Vor einem Jahr: Steinhaus' Bundesliga-Debüt

Der 10. September 2017 war ein sonniger Tag in Berlin. Und einer, an dem vor genau einem Jahr ein kleines Stück deutsche Fußballgeschichte geschrieben wurde. Als erste Schiedsrichterin leitete Bibiana Steinhaus eine Partie der höchsten deutschen Spielklasse. Insgesamt acht Einsätze bestritt Steinhaus in ihrer Premierensaison, die Begegnung zwischen Hertha BSC und dem SV Werder Bremen nimmt in den Erinnerungen der Schiedsrichterin einen außergewöhnlichen Stellenwert ein. DFB.de hat die 39 Jahre alte Unparteiische aus Bad Lauterberg am Tag ihrer Bundesligapremiere, begleitet - angefangen beim Frühstück bis weit nach Spielende. Ein besonderer Rückblick.

9:47 Uhr: Plötzlich ist es so weit. Beim Frühstück mit ihren Assistenten in einem Hotel unweit der Spree. Irgendwann zwischen Omelett, Kaffee und Müsli. "Bislang war ich total entspannt, aber jetzt bin ich doch schon ein wenig aufgeregt." Verständlich, schließlich soll sie, Bibiana Steinhaus, rund fünf Stunden später als erste Frau in der deutschen Fußballhistorie eine Partie der Bundesliga der Männer leiten – die des 3. Spieltags zwischen Hertha BSC und Werder Bremen. Angesichts einer solch besonderen Aufgabe ist ein bisschen Aufregung durchaus legitim.

Vielleicht bringt ja der Blick in die Sonntagszeitungen auf dem Tisch ein wenig Ablenkung. Weit gefehlt, hier ein Bild von ihr auf der Titelseite, dort eine Aufmachergeschichte im Sportteil. Und da sogar ein Bild von ihr, wie sie gestern hier im Hotel eingecheckt hat. Sportgeschichte schreiben geht offenbar tatsächlich nicht ohne mediale Aufmerksamkeit. Auch für Bibiana Steinhaus nicht. Mehr als 100 Interviewanfragen aus der ganzen Welt hat sie seit ihrer "Beförderung" Mitte Mai bekommen. Einen kleinen Teil davon hat sie nur erfüllen können. "Natürlich gehört Medienarbeit dazu und im Sinne der Schiedsrichter mache ich das auch sehr gerne. Aber vor allem will ich mich auf die neue Aufgabe konzentrieren und perfekt vorbereiten", sagt die in Engelbostel bei Hannover wohnende Polizeibeamtin. Eine neue Aufgabe, die heute nun endlich beginnen wird.

13:12 Uhr: Bibiana Steinhaus und ihre Assistenten Thomas Stein und Christof Günsch sowie der Vierte Offizielle Robert Schröder erreichen die Katakomben des Olympiastadions. Auch hier warten wieder Fotografen. Die Nervosität ist immer noch spürbar. Doch jetzt beginnt die Routine, die Vorbereitung im Stadion auf das Spiel. Das hilft, die Unruhe zumindest phasenweise zu vergessen. Alles wird gecheckt – die Headsets, die Uhren für die Torlinientechnik und natürlich die Funkverbindung zum Video-Assistenten Harm Osmers in Köln. Passt alles, dann raus zur Platzbegehung in einem nahezu noch menschenleeren Stadion. Kontrolle des Spielfelds, der Tore, ein paar Hände am Spielfeldrand schütteln.

14:49 Uhr: Es wird allmählich ernst. Die Vorbereitungen in der Kabine sind abgeschlossen, alle organisatorischen Dinge erledigt. Zeit zum Aufwärmen. Im weißen Shirt geht es durch die Flure im Bauch des Olympiastadions. Vorbei an der Heimkabine der Hertha, eine steile Treppe runter, durch die noch verwaiste Mixed Zone, raus, eine paar Stufen hoch ins Stadion. Die Ränge sind schon gut besetzt. Sicher auch, weil einige Zuschauerinnen ein "Bibiana-Steinhaus-Ticket" zum halben Preis erstanden haben. Eine Aktion der Hertha zu diesem Spiel. Auf dem Weg zum Platz wieder ein paar Hände, die geschüttelt werden müssen. Man spürt, jeder kennt die Besonderheit dieser Partie. Sogar Herthinho, das bärige Hertha-Maskottchen, lässt es sich nicht nehmen, die Unparteiische einmal kurz zu herzen. Und es gibt Applaus, als Bibiana Steinhaus ihr Warm-up auf dem Spielfeld beginnt.

14:56 Uhr: Die zweimalige "Weltschiedsrichterin des Jahres", die Ende 2017 die dritte Auszeichnung erhalten hat, ist gerade mitten im Stretching, da flimmert ein Film über die Videoleinwände. Mehr oder weniger bekannte Frauen, die Geschichte geschrieben haben, sind zu sehen. Hildegard Wegscheider beispielsweise, die erste deutsche Abiturientin. Aber auch die Erfinderin der Currywurst, Herta Heuwer, Marlene Dietrich als erste Deutsche mit einem Stern auf dem Walk of Fame. Und natürlich Angela Merkel als erste deutsche Bundeskanzlerin. "In Berlin haben Frauen schon immer die Zukunft gestaltet", so der Titel des Trailers, an dessen Ende, na klar, Bibiana Steinhaus zu sehen ist. Für viele Beobachter ist es eben doch etwas Besonderes, was hier heute passiert. Auch wenn das die Polizeibeamtin aus Bad Lauterberg, die seit zehn Jahren in der 2. Bundesliga pfeift, persönlich ein wenig anders sieht. Zu Recht, erfüllt sie doch Jahr für Jahr die gleichen (Leistungs-) Kriterien wie ihre männlichen Kollegen. "Wir sind 24 Bundesliga-Schiedsrichter, es geht für uns nach Leistung, nicht nach Geschlecht. Der einzige Unterschied ist nur, dass ich halt die einzige mit einem blonden Pferdeschwanz bin", sagt sie und lächelt.

15:03 Uhr: Ende des Aufwärmens. Kurz zurück in die Kabine, das Schiedsrichtertrikot anziehen, sich noch mal sammeln. Auf dem Weg dahin eine kurze Begegnung mit Peter Gagelmann. Der langjährige Bundesliga-Schiedsrichter und heutige Sky-Experte ist zur Premiere von Steinhaus, die er seit Jahren kennt und schätzt, extra nach Berlin gekommen. Auch er lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen, schnell noch viel Glück für das Debüt zu wünschen.

15:28 Uhr: Es geht los. Die Mannschaften sind aus den Kabinen geholt, 22 Paar Stutzen und Schuhe kontrolliert. Raus geht es ins mit knapp 50.000 Zuschauern besetzte Olympiastadion. Auf den Rängen auch DFB-Präsident Reinhard Grindel, der Bibiana Steinhaus als Vorbild für viele junge Schiedsrichterinnen in Deutschland bezeichnet. In diesem Moment wirkt die fünfmalige deutsche "Schiedsrichterin des Jahres" allerdings ein wenig blass um die Nase, aber das mag täuschen. Anmerken lässt sie sich auf jeden Fall nichts, sie wirkt souverän wie immer.

15:39 Uhr: Die beiden Teams machen es Bibiana Steinhaus leicht, ins Spiel zu finden. Oder eben auch nicht. "Manchmal brauchst du als Schiedsrichter in den ersten Minuten eines Spiels eben auch mal eine klare Szene, einen starken Pfiff, um richtig in die Partie zu kommen und die vielleicht vorhandene Anspannung abzulegen", sagt Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich, an diesem Tag auch Beobachter. Aber genau diese Situation will zunächst nicht kommen. Bis zur 38. Minute.

16:08 Uhr: Ein Konter der Hertha. Mittelfeldspieler Darida wird gefoult, schafft es aber, den Ball auf seinen Teamkollegen Leckie zu passen. Bibiana Steinhaus erkennt den Vorteil, pfeift nicht und ermöglicht den Gastgebern somit die Führung. "Zuvor hatte sie bei zwei unwichtigen Vorteilssituationen ein wenig Pech. Das hier war eine perfekte Szene, eine starke Entscheidung", sagt Fröhlich, unmittelbar nach der Szene umringt von einigen Medienvertretern, die wissen wollen, wie er die Situation einordnet.

17:18 Uhr: Nach 93 Minuten Spielzeit und zwei kniffligen, aber korrekt entschiedenen Strafraumsituationen pfeift Bibiana Steinhaus an diesem Tag zum letzten Mal in ihre Pfeife, beendet das erste Bundesligaspiel unter Leitung einer Frau. Dafür, dass es eine historische Partie gewesen ist, war alles ziemlich unspektakulär und unaufgeregt. Vielleicht das größte Lob für die "Pionierin des Weltfußballs" (so die spanische Sportzeitung Mundo Deportivo), die im Mittelkreis Spielern und Trainern die Hände schüttelt, ihren Kollegen zu einer sehr guten Teamleistung gratuliert. "Bibiana Steinhaus kann ich nur loben. Das hat alles gepasst. Die Vorteilsentscheidung vor unserem Treffer – dass spricht für ihre Erfahrung", sagt Herthas Trainer Pal Dardai. Und sein Kapitän Vedad Ibisevic fügt an: "Starke Leistung – ich würde mir wünschen, dass es mehr Schiedsrichterinnen in der Bundesliga geben würde."

17:31 Uhr: Merklich erleichtert sitzt Bibiana Steinhaus mit ihrem Team in der Schiedsrichter-Kabine. "War was?", fragt sie lachend, als Reinhard Grindel und Lutz Michael Fröhlich hereinkommen, um ihr zum gelungenen Einstand zu gratulieren. Aber die Perfektionistin Steinhaus wäre nicht sie selbst, wenn sie im kurzen Coaching-Gespräch mit ihrem Chef Fröhlich nicht gleich die wenigen gemachten, kleinen Fehler ansprechen würde: "Für den Anfang war das sehr gut, aber es gibt bei meiner Leistung schon noch Luft nach oben. Aber ich bin froh, dass es so gelaufen ist. Ob es nun historisch war, sollen andere beurteilen." Kaum gesagt, klopft es bereits wieder an der Tür. Vertreter beider Vereine überreichen Blumen, als Erinnerung an das erste Spiel. Vielleicht ein kleiner Trost dafür, dass der Spielball, den Bibiana Steinhaus ursprünglich als Andenken mitnehmen wollte, irgendwo verschwunden ist.

18:15 Uhr: Es ist wirklich ein besonderer Tag. Normalerweise ist der PK-Raum des Olympiastadions zu einer Zeit, zu der die Trainer längst ihre Statements abgegeben haben, weitestgehend leer. Heute nicht. Schließlich soll ja noch eine frisch geduschte Bibiana Steinhaus ihre Statements zum Spiel und den vergangenen Wochen abgeben. Macht sie natürlich gerne, genauso unaufgeregt wie immer: "Ich bin ehrlich gesagt erleichtert, dass dieses eine, dieses erste Spiel vorbei ist. Hoffentlich kehrt jetzt ein wenig Normalität ein. Und ich würde mich freuen, wenn sie meinen Kollegen in Zukunft auch eine so positive Aufmerksamkeit zukommen lassen würden, wie mir in den zurückliegenden Wochen." Schließlich, so fügt sie an, sei sie doch wirklich nur eine von 24. Stimmt, aber eben auch eine, die gerade ein Stück Fußballgeschichte geschrieben hat.

# [sb]

Der 10. September 2017 war ein sonniger Tag in Berlin. Und einer, an dem vor genau einem Jahr ein kleines Stück deutsche Fußballgeschichte geschrieben wurde. Als erste Schiedsrichterin leitete Bibiana Steinhaus eine Partie der höchsten deutschen Spielklasse. Insgesamt acht Einsätze bestritt Steinhaus in ihrer Premierensaison, die Begegnung zwischen Hertha BSC und dem SV Werder Bremen nimmt in den Erinnerungen der Schiedsrichterin einen außergewöhnlichen Stellenwert ein. DFB.de hat die 39 Jahre alte Unparteiische aus Bad Lauterberg am Tag ihrer Bundesligapremiere, begleitet - angefangen beim Frühstück bis weit nach Spielende. Ein besonderer Rückblick.

9:47 Uhr: Plötzlich ist es so weit. Beim Frühstück mit ihren Assistenten in einem Hotel unweit der Spree. Irgendwann zwischen Omelett, Kaffee und Müsli. "Bislang war ich total entspannt, aber jetzt bin ich doch schon ein wenig aufgeregt." Verständlich, schließlich soll sie, Bibiana Steinhaus, rund fünf Stunden später als erste Frau in der deutschen Fußballhistorie eine Partie der Bundesliga der Männer leiten – die des 3. Spieltags zwischen Hertha BSC und Werder Bremen. Angesichts einer solch besonderen Aufgabe ist ein bisschen Aufregung durchaus legitim.

Vielleicht bringt ja der Blick in die Sonntagszeitungen auf dem Tisch ein wenig Ablenkung. Weit gefehlt, hier ein Bild von ihr auf der Titelseite, dort eine Aufmachergeschichte im Sportteil. Und da sogar ein Bild von ihr, wie sie gestern hier im Hotel eingecheckt hat. Sportgeschichte schreiben geht offenbar tatsächlich nicht ohne mediale Aufmerksamkeit. Auch für Bibiana Steinhaus nicht. Mehr als 100 Interviewanfragen aus der ganzen Welt hat sie seit ihrer "Beförderung" Mitte Mai bekommen. Einen kleinen Teil davon hat sie nur erfüllen können. "Natürlich gehört Medienarbeit dazu und im Sinne der Schiedsrichter mache ich das auch sehr gerne. Aber vor allem will ich mich auf die neue Aufgabe konzentrieren und perfekt vorbereiten", sagt die in Engelbostel bei Hannover wohnende Polizeibeamtin. Eine neue Aufgabe, die heute nun endlich beginnen wird.

13:12 Uhr: Bibiana Steinhaus und ihre Assistenten Thomas Stein und Christof Günsch sowie der Vierte Offizielle Robert Schröder erreichen die Katakomben des Olympiastadions. Auch hier warten wieder Fotografen. Die Nervosität ist immer noch spürbar. Doch jetzt beginnt die Routine, die Vorbereitung im Stadion auf das Spiel. Das hilft, die Unruhe zumindest phasenweise zu vergessen. Alles wird gecheckt – die Headsets, die Uhren für die Torlinientechnik und natürlich die Funkverbindung zum Video-Assistenten Harm Osmers in Köln. Passt alles, dann raus zur Platzbegehung in einem nahezu noch menschenleeren Stadion. Kontrolle des Spielfelds, der Tore, ein paar Hände am Spielfeldrand schütteln.

14:49 Uhr: Es wird allmählich ernst. Die Vorbereitungen in der Kabine sind abgeschlossen, alle organisatorischen Dinge erledigt. Zeit zum Aufwärmen. Im weißen Shirt geht es durch die Flure im Bauch des Olympiastadions. Vorbei an der Heimkabine der Hertha, eine steile Treppe runter, durch die noch verwaiste Mixed Zone, raus, eine paar Stufen hoch ins Stadion. Die Ränge sind schon gut besetzt. Sicher auch, weil einige Zuschauerinnen ein "Bibiana-Steinhaus-Ticket" zum halben Preis erstanden haben. Eine Aktion der Hertha zu diesem Spiel. Auf dem Weg zum Platz wieder ein paar Hände, die geschüttelt werden müssen. Man spürt, jeder kennt die Besonderheit dieser Partie. Sogar Herthinho, das bärige Hertha-Maskottchen, lässt es sich nicht nehmen, die Unparteiische einmal kurz zu herzen. Und es gibt Applaus, als Bibiana Steinhaus ihr Warm-up auf dem Spielfeld beginnt.

14:56 Uhr: Die zweimalige "Weltschiedsrichterin des Jahres", die Ende 2017 die dritte Auszeichnung erhalten hat, ist gerade mitten im Stretching, da flimmert ein Film über die Videoleinwände. Mehr oder weniger bekannte Frauen, die Geschichte geschrieben haben, sind zu sehen. Hildegard Wegscheider beispielsweise, die erste deutsche Abiturientin. Aber auch die Erfinderin der Currywurst, Herta Heuwer, Marlene Dietrich als erste Deutsche mit einem Stern auf dem Walk of Fame. Und natürlich Angela Merkel als erste deutsche Bundeskanzlerin. "In Berlin haben Frauen schon immer die Zukunft gestaltet", so der Titel des Trailers, an dessen Ende, na klar, Bibiana Steinhaus zu sehen ist. Für viele Beobachter ist es eben doch etwas Besonderes, was hier heute passiert. Auch wenn das die Polizeibeamtin aus Bad Lauterberg, die seit zehn Jahren in der 2. Bundesliga pfeift, persönlich ein wenig anders sieht. Zu Recht, erfüllt sie doch Jahr für Jahr die gleichen (Leistungs-) Kriterien wie ihre männlichen Kollegen. "Wir sind 24 Bundesliga-Schiedsrichter, es geht für uns nach Leistung, nicht nach Geschlecht. Der einzige Unterschied ist nur, dass ich halt die einzige mit einem blonden Pferdeschwanz bin", sagt sie und lächelt.

15:03 Uhr: Ende des Aufwärmens. Kurz zurück in die Kabine, das Schiedsrichtertrikot anziehen, sich noch mal sammeln. Auf dem Weg dahin eine kurze Begegnung mit Peter Gagelmann. Der langjährige Bundesliga-Schiedsrichter und heutige Sky-Experte ist zur Premiere von Steinhaus, die er seit Jahren kennt und schätzt, extra nach Berlin gekommen. Auch er lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen, schnell noch viel Glück für das Debüt zu wünschen.

15:28 Uhr: Es geht los. Die Mannschaften sind aus den Kabinen geholt, 22 Paar Stutzen und Schuhe kontrolliert. Raus geht es ins mit knapp 50.000 Zuschauern besetzte Olympiastadion. Auf den Rängen auch DFB-Präsident Reinhard Grindel, der Bibiana Steinhaus als Vorbild für viele junge Schiedsrichterinnen in Deutschland bezeichnet. In diesem Moment wirkt die fünfmalige deutsche "Schiedsrichterin des Jahres" allerdings ein wenig blass um die Nase, aber das mag täuschen. Anmerken lässt sie sich auf jeden Fall nichts, sie wirkt souverän wie immer.

15:39 Uhr: Die beiden Teams machen es Bibiana Steinhaus leicht, ins Spiel zu finden. Oder eben auch nicht. "Manchmal brauchst du als Schiedsrichter in den ersten Minuten eines Spiels eben auch mal eine klare Szene, einen starken Pfiff, um richtig in die Partie zu kommen und die vielleicht vorhandene Anspannung abzulegen", sagt Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich, an diesem Tag auch Beobachter. Aber genau diese Situation will zunächst nicht kommen. Bis zur 38. Minute.

16:08 Uhr: Ein Konter der Hertha. Mittelfeldspieler Darida wird gefoult, schafft es aber, den Ball auf seinen Teamkollegen Leckie zu passen. Bibiana Steinhaus erkennt den Vorteil, pfeift nicht und ermöglicht den Gastgebern somit die Führung. "Zuvor hatte sie bei zwei unwichtigen Vorteilssituationen ein wenig Pech. Das hier war eine perfekte Szene, eine starke Entscheidung", sagt Fröhlich, unmittelbar nach der Szene umringt von einigen Medienvertretern, die wissen wollen, wie er die Situation einordnet.

17:18 Uhr: Nach 93 Minuten Spielzeit und zwei kniffligen, aber korrekt entschiedenen Strafraumsituationen pfeift Bibiana Steinhaus an diesem Tag zum letzten Mal in ihre Pfeife, beendet das erste Bundesligaspiel unter Leitung einer Frau. Dafür, dass es eine historische Partie gewesen ist, war alles ziemlich unspektakulär und unaufgeregt. Vielleicht das größte Lob für die "Pionierin des Weltfußballs" (so die spanische Sportzeitung Mundo Deportivo), die im Mittelkreis Spielern und Trainern die Hände schüttelt, ihren Kollegen zu einer sehr guten Teamleistung gratuliert. "Bibiana Steinhaus kann ich nur loben. Das hat alles gepasst. Die Vorteilsentscheidung vor unserem Treffer – dass spricht für ihre Erfahrung", sagt Herthas Trainer Pal Dardai. Und sein Kapitän Vedad Ibisevic fügt an: "Starke Leistung – ich würde mir wünschen, dass es mehr Schiedsrichterinnen in der Bundesliga geben würde."

17:31 Uhr: Merklich erleichtert sitzt Bibiana Steinhaus mit ihrem Team in der Schiedsrichter-Kabine. "War was?", fragt sie lachend, als Reinhard Grindel und Lutz Michael Fröhlich hereinkommen, um ihr zum gelungenen Einstand zu gratulieren. Aber die Perfektionistin Steinhaus wäre nicht sie selbst, wenn sie im kurzen Coaching-Gespräch mit ihrem Chef Fröhlich nicht gleich die wenigen gemachten, kleinen Fehler ansprechen würde: "Für den Anfang war das sehr gut, aber es gibt bei meiner Leistung schon noch Luft nach oben. Aber ich bin froh, dass es so gelaufen ist. Ob es nun historisch war, sollen andere beurteilen." Kaum gesagt, klopft es bereits wieder an der Tür. Vertreter beider Vereine überreichen Blumen, als Erinnerung an das erste Spiel. Vielleicht ein kleiner Trost dafür, dass der Spielball, den Bibiana Steinhaus ursprünglich als Andenken mitnehmen wollte, irgendwo verschwunden ist.

18:15 Uhr: Es ist wirklich ein besonderer Tag. Normalerweise ist der PK-Raum des Olympiastadions zu einer Zeit, zu der die Trainer längst ihre Statements abgegeben haben, weitestgehend leer. Heute nicht. Schließlich soll ja noch eine frisch geduschte Bibiana Steinhaus ihre Statements zum Spiel und den vergangenen Wochen abgeben. Macht sie natürlich gerne, genauso unaufgeregt wie immer: "Ich bin ehrlich gesagt erleichtert, dass dieses eine, dieses erste Spiel vorbei ist. Hoffentlich kehrt jetzt ein wenig Normalität ein. Und ich würde mich freuen, wenn sie meinen Kollegen in Zukunft auch eine so positive Aufmerksamkeit zukommen lassen würden, wie mir in den zurückliegenden Wochen." Schließlich, so fügt sie an, sei sie doch wirklich nur eine von 24. Stimmt, aber eben auch eine, die gerade ein Stück Fußballgeschichte geschrieben hat.

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