Welt- und Europameister Wimmer: "Immer gern für Günter gelaufen"

Die Fans von Borussia Mönchengladbach haben dieser Tage große Freude an ihrer Mannschaft. Am Sonntag geht sie als Tabellenführer gegen Werder Bremen ins Heimspiel – und das schon zum fünften Mal in Folge. Viele auf den Rängen haben das noch nicht erlebt, auf den Ehrenplätzen ist das schon etwas anders. Dort sitzt gewöhnlich auch Herbert Wimmer, den alle "Hacki" nennen. Der stand in der letzten Meisterelf von 1977 und der war es auch zuletzt vergönnt, wochenlang von der Spitze zu grüßen. Ob Wimmer seinen Nachfolgern zusehen kann, steht aber noch in den Sternen. Seinen 75. Geburtstag feiert er zwar heute schon mit der Familie – seine Frau starb 2014, er hat einen Sohn und eine Tochter –, doch sei damit zu rechnen, dass "sonntags noch ein paar Freunde und Bekannte rein schauen. Es könnte also eng werden mit einem Stadionbesuch." Den lässt er sich auch nach vier Hüftoperationen gewöhnlich nicht nehmen.

Freunde und Bekannte hat er sich in seiner Profizeit viele erworben, weniger weil er ein so guter Fußballer war (er kam auf 36 A-Länderspiele), sondern wegen seiner sympathischen, stets bescheidenen Art. Außerdem hält die Borussia-Familie zusammen, immer wieder gibt es Treffen und immer wieder die gleichen Sprüche. Wann er dem Hacki denn endlich mal eine Hüftoperation bezahlen wolle, flachste Jupp Heynckes im September Günter Netzer, als dessen "Wasserträger" Wimmer immer galt. Man könnte auch sagen: verunglimpft wurde. Netzer selbst sagte im Interview mit DFB.de: "Es verletzt mich immer, wenn ich lesen muss, er sei mein Wasserträger gewesen. Er war ein richtig guter Techniker, der Haken schlagen konnte wie kein Zweiter und torgefährlich war er noch dazu."

Die Haken, die er einst auf dem Flügel schlug, bevor er ein Mittelfeldrackerer wurde, brachten ihm seinen Spitznamen ein, auch wenn es im Haken kein c gibt. Aber Borussen-Torwart Manfred Orzessek rief den Neuling im Borussen-Kader einst so und fertig war der Spitzname. Die Karriere ging danach erst richtig los. 1966/1967 kam er von seinem Heimatklub Borussia Brand an den Bökelberg und startete voll durch: alle 34 Bundesligaspiele in der Startelf, in der er in zwölf Jahren bei 366 Einsätzen nur sechsmal nicht stand. Hacki Wimmer war bei seinen Trainern Hennes Weisweiler und Udo Lattek immer eine Bank, also setzten sie ihn nicht auf eine. Am wichtigsten aber war er in der Tat für Spielmacher Netzer, der das Laufen nicht erfunden hatte und dankbar für jeden Meter war, den ihm einer abnahm.

Wimmer fügte sich klaglos in diese Rolle, wie er jetzt dem Kicker noch mal sagte: "Günter war mein Freund, ich bin immer gern für ihn gelaufen." Beide profitierten ja davon. Wimmer: "Dank ihm hab ich eine Karriere gemacht, an die ich nie gedacht hätte." Und so liefen sie denn auch gemeinsam in die Nationalmannschaft, Netzer allerdings schon drei Jahre früher. Bei Wimmers Premiere am 23. November 1968 wiederum fehlte er und Hacki stopfte eben die Löcher für Wolfgang Overath. Beinahe wäre er bei einer empfindlichen Schmach dabei gewesen, damals auf dem Hartplatz von Nikosia, als Gerd Müller das EM-Quali-Spiel auf Zypern mal wieder in letzter Minute entschied (1:0). Die Kritik war trotzdem hart, Wimmer aber bekam Lob. Im Kicker lesen wir: "Herbert Wimmer feierte einen durchaus zufriedenstellenden Einstand. Die Befürchtung, dass er zu ballverliebt sein und nicht schnell genug abspielen würde, trat nicht ein." Nach drei weiteren Einsätzen 1968 trat jedoch eine dreijährige Pause ein, die WM in Mexiko fand ohne ihn statt.

Vorentscheidendes Tor im EM-Finale 1972

Er tröstete sich mit den ersten beiden Meistertiteln der Borussia 1970 und 1971, in deren Schwange auch Helmut Schön wieder auf ihn und die Gladbacher Spieler zukam. Bei seinem Comeback in Istanbul lief er mit vier Borussen auf, es begann die Zeit der Blockbildung. Bayern und Gladbacher beherrschten die Nationalelf, weil sie die Bundesliga dominierten. 1972 stand Wimmer in England in der Mannschaft, die das vielleicht größte Länderspiel aller Zeiten bestritt - wer will es ermessen können? Angesprochen auf den Gewinn der Europameisterschaft im Sommer 1972 in Brüssel sagte er: "Eigentlich war der Sieg in Wembley im Viertelfinale das größere Spiel, weil es unser erster Sieg in England war." Dafür gab es weltweit Beifall, einen Titel aber erst für das 3:0 im Finale gegen die Russen. Wimmer war dabei und trat an diesem 18. Juni sogar aus Netzers Schatten, schoss er doch das vorentscheidende 2:0.

O-Ton Wimmer: "Eigentlich sollte ich ja den russischen Spielmacher Kolotow bewachen, aber als Mittelfeldspieler durfte man sich natürlich auch mal in den Angriff einschalten. Dann kam der Pass von Jupp Heynckes und zum Glück sprang der Ball noch mal auf, so dass ich auch mit meinem schwächeren linken Fuß Druck dahinter bekam. Wäre er nur gerollt, wäre das nichts geworden. Und der Torwart sah ja auch nicht so gut aus dabei. Es war natürlich sehr schön, im Finale ein Tor zu schießen, aber dann ging es auch schon weiter. Man rannte damals nicht zur Eckfahne oder zog sich das Trikot übers Gesicht."

Vergrößerte Fotos von dem nicht ganz unhaltbaren Aufsetzer hat er in seinem Keller in Brand, auch die Medaille und das Trikot seines Gegenspielers Kolotow. "Das Spiel habe ich auf Videokassette und wenn man weiß, dass es gut ausgeht, schaut man es sich gern an", sagte er dem DFB-Journal 2012, aber eigentlich sei er keiner, der so gerne zurückschaue. Aber manchmal muss er es doch, an runden Geburtstagen sowieso.

Sein größter Erfolg, überraschte er nun im Kicker-Interview, sei der DFB-Pokalsieg 1973 im legendären Finale gegen den 1. FC Köln (2:1 n. V.) gewesen. Da stand er zwar wieder in Netzers Schatten, aber wer stand das nicht bei der Dramaturgie? Dass Netzer nach seiner Selbsteinwechslung mit dem zweiten Ballkontakt im letzten Spiel für Borussia das Siegtor schoss, ist Allgemeingut. Das erste Tor aber schoss Wimmer, der das Team wegen Netzers "Banklehre" auch als Kapitän anführte. So durfte er den Pokal auch als Erster anfassen und nie hat er mehr Freude empfunden: "Das waren unglaubliche Emotionen." So lohnt sich doch manche Nachfrage noch nach Jahrzehnten, darauf wäre wohl keiner gekommen. Schließlich wurde er ja 1974 sogar Weltmeister, fühlt sich aber wegen nur zweier Einsätze – seine Achillessehne plagte ihn zur falschesten Zeit – nicht als solcher. 1975 war er beim ersten UEFA-Cup-Sieg dabei, 1976 stand er im EM-Finale von Belgrad (sein letztes Länderspiel) und selbstredend war er Teil jener Mannschaft, der von 1975 bis 1977 der Meister-Hattrick gelang.

Alles Erlebnisse, von denen die Borussen von heute nur träumen können. In der Anfangszeit der Bundesliga waren sie möglich, konnten auch kleine Vereine mit klugem Management Großes erreichen. Aber dazu brauchten sie Typen wie Berti Vogts, Rainer Bonhof oder eben Hacki Wimmer! Bescheiden, bodenständig – seine Heimat Aachen-Brand hat er nie verlassen – selbstlos. Nach dem Karriereende 1978, er ging mit einem 12:0 gegen Borussia Dortmund – war er quasi verschollen.

Immer zügig nach Hause

Wimmer war nie Bundesliga-Trainer, Manager oder TV-Experte. In dem Sohn eines Tabak-Großhändlers steckte kein Verkäufer in eigener Sache wie es ein Beckenbauer oder Netzer waren, sein Naturell ähnelte eher dem von Gerd Müller oder Katsche Schwarzenbeck, die erst aufblühten, wenn die Mikrofone und Kameras eingepackt waren. Der Boulevard hatte wenig Freude an ihm, er war frei von Allüren. Nach den Spielen sei er immer "zügig nach Hause" gefahren und in Netzers Disco, dem "Lovers Lane", da sei er nie gewesen. In der Disco brauchte es auch keinen Wasserträger. Aber da, wo er gebraucht wurde, da war der Hacki immer.

Dabei gibt es viel zu sehen im Rückblick auf eine Bilderbuch-Karriere. Sogar den größten Titel, den es im Fußball überhaupt zu gewinnen gibt. 1974 war er im deutschen WM-Kader, wie fast alle Europameister von 1972, aber er war von der Stammelf auf die Bank gerutscht. Nur 22 Minuten in der Vorrunde gegen Australien durfte er zunächst ran, aber nach der "langen Nacht von Malente" in Folge des DDR-Spiels schien er zu den Gewinnern zu gehören. Gegen Jugoslawien stand er im Team, nach 70 Minuten war seine WM dann vorbei. Die Achillessehne brachte ihn um weitere Einsätze. Das Finale gegen die Holländer sah er in München auf der Tribüne, neben Günter Netzer. Weltmeister war er trotzdem, damit hatte er weniger Probleme als Kurzarbeiter Netzer ("Man beleidigt mich, wenn man mich Weltmeister nennt").

Am 22. Oktober 2014 verstarb seine Frau Renate, nach 40 Jahren gemeinsamer Ehe. Ein Grund mehr, warum Wimmer heute nicht groß feiern wird. Aber er wird nicht alleine sein, Tochter und Sohn wohnen im selben Ort und am Abend ist er zumindest in Gedanken bei seiner Borussia, die in Dortmund spielt. Die Heimspiele sieht Wimmer weiterhin mit Begeisterung: "Es ist wie früher, alle sind in Bewegung, es gibt keinen Schwachpunkt."

Aber einen Hacki Wimmer haben sie nicht, der bleibt einmalig.

[um]

Die Fans von Borussia Mönchengladbach haben dieser Tage große Freude an ihrer Mannschaft. Am Sonntag geht sie als Tabellenführer gegen Werder Bremen ins Heimspiel – und das schon zum fünften Mal in Folge. Viele auf den Rängen haben das noch nicht erlebt, auf den Ehrenplätzen ist das schon etwas anders. Dort sitzt gewöhnlich auch Herbert Wimmer, den alle "Hacki" nennen. Der stand in der letzten Meisterelf von 1977 und der war es auch zuletzt vergönnt, wochenlang von der Spitze zu grüßen. Ob Wimmer seinen Nachfolgern zusehen kann, steht aber noch in den Sternen. Seinen 75. Geburtstag feiert er zwar heute schon mit der Familie – seine Frau starb 2014, er hat einen Sohn und eine Tochter –, doch sei damit zu rechnen, dass "sonntags noch ein paar Freunde und Bekannte rein schauen. Es könnte also eng werden mit einem Stadionbesuch." Den lässt er sich auch nach vier Hüftoperationen gewöhnlich nicht nehmen.

Freunde und Bekannte hat er sich in seiner Profizeit viele erworben, weniger weil er ein so guter Fußballer war (er kam auf 36 A-Länderspiele), sondern wegen seiner sympathischen, stets bescheidenen Art. Außerdem hält die Borussia-Familie zusammen, immer wieder gibt es Treffen und immer wieder die gleichen Sprüche. Wann er dem Hacki denn endlich mal eine Hüftoperation bezahlen wolle, flachste Jupp Heynckes im September Günter Netzer, als dessen "Wasserträger" Wimmer immer galt. Man könnte auch sagen: verunglimpft wurde. Netzer selbst sagte im Interview mit DFB.de: "Es verletzt mich immer, wenn ich lesen muss, er sei mein Wasserträger gewesen. Er war ein richtig guter Techniker, der Haken schlagen konnte wie kein Zweiter und torgefährlich war er noch dazu."

Die Haken, die er einst auf dem Flügel schlug, bevor er ein Mittelfeldrackerer wurde, brachten ihm seinen Spitznamen ein, auch wenn es im Haken kein c gibt. Aber Borussen-Torwart Manfred Orzessek rief den Neuling im Borussen-Kader einst so und fertig war der Spitzname. Die Karriere ging danach erst richtig los. 1966/1967 kam er von seinem Heimatklub Borussia Brand an den Bökelberg und startete voll durch: alle 34 Bundesligaspiele in der Startelf, in der er in zwölf Jahren bei 366 Einsätzen nur sechsmal nicht stand. Hacki Wimmer war bei seinen Trainern Hennes Weisweiler und Udo Lattek immer eine Bank, also setzten sie ihn nicht auf eine. Am wichtigsten aber war er in der Tat für Spielmacher Netzer, der das Laufen nicht erfunden hatte und dankbar für jeden Meter war, den ihm einer abnahm.

Wimmer fügte sich klaglos in diese Rolle, wie er jetzt dem Kicker noch mal sagte: "Günter war mein Freund, ich bin immer gern für ihn gelaufen." Beide profitierten ja davon. Wimmer: "Dank ihm hab ich eine Karriere gemacht, an die ich nie gedacht hätte." Und so liefen sie denn auch gemeinsam in die Nationalmannschaft, Netzer allerdings schon drei Jahre früher. Bei Wimmers Premiere am 23. November 1968 wiederum fehlte er und Hacki stopfte eben die Löcher für Wolfgang Overath. Beinahe wäre er bei einer empfindlichen Schmach dabei gewesen, damals auf dem Hartplatz von Nikosia, als Gerd Müller das EM-Quali-Spiel auf Zypern mal wieder in letzter Minute entschied (1:0). Die Kritik war trotzdem hart, Wimmer aber bekam Lob. Im Kicker lesen wir: "Herbert Wimmer feierte einen durchaus zufriedenstellenden Einstand. Die Befürchtung, dass er zu ballverliebt sein und nicht schnell genug abspielen würde, trat nicht ein." Nach drei weiteren Einsätzen 1968 trat jedoch eine dreijährige Pause ein, die WM in Mexiko fand ohne ihn statt.

Vorentscheidendes Tor im EM-Finale 1972

Er tröstete sich mit den ersten beiden Meistertiteln der Borussia 1970 und 1971, in deren Schwange auch Helmut Schön wieder auf ihn und die Gladbacher Spieler zukam. Bei seinem Comeback in Istanbul lief er mit vier Borussen auf, es begann die Zeit der Blockbildung. Bayern und Gladbacher beherrschten die Nationalelf, weil sie die Bundesliga dominierten. 1972 stand Wimmer in England in der Mannschaft, die das vielleicht größte Länderspiel aller Zeiten bestritt - wer will es ermessen können? Angesprochen auf den Gewinn der Europameisterschaft im Sommer 1972 in Brüssel sagte er: "Eigentlich war der Sieg in Wembley im Viertelfinale das größere Spiel, weil es unser erster Sieg in England war." Dafür gab es weltweit Beifall, einen Titel aber erst für das 3:0 im Finale gegen die Russen. Wimmer war dabei und trat an diesem 18. Juni sogar aus Netzers Schatten, schoss er doch das vorentscheidende 2:0.

O-Ton Wimmer: "Eigentlich sollte ich ja den russischen Spielmacher Kolotow bewachen, aber als Mittelfeldspieler durfte man sich natürlich auch mal in den Angriff einschalten. Dann kam der Pass von Jupp Heynckes und zum Glück sprang der Ball noch mal auf, so dass ich auch mit meinem schwächeren linken Fuß Druck dahinter bekam. Wäre er nur gerollt, wäre das nichts geworden. Und der Torwart sah ja auch nicht so gut aus dabei. Es war natürlich sehr schön, im Finale ein Tor zu schießen, aber dann ging es auch schon weiter. Man rannte damals nicht zur Eckfahne oder zog sich das Trikot übers Gesicht."

Vergrößerte Fotos von dem nicht ganz unhaltbaren Aufsetzer hat er in seinem Keller in Brand, auch die Medaille und das Trikot seines Gegenspielers Kolotow. "Das Spiel habe ich auf Videokassette und wenn man weiß, dass es gut ausgeht, schaut man es sich gern an", sagte er dem DFB-Journal 2012, aber eigentlich sei er keiner, der so gerne zurückschaue. Aber manchmal muss er es doch, an runden Geburtstagen sowieso.

Sein größter Erfolg, überraschte er nun im Kicker-Interview, sei der DFB-Pokalsieg 1973 im legendären Finale gegen den 1. FC Köln (2:1 n. V.) gewesen. Da stand er zwar wieder in Netzers Schatten, aber wer stand das nicht bei der Dramaturgie? Dass Netzer nach seiner Selbsteinwechslung mit dem zweiten Ballkontakt im letzten Spiel für Borussia das Siegtor schoss, ist Allgemeingut. Das erste Tor aber schoss Wimmer, der das Team wegen Netzers "Banklehre" auch als Kapitän anführte. So durfte er den Pokal auch als Erster anfassen und nie hat er mehr Freude empfunden: "Das waren unglaubliche Emotionen." So lohnt sich doch manche Nachfrage noch nach Jahrzehnten, darauf wäre wohl keiner gekommen. Schließlich wurde er ja 1974 sogar Weltmeister, fühlt sich aber wegen nur zweier Einsätze – seine Achillessehne plagte ihn zur falschesten Zeit – nicht als solcher. 1975 war er beim ersten UEFA-Cup-Sieg dabei, 1976 stand er im EM-Finale von Belgrad (sein letztes Länderspiel) und selbstredend war er Teil jener Mannschaft, der von 1975 bis 1977 der Meister-Hattrick gelang.

Alles Erlebnisse, von denen die Borussen von heute nur träumen können. In der Anfangszeit der Bundesliga waren sie möglich, konnten auch kleine Vereine mit klugem Management Großes erreichen. Aber dazu brauchten sie Typen wie Berti Vogts, Rainer Bonhof oder eben Hacki Wimmer! Bescheiden, bodenständig – seine Heimat Aachen-Brand hat er nie verlassen – selbstlos. Nach dem Karriereende 1978, er ging mit einem 12:0 gegen Borussia Dortmund – war er quasi verschollen.

Immer zügig nach Hause

Wimmer war nie Bundesliga-Trainer, Manager oder TV-Experte. In dem Sohn eines Tabak-Großhändlers steckte kein Verkäufer in eigener Sache wie es ein Beckenbauer oder Netzer waren, sein Naturell ähnelte eher dem von Gerd Müller oder Katsche Schwarzenbeck, die erst aufblühten, wenn die Mikrofone und Kameras eingepackt waren. Der Boulevard hatte wenig Freude an ihm, er war frei von Allüren. Nach den Spielen sei er immer "zügig nach Hause" gefahren und in Netzers Disco, dem "Lovers Lane", da sei er nie gewesen. In der Disco brauchte es auch keinen Wasserträger. Aber da, wo er gebraucht wurde, da war der Hacki immer.

Dabei gibt es viel zu sehen im Rückblick auf eine Bilderbuch-Karriere. Sogar den größten Titel, den es im Fußball überhaupt zu gewinnen gibt. 1974 war er im deutschen WM-Kader, wie fast alle Europameister von 1972, aber er war von der Stammelf auf die Bank gerutscht. Nur 22 Minuten in der Vorrunde gegen Australien durfte er zunächst ran, aber nach der "langen Nacht von Malente" in Folge des DDR-Spiels schien er zu den Gewinnern zu gehören. Gegen Jugoslawien stand er im Team, nach 70 Minuten war seine WM dann vorbei. Die Achillessehne brachte ihn um weitere Einsätze. Das Finale gegen die Holländer sah er in München auf der Tribüne, neben Günter Netzer. Weltmeister war er trotzdem, damit hatte er weniger Probleme als Kurzarbeiter Netzer ("Man beleidigt mich, wenn man mich Weltmeister nennt").

Am 22. Oktober 2014 verstarb seine Frau Renate, nach 40 Jahren gemeinsamer Ehe. Ein Grund mehr, warum Wimmer heute nicht groß feiern wird. Aber er wird nicht alleine sein, Tochter und Sohn wohnen im selben Ort und am Abend ist er zumindest in Gedanken bei seiner Borussia, die in Dortmund spielt. Die Heimspiele sieht Wimmer weiterhin mit Begeisterung: "Es ist wie früher, alle sind in Bewegung, es gibt keinen Schwachpunkt."

Aber einen Hacki Wimmer haben sie nicht, der bleibt einmalig.

###more###