (Clarin/Argentinien)

"Weiter so, Deutschland! Eine Überschrift, von der wir dachten, wir würden sie niemals lesen." (News of the World/England)

"Deutschland ist eine Bestie! Wie Obelix sammelt Deutschland die Helme der Römer und zerlegt alles." (El Mundo/Spanien)

"Vergesst Siegfried, den Drachentöter, und Odin, den Himmels-Bewohner – die neuen deutschen Helden sind Klose, Müller und Friedrich." (Kronenzeitung/Österreich)

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