Werder-Trainer Grote: "Du benötigst einen langen Atem"

Die U 19 des SV Werder Bremen mischt nicht nur in der Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga ganz oben mit, sondern steht auch im DFB-Pokal der Junioren im Halbfinale. Trainer Marco Grote könnte sich mit Werder erstmals seit 2016 für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Im DFB.de-Interview spricht der 47 Jahre alte Coach mit Mitarbeiter Peter Haidinger über das mögliche Double.

DFB.de: Dank eines 3:1-Erfolges im abschließenden Ligaspiel gegen Dynamo Dresden hat sich die U 19 des SV Werder Bremen als Tabellenführer in die Winterpause verabschiedet. Was ging Ihnen nach dem Schlusspfiff zuerst durch den Kopf, Herr Grote?

Marco Grote: Ich war zufrieden, weil wir gegen eine starke Dynamo-Mannschaft, die zuvor gegen Spitzenteams gut gepunktet hatte und inzwischen ebenfalls im Pokal-Halbfinale steht, eine sehr souveräne und gute Vorstellung abgeliefert hatten. Das war nach den anstrengenden Wochen nicht selbstverständlich.

DFB.de: Wie fällt insgesamt Ihr Fazit nach 34 Punkten aus 14 Spielen aus?

Grote: Sehr positiv, das sind ganz schön viele Punkte. Die Vorbereitung war kurz, immer mal wieder haben Spieler aus unterschiedlichen Gründen gefehlt. Die Niederlagen zu Saisonbeginn trotz guter Spielphasen gegen den VfL Wolfsburg und bei Hertha BSC hat die Mannschaft gut weggesteckt. Wobei das auch Gegner sind, gegen die man ohnehin immer mal verlieren kann. Wir hatten im weiteren Saisonverlauf auch noch großes Verletzungspech. Extrem war es an zwei Spieltagen. Kyu-hyun Park hatte sich am 8. Spieltag eine Innenbandverletzung zugezogen. Eine Woche später fielen gegen den Niendorfer TSV mit Malik Memisevic, Abdenego Nankishi und Marc Schröder gleich drei weitere Spieler auf einmal aus. Unter dem Strich konnten die Jungs das aber gut kompensieren.

DFB.de: Worauf führen Sie die Tabellenführung zurück?

Grote: Wir hatten anfangs noch zu viele Schwankungen, waren in der gemeinsamen Findung, uns fehlte noch die Fitness. Wir haben uns aber in den vergangenen Monaten und Wochen extrem gesteigert und treten nun wesentlich stabiler auf. Der Teamgedanke und die Mentalität jedes einzelnen Spielers waren so stark ausgeprägt, dass wir die schweren Aufgaben fußballerisch und inhaltlich zum Teil beachtlich lösen konnten. Außerdem nehmen die Jungs im Laufe der Zeit deutlich mehr auf. Der eine oder andere Sieg hilft inzwischen natürlich auch in puncto Selbstsicherheit.

DFB.de: Ist die aktuelle U 19-Mannschaft von Werder Bremen das stärkste Team, das Sie bislang trainieren durften, und was zeichnet die Mannschaft aus?

Grote: Jeder Jahrgang ist anders, jede Altersstufe muss anders angegangen werden, jeder Spieler benötigt einen anderen Umgang. Diese Vergleiche sind daher immer schwer anzustellen und hinken. Ich habe in den vergangenen Jahren über die sehr erfolgreiche U 17-Zeit bis zu den A-Junioren mehrere Spieler begleiten dürfen. Viele Spieler kommen neu aus der U 17, einige extern dazu. Du weißt nie ganz sicher, wie es passt. Ich hatte vor Saisonbeginn bereits das Gefühl, dass wir auch in der Breite besser aufgestellt sein könnten. Unabhängig von den Inhalten haben die Jungs einen starken Zusammenhalt entwickelt.

DFB.de: In der Meisterschaft liegt Werder punktgleich mit Hertha BSC auf Platz eins, der VfL Wolfsburg hat nur einen Zähler Rückstand. Warum wird Ihre Mannschaft Staffelmeister?

Grote: In erster Linie habe ich den Auftrag, die Spieler weiterzuentwickeln. Andererseits ist es aber auch so, dass wir gerne Spiele gewinnen und das so häufig wie möglich. Wenn unsere Art, Fußball zu spielen, am Ende dazu führt, dass wir um Platz eins mitspielen können, dann wollen wir das auch. Aber bereits im Februar stehen für uns mit den Spitzenspielen gegen Wolfsburg und Hertha zwei dicke Brocken auf dem Programm. Diese Spiele können in so einer sportlichen Ausgangssituation für die Jungs noch wichtiger und lehrreicher sein.

DFB.de: Im DFB-Pokal der Junioren fehlen noch zwei Siege bis zum möglichen Titelgewinn. Trauen Sie Ihrer Mannschaft im neuen Jahr sogar das Double zu?

Grote: Mit dem 2:0-Erfolg im Viertelfinale beim FC Energie Cottbus, der zuvor mit Siegen gegen den FC Bayern München und Hertha BSC für zwei dicke Überraschungen gesorgt hatte, stehen wir nun im Halbfinale eines großen Wettbewerbs. Wir haben damit die Chance, um etwas Großes zu spielen. Aber an irgendwelche Meisterschaften oder Double-Geschichten denke ich im Moment herzlich wenig.

DFB.de: Sie sind bereits seit 2008 für Werder tätig. Wie sehr sind Sie mit dem Verein verbunden?

Grote: Ich bin in Bremen geboren, habe bis zu den A-Junioren selbst für Werder gespielt und lebe jetzt mit meiner Frau Diana und meinen beiden Söhnen Mika und Matti in dieser Stadt. Von daher bin ich hier verwurzelt. Es ist aber auch nichts in Stein gemeißelt.

DFB.de: Mal ehrlich: Würden Sie als Spieler gerne unter Marco Grote trainieren?

Grote: Ich glaube, da kann einem etwas Schlimmeres passieren. (lacht) Ich habe inhaltlich aber einen hohen Anspruch. Was unser Spiel und den individuellen Beitrag angeht, bin ich sehr fordernd.

DFB.de: Wie würden Sie Ihren Trainingsstil beschreiben?

Grote: Klar, ehrlich, konsequent und auch direkt. Wichtig ist, dass man ein gutes Miteinander pflegt. Verlässlichkeit und Vertrauen sind auch wichtige Begriffe. Ich habe es mit Jugendlichen zu tun, die kurz davor sind, volljährig zu werden oder es gerade geworden sind. Abitur, allgemeiner Schulstress sowie andere Einflüsse machen sich bemerkbar. Ansprüche und Werdegang sind oftmals grundverschieden und es ist nicht einfach für einen jungen Menschen, damit umzugehen und die kurzfristige Zukunft realistisch einzuschätzen.

DFB.de: Seit 2002 sind Sie im Trainergeschäft tätig. Worin liegt die ganz große Faszination, mit jungen Menschen zu arbeiten?

Grote: Die Spieler sind halt noch nicht fertig und in vielen Dingen noch auf der Suche. Es ist eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe, ihnen bei ihrer Entwicklung zu helfen, sie zu begleiten, ihre Fortschritte zu beobachten.

DFB.de: Worauf legen Sie bei Ihrer Arbeit großen Wert und was können Sie gar nicht leiden?

Grote: Einen fairen, direkten und vor allem ehrlichen Umgang erwarte ich auch von meinem Gegenüber. Ich gestehe den Jungs Fehler zu, mal abgesehen davon, dass ich auch nicht alles richtig machen kann. Wir als Trainerteam wollen einen Rahmen schaffen, in dem sich die Spieler wohlfühlen und frei bewegen können. Der ist allerdings auch einzuhalten. Es ist nicht meine Aufgabe und nicht mein Ziel, einen Spieler für irgendetwas abzustrafen, die Türen bleiben grundsätzlich immer offen. Wir wollen sie fördern.

DFB.de: Ist die Arbeit mit jungen Leuten auch durch Internet und Social Media in den vergangenen Jahren schwieriger geworden?

Grote: Schwieriger nicht, aber anders. Ich kann nicht dauernd Handyverbote aussprechen, muss mich der Sache auch stellen. Für die jungen Spieler sind diese Dinge total wichtig und dem muss man Rechnung tragen. Diese Generation ist damit aufgewachsen und der Umgang mit diesen Medien, sei es Handy oder Tablet, gehört zu ihrem Leben. Es hat sich generell sehr viel geändert. Die jungen Spieler haben ein größeres Fußballwissen, sind deutlich weiter als die Generationen davor. Dafür ist auf der anderen Seite in der Persönlichkeit, was Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit angeht, vielleicht ein bisschen verloren gegangen. Durch den Fußball kann man den Jungs davon etwas zurückgeben. Die persönliche Kommunikation bleibt dabei ein hohes Gut.

DFB.de: Welche Fähigkeiten muss ein Talent mitbringen, damit der Sprung in den Profibereich gelingt?

Grote: Zunächst schadet es nicht, wenn man ein bisschen was kann. Talent ist nicht zu missachten, reicht aber alleine eben nicht. Mentalität ist ein großes Wort und umfasst viele Facetten, die ein Spieler mitbringen muss. Ein junger Spieler sollte auf jeden Fall geduldig bleiben, den Glauben an seine Stärke behalten und unfassbar viel dafür arbeiten. Ich stelle auch immer wieder fest, dass eine gewisse Selbstreflexion hilfreich sein kann. Für die Jungs ist es auch nicht ganz einfach, die nächsten richtigen Schritte nach dem Juniorenfußball zu finden, sie brauchen weiterhin Unterstützung. Diese Aspekte sind sicherlich wichtige Faktoren. Du benötigst auf jeden Fall einen langen Atem.

DFB.de: Auf welche Bereiche werden Sie im neuen Jahr besonders den Fokus legen?

Grote: In unseren Abläufen wollen wir noch konstanter, flexibler und weniger ausrechenbar sein. Letztlich geht es darum, so aktiv und dominant wie möglich Fußball zu spielen. Da gibt es in allen Mannschaftsteilen im Verhalten immer noch Luft nach oben. Wir haben klare technisch-taktische Schwerpunkte, die wir in dieser vorerst letzten Ausbildungsstufe so gut wie möglich verfeinern wollen.

DFB.de: Zuletzt hatte Werder-Legende Mirko Votava eine U 19 zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft geführt. Was muss im neuen Jahr gut oder noch besser laufen, damit Ihrem Team das ebenfalls gelingt?

Grote: Dafür wäre es hilfreich, wenn wir im neuen Jahr zumindest weitgehend vom Verletzungspech verschont bleiben, die unterschiedlichen Belastungen gut steuern, unseren Teamspirit vielleicht noch weiter ausbauen und unser Spiel technisch, taktisch und athletisch weiterentwickeln.

DFB.de: Mit Viktor Skripnik, Alexander Nouri und Florian Kohfeldt hat Werder Bremen nacheinander drei vorherige Nachwuchstrainer zum Cheftrainer befördert. Würden Sie sich eine solche Aufgabe grundsätzlich auch zutrauen?

Grote: Natürlich, sonst hätte ich mir nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen. Ich bin Fußball-Lehrer und kann mir definitiv vorstellen, eine Profimannschaft zu trainieren. Allerdings war und ist es nie mein erklärtes Ziel gewesen, Bundesligatrainer zu werden.

DFB.de: Welche persönlichen Ziele verfolgen Sie denn?

Grote: Ich mache meine Arbeit und meine jetzige Rolle als Nachwuchstrainer ist nicht so schlecht. Ich finde Karriereplanung ohnehin schwierig, weil es im Nachwuchsbereich in erster Linie darum geht, dem Spieler die bestmögliche Ausbildung zu gewährleisten. Die teilweise von einigen Trainern gelebte Ich-Bezogenheit sehe ich kritisch. Am Ende spielen die Spieler. Wie gesagt: Die grundsätzlichen Voraussetzungen und das Zutrauen sind da, eines Tages im Profibereich zu arbeiten. Ich verspüre aber nicht den Drang und mache mir darüber auch keine Gedanken. Ohnehin finde ich, dass man einen solchen Weg nicht planen kann. Der ergibt sich oder eben nicht.

DFB.de: Wenn Sie drei Wünsche für das neue Jahr frei hätten: Wie würden diese lauten?

Grote: Gesundheit für meine Familie, mein Trainerteam und unsere Spieler. Die Feiertage zum Durchschnaufen nutzen und zur Ruhe kommen. Und als dritten Wunsch sollten die Spieler den Urlaub auch dazu nutzen, schon mal ab und zu den ausgegebenen Trainingsplan anzuschauen. (lacht)

[mspw]

Die U 19 des SV Werder Bremen mischt nicht nur in der Staffel Nord/Nordost der A-Junioren-Bundesliga ganz oben mit, sondern steht auch im DFB-Pokal der Junioren im Halbfinale. Trainer Marco Grote könnte sich mit Werder erstmals seit 2016 für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Im DFB.de-Interview spricht der 47 Jahre alte Coach mit Mitarbeiter Peter Haidinger über das mögliche Double.

DFB.de: Dank eines 3:1-Erfolges im abschließenden Ligaspiel gegen Dynamo Dresden hat sich die U 19 des SV Werder Bremen als Tabellenführer in die Winterpause verabschiedet. Was ging Ihnen nach dem Schlusspfiff zuerst durch den Kopf, Herr Grote?

Marco Grote: Ich war zufrieden, weil wir gegen eine starke Dynamo-Mannschaft, die zuvor gegen Spitzenteams gut gepunktet hatte und inzwischen ebenfalls im Pokal-Halbfinale steht, eine sehr souveräne und gute Vorstellung abgeliefert hatten. Das war nach den anstrengenden Wochen nicht selbstverständlich.

DFB.de: Wie fällt insgesamt Ihr Fazit nach 34 Punkten aus 14 Spielen aus?

Grote: Sehr positiv, das sind ganz schön viele Punkte. Die Vorbereitung war kurz, immer mal wieder haben Spieler aus unterschiedlichen Gründen gefehlt. Die Niederlagen zu Saisonbeginn trotz guter Spielphasen gegen den VfL Wolfsburg und bei Hertha BSC hat die Mannschaft gut weggesteckt. Wobei das auch Gegner sind, gegen die man ohnehin immer mal verlieren kann. Wir hatten im weiteren Saisonverlauf auch noch großes Verletzungspech. Extrem war es an zwei Spieltagen. Kyu-hyun Park hatte sich am 8. Spieltag eine Innenbandverletzung zugezogen. Eine Woche später fielen gegen den Niendorfer TSV mit Malik Memisevic, Abdenego Nankishi und Marc Schröder gleich drei weitere Spieler auf einmal aus. Unter dem Strich konnten die Jungs das aber gut kompensieren.

DFB.de: Worauf führen Sie die Tabellenführung zurück?

Grote: Wir hatten anfangs noch zu viele Schwankungen, waren in der gemeinsamen Findung, uns fehlte noch die Fitness. Wir haben uns aber in den vergangenen Monaten und Wochen extrem gesteigert und treten nun wesentlich stabiler auf. Der Teamgedanke und die Mentalität jedes einzelnen Spielers waren so stark ausgeprägt, dass wir die schweren Aufgaben fußballerisch und inhaltlich zum Teil beachtlich lösen konnten. Außerdem nehmen die Jungs im Laufe der Zeit deutlich mehr auf. Der eine oder andere Sieg hilft inzwischen natürlich auch in puncto Selbstsicherheit.

DFB.de: Ist die aktuelle U 19-Mannschaft von Werder Bremen das stärkste Team, das Sie bislang trainieren durften, und was zeichnet die Mannschaft aus?

Grote: Jeder Jahrgang ist anders, jede Altersstufe muss anders angegangen werden, jeder Spieler benötigt einen anderen Umgang. Diese Vergleiche sind daher immer schwer anzustellen und hinken. Ich habe in den vergangenen Jahren über die sehr erfolgreiche U 17-Zeit bis zu den A-Junioren mehrere Spieler begleiten dürfen. Viele Spieler kommen neu aus der U 17, einige extern dazu. Du weißt nie ganz sicher, wie es passt. Ich hatte vor Saisonbeginn bereits das Gefühl, dass wir auch in der Breite besser aufgestellt sein könnten. Unabhängig von den Inhalten haben die Jungs einen starken Zusammenhalt entwickelt.

DFB.de: In der Meisterschaft liegt Werder punktgleich mit Hertha BSC auf Platz eins, der VfL Wolfsburg hat nur einen Zähler Rückstand. Warum wird Ihre Mannschaft Staffelmeister?

Grote: In erster Linie habe ich den Auftrag, die Spieler weiterzuentwickeln. Andererseits ist es aber auch so, dass wir gerne Spiele gewinnen und das so häufig wie möglich. Wenn unsere Art, Fußball zu spielen, am Ende dazu führt, dass wir um Platz eins mitspielen können, dann wollen wir das auch. Aber bereits im Februar stehen für uns mit den Spitzenspielen gegen Wolfsburg und Hertha zwei dicke Brocken auf dem Programm. Diese Spiele können in so einer sportlichen Ausgangssituation für die Jungs noch wichtiger und lehrreicher sein.

DFB.de: Im DFB-Pokal der Junioren fehlen noch zwei Siege bis zum möglichen Titelgewinn. Trauen Sie Ihrer Mannschaft im neuen Jahr sogar das Double zu?

Grote: Mit dem 2:0-Erfolg im Viertelfinale beim FC Energie Cottbus, der zuvor mit Siegen gegen den FC Bayern München und Hertha BSC für zwei dicke Überraschungen gesorgt hatte, stehen wir nun im Halbfinale eines großen Wettbewerbs. Wir haben damit die Chance, um etwas Großes zu spielen. Aber an irgendwelche Meisterschaften oder Double-Geschichten denke ich im Moment herzlich wenig.

DFB.de: Sie sind bereits seit 2008 für Werder tätig. Wie sehr sind Sie mit dem Verein verbunden?

Grote: Ich bin in Bremen geboren, habe bis zu den A-Junioren selbst für Werder gespielt und lebe jetzt mit meiner Frau Diana und meinen beiden Söhnen Mika und Matti in dieser Stadt. Von daher bin ich hier verwurzelt. Es ist aber auch nichts in Stein gemeißelt.

DFB.de: Mal ehrlich: Würden Sie als Spieler gerne unter Marco Grote trainieren?

Grote: Ich glaube, da kann einem etwas Schlimmeres passieren. (lacht) Ich habe inhaltlich aber einen hohen Anspruch. Was unser Spiel und den individuellen Beitrag angeht, bin ich sehr fordernd.

DFB.de: Wie würden Sie Ihren Trainingsstil beschreiben?

Grote: Klar, ehrlich, konsequent und auch direkt. Wichtig ist, dass man ein gutes Miteinander pflegt. Verlässlichkeit und Vertrauen sind auch wichtige Begriffe. Ich habe es mit Jugendlichen zu tun, die kurz davor sind, volljährig zu werden oder es gerade geworden sind. Abitur, allgemeiner Schulstress sowie andere Einflüsse machen sich bemerkbar. Ansprüche und Werdegang sind oftmals grundverschieden und es ist nicht einfach für einen jungen Menschen, damit umzugehen und die kurzfristige Zukunft realistisch einzuschätzen.

DFB.de: Seit 2002 sind Sie im Trainergeschäft tätig. Worin liegt die ganz große Faszination, mit jungen Menschen zu arbeiten?

Grote: Die Spieler sind halt noch nicht fertig und in vielen Dingen noch auf der Suche. Es ist eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe, ihnen bei ihrer Entwicklung zu helfen, sie zu begleiten, ihre Fortschritte zu beobachten.

DFB.de: Worauf legen Sie bei Ihrer Arbeit großen Wert und was können Sie gar nicht leiden?

Grote: Einen fairen, direkten und vor allem ehrlichen Umgang erwarte ich auch von meinem Gegenüber. Ich gestehe den Jungs Fehler zu, mal abgesehen davon, dass ich auch nicht alles richtig machen kann. Wir als Trainerteam wollen einen Rahmen schaffen, in dem sich die Spieler wohlfühlen und frei bewegen können. Der ist allerdings auch einzuhalten. Es ist nicht meine Aufgabe und nicht mein Ziel, einen Spieler für irgendetwas abzustrafen, die Türen bleiben grundsätzlich immer offen. Wir wollen sie fördern.

DFB.de: Ist die Arbeit mit jungen Leuten auch durch Internet und Social Media in den vergangenen Jahren schwieriger geworden?

Grote: Schwieriger nicht, aber anders. Ich kann nicht dauernd Handyverbote aussprechen, muss mich der Sache auch stellen. Für die jungen Spieler sind diese Dinge total wichtig und dem muss man Rechnung tragen. Diese Generation ist damit aufgewachsen und der Umgang mit diesen Medien, sei es Handy oder Tablet, gehört zu ihrem Leben. Es hat sich generell sehr viel geändert. Die jungen Spieler haben ein größeres Fußballwissen, sind deutlich weiter als die Generationen davor. Dafür ist auf der anderen Seite in der Persönlichkeit, was Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit angeht, vielleicht ein bisschen verloren gegangen. Durch den Fußball kann man den Jungs davon etwas zurückgeben. Die persönliche Kommunikation bleibt dabei ein hohes Gut.

DFB.de: Welche Fähigkeiten muss ein Talent mitbringen, damit der Sprung in den Profibereich gelingt?

Grote: Zunächst schadet es nicht, wenn man ein bisschen was kann. Talent ist nicht zu missachten, reicht aber alleine eben nicht. Mentalität ist ein großes Wort und umfasst viele Facetten, die ein Spieler mitbringen muss. Ein junger Spieler sollte auf jeden Fall geduldig bleiben, den Glauben an seine Stärke behalten und unfassbar viel dafür arbeiten. Ich stelle auch immer wieder fest, dass eine gewisse Selbstreflexion hilfreich sein kann. Für die Jungs ist es auch nicht ganz einfach, die nächsten richtigen Schritte nach dem Juniorenfußball zu finden, sie brauchen weiterhin Unterstützung. Diese Aspekte sind sicherlich wichtige Faktoren. Du benötigst auf jeden Fall einen langen Atem.

DFB.de: Auf welche Bereiche werden Sie im neuen Jahr besonders den Fokus legen?

Grote: In unseren Abläufen wollen wir noch konstanter, flexibler und weniger ausrechenbar sein. Letztlich geht es darum, so aktiv und dominant wie möglich Fußball zu spielen. Da gibt es in allen Mannschaftsteilen im Verhalten immer noch Luft nach oben. Wir haben klare technisch-taktische Schwerpunkte, die wir in dieser vorerst letzten Ausbildungsstufe so gut wie möglich verfeinern wollen.

DFB.de: Zuletzt hatte Werder-Legende Mirko Votava eine U 19 zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft geführt. Was muss im neuen Jahr gut oder noch besser laufen, damit Ihrem Team das ebenfalls gelingt?

Grote: Dafür wäre es hilfreich, wenn wir im neuen Jahr zumindest weitgehend vom Verletzungspech verschont bleiben, die unterschiedlichen Belastungen gut steuern, unseren Teamspirit vielleicht noch weiter ausbauen und unser Spiel technisch, taktisch und athletisch weiterentwickeln.

DFB.de: Mit Viktor Skripnik, Alexander Nouri und Florian Kohfeldt hat Werder Bremen nacheinander drei vorherige Nachwuchstrainer zum Cheftrainer befördert. Würden Sie sich eine solche Aufgabe grundsätzlich auch zutrauen?

Grote: Natürlich, sonst hätte ich mir nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen. Ich bin Fußball-Lehrer und kann mir definitiv vorstellen, eine Profimannschaft zu trainieren. Allerdings war und ist es nie mein erklärtes Ziel gewesen, Bundesligatrainer zu werden.

DFB.de: Welche persönlichen Ziele verfolgen Sie denn?

Grote: Ich mache meine Arbeit und meine jetzige Rolle als Nachwuchstrainer ist nicht so schlecht. Ich finde Karriereplanung ohnehin schwierig, weil es im Nachwuchsbereich in erster Linie darum geht, dem Spieler die bestmögliche Ausbildung zu gewährleisten. Die teilweise von einigen Trainern gelebte Ich-Bezogenheit sehe ich kritisch. Am Ende spielen die Spieler. Wie gesagt: Die grundsätzlichen Voraussetzungen und das Zutrauen sind da, eines Tages im Profibereich zu arbeiten. Ich verspüre aber nicht den Drang und mache mir darüber auch keine Gedanken. Ohnehin finde ich, dass man einen solchen Weg nicht planen kann. Der ergibt sich oder eben nicht.

DFB.de: Wenn Sie drei Wünsche für das neue Jahr frei hätten: Wie würden diese lauten?

Grote: Gesundheit für meine Familie, mein Trainerteam und unsere Spieler. Die Feiertage zum Durchschnaufen nutzen und zur Ruhe kommen. Und als dritten Wunsch sollten die Spieler den Urlaub auch dazu nutzen, schon mal ab und zu den ausgegebenen Trainingsplan anzuschauen. (lacht)

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