Willig: "Wieder Wettkämpfer werden"

Nico Willig war beim VfB Stuttgart schon in einigen Funktionen tätig. Der 40-Jährige betreute verschiedene Juniorenteams, war Interimstrainer bei den Profis und ist seit 2019 zurück bei der U 19, die in der Staffel Süd/Südwest der A-Junioren-Bundesliga die Tabelle anführt. Im DFB.de-Interview spricht Willig mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Ausbildung, seine Ziele und die Corona-Krise.

DFB.de: Ihre Mannschaft ist sehr gut in die neue Saison gestartet. Wie bewerten Sie die beiden Siege in der Meisterschaft und das Weiterkommen im DFB-Pokal der Junioren beim SV Werder Bremen, Herr Willig?

Nico Willig: Die nackten Zahlen waren mit dem 3:0 gegen den SV Darmstadt 98 und dem 4:0 beim 1. FC Heidenheim in Ordnung. Ich muss aber zugeben: Die Ergebnisse hätten aufgrund der Spielverläufe auch anders aussehen können. Darmstadt war einem Punktgewinn lange Zeit sehr nahe und Heidenheim hatte den Führungstreffer auf dem Fuß. Grundsätzlich muss es im U 19-Bereich unser Anspruch sein, Spiele gegen Darmstadt 98 und den 1. FC Heidenheim zu gewinnen. Im DFB-Pokal mussten wir erstmals bei Werder Bremen antreten. Der 2:1-Erfolg war der erwartete Pokalfight - mit einem guten Ende für uns. Wir hatten auf jeden Fall eine schöne Rückfahrt.

DFB.de: Es waren die ersten drei Pflichtspiele nach mehr als neun Monaten Pause. Die Corona-Pandemie hat die Ausbildung junger Spieler zumindest gebremst und einige Lücken gerissen. Wie sehr macht sich das bei Ihrer täglichen Arbeit bemerkbar?

Willig: In Baden-Württemberg durften wir zum Glück schon im vergangenen Winter wieder trainieren und gegen Mannschaften aus anderen Nachwuchsleistungszentren mit einer Sondergenehmigung spielen. Dafür sind wir dankbar und es hat der Entwicklung der Spieler deutlich geholfen. Dennoch kitzelt erst der Wettkampf im Ligabetrieb die entscheidenden Prozente heraus, was über einen längeren Zeitraum nicht der Fall war. Der letzte Anschub fehlte und die Jungs müssen jetzt wieder Wettkämpfer werden.

DFB.de: Eine Folge der Pandemie ist, dass die aufgestockte Staffel Süd/Südwest in dieser Saison eine einfache Runde ohne Rückspiele bestreitet und dass nach aktuellem Stand sieben Teams absteigen werden. Wie gehen Sie damit um?

Willig: Dass jetzt 21 Mannschaften in unserer Liga spielen und es deshalb einen erhöhten Abstieg geben wird, ist nicht optimal. Eine U 19 ist schließlich für jedes Nachwuchsleistungszentrum eine wichtige Altersstufe. Zur Bundesliga zu gehören, hat viele Vorteile. Wir sehen uns aktuell nicht in der Gefahr, dass wir in den Abstiegsstrudel geraten. Aber diese Konstellation könnte die Ausbildung der Spieler bei einigen Klubs durchaus erschweren.

DFB.de: Der VfB feierte in der jüngsten regulären Saison 2018/2019 mit dem Triumph im DFB-Pokal, dem Staffelsieg in der Bundesliga Süd/Südwest und dem Einzug in das Finale um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft, das gegen Borussia Dortmund 3:5 verloren ging, große Erfolge. Wie hoch hängt beim VfB in dieser Saison die Messlatte?

Willig: Jeder beim VfB würde sich über die Wiederholung einer solchen Saison freuen. (lacht) Wir sehen uns aufgrund der Kaderqualität definitiv unter den fünf besten Mannschaften in der Liga. Das muss auch unser Anspruch sein. Darüber hinaus entscheiden Kleinigkeiten, wie man in einer Saison vorankommt. Wir können und wollen keine Prognosen abgeben, weil viele Faktoren für eine erfolgreiche Saison eine Rolle spielen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Spieler bis zum nächsten Sommer auf ein höheres Niveau zu bringen.

DFB.de: Was zeichnet Ihre Mannschaft besonders aus?

Willig: Das Team ist lernfähig, man sieht das Zusammenwachsen einer Gruppe. Wenn man das Bild einer zehnstufigen Leiter bemüht, dann befinden wir uns aktuell in etwa auf der dritten Sprosse. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Deshalb würde ich jetzt auch noch keine Aspekte nennen, die unsere Mannschaft enorm auszeichnen. Da befinden wir uns noch am Beginn der Entwicklung.

DFB.de: Vor zweieinhalb Jahren hatten Sie für einige Wochen die VfB-Profis als Interimstrainer betreut, konnten den Abstieg aus der Bundesliga allerdings auch nicht verhindern. Welche Erfahrungen haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Willig: Die positiven Rückmeldungen in einer ganz speziellen Drucksituation sind bei mir hängengeblieben. Ich musste als völlig unbekannter Trainer eine am Boden liegende Mannschaft übernehmen, hatte mir zuvor nicht den Ruf eines Feuerwehrmanns erarbeitet. Einen Masterplan zur "Wiederbelebung" zu entwickeln - sei es über Trainingsinhalte, Kommunikation und Sprachbarrieren - war nicht einfach. Diese Erfahrungen habe ich aufgearbeitet. Sie werden mir helfen, sollte ich eine solche Situation noch einmal erleben.

DFB.de: Welche Unterschiede haben Sie zwischen der Arbeit mit den Profis und den A-Junioren damals festgestellt?

Willig: Die Trainingsinhalte waren durchaus ähnlich. Allerdings herrschte eine enorme Drucksituation, die fast alles überlagert hat. Es ging sehr viel um Kommunikation. Wir mussten versuchen, innerhalb kürzester Zeit eine Gruppendynamik zu entwickeln.

DFB.de: Angreifer Mohamed Sankoh und Mittelfeldspieler Lilian Egloff haben zuletzt den Sprung von der U 19 zu den Profis geschafft. Welchen Spielern aus Ihren Reihen trauen Sie das ebenfalls zu?

Willig: Es gibt beim VfB Stuttgart immer Talente, die den Sprung in den Profibereich schaffen können. Um ganz oben anzukommen, gibt es aber auch einen indirekten Weg. So wurde beispielsweise Mittelfeldspieler Leonhard Münst für ein Jahr an den FC St. Gallen ausgeliehen, um in der Schweiz Spielpraxis zu sammeln und im besten Fall als gestandener Profi zurückzukehren. Seine Entwicklung wird selbstverständlich genau beobachtet.

DFB.de: Nach der Länderspielpause geht es für Ihre Mannschaft mit der Partie gegen Kickers Offenbach weiter. Wie soll das Team auftreten?

Willig: Wir spielen zu Hause und es ist unser Anspruch, ein Heimspiel gegen Kickers Offenbach zu gewinnen. Das geht nur mit dem entsprechenden Selbstvertrauen und zugleich einer Wertschätzung für einen Gegner, der uns in der Vergangenheit schon mehrfach das Leben schwer gemacht hat.

DFB.de: Auf welche Partien freuen Sie sich in dieser Saison am meisten?

Willig: Neben dem Stadtduell gegen die Stuttgarter Kickers, das erst für den letzten Spieltag angesetzt ist, haben die Spiele gegen die TSG Hoffenheim und den Karlsruher SC ebenfalls Derbycharakter. Auch auf den Süd-Gipfel mit dem FC Bayern München freuen wir uns sehr. Diese Partien sind für uns das Salz in der Suppe.

DFB.de: Welche Vereine haben Sie für das Rennen um den Staffelsieg auf der Rechnung?

Willig: Der FC Bayern München und der 1. FSV Mainz 05 gehören sicher zu den Favoriten. Dahinter kommt ein ambitioniertes Verfolgerfeld, in dem auch wir uns befinden.

[MSPW]

Nico Willig war beim VfB Stuttgart schon in einigen Funktionen tätig. Der 40-Jährige betreute verschiedene Juniorenteams, war Interimstrainer bei den Profis und ist seit 2019 zurück bei der U 19, die in der Staffel Süd/Südwest der A-Junioren-Bundesliga die Tabelle anführt. Im DFB.de-Interview spricht Willig mit Mitarbeiter Peter Haidinger über die Ausbildung, seine Ziele und die Corona-Krise.

DFB.de: Ihre Mannschaft ist sehr gut in die neue Saison gestartet. Wie bewerten Sie die beiden Siege in der Meisterschaft und das Weiterkommen im DFB-Pokal der Junioren beim SV Werder Bremen, Herr Willig?

Nico Willig: Die nackten Zahlen waren mit dem 3:0 gegen den SV Darmstadt 98 und dem 4:0 beim 1. FC Heidenheim in Ordnung. Ich muss aber zugeben: Die Ergebnisse hätten aufgrund der Spielverläufe auch anders aussehen können. Darmstadt war einem Punktgewinn lange Zeit sehr nahe und Heidenheim hatte den Führungstreffer auf dem Fuß. Grundsätzlich muss es im U 19-Bereich unser Anspruch sein, Spiele gegen Darmstadt 98 und den 1. FC Heidenheim zu gewinnen. Im DFB-Pokal mussten wir erstmals bei Werder Bremen antreten. Der 2:1-Erfolg war der erwartete Pokalfight - mit einem guten Ende für uns. Wir hatten auf jeden Fall eine schöne Rückfahrt.

DFB.de: Es waren die ersten drei Pflichtspiele nach mehr als neun Monaten Pause. Die Corona-Pandemie hat die Ausbildung junger Spieler zumindest gebremst und einige Lücken gerissen. Wie sehr macht sich das bei Ihrer täglichen Arbeit bemerkbar?

Willig: In Baden-Württemberg durften wir zum Glück schon im vergangenen Winter wieder trainieren und gegen Mannschaften aus anderen Nachwuchsleistungszentren mit einer Sondergenehmigung spielen. Dafür sind wir dankbar und es hat der Entwicklung der Spieler deutlich geholfen. Dennoch kitzelt erst der Wettkampf im Ligabetrieb die entscheidenden Prozente heraus, was über einen längeren Zeitraum nicht der Fall war. Der letzte Anschub fehlte und die Jungs müssen jetzt wieder Wettkämpfer werden.

DFB.de: Eine Folge der Pandemie ist, dass die aufgestockte Staffel Süd/Südwest in dieser Saison eine einfache Runde ohne Rückspiele bestreitet und dass nach aktuellem Stand sieben Teams absteigen werden. Wie gehen Sie damit um?

Willig: Dass jetzt 21 Mannschaften in unserer Liga spielen und es deshalb einen erhöhten Abstieg geben wird, ist nicht optimal. Eine U 19 ist schließlich für jedes Nachwuchsleistungszentrum eine wichtige Altersstufe. Zur Bundesliga zu gehören, hat viele Vorteile. Wir sehen uns aktuell nicht in der Gefahr, dass wir in den Abstiegsstrudel geraten. Aber diese Konstellation könnte die Ausbildung der Spieler bei einigen Klubs durchaus erschweren.

DFB.de: Der VfB feierte in der jüngsten regulären Saison 2018/2019 mit dem Triumph im DFB-Pokal, dem Staffelsieg in der Bundesliga Süd/Südwest und dem Einzug in das Finale um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft, das gegen Borussia Dortmund 3:5 verloren ging, große Erfolge. Wie hoch hängt beim VfB in dieser Saison die Messlatte?

Willig: Jeder beim VfB würde sich über die Wiederholung einer solchen Saison freuen. (lacht) Wir sehen uns aufgrund der Kaderqualität definitiv unter den fünf besten Mannschaften in der Liga. Das muss auch unser Anspruch sein. Darüber hinaus entscheiden Kleinigkeiten, wie man in einer Saison vorankommt. Wir können und wollen keine Prognosen abgeben, weil viele Faktoren für eine erfolgreiche Saison eine Rolle spielen. Unser Ziel ist es, möglichst viele Spieler bis zum nächsten Sommer auf ein höheres Niveau zu bringen.

DFB.de: Was zeichnet Ihre Mannschaft besonders aus?

Willig: Das Team ist lernfähig, man sieht das Zusammenwachsen einer Gruppe. Wenn man das Bild einer zehnstufigen Leiter bemüht, dann befinden wir uns aktuell in etwa auf der dritten Sprosse. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Deshalb würde ich jetzt auch noch keine Aspekte nennen, die unsere Mannschaft enorm auszeichnen. Da befinden wir uns noch am Beginn der Entwicklung.

DFB.de: Vor zweieinhalb Jahren hatten Sie für einige Wochen die VfB-Profis als Interimstrainer betreut, konnten den Abstieg aus der Bundesliga allerdings auch nicht verhindern. Welche Erfahrungen haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Willig: Die positiven Rückmeldungen in einer ganz speziellen Drucksituation sind bei mir hängengeblieben. Ich musste als völlig unbekannter Trainer eine am Boden liegende Mannschaft übernehmen, hatte mir zuvor nicht den Ruf eines Feuerwehrmanns erarbeitet. Einen Masterplan zur "Wiederbelebung" zu entwickeln - sei es über Trainingsinhalte, Kommunikation und Sprachbarrieren - war nicht einfach. Diese Erfahrungen habe ich aufgearbeitet. Sie werden mir helfen, sollte ich eine solche Situation noch einmal erleben.

DFB.de: Welche Unterschiede haben Sie zwischen der Arbeit mit den Profis und den A-Junioren damals festgestellt?

Willig: Die Trainingsinhalte waren durchaus ähnlich. Allerdings herrschte eine enorme Drucksituation, die fast alles überlagert hat. Es ging sehr viel um Kommunikation. Wir mussten versuchen, innerhalb kürzester Zeit eine Gruppendynamik zu entwickeln.

DFB.de: Angreifer Mohamed Sankoh und Mittelfeldspieler Lilian Egloff haben zuletzt den Sprung von der U 19 zu den Profis geschafft. Welchen Spielern aus Ihren Reihen trauen Sie das ebenfalls zu?

Willig: Es gibt beim VfB Stuttgart immer Talente, die den Sprung in den Profibereich schaffen können. Um ganz oben anzukommen, gibt es aber auch einen indirekten Weg. So wurde beispielsweise Mittelfeldspieler Leonhard Münst für ein Jahr an den FC St. Gallen ausgeliehen, um in der Schweiz Spielpraxis zu sammeln und im besten Fall als gestandener Profi zurückzukehren. Seine Entwicklung wird selbstverständlich genau beobachtet.

DFB.de: Nach der Länderspielpause geht es für Ihre Mannschaft mit der Partie gegen Kickers Offenbach weiter. Wie soll das Team auftreten?

Willig: Wir spielen zu Hause und es ist unser Anspruch, ein Heimspiel gegen Kickers Offenbach zu gewinnen. Das geht nur mit dem entsprechenden Selbstvertrauen und zugleich einer Wertschätzung für einen Gegner, der uns in der Vergangenheit schon mehrfach das Leben schwer gemacht hat.

DFB.de: Auf welche Partien freuen Sie sich in dieser Saison am meisten?

Willig: Neben dem Stadtduell gegen die Stuttgarter Kickers, das erst für den letzten Spieltag angesetzt ist, haben die Spiele gegen die TSG Hoffenheim und den Karlsruher SC ebenfalls Derbycharakter. Auch auf den Süd-Gipfel mit dem FC Bayern München freuen wir uns sehr. Diese Partien sind für uns das Salz in der Suppe.

DFB.de: Welche Vereine haben Sie für das Rennen um den Staffelsieg auf der Rechnung?

Willig: Der FC Bayern München und der 1. FSV Mainz 05 gehören sicher zu den Favoriten. Dahinter kommt ein ambitioniertes Verfolgerfeld, in dem auch wir uns befinden.

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