Wirsching: "Für Schweinfurt ist gegen Frankfurt alles möglich"

Der FC Schweinfurt 05 ist der größte verbliebene Außenseiter im DFB-Pokal. In der zweiten Runde erwartet der Viertligist Eintracht Frankfurt am Dienstag (ab 20.45 live auf Sky). Chancenlos ist Schweinfurt nicht, davon ist Reiner Wirsching überzeugt. Und der 54-Jährige weiß, wovon er spricht. Wirsching stand 1994 für den TSV Vestenbergsgreuth beim legendären 1:0 gegen den FC Bayern München auf dem Platz. Heute ist er Mannschaftsarzt des FC Schweinfurt 05.

Aber nicht nur darüber spricht Wirsching im Interview mit DFB.de. Der frühere Angreifer hat während seiner Profikarriere sein Medizinstudium beendet und arbeitet heute in der eigenen Praxis erfolgreich als Orthopäde. Sein Fachgebiet: das Knie. Der Grund damals für seine Karriereende: eine Knieverletzung. Hätte der Arzt Dr. Reiner Wirsching die Karriere des Fußballers Reiner Wirsching retten können?

DFB.de: Herr Dr. Wirsching, Sie kommen gerade aus dem Operationssaal. Welche Eingriffe haben Sie vorgenommen?

Dr. Reiner Wirsching: Heute hatte ich einen halben OP-Tag. Vier Arthroskopien standen für mich auf dem Programm. Insgesamt sind das ziemliche Routineeingriffe. Dreimal musste ich den Meniskus nähen. Das ist sehr verbreitet heutzutage. Bei einem anderen Patienten musste ich einen Schleimbeutel entfernen.

DFB.de: Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, dass Sie als ehemalige Profifußballer jetzt Chirurg sind.

Wirsching: Es gibt noch einige weitere Beispiele von ehemaligen Fußballern, die Ärzte geworden sind. Aber es ist nicht ganz gewöhnlich, da gebe ich Ihnen gerne Recht.

DFB.de: Sie mussten Ihre eigene Karriere wegen einer Knieverletzung beenden und haben sich als Mediziner auf das Knie spezialisiert. Hätte der Arzt Dr. Reiner Wirsching die Karriere des Fußballers Reiner Wirsching retten können?

Wirsching: Heute ist das Wissen ein ganz anderes. Ich denke, dass es mit den heutigen Möglichkeiten durchaus wahrscheinlich gewesen wäre, dass ich länger hätte spielen können. Aber Sie merken schon an meiner Antwort: Ich habe jede Menge Konjunktive verwendet. Letztlich ist das Spekulation.

DFB.de: Was war letztlich der konkrete Grund, weswegen Sie aufhören mussten?

Wirsching: Eigentlich war es eine ziemliche Lappalie. Als ich noch in Nürnberg gespielt habe, hatte ich mir eine Innenbandruptur am Kniegelenk zugezogen. Der nötige Eingriff hat leider nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt hatten. Ich habe danach wieder versucht, Fußball zu spielen. Aber das Knie war einfach nicht mehr stabil genug. Einige Jahre später habe ich mir dann noch eine Folgeverletzung zugezogen. Dann war es endgültig vorbei. Ich glaube, dass wir das heutzutage ziemlich problemlos in den Griff bekommen hätten. Ich hätte gerne noch das eine oder andere Jahr länger gespielt.

DFB.de: Zumal Sie erst mit 25 Jahren in den Profifußball gekommen sind. Wie kam es dazu?

Wirsching: Mein Vater war Vorstand bei meinem Heimatverein SV Stammheim. Ich habe lange in der Bezirksliga gespielt, dann bin ich zum FC Schweinfurt in die Bayernliga gegangen, das war damals die dritthöchste Spielklasse. Aber dort habe ich nur ein paar Spiele gemacht, dann kamen direkt die ersten Angebote aus der Bundesliga. Ich habe mich für den 1. FC Nürnberg entschieden.

DFB.de: Sie haben also innerhalb kürzester Zeit sechs Ligen übersprungen - aus der Bezirksliga in die Bundesliga.

Wirsching: Heutzutage wäre das wahrscheinlich nicht mehr möglich, damals schon. Rückblickend hätte ich den Schritt früher machen sollen. Das war sicher ein Fehler.



Der FC Schweinfurt 05 ist der größte verbliebene Außenseiter im DFB-Pokal. In der zweiten Runde erwartet der Viertligist Eintracht Frankfurt am Dienstag (ab 20.45 live auf Sky). Chancenlos ist Schweinfurt nicht, davon ist Reiner Wirsching überzeugt. Und der 54-Jährige weiß, wovon er spricht. Wirsching stand 1994 für den TSV Vestenbergsgreuth beim legendären 1:0 gegen den FC Bayern München auf dem Platz. Heute ist er Mannschaftsarzt des FC Schweinfurt 05.

Aber nicht nur darüber spricht Wirsching im Interview mit DFB.de. Der frühere Angreifer hat während seiner Profikarriere sein Medizinstudium beendet und arbeitet heute in der eigenen Praxis erfolgreich als Orthopäde. Sein Fachgebiet: das Knie. Der Grund damals für seine Karriereende: eine Knieverletzung. Hätte der Arzt Dr. Reiner Wirsching die Karriere des Fußballers Reiner Wirsching retten können?

DFB.de: Herr Dr. Wirsching, Sie kommen gerade aus dem Operationssaal. Welche Eingriffe haben Sie vorgenommen?

Dr. Reiner Wirsching: Heute hatte ich einen halben OP-Tag. Vier Arthroskopien standen für mich auf dem Programm. Insgesamt sind das ziemliche Routineeingriffe. Dreimal musste ich den Meniskus nähen. Das ist sehr verbreitet heutzutage. Bei einem anderen Patienten musste ich einen Schleimbeutel entfernen.

DFB.de: Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, dass Sie als ehemalige Profifußballer jetzt Chirurg sind.

Wirsching: Es gibt noch einige weitere Beispiele von ehemaligen Fußballern, die Ärzte geworden sind. Aber es ist nicht ganz gewöhnlich, da gebe ich Ihnen gerne Recht.

DFB.de: Sie mussten Ihre eigene Karriere wegen einer Knieverletzung beenden und haben sich als Mediziner auf das Knie spezialisiert. Hätte der Arzt Dr. Reiner Wirsching die Karriere des Fußballers Reiner Wirsching retten können?

Wirsching: Heute ist das Wissen ein ganz anderes. Ich denke, dass es mit den heutigen Möglichkeiten durchaus wahrscheinlich gewesen wäre, dass ich länger hätte spielen können. Aber Sie merken schon an meiner Antwort: Ich habe jede Menge Konjunktive verwendet. Letztlich ist das Spekulation.

DFB.de: Was war letztlich der konkrete Grund, weswegen Sie aufhören mussten?

Wirsching: Eigentlich war es eine ziemliche Lappalie. Als ich noch in Nürnberg gespielt habe, hatte ich mir eine Innenbandruptur am Kniegelenk zugezogen. Der nötige Eingriff hat leider nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt hatten. Ich habe danach wieder versucht, Fußball zu spielen. Aber das Knie war einfach nicht mehr stabil genug. Einige Jahre später habe ich mir dann noch eine Folgeverletzung zugezogen. Dann war es endgültig vorbei. Ich glaube, dass wir das heutzutage ziemlich problemlos in den Griff bekommen hätten. Ich hätte gerne noch das eine oder andere Jahr länger gespielt.

DFB.de: Zumal Sie erst mit 25 Jahren in den Profifußball gekommen sind. Wie kam es dazu?

Wirsching: Mein Vater war Vorstand bei meinem Heimatverein SV Stammheim. Ich habe lange in der Bezirksliga gespielt, dann bin ich zum FC Schweinfurt in die Bayernliga gegangen, das war damals die dritthöchste Spielklasse. Aber dort habe ich nur ein paar Spiele gemacht, dann kamen direkt die ersten Angebote aus der Bundesliga. Ich habe mich für den 1. FC Nürnberg entschieden.

DFB.de: Sie haben also innerhalb kürzester Zeit sechs Ligen übersprungen - aus der Bezirksliga in die Bundesliga.

Wirsching: Heutzutage wäre das wahrscheinlich nicht mehr möglich, damals schon. Rückblickend hätte ich den Schritt früher machen sollen. Das war sicher ein Fehler.

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DFB.de: Warum ausgerechnet Nürnberg?

Wirsching: Es war nicht weit von meiner Heimat entfernt. Außerdem habe ich dort gute Chancen gesehen, auch zu spielen. Dieter Eckstein war dort damals der Topstürmer. Den haben die Verantwortlichen in der Winterpause verkauft und mich dafür geholt.

DFB.de: Und es lief ja auch gar nicht schlecht.

Wirsching: Ich war unter Hermann Gerland direkt Stammspieler und habe im ersten halben Jahr sechs Treffer gemacht. Als ich kam, war der Club auf dem letzten Platz. Und dann ging mit Dieter Eckstein auch noch der Toptorjäger. Keiner hat auch nur einen Pfifferling auf uns gesetzt. Aber wir haben den Klassenerhalt geschafft, an dem ich einen gewissen Anteil hatte. Das war ein idealer Einstand für mich.

DFB.de: Im zweiten Jahr lief es ähnlich gut.

Wirsching: Ich habe anfangs ganz gut gespielt und häufiger das Tor getroffen. Im weiteren Saisonverlauf habe ich mir dann leider eine knöcherne Absprengung am Fuß zugezogen, so dass ich teilweise nicht richtig trainieren konnte.

DFB.de: Mit Ihren Leistungen sollen Sie sich sogar in den Blickpunkt von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer gespielt haben. Was wissen Sie davon?

Wirsching: Die Medien haben dieses Gerücht verbreitet, weil ich ab und zu mal das Tor getroffen hatte und es ganz gut lief.

DFB.de: Die Weltmeisterschaft 1990 in Italien stand vor der Tür.

Wirsching: Ja, das war im Sommer 1990. Ich hatte nie persönlich Kontakt zu Frank Beckenbauer. Damals hatten es Neulinge sehr schwer, den Sprung in den Kader zu schaffen. Die Durchlässigkeit war nicht so hoch wie heute. Und die Konkurrenz war auch ganz ordentlich. Jürgen Klinsmann und Rudi Völler waren gesetzt. Kalle Riedle und Frank Mill kamen dann. Irgendwann fiel dann auch mein Name. Aber man nimmt ja keine fünf oder sechs Stürmer mit.

DFB.de: Danach lief es für Sie nicht mehr wie gewünscht. In Nürnberg gab es unter Arie Haan Probleme, Sie sind dann später wieder zum FC Schweinfurt gewechselt. War das eine Rückkehr in die Heimat?

Wirsching: So hat es sich angefühlt. Am Anfang meiner Karriere war Schweinfurt für mich das Sprungbrett in die Bundesliga. Ich bin später gerne dorthin zurückgekehrt, weil mein Heimatort nur 20 Kilometer entfernt ist. Ich hatte schon eine besondere Beziehung zum FC Schweinfurt.

DFB.de: Die bis heute gehalten hat.

Wirsching: Ich bin Mannschaftsarzt beim FC Schweinfurt. Wenn ich nicht gerade irgendwo unterwegs bin, bin ich bei den Heimspielen vor Ort.

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DFB.de: Welchen Stellenwert hat der Fußball in Schweinfurt?

Wirsching: Aus meiner Sicht ist das eine typische Fußballerstadt. Man kann die Leute mit guten Leistungen ins Stadion locken. Das mittelfristige Ziel muss der Aufstieg in die 3. Liga sein. Das Potenzial dafür ist durchaus vorhanden. Die Bedingungen sind in jeder Hinsicht gut.

DFB.de: Ist der Aufstieg auch schon in diesem Jahr möglich?

Wirsching: Das wird natürlich schwer. Erstens muss man durch die Relegation, aber in dieser Saison sehe ich ganz klar 1860 München in der Favoritenrolle. Die haben sich schon ein gutes Polster erarbeitet. Ich denke, die werden kaum zu stoppen sein.

DFB.de: Dennoch könnte es für den FC Schweinfurt ein historisches Jahr werden. Die Mannschaft steht in der zweiten Runde des DFB-Pokals...

Wirsching: ... und da ist Eintracht Frankfurt zu Gast.

DFB.de: Wie erleben Sie die Stimmung in der Stadt?

Wirsching: Es ist gerade eine gute Zeit. Die Mannschaft zeigt ordentliche Leistungen. Das DFB-Pokalspiel ist im Moment das große Thema in der Stadt. Die Karten waren sehr schnell alle vergriffen, die Euphorie ist riesig.

DFB.de: Und was ist möglich gegen Frankfurt?

Wirsching: Alles.

DFB.de: Sprechen Sie aus eigener Erfahrung?

Wirsching: Natürlich wird es schwierig. Aber als Viertligist kann man immer einen Bundesligisten ärgern und ihn an einem guten Tag aus dem Wettbewerb befördern. Ich war damals Teil der Mannschaft des TSV Vestenbergsgreuth. Wir haben die Bayern mit 1:0 besiegt und die Sensation geschafft. Daran werden sich viele noch erinnern können.

DFB.de: Es war eine der größten Sensationen im deutschen Fußball.

Wirsching: Trainer der Bayern war Giovanni Trapattoni. Mehmet Scholl, Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Thomas Helmer und viele andere große Namen standen bei denen damals auf dem Platz. Aber wir haben gezeigt, dass der DFB-Pokal seine eigenen Gesetze hat. Aus meiner Sicht ist das keine Floskel, sondern Wahrheit. Eine Überraschung ist immer möglich. Auch für den FC Schweinfurt.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie noch an den Sieg gegen Bayern?

Wirsching: Wir haben damals in Nürnberg gespielt. Für mich war das deshalb ein Heimspiel. Dennoch habe ich nicht nur gute Erinnerungen an die Begegnung.

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DFB.de: Warum nicht?

Wirsching: Weil ich mich am Ende verletzt habe und meine Karriere dann nicht mehr fortsetzen konnte. Alle haben hinterher ausgelassen gefeiert. Meine Stimmung war nicht so toll, und nach Feiern war mir auch nicht unbedingt zumute. Ich hatte Schmerzen und wusste, dass mein Knie kaputt ist. Ich hatte direkt das Gefühl, dass diese Geschichte kein gutes Ende für mich nehmen würde. In der Kabine war die Stimmung ausgelassen, bei mir kam keine richtige Freude auf.

DFB.de: In Vestenbergsgreuth stand damals auch Gerd Klaus unter Vertrag, der heute den FC Schweinfurt trainiert. Schließt sich da der Kreis?

Wirsching: Ja, in gewisser Weise schon. Natürlich war das damals eine große Überraschung. Aber wir hatten eine gute Mannschaft und waren in der Regionalliga Tabellenführer. Das darf man nicht vergessen. In der Begegnung war Bayern gar nicht so viel besser. Wir haben ordentlich mitgehalten, unsere Möglichkeit konsequent genutzt und nicht unverdient 1:0 gewonnen.

DFB.de: Wie haben Sie die Tage danach erlebt?

Wirsching: Bei mir war auch danach noch alles etwas durch die Knieverletzung überschattet. Ich habe mich deshalb etwas ausgeklinkt. Ich weiß aber noch, dass T-Shirts mit dem Aufdruck "1:0 - ich war dabei" produziert wurden. Davon habe ich meinen Kindern einige besorgt. Insgesamt waren das damals sicher sehr emotionale Tage, die ich nicht mehr vergessen werde.

DFB.de: Hatte das frühe Karriereende vielleicht einen einzigen Vorteil? Sie konnten früher in Ihren heutigen Beruf einsteigen.

Wirsching: Das hätte ich auch später noch machen können. Ich war damals schon sehr niedergeschlagen, als es wirklich zu Ende war.

DFB.de: Wie haben Sie die Belastung Medizinstudium und Profifußball unter einen Hut bekommen?

Wirsching: Das ging eigentlich. Als ich nach Nürnberg kam, hatte ich schon einen Großteil meines Studiums hinter mir. Einige wenige Scheine mit Anwesenheitspflicht haben mir nur noch gefehlt. Das habe ich noch hinbekommen. Während der WM in Italien hatte ich Zeit und konnte mein zweites Staatsexamen schreiben.

DFB.de: Welche Bedeutung hatte der Fußball damals für Sie?

Wirsching: Es war kein Job, sondern eher ein Hobby. Mir war immer klar, dass ich mein Studium zu Ende bringen und danach in den normalen Beruf wechseln würde.

DFB.de: Kann man rückblickend sagen: Ende gut, alles gut?

Wirsching: Ja und nein. Ich war gerne Profifußballer und hätte gerne länger gespielt. Wer weiß, wie sich meine Karriere ohne die Verletzung entwickelt hätte... Das ist der einzige Wehrmutstropfen.

DFB.de: Spielen Sie heute noch Fußball?

Wirsching: Soweit es das Knie zulässt, spiele ich noch. Einmal Fußball, immer Fußball. Es kribbelt immer noch. Im Nachbardorf spiele ich in einer sehr guten Ü 50-Mannschaft mit. Aber es wird immer schwieriger, weil das Knie Probleme macht. Ganz ohne Fußball geht es aber auch nicht. Die Sucht ist nach wie vor da.

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