Vunguidica vor Köln-Spiel: "Bereit für eine Überraschung"

Die Reise in seine Vergangenheit startet bald. Gedanklich hat sie bei José Pierre Vunguidica schon längst begonnen. Seit Wochen beschäftigt den Stürmer des 1. FC Saarbrücken vor allem ein Datum: Heute (ab 18.30 Uhr, live auf Sky) steht für Vunguidica und seinen aktuellen Klub gegen den Bundesligisten 1. FC Köln die zweite DFB-Pokalrunde auf dem Programm.

Der ganze Verein, die ganze Region fiebert diesem Duell bereits entgegen. Und Vunguidica ganz besonders: Der 29 Jahre alte Angreifer hat von 2005 bis 2012 für den 1. FC Köln gespielt. Erst in der Jugend, dann bei der zweiten Mannschaft und einmal sogar in der Bundesliga. Die Erinnerungen daran sind nicht so toll - Vunguidica wurde bei einem 0:4 im Derby gegen Borussia Mönchengladbach eingewechselt.

Mehr Einsätze bei den Profis des FC sind danach nicht mehr dazugekommen. Warum nicht? "Ich war damals ein junger Spieler, der Verein hatte große Probleme und immer gegen den Abstieg gespielt", sagt Vunguidica im Rückblick. "Es ging oft ums sportliche Überleben, und die Verantwortlichen haben eher auf Routiniers als auf Talente gesetzt. Womöglich war das ein Fehler. Es war damals nahezu unmöglich, als Jugendspieler den Sprung aus dem eigenen Nachwuchs nach ganz oben zu schaffen. Man durfte eigentlich keine Fehler machen. Der Druck war riesig."

"Vielleicht erwischen wir diesen ganz besonderen Moment"

Vunguidica hat dennoch viel gelernt in Köln - sportlich, aber auch persönlich. Er ist dort nicht nur erwachsen geworden. Er hat es in den Profifußball geschafft und ist für die Nationalmannschaft von Angola nominiert worden. Mittlerweile steht er beim 1. FC Saarbrücken unter Vertrag, einem sehr ambitionierten Regionalligisten, der den Aufstieg fest im Visier hat. Das Aufeinandertreffen mit Köln soll der vorläufige Höhepunkt eines tollen Saisonstarts werden.

"Wir gehen mit richtig viel Selbstvertrauen in die Partie", sagt Vunguidica. "Natürlich wissen wir ganz genau, dass wir neun von zehn Begegnungen verlieren werden. Aber wir glauben dennoch an unsere Chance und werden versuchen, dem FC das Leben so schwer wie möglich zu machen. Vielleicht erwischen wir dann diesen ganz besonderen Moment und können die Sensation schaffen."

Vunguidica ist nur ein Teil der starken Kölner Fraktion in Saarbrücken. Trainer Dirk Lottner ist eine Legende am Geißbockheim und noch immer einer der großen Fanlieblinge. Innenverteidiger Christopher Schorch hat nicht nur eine Vergangenheit bei Real Madrid, sondern auch beim 1. FC Köln. Und Timm Golley (Viktoria Köln) und Boné Uaferro (Fortuna Köln) haben für die Lokalkonkurrenten in der Domstadt gespielt.

Mit 15 Jahren getrennt von der Familie

Aus diesem Quintett sticht allerdings vor allem die Vita von José Pierre Vunguidica heraus. Der Offensivspieler ist mit zwei Jahren zusammen mit seinen Eltern Luisa und Nguisani aus seiner angolanischen Heimat geflüchtet. In Neuwied in Rheinland-Pfalz haben sie bald ein neues Zuhause gefunden. Vunguidica spielte zunächst im Nachbarort beim VfL Oberbieber, aber schnell war er dafür zu gut. Mit 15 Jahren verließ er sein Elternhaus und wechselte zum 1. FC Köln.

Es war eine spannende und lehrreiche Zeit. Vunguidica hatte es sich zum Ziel gesetzt, Profi zu werden. In Köln wurde er zunächst bei einer Gastfamilie untergebracht. "Am Anfang war es nicht einfach für mich", sagt er. "Ich hatte teilweise Heimweh. Zum Glück war meine Familie nur knapp 100 Kilometer entfernt."

Irgendwann ging es aus verschiedenen Gründen für ihn in Köln jedoch nicht mehr weiter, und der Angreifer suchte woanders sein Glück - fand es aber nicht auf Anhieb. Er wurde an Kickers Offenbach und Preußen Münster ausgeliehen, konnte dort jedoch nie seine Leistung richtig abrufen. Auch beim SV Sandhausen streikte sein Körper zu oft, so dass er nicht regelmäßig zum Einsatz kam. Am ersten Tag dort zog er sich einen Knorpelschaden zu und fiel sieben Monate aus.

Mit Angola beim Afrika-Cup

Beim SV Wehen Wiesbaden, der damals noch in der 3. Liga spielte, war das anders. Bei den Hessen hatte er seine beste Zeit, war endlich mal verletzungsfrei und erzielte in 90 Begegnungen 25 Tore. Plötzlich stand Vunguidica auch beim Angolanischen Fußball-Verband ganz hoch im Kurs und durfte für sein Land beim Afrika-Cup 2012 an den Start gehen. "Auch wenn wir in der Vorrunde gescheitert sind, ist das ein Ereignis, das ich nie mehr vergessen werde", sagt er. "Auf einmal stand ich mit Spielern auf dem Rasen, die ich bis dahin nur von der Playstation oder aus dem Fernsehen kannte."

17 Begegnungen hat Vunguidica für Angola bestritten. Zuletzt ist der Kontakt wieder abgerissen, und er weiß auch ganz genau, warum das der Fall ist: "Die Regionalliga ist eine bis zwei Spielklassen zu tief, um für die Nationalmannschaft nominiert zu werden." Auch deshalb will er zurück auf größere Bühnen - das sollte mindestens die 3. Liga, kann aber auch gerne die 2. Bundesliga sein.

Vielleicht sogar noch mehr? "Ich weiß, was ich kann, wenn ich von Verletzungen verschont bleibe", sagt Vunguidica. "Ich habe meinen Traum noch nicht aufgegeben, vielleicht doch noch mal Bundesliga zu spielen. Klar ist der Weg dorthin weit. Aber ich bin ein Kämpfer und glaube an meine Chance."

"Die Freundschaft muss 90 Minuten ruhen"

Zunächst jedoch gilt seine volle Konzentration nun den Herausforderungen mit dem 1. FC Saarbrücken. Dort war er zuletzt nicht unumstrittener Stammspieler. Das will er ändern, und zwar möglichst kurzfristig. Mit seiner Erfahrung kann er noch eine wichtige Rolle einnehmen. Denn in der Regionalliga sind sie die Gejagten. Im DFB-Pokal sind sie die Jäger, die nach Jahn Regensburg in der ersten Runde den zweiten Favoriten ärgern und möglichst ausschalten wollen.

Es ist ein großes Ziel, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Saarländer es wirklich schaffen können. Viel spricht trotz aller Euphorie dennoch nicht dafür. Aus dem aktuellen Kader kennt Vunguidica noch Timo Horn, Christian Clemens und Simon Terodde. Alle anderen sind nicht mehr da. "Ich freue mich darauf, die Jungs wiederzusehen", sagt Vungudica. "Aber in den 90 Minuten muss die Freundschaft ruhen. Wir sind bereit für die Überraschung."

[sw]

Die Reise in seine Vergangenheit startet bald. Gedanklich hat sie bei José Pierre Vunguidica schon längst begonnen. Seit Wochen beschäftigt den Stürmer des 1. FC Saarbrücken vor allem ein Datum: Heute (ab 18.30 Uhr, live auf Sky) steht für Vunguidica und seinen aktuellen Klub gegen den Bundesligisten 1. FC Köln die zweite DFB-Pokalrunde auf dem Programm.

Der ganze Verein, die ganze Region fiebert diesem Duell bereits entgegen. Und Vunguidica ganz besonders: Der 29 Jahre alte Angreifer hat von 2005 bis 2012 für den 1. FC Köln gespielt. Erst in der Jugend, dann bei der zweiten Mannschaft und einmal sogar in der Bundesliga. Die Erinnerungen daran sind nicht so toll - Vunguidica wurde bei einem 0:4 im Derby gegen Borussia Mönchengladbach eingewechselt.

Mehr Einsätze bei den Profis des FC sind danach nicht mehr dazugekommen. Warum nicht? "Ich war damals ein junger Spieler, der Verein hatte große Probleme und immer gegen den Abstieg gespielt", sagt Vunguidica im Rückblick. "Es ging oft ums sportliche Überleben, und die Verantwortlichen haben eher auf Routiniers als auf Talente gesetzt. Womöglich war das ein Fehler. Es war damals nahezu unmöglich, als Jugendspieler den Sprung aus dem eigenen Nachwuchs nach ganz oben zu schaffen. Man durfte eigentlich keine Fehler machen. Der Druck war riesig."

"Vielleicht erwischen wir diesen ganz besonderen Moment"

Vunguidica hat dennoch viel gelernt in Köln - sportlich, aber auch persönlich. Er ist dort nicht nur erwachsen geworden. Er hat es in den Profifußball geschafft und ist für die Nationalmannschaft von Angola nominiert worden. Mittlerweile steht er beim 1. FC Saarbrücken unter Vertrag, einem sehr ambitionierten Regionalligisten, der den Aufstieg fest im Visier hat. Das Aufeinandertreffen mit Köln soll der vorläufige Höhepunkt eines tollen Saisonstarts werden.

"Wir gehen mit richtig viel Selbstvertrauen in die Partie", sagt Vunguidica. "Natürlich wissen wir ganz genau, dass wir neun von zehn Begegnungen verlieren werden. Aber wir glauben dennoch an unsere Chance und werden versuchen, dem FC das Leben so schwer wie möglich zu machen. Vielleicht erwischen wir dann diesen ganz besonderen Moment und können die Sensation schaffen."

Vunguidica ist nur ein Teil der starken Kölner Fraktion in Saarbrücken. Trainer Dirk Lottner ist eine Legende am Geißbockheim und noch immer einer der großen Fanlieblinge. Innenverteidiger Christopher Schorch hat nicht nur eine Vergangenheit bei Real Madrid, sondern auch beim 1. FC Köln. Und Timm Golley (Viktoria Köln) und Boné Uaferro (Fortuna Köln) haben für die Lokalkonkurrenten in der Domstadt gespielt.

Mit 15 Jahren getrennt von der Familie

Aus diesem Quintett sticht allerdings vor allem die Vita von José Pierre Vunguidica heraus. Der Offensivspieler ist mit zwei Jahren zusammen mit seinen Eltern Luisa und Nguisani aus seiner angolanischen Heimat geflüchtet. In Neuwied in Rheinland-Pfalz haben sie bald ein neues Zuhause gefunden. Vunguidica spielte zunächst im Nachbarort beim VfL Oberbieber, aber schnell war er dafür zu gut. Mit 15 Jahren verließ er sein Elternhaus und wechselte zum 1. FC Köln.

Es war eine spannende und lehrreiche Zeit. Vunguidica hatte es sich zum Ziel gesetzt, Profi zu werden. In Köln wurde er zunächst bei einer Gastfamilie untergebracht. "Am Anfang war es nicht einfach für mich", sagt er. "Ich hatte teilweise Heimweh. Zum Glück war meine Familie nur knapp 100 Kilometer entfernt."

Irgendwann ging es aus verschiedenen Gründen für ihn in Köln jedoch nicht mehr weiter, und der Angreifer suchte woanders sein Glück - fand es aber nicht auf Anhieb. Er wurde an Kickers Offenbach und Preußen Münster ausgeliehen, konnte dort jedoch nie seine Leistung richtig abrufen. Auch beim SV Sandhausen streikte sein Körper zu oft, so dass er nicht regelmäßig zum Einsatz kam. Am ersten Tag dort zog er sich einen Knorpelschaden zu und fiel sieben Monate aus.

Mit Angola beim Afrika-Cup

Beim SV Wehen Wiesbaden, der damals noch in der 3. Liga spielte, war das anders. Bei den Hessen hatte er seine beste Zeit, war endlich mal verletzungsfrei und erzielte in 90 Begegnungen 25 Tore. Plötzlich stand Vunguidica auch beim Angolanischen Fußball-Verband ganz hoch im Kurs und durfte für sein Land beim Afrika-Cup 2012 an den Start gehen. "Auch wenn wir in der Vorrunde gescheitert sind, ist das ein Ereignis, das ich nie mehr vergessen werde", sagt er. "Auf einmal stand ich mit Spielern auf dem Rasen, die ich bis dahin nur von der Playstation oder aus dem Fernsehen kannte."

17 Begegnungen hat Vunguidica für Angola bestritten. Zuletzt ist der Kontakt wieder abgerissen, und er weiß auch ganz genau, warum das der Fall ist: "Die Regionalliga ist eine bis zwei Spielklassen zu tief, um für die Nationalmannschaft nominiert zu werden." Auch deshalb will er zurück auf größere Bühnen - das sollte mindestens die 3. Liga, kann aber auch gerne die 2. Bundesliga sein.

Vielleicht sogar noch mehr? "Ich weiß, was ich kann, wenn ich von Verletzungen verschont bleibe", sagt Vunguidica. "Ich habe meinen Traum noch nicht aufgegeben, vielleicht doch noch mal Bundesliga zu spielen. Klar ist der Weg dorthin weit. Aber ich bin ein Kämpfer und glaube an meine Chance."

"Die Freundschaft muss 90 Minuten ruhen"

Zunächst jedoch gilt seine volle Konzentration nun den Herausforderungen mit dem 1. FC Saarbrücken. Dort war er zuletzt nicht unumstrittener Stammspieler. Das will er ändern, und zwar möglichst kurzfristig. Mit seiner Erfahrung kann er noch eine wichtige Rolle einnehmen. Denn in der Regionalliga sind sie die Gejagten. Im DFB-Pokal sind sie die Jäger, die nach Jahn Regensburg in der ersten Runde den zweiten Favoriten ärgern und möglichst ausschalten wollen.

Es ist ein großes Ziel, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Saarländer es wirklich schaffen können. Viel spricht trotz aller Euphorie dennoch nicht dafür. Aus dem aktuellen Kader kennt Vunguidica noch Timo Horn, Christian Clemens und Simon Terodde. Alle anderen sind nicht mehr da. "Ich freue mich darauf, die Jungs wiederzusehen", sagt Vungudica. "Aber in den 90 Minuten muss die Freundschaft ruhen. Wir sind bereit für die Überraschung."

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