Vor mehr als 80 Jahren: DFB-Team in Tallinn

Der Sommer 1939 war ein besonders heißer und wer konnte, genoss ihn in vollen Zügen. Dazu zählten endlich auch die Fußballer, die erstmals von einer sechswöchigen Sommerpause profitierten. Nur die Nationalspieler mussten etwas länger am Ball bleiben, das Fachamt Fußball hatte Ende Juni noch drei Länderspiele angesetzt und das letzte war das bis heute einzige in Estland. Damals wie heute reisten die Deutschen als Favorit nach Tallinn, aber ansonsten war vieles ganz anders.

Die Nationalmannschaft bestand aus nur 14 Spielern. Wechseln war ja verboten, die Reservisten standen nur für kurzfristige Ausfällen parat und wussten schon neun Tage vorher von ihrem Los: da stand die Aufstellung von Reichstrainer Sepp Herberger schon in der Fachpresse – nicht etwa als Gerücht, sondern als offizielle Bekanntmachung des Verbands. Die Spieler der ersten Elf kamen aus 13 verschiedenen Vereinen, nur der Meister von 1938, Hannover 96, stellte zwei.

Die Anreise dauerte sechs Stunden und erfolgte in zwei verschiedenen Flugzeugen; Herberger landete mit neun Spielern schon am Dienstag, die restlichen fünf am Mittwoch unter Aufsicht von Fachamts- Vizepräsident Claus Zörner. Gespielt wurde an einem Donnerstagabend um 19 Uhr, man schrieb den 29. Juni 1939. Das Stadion in Tallinn fasste 10.000 Zuschauer, war ausverkauft und von hohen Bäumen umrandet. Die Deutschen gönnten sich am Vortag noch einen Strandausflug – es war ja nur ein Testspiel. Wie Joachim Löw heute war auch Herberger dabei, einem Umbruch durchzuführen, um bei Olympia 1940, das nie stattfand, eine schlagkräftige Elf aufzubieten.

Mannschaft im Umbruch

Im kicker, der als einzige deutsche Zeitung einen Reporter mitschickte, stand: "Herberger verfolgt die kluge Taktik entweder einer im Grundriß jungen Mannschaft möglichst in jeder Linie einen erfahrenen Kameraden mitzugeben oder einige jüngere Kräfte vorsichtig in den bewährten Stamm… hineinzustellen." So standen denn unter der singend ins Stadion einmarschierenden Elf drei Debütanten und zwei Spieler, die ihren zweiten Einsatz absolvierten. Von der berühmten "Breslau-Elf", die 1937 zehn Spiele in Folge gewann, waren nur Verteidiger und Kapitän Paul Janes und Rechtsaußen Ernst Lehner übrig.

Der Spielverlauf ist schnell erzählt, die Esten erwiesen sich als unbequemer Gegner und ließen pro Halbzeit nur ein Tor zu. Das 1:0 köpfte der Augsburger Lehner (25.), nachdem die Deutschen kurioserweise einen falschen Einwurf ausgeführt hatten. Der Einwurf ging deshalb an die Esten über, aber die verloren den Ball nahe des eigenen Tores sofort wieder und der Riesaer Arlt flankte auf Lehners Kopf. Auch das 2:0 durch Reinhard Schaletzki aus Gleiwitz (60.) fiel mit Köpfchen und nach Arlts Flanke.

"Wenn man zu Null spielt, kann man nicht hoch verlieren!"

Der kicker wollte nun noch mehr Tore sehen, "groß ist unsere Überlegenheit", aber die Deutschen beließen es dabei, zumal sie gegen Ende vorübergehend in Unterzahl spielten, als Hannovers Ludwig Männer von Wadenkrämpfen geplagt wurde. Das Fazit des kicker: "Ein schönes Spiel ist zu Ende. Wir haben verdient gewonnen. Wir hätten höher gewinnen können."

Sepp Herberger aber war’s zufrieden, tadelte lediglich Torwart Erwin Deyhle aus Stuttgart dafür, dass er seine Abstöße mit der Spitze machte ("Sooowas!") und den Hannoveraner Läufer Hannes Jacobs für seine unproduktiven Kunststückchen. Beide machten an diesem Tag zwei Länderspiele – ihr erstes und ihr letztes.

Fröhlicher Stimmung flogen die Sieger heim, im Bus zum Hotel wurde wieder gesungen und für den einzigen deutschen Reporter hatte Herberger noch eine seiner weniger bekannten Weisheiten übrig: "Wenn man zu Null spielt, kann man nicht hoch verlieren!" So war das damals in Tallinn, acht Wochen bevor der Krieg ausbrach.

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Der Sommer 1939 war ein besonders heißer und wer konnte, genoss ihn in vollen Zügen. Dazu zählten endlich auch die Fußballer, die erstmals von einer sechswöchigen Sommerpause profitierten. Nur die Nationalspieler mussten etwas länger am Ball bleiben, das Fachamt Fußball hatte Ende Juni noch drei Länderspiele angesetzt und das letzte war das bis heute einzige in Estland. Damals wie heute reisten die Deutschen als Favorit nach Tallinn, aber ansonsten war vieles ganz anders.

Die Nationalmannschaft bestand aus nur 14 Spielern. Wechseln war ja verboten, die Reservisten standen nur für kurzfristige Ausfällen parat und wussten schon neun Tage vorher von ihrem Los: da stand die Aufstellung von Reichstrainer Sepp Herberger schon in der Fachpresse – nicht etwa als Gerücht, sondern als offizielle Bekanntmachung des Verbands. Die Spieler der ersten Elf kamen aus 13 verschiedenen Vereinen, nur der Meister von 1938, Hannover 96, stellte zwei.

Die Anreise dauerte sechs Stunden und erfolgte in zwei verschiedenen Flugzeugen; Herberger landete mit neun Spielern schon am Dienstag, die restlichen fünf am Mittwoch unter Aufsicht von Fachamts- Vizepräsident Claus Zörner. Gespielt wurde an einem Donnerstagabend um 19 Uhr, man schrieb den 29. Juni 1939. Das Stadion in Tallinn fasste 10.000 Zuschauer, war ausverkauft und von hohen Bäumen umrandet. Die Deutschen gönnten sich am Vortag noch einen Strandausflug – es war ja nur ein Testspiel. Wie Joachim Löw heute war auch Herberger dabei, einem Umbruch durchzuführen, um bei Olympia 1940, das nie stattfand, eine schlagkräftige Elf aufzubieten.

Mannschaft im Umbruch

Im kicker, der als einzige deutsche Zeitung einen Reporter mitschickte, stand: "Herberger verfolgt die kluge Taktik entweder einer im Grundriß jungen Mannschaft möglichst in jeder Linie einen erfahrenen Kameraden mitzugeben oder einige jüngere Kräfte vorsichtig in den bewährten Stamm… hineinzustellen." So standen denn unter der singend ins Stadion einmarschierenden Elf drei Debütanten und zwei Spieler, die ihren zweiten Einsatz absolvierten. Von der berühmten "Breslau-Elf", die 1937 zehn Spiele in Folge gewann, waren nur Verteidiger und Kapitän Paul Janes und Rechtsaußen Ernst Lehner übrig.

Der Spielverlauf ist schnell erzählt, die Esten erwiesen sich als unbequemer Gegner und ließen pro Halbzeit nur ein Tor zu. Das 1:0 köpfte der Augsburger Lehner (25.), nachdem die Deutschen kurioserweise einen falschen Einwurf ausgeführt hatten. Der Einwurf ging deshalb an die Esten über, aber die verloren den Ball nahe des eigenen Tores sofort wieder und der Riesaer Arlt flankte auf Lehners Kopf. Auch das 2:0 durch Reinhard Schaletzki aus Gleiwitz (60.) fiel mit Köpfchen und nach Arlts Flanke.

"Wenn man zu Null spielt, kann man nicht hoch verlieren!"

Der kicker wollte nun noch mehr Tore sehen, "groß ist unsere Überlegenheit", aber die Deutschen beließen es dabei, zumal sie gegen Ende vorübergehend in Unterzahl spielten, als Hannovers Ludwig Männer von Wadenkrämpfen geplagt wurde. Das Fazit des kicker: "Ein schönes Spiel ist zu Ende. Wir haben verdient gewonnen. Wir hätten höher gewinnen können."

Sepp Herberger aber war’s zufrieden, tadelte lediglich Torwart Erwin Deyhle aus Stuttgart dafür, dass er seine Abstöße mit der Spitze machte ("Sooowas!") und den Hannoveraner Läufer Hannes Jacobs für seine unproduktiven Kunststückchen. Beide machten an diesem Tag zwei Länderspiele – ihr erstes und ihr letztes.

Fröhlicher Stimmung flogen die Sieger heim, im Bus zum Hotel wurde wieder gesungen und für den einzigen deutschen Reporter hatte Herberger noch eine seiner weniger bekannten Weisheiten übrig: "Wenn man zu Null spielt, kann man nicht hoch verlieren!" So war das damals in Tallinn, acht Wochen bevor der Krieg ausbrach.