Willi Schulz: "Auf einmal hieß es Bundesliga!"

Besondere Begegnungen, besondere Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesliga an ganz spezielle Duelle. Heute schreibt Willi Schulz über den 24. August 1963, als er mit Schalke 04 auf den VfB Stuttgart traf und das Abenteuer Bundesliga begann. Am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gibt es diese Paarung erneut.

"Vor diesem Spiel waren wir erstmals für drei Tage ins Trainingslager gegangen. Da spätestens merkten wir, dass nun eine besondere Zeit anbricht. Auf einmal hieß es Bundesliga! Wir hatten zwar alle noch einen normalen Beruf, aber die Trainingsintensität wurde nun gesteigert, Schritt für Schritt.

Überhaupt wurde allem eine große Bedeutung zugemessen im Vorfeld, entsprechend nervös war ich. Es war an diesem 24. August 1963 eine Atmosphäre wie vor einem Länderspiel. Bloß, dass wir davon jetzt 30 im Jahr hatten, später dann 34, weshalb man sich allmählich daran gewöhnte. Wir trafen nun regelmäßig auf Mannschaften, denen man sonst höchstens mal in der Endrunde um die Meisterschaft begegnet war. Die meisten Gegner waren jedoch völliges Neuland für uns, es gab noch keine Videos, die man zur Vorbereitung geguckt hätte. Wir haben auf uns geschaut, unser Trainer Georg Gawliczek wusste genau, wie man Spannung aufbaut.

Von den Stuttgartern wussten wir natürlich, dass sie mit Erwin Waldner und Rolf Geiger internationale Spieler hatten, dass Günther Sawitzki im Tor stand - und dass der VfB eine Spitzenmannschaft war. Aber wir hatten ein Heimspiel, die Glückauf-Kampfbahn war ausverkauft und mit Gerhard Schulenburg aus Hamburg hatten wir einen Schiedsrichter, der uns an diesem Tag wohl gesonnen war. Wir haben uns richtig reingekniet, ich spielte damals noch nicht Ausputzer, sondern war der rechte Läufer im WM-System. Wenn wir gegen Köln ran mussten, hatte ich es immer mit Weltmeister Hans Schäfer zu tun, das waren für beide harte Kämpfe.

Gegen den VfB haben wir 2:0 gewonnen, die Torschützen weiß ich leider nicht mehr (es waren Willi Koslowski und Waldemar Gerhardt; Anm. d. Red.), und zusammen mit dem 1. FC Köln gingen wir als erster Tabellenführer in die Bundesligageschichte ein. Wir gewannen auch die nächsten beiden Spiele und dachten, wir könnten Fußball spielen. Aber im Fußball ist es wie im Leben und in der Familie: Glück und Pech, Erfolge und Misserfolge wechseln.

Der Alltag kehrte ein, und als nach der Saison Trainer Georg Gawliczek zum HSV ging und Torjäger Klaus Matischak zu Werder Bremen wechselte, lief es schlechter für uns. Wir spielten zwar immer noch gut, schossen aber keine Tore mehr. Nach der zweiten Saison waren wir sportlich abgestiegen, und ich wechselte mit Egon Horst zum HSV - Georg Gawliczek hatte uns gelockt. Es war sicher kein Fehler, aus meiner Warte. Auch Stan Libuda ging nach dem Abstieg, zum BVB. Doch kurz vor Beginn der neuen Saison wurde der Abstieg am Grünen Tisch annulliert (wegen der Lizenzverstöße von Hertha BSC, die zum Zwangsabstieg verurteilt wurde; Anm. d. Red.) und die Bundesliga aufgestockt. Auf die Frage, was ich gemacht hätte, wenn ich das gewusst hätte, weiß ich noch heute keine Antwort."

Für DFB.de aufgezeichnet vom Historiker Udo Muras.

WILLI SCHULZ spielte von 1963 bis 1965 für Schalke 04 und von 1965 bis 1973 für den Hamburger SV insgesamt 263-mal in der Bundesliga und erzielte dabei fünf Tore. Für Deutschland bestritt "World Cup Willi" zwischen 1959 und 1970 genau 66 Länderspiele und nahm an drei WM-Turnieren teil. Heute lebt und arbeitet der 76-Jährige in Hamburg, wo er weiterhin seiner Versicherungsagentur, der Willi Schulz GmbH, als Geschäftsführer vorsteht.

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Besondere Begegnungen, besondere Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesliga an ganz spezielle Duelle. Heute schreibt Willi Schulz über den 24. August 1963, als er mit Schalke 04 auf den VfB Stuttgart traf und das Abenteuer Bundesliga begann. Am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gibt es diese Paarung erneut.

"Vor diesem Spiel waren wir erstmals für drei Tage ins Trainingslager gegangen. Da spätestens merkten wir, dass nun eine besondere Zeit anbricht. Auf einmal hieß es Bundesliga! Wir hatten zwar alle noch einen normalen Beruf, aber die Trainingsintensität wurde nun gesteigert, Schritt für Schritt.

Überhaupt wurde allem eine große Bedeutung zugemessen im Vorfeld, entsprechend nervös war ich. Es war an diesem 24. August 1963 eine Atmosphäre wie vor einem Länderspiel. Bloß, dass wir davon jetzt 30 im Jahr hatten, später dann 34, weshalb man sich allmählich daran gewöhnte. Wir trafen nun regelmäßig auf Mannschaften, denen man sonst höchstens mal in der Endrunde um die Meisterschaft begegnet war. Die meisten Gegner waren jedoch völliges Neuland für uns, es gab noch keine Videos, die man zur Vorbereitung geguckt hätte. Wir haben auf uns geschaut, unser Trainer Georg Gawliczek wusste genau, wie man Spannung aufbaut.

Von den Stuttgartern wussten wir natürlich, dass sie mit Erwin Waldner und Rolf Geiger internationale Spieler hatten, dass Günther Sawitzki im Tor stand - und dass der VfB eine Spitzenmannschaft war. Aber wir hatten ein Heimspiel, die Glückauf-Kampfbahn war ausverkauft und mit Gerhard Schulenburg aus Hamburg hatten wir einen Schiedsrichter, der uns an diesem Tag wohl gesonnen war. Wir haben uns richtig reingekniet, ich spielte damals noch nicht Ausputzer, sondern war der rechte Läufer im WM-System. Wenn wir gegen Köln ran mussten, hatte ich es immer mit Weltmeister Hans Schäfer zu tun, das waren für beide harte Kämpfe.

Gegen den VfB haben wir 2:0 gewonnen, die Torschützen weiß ich leider nicht mehr (es waren Willi Koslowski und Waldemar Gerhardt; Anm. d. Red.), und zusammen mit dem 1. FC Köln gingen wir als erster Tabellenführer in die Bundesligageschichte ein. Wir gewannen auch die nächsten beiden Spiele und dachten, wir könnten Fußball spielen. Aber im Fußball ist es wie im Leben und in der Familie: Glück und Pech, Erfolge und Misserfolge wechseln.

Der Alltag kehrte ein, und als nach der Saison Trainer Georg Gawliczek zum HSV ging und Torjäger Klaus Matischak zu Werder Bremen wechselte, lief es schlechter für uns. Wir spielten zwar immer noch gut, schossen aber keine Tore mehr. Nach der zweiten Saison waren wir sportlich abgestiegen, und ich wechselte mit Egon Horst zum HSV - Georg Gawliczek hatte uns gelockt. Es war sicher kein Fehler, aus meiner Warte. Auch Stan Libuda ging nach dem Abstieg, zum BVB. Doch kurz vor Beginn der neuen Saison wurde der Abstieg am Grünen Tisch annulliert (wegen der Lizenzverstöße von Hertha BSC, die zum Zwangsabstieg verurteilt wurde; Anm. d. Red.) und die Bundesliga aufgestockt. Auf die Frage, was ich gemacht hätte, wenn ich das gewusst hätte, weiß ich noch heute keine Antwort."

Für DFB.de aufgezeichnet vom Historiker Udo Muras.

WILLI SCHULZ spielte von 1963 bis 1965 für Schalke 04 und von 1965 bis 1973 für den Hamburger SV insgesamt 263-mal in der Bundesliga und erzielte dabei fünf Tore. Für Deutschland bestritt "World Cup Willi" zwischen 1959 und 1970 genau 66 Länderspiele und nahm an drei WM-Turnieren teil. Heute lebt und arbeitet der 76-Jährige in Hamburg, wo er weiterhin seiner Versicherungsagentur, der Willi Schulz GmbH, als Geschäftsführer vorsteht.