Waldhof-Trainer Neidhart: "Eine Garantie gibt es für niemanden"

Als Tabellenfünfter der 3. Liga fehlten dem SV Waldhof Mannheim nur drei Punkte zu Platz drei und damit zur Teilnahme an der Relegation um den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Dort kickte der Traditionsklub zuletzt 2003. Dieses Ziel verfolgen die "Buwe" ab sofort mit Christian Neidhart (53) als Cheftrainer. Im DFB.de-Interview spricht der Ex-Profi mit Mitarbeiter Ralf Debat über seine neue Aufgabe.

DFB.de: Die ersten Trainingstage liegen hinter Ihnen. Wie haben Sie sich in Mannheim eingelebt, Herr Neidhart?

Christian Neidhart: Bisher läuft alles sehr gut. Ich wurde bestens aufgenommen. Der SV Waldhof ist ebenso wie mein vorheriger Verein Rot-Weiss Essen ein Arbeiter- und Malocherklub. Das ist Fußball pur und gefällt mir sehr. Nur an die deutlich höheren Temperaturen im Vergleich zu meiner norddeutschen Heimat muss ich mich noch ein wenig gewöhnen. (lacht)

DFB.de: Wie würden Sie die ersten Eindrücke von Ihrem neuen Team zusammenfassen?

Neidhart: Leider haben in der ersten Trainingswoche einige Spieler krankheitsbedingt gefehlt, außerdem ist der Kader zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht komplett. Das ist aber kein Problem, sondern in dieser Phase völlig normal. Alle, die im Training sind, ziehen voll mit und machen einen positiven Eindruck. Die Qualität im Team ist schon jetzt gut. Aber wir wollen und werden sie durch den einen oder anderen Transfer weiter steigern.

DFB.de: Welche Schwerpunkte werden Sie während der Vorbereitung setzen?

Neidhart: Zunächst steht der Grundlagenbereich im Vordergrund. Wir haben schon einige intensive Einheiten hinter uns, mit zahlreichen verschiedenen Spielformen. Wer in der 3. Liga bestehen will, muss sich gut vorbereiten und hart arbeiten. Anfang Juli werden wir für vier Tage ein Trainingslager im Schwarzwald beziehen. Da geht es dann an den Feinschliff.

DFB.de: Sie haben das Saisonziel sehr offensiv formuliert. Warum war Ihnen das wichtig?

Neidhart: Den Aufstieg in die 2. Bundesliga anzustreben, ist grundsätzlich das Ziel des Vereins. Das deckt sich aber auch mit meinen Zielen. Deshalb haben wir uns vorgenommen, das mutig anzugehen. Klar ist aber auch, dass mindestens sieben oder acht andere Vereine dieses Ziel ebenfalls verfolgen, auch wenn sie es vielleicht nicht immer sagen. Wir stellen uns dieser großen Aufgabe und Herausforderung. Eine Garantie gibt es aber für niemanden. Dafür sind die Konkurrenz und die Leistungsdichte in der 3. Liga einfach zu groß.

DFB.de: Wie sind die Reaktionen auf Ihre Ansage ausgefallen?

Neidhart: Durchweg positiv. Schließlich wünschen sich auch alle Waldhof-Fans, dass sich der Verein weiterentwickelt. Das geht am besten in einer höheren Spielklasse, weil sich dort auch die Einnahmesituation für den Klub weiter verbessert. Wir alle haben an uns selbst den Anspruch, oben anzugreifen. Ich bin nicht gekommen, um im Tabellenmittelfeld zu landen. Das ist nicht mein Ding.

DFB.de: Warum gehört ein Verein wie der SV Waldhof Mannheim in die 2. Bundesliga?

Neidhart: Der Klub besitzt eine riesige Tradition und eine hohe Bedeutung für die Region. Das Fanpotenzial ist groß, die wirtschaftliche Basis gegeben. Die Infrastruktur ist in einigen Bereichen sicherlich ausbaufähig. Aber auch das würde in der 2. Bundesliga leichter fallen.

DFB.de: Welche Klubs werden zu den stärksten Konkurrenten gehören?

Neidhart: Da die Kaderplanungen bei den meisten Vereinen noch nicht abgeschlossen sind, ist es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, Favoriten zu benennen. Klar ist aber, dass die bisherigen Zweitligisten Dynamo Dresden, FC Erzgebirge Aue und FC Ingolstadt 04 ebenso den Aufstieg anstreben werden wie etwa der TSV 1860 München, der VfL Osnabrück, der SV Wehen Wiesbaden oder der 1. FC Saarbrücken. Auch der MSV Duisburg hat andere Ansprüche, als im unteren Tabellendrittel zu landen. Die Konkurrenz ist groß.

DFB.de: Ursprünglich wollten Sie in dieser Saison mit Aufsteiger Rot-Weiss Essen in der 3. Liga an den Start gehen. Mal Hand aufs Herz: Wie lange hatten Sie an der Trennung nach zwei erfolgreichen Jahren kurz vor dem Saisonende zu knabbern?

Neidhart: Zugegeben: Dass die Verantwortlichen diese Entscheidung so getroffen haben, war für mich eine große Enttäuschung, nachdem wir zwei Jahre lang als echte Einheit überragend zusammengearbeitet hatten. Einen Tag nach meiner Entlassung leistete sich unser Titelkonkurrent Preußen Münster mit dem 0:0 in Wiedenbrück den letztlich entscheidenden Punktverlust. Das hat dem Team den nötigen Kick gegeben, um den Aufstieg mit zwei Siegen in den verbleibenden Spielen unter Dach und Fach zu bringen. Mit dem Trainerwechsel hatte das aus meiner Sicht nichts zu tun. Dennoch habe ich mich für den gesamten Verein und für die Fans total gefreut, dass es mit dem Aufstieg geklappt hat. RWE ist eine absolute Bereicherung für die 3. Liga und wird das auch beweisen.

DFB.de: Wie sehr freuen Sie sich auf das Wiedersehen?

Neidhart: Sehr. Ich brenne schon jetzt darauf, bei der geilen Atmosphäre an der Hafenstraße anzutreten. Ich bin mir auch sicher, dass die RWE-Fans meine geleistete Arbeit und meinen Beitrag zum Aufstieg honorieren und mich entsprechend empfangen werden. Mit dem SV Meppen, dem VfB Oldenburg und dem VfL Osnabrück geht es in der 3. Liga für mich auch noch gegen drei weitere meiner früheren Vereine. Ich kehre zu allen Klubs gerne und mit einem guten Gefühl zurück.

DFB.de: Es gab nach der Trennung von Rot-Weiss Essen für die neue Saison mehrere Optionen für Sie. Warum fiel Ihre Wahl auf Mannheim?

Neidhart: Um ganz ehrlich zu sein, wollte ich nach der intensiven Zeit in Essen eigentlich etwas länger pausieren, um Abstand zu gewinnen und die Akkus wieder richtig aufzuladen. Da sich mein Vertrag bei RWE durch den Aufstieg verlängert hatte, war ich auch sehr entspannt. Mir hat dann aber imponiert, wie sehr sich Waldhofs Sport-Geschäftsführer Tim Schork um mich bemüht, den Kontakt gehalten und immer wieder nachgehakt hat. Am Ende ist er sogar eigens nach Mallorca geflogen, um mich im Urlaub aufzusuchen. Mir wurde von sämtlichen Waldhof-Verantwortlichen große Wertschätzung entgegengebracht. Dieses Vertrauen möchte ich zurückzahlen.

DFB.de: Nimmt Ihnen in Mannheim denn niemand mehr übel, dass Sie 2017 mit dem SV Meppen den Aufstieg des SV Waldhof in die 3. Liga verhindert hatten?

Neidhart: Ich hoffe nicht. (lacht) Aber Spaß beiseite: Es ist sogar eher das Gegenteil der Fall. Ich habe in ersten Gesprächen mit Waldhof-Fans mitbekommen, dass sie honorieren, wie ich mich damals fair und mitfühlend verhalten habe. Nach einer langen Saison in zwei Aufstiegsspielen und dann auch noch durch einen Pfostenschuss im Elfmeterschießen zu scheitern, ist brutal. Das habe ich bei aller Freude über unseren Aufstieg und über den Schub für meine eigene Trainerkarriere immer zum Ausdruck gebracht.

DFB.de: Nach der Verpflichtung von Torhüter Morten Behrens, der vom Zweitligisten SV Darmstadt 98 ausgeliehen wurde, stehen aktuell 20 Profis unter Vertrag. Auf welchen Positionen sehen Sie vor allem Handlungsbedarf?

Neidhart: Auf den Außenbahnen müssen wir uns definitiv noch verstärken - offensiv und defensiv. Auch für die Spitze kann ich mir noch einen Zugang gut vorstellen. Entscheidend ist dabei, dass der jeweilige Spieler dem Team sofort weiterhelfen kann und die ohnehin schon hohe Qualität im Kader noch weiter erhöht.

DFB.de: Wie sehr schmerzt der Weggang von Angreifer Joseph Boyamba, der ebenso wie Innenverteidiger Jesper Verlaat zum direkten Konkurrenten TSV 1860 München wechselte?

Neidhart: Jesper Verlaat hätte ich sehr gerne gehalten. Auch mit Joseph Boyamba gab es Gespräche. Hier sind aber beide Seiten zu der Auffassung gelangt, dass eine Trennung die bessere Lösung ist. Mit Anton Donkor und Marcel Costly haben weitere wichtige Spieler den Verein verlassen. Wir haben aber neben Morten Behrens mit Baxter Bahn, Julian Riedel, Berkan Taz und Adrian Malachowski auch schon einige vielversprechende Spieler verpflichtet. Und wie gesagt: Der eine oder andere wird noch dazukommen.

DFB.de: Es stehen einige sehr erfahrene Profis im Kader. Nehmen Sie diese Routiniers besonders in die Verantwortung?

Neidhart: Natürlich nehmen Spieler wie beispielsweise Marc Schnatterer oder Marco Höger wichtige Rollen ein. Ich sage aber immer: Um als Mannschaft erfolgreich zu sein, werden erfahrene Spieler ebenso benötigt wie junge Wilde. Jedes Team muss über Arbeiter, aber auch über Techniker verfügen. Es kommt immer auf die richtige Mischung an. Nur wenn jeder seine Stärken einbringt, wird es funktionieren.

DFB.de: Mit dem SV Meppen waren Sie bereits drei Jahre in der 3. Liga erfolgreich tätig. Wie bewerten Sie die Entwicklung der Spielklasse insgesamt?

Neidhart: Die sportliche Qualität ist aus meiner Sicht noch einmal gestiegen - ebenso wie die mediale Wahrnehmung. Für viele Spieler ist die 3. Liga eine ausgezeichnete Plattform, um im Profifußball Fuß zu fassen, sich zu zeigen und zu empfehlen. Der schönste Aspekt ist aber, dass endlich auch die Zuschauer zurück in den Stadien sind. Wir alle dürfen uns auf zahlreiche Spiele mit großen Kulissen freuen.

DFB.de: Im DFB-Pokal trifft der SV Waldhof mit Holstein Kiel ausgerechnet auf den Verein, der im Frühjahr 2021 Ihre sensationelle Erfolgsserie mit Rot-Weiss Essen erst im Viertelfinale durch ein 3:0 an der Hafenstraße beendete. Ist da noch eine Rechnung offen?

Neidhart: Ich muss gestehen, dass mich das Ausscheiden noch heute ärgert, weil wir durch eine aus unserer Sicht zumindest sehr unglückliche Entscheidung ins Hintertreffen geraten sind. Am Ende sind wir als vermeintlich klarer Verlierer vom Feld gegangen, obwohl wir nahezu in allen Statistiken vorne lagen. Das tat weh, auch wenn wir in den Runden zuvor sicherlich auch einige Male das Glück auf unserer Seite hatten.

DFB.de: Wie groß ist Ihr Ansporn, im besten Fall auch mit dem SV Waldhof im Pokalwettbewerb so oder zumindest so ähnlich für Furore zu sorgen?

Neidhart: Auf jeden Fall riesengroß. Mit RWE das Viertelfinale zu erreichen, war eine überragende und außergewöhnliche Erfahrung. Der DFB-Pokal hat für jeden Verein sportlich, aber auch wirtschaftlich einen großen Reiz. Wir werden gegen Holstein Kiel vor unseren Fans alles in die Waagschale werfen, um in die zweite Runde einzuziehen.

[mspw]

Als Tabellenfünfter der 3. Liga fehlten dem SV Waldhof Mannheim nur drei Punkte zu Platz drei und damit zur Teilnahme an der Relegation um den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Dort kickte der Traditionsklub zuletzt 2003. Dieses Ziel verfolgen die "Buwe" ab sofort mit Christian Neidhart (53) als Cheftrainer. Im DFB.de-Interview spricht der Ex-Profi mit Mitarbeiter Ralf Debat über seine neue Aufgabe.

DFB.de: Die ersten Trainingstage liegen hinter Ihnen. Wie haben Sie sich in Mannheim eingelebt, Herr Neidhart?

Christian Neidhart: Bisher läuft alles sehr gut. Ich wurde bestens aufgenommen. Der SV Waldhof ist ebenso wie mein vorheriger Verein Rot-Weiss Essen ein Arbeiter- und Malocherklub. Das ist Fußball pur und gefällt mir sehr. Nur an die deutlich höheren Temperaturen im Vergleich zu meiner norddeutschen Heimat muss ich mich noch ein wenig gewöhnen. (lacht)

DFB.de: Wie würden Sie die ersten Eindrücke von Ihrem neuen Team zusammenfassen?

Neidhart: Leider haben in der ersten Trainingswoche einige Spieler krankheitsbedingt gefehlt, außerdem ist der Kader zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht komplett. Das ist aber kein Problem, sondern in dieser Phase völlig normal. Alle, die im Training sind, ziehen voll mit und machen einen positiven Eindruck. Die Qualität im Team ist schon jetzt gut. Aber wir wollen und werden sie durch den einen oder anderen Transfer weiter steigern.

DFB.de: Welche Schwerpunkte werden Sie während der Vorbereitung setzen?

Neidhart: Zunächst steht der Grundlagenbereich im Vordergrund. Wir haben schon einige intensive Einheiten hinter uns, mit zahlreichen verschiedenen Spielformen. Wer in der 3. Liga bestehen will, muss sich gut vorbereiten und hart arbeiten. Anfang Juli werden wir für vier Tage ein Trainingslager im Schwarzwald beziehen. Da geht es dann an den Feinschliff.

DFB.de: Sie haben das Saisonziel sehr offensiv formuliert. Warum war Ihnen das wichtig?

Neidhart: Den Aufstieg in die 2. Bundesliga anzustreben, ist grundsätzlich das Ziel des Vereins. Das deckt sich aber auch mit meinen Zielen. Deshalb haben wir uns vorgenommen, das mutig anzugehen. Klar ist aber auch, dass mindestens sieben oder acht andere Vereine dieses Ziel ebenfalls verfolgen, auch wenn sie es vielleicht nicht immer sagen. Wir stellen uns dieser großen Aufgabe und Herausforderung. Eine Garantie gibt es aber für niemanden. Dafür sind die Konkurrenz und die Leistungsdichte in der 3. Liga einfach zu groß.

DFB.de: Wie sind die Reaktionen auf Ihre Ansage ausgefallen?

Neidhart: Durchweg positiv. Schließlich wünschen sich auch alle Waldhof-Fans, dass sich der Verein weiterentwickelt. Das geht am besten in einer höheren Spielklasse, weil sich dort auch die Einnahmesituation für den Klub weiter verbessert. Wir alle haben an uns selbst den Anspruch, oben anzugreifen. Ich bin nicht gekommen, um im Tabellenmittelfeld zu landen. Das ist nicht mein Ding.

DFB.de: Warum gehört ein Verein wie der SV Waldhof Mannheim in die 2. Bundesliga?

Neidhart: Der Klub besitzt eine riesige Tradition und eine hohe Bedeutung für die Region. Das Fanpotenzial ist groß, die wirtschaftliche Basis gegeben. Die Infrastruktur ist in einigen Bereichen sicherlich ausbaufähig. Aber auch das würde in der 2. Bundesliga leichter fallen.

DFB.de: Welche Klubs werden zu den stärksten Konkurrenten gehören?

Neidhart: Da die Kaderplanungen bei den meisten Vereinen noch nicht abgeschlossen sind, ist es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, Favoriten zu benennen. Klar ist aber, dass die bisherigen Zweitligisten Dynamo Dresden, FC Erzgebirge Aue und FC Ingolstadt 04 ebenso den Aufstieg anstreben werden wie etwa der TSV 1860 München, der VfL Osnabrück, der SV Wehen Wiesbaden oder der 1. FC Saarbrücken. Auch der MSV Duisburg hat andere Ansprüche, als im unteren Tabellendrittel zu landen. Die Konkurrenz ist groß.

DFB.de: Ursprünglich wollten Sie in dieser Saison mit Aufsteiger Rot-Weiss Essen in der 3. Liga an den Start gehen. Mal Hand aufs Herz: Wie lange hatten Sie an der Trennung nach zwei erfolgreichen Jahren kurz vor dem Saisonende zu knabbern?

Neidhart: Zugegeben: Dass die Verantwortlichen diese Entscheidung so getroffen haben, war für mich eine große Enttäuschung, nachdem wir zwei Jahre lang als echte Einheit überragend zusammengearbeitet hatten. Einen Tag nach meiner Entlassung leistete sich unser Titelkonkurrent Preußen Münster mit dem 0:0 in Wiedenbrück den letztlich entscheidenden Punktverlust. Das hat dem Team den nötigen Kick gegeben, um den Aufstieg mit zwei Siegen in den verbleibenden Spielen unter Dach und Fach zu bringen. Mit dem Trainerwechsel hatte das aus meiner Sicht nichts zu tun. Dennoch habe ich mich für den gesamten Verein und für die Fans total gefreut, dass es mit dem Aufstieg geklappt hat. RWE ist eine absolute Bereicherung für die 3. Liga und wird das auch beweisen.

DFB.de: Wie sehr freuen Sie sich auf das Wiedersehen?

Neidhart: Sehr. Ich brenne schon jetzt darauf, bei der geilen Atmosphäre an der Hafenstraße anzutreten. Ich bin mir auch sicher, dass die RWE-Fans meine geleistete Arbeit und meinen Beitrag zum Aufstieg honorieren und mich entsprechend empfangen werden. Mit dem SV Meppen, dem VfB Oldenburg und dem VfL Osnabrück geht es in der 3. Liga für mich auch noch gegen drei weitere meiner früheren Vereine. Ich kehre zu allen Klubs gerne und mit einem guten Gefühl zurück.

DFB.de: Es gab nach der Trennung von Rot-Weiss Essen für die neue Saison mehrere Optionen für Sie. Warum fiel Ihre Wahl auf Mannheim?

Neidhart: Um ganz ehrlich zu sein, wollte ich nach der intensiven Zeit in Essen eigentlich etwas länger pausieren, um Abstand zu gewinnen und die Akkus wieder richtig aufzuladen. Da sich mein Vertrag bei RWE durch den Aufstieg verlängert hatte, war ich auch sehr entspannt. Mir hat dann aber imponiert, wie sehr sich Waldhofs Sport-Geschäftsführer Tim Schork um mich bemüht, den Kontakt gehalten und immer wieder nachgehakt hat. Am Ende ist er sogar eigens nach Mallorca geflogen, um mich im Urlaub aufzusuchen. Mir wurde von sämtlichen Waldhof-Verantwortlichen große Wertschätzung entgegengebracht. Dieses Vertrauen möchte ich zurückzahlen.

DFB.de: Nimmt Ihnen in Mannheim denn niemand mehr übel, dass Sie 2017 mit dem SV Meppen den Aufstieg des SV Waldhof in die 3. Liga verhindert hatten?

Neidhart: Ich hoffe nicht. (lacht) Aber Spaß beiseite: Es ist sogar eher das Gegenteil der Fall. Ich habe in ersten Gesprächen mit Waldhof-Fans mitbekommen, dass sie honorieren, wie ich mich damals fair und mitfühlend verhalten habe. Nach einer langen Saison in zwei Aufstiegsspielen und dann auch noch durch einen Pfostenschuss im Elfmeterschießen zu scheitern, ist brutal. Das habe ich bei aller Freude über unseren Aufstieg und über den Schub für meine eigene Trainerkarriere immer zum Ausdruck gebracht.

DFB.de: Nach der Verpflichtung von Torhüter Morten Behrens, der vom Zweitligisten SV Darmstadt 98 ausgeliehen wurde, stehen aktuell 20 Profis unter Vertrag. Auf welchen Positionen sehen Sie vor allem Handlungsbedarf?

Neidhart: Auf den Außenbahnen müssen wir uns definitiv noch verstärken - offensiv und defensiv. Auch für die Spitze kann ich mir noch einen Zugang gut vorstellen. Entscheidend ist dabei, dass der jeweilige Spieler dem Team sofort weiterhelfen kann und die ohnehin schon hohe Qualität im Kader noch weiter erhöht.

DFB.de: Wie sehr schmerzt der Weggang von Angreifer Joseph Boyamba, der ebenso wie Innenverteidiger Jesper Verlaat zum direkten Konkurrenten TSV 1860 München wechselte?

Neidhart: Jesper Verlaat hätte ich sehr gerne gehalten. Auch mit Joseph Boyamba gab es Gespräche. Hier sind aber beide Seiten zu der Auffassung gelangt, dass eine Trennung die bessere Lösung ist. Mit Anton Donkor und Marcel Costly haben weitere wichtige Spieler den Verein verlassen. Wir haben aber neben Morten Behrens mit Baxter Bahn, Julian Riedel, Berkan Taz und Adrian Malachowski auch schon einige vielversprechende Spieler verpflichtet. Und wie gesagt: Der eine oder andere wird noch dazukommen.

DFB.de: Es stehen einige sehr erfahrene Profis im Kader. Nehmen Sie diese Routiniers besonders in die Verantwortung?

Neidhart: Natürlich nehmen Spieler wie beispielsweise Marc Schnatterer oder Marco Höger wichtige Rollen ein. Ich sage aber immer: Um als Mannschaft erfolgreich zu sein, werden erfahrene Spieler ebenso benötigt wie junge Wilde. Jedes Team muss über Arbeiter, aber auch über Techniker verfügen. Es kommt immer auf die richtige Mischung an. Nur wenn jeder seine Stärken einbringt, wird es funktionieren.

DFB.de: Mit dem SV Meppen waren Sie bereits drei Jahre in der 3. Liga erfolgreich tätig. Wie bewerten Sie die Entwicklung der Spielklasse insgesamt?

Neidhart: Die sportliche Qualität ist aus meiner Sicht noch einmal gestiegen - ebenso wie die mediale Wahrnehmung. Für viele Spieler ist die 3. Liga eine ausgezeichnete Plattform, um im Profifußball Fuß zu fassen, sich zu zeigen und zu empfehlen. Der schönste Aspekt ist aber, dass endlich auch die Zuschauer zurück in den Stadien sind. Wir alle dürfen uns auf zahlreiche Spiele mit großen Kulissen freuen.

DFB.de: Im DFB-Pokal trifft der SV Waldhof mit Holstein Kiel ausgerechnet auf den Verein, der im Frühjahr 2021 Ihre sensationelle Erfolgsserie mit Rot-Weiss Essen erst im Viertelfinale durch ein 3:0 an der Hafenstraße beendete. Ist da noch eine Rechnung offen?

Neidhart: Ich muss gestehen, dass mich das Ausscheiden noch heute ärgert, weil wir durch eine aus unserer Sicht zumindest sehr unglückliche Entscheidung ins Hintertreffen geraten sind. Am Ende sind wir als vermeintlich klarer Verlierer vom Feld gegangen, obwohl wir nahezu in allen Statistiken vorne lagen. Das tat weh, auch wenn wir in den Runden zuvor sicherlich auch einige Male das Glück auf unserer Seite hatten.

DFB.de: Wie groß ist Ihr Ansporn, im besten Fall auch mit dem SV Waldhof im Pokalwettbewerb so oder zumindest so ähnlich für Furore zu sorgen?

Neidhart: Auf jeden Fall riesengroß. Mit RWE das Viertelfinale zu erreichen, war eine überragende und außergewöhnliche Erfahrung. Der DFB-Pokal hat für jeden Verein sportlich, aber auch wirtschaftlich einen großen Reiz. Wir werden gegen Holstein Kiel vor unseren Fans alles in die Waagschale werfen, um in die zweite Runde einzuziehen.

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