Vor 75 Jahren: Schalke erster Doublesieger

Heute vor 75 Jahren gewann Schalke 04 als erster deutscher Verein überhaupt das Double. In Köln schlugen die Knappen, die bereits Meister 1937 waren, am 9. Januar 1938 Fortuna Düsseldorf im Pokalfinale mit 2:1. Für DFB.de blickt der Historiker und Autor Udo Muras zurück.

Im noch jungen Jahrtausend hat es im deutschen Fußball schon jetzt weit mehr Doubles gegeben als noch in den Neunzehnhunderterjahren. Dass der Meister auch Pokalsieger wird, ist längst nichts Besonderes mehr. Den Bayern glückte das seit 2000 schon sechsmal (2000, 2003, 2005, 2006, 2008, 2010), auch Werder Bremen (2004) und Borussia Dortmund (2012) haben das Kunststück schon geschafft.

Vor der Jahrtausendwende allerdings war das noch eine ausgesprochene Seltenheit, es klappte nur viermal. Möglich war es überhaupt erst seit 1935, als der Pokal eingeführt wurde - damals noch unter dem Namen des nationalsozialistischen "Reichssportführers Hans von Tschammer und Osten" - als Tschammer-Pokal firmierend.

Drittes Pokalfinale in Folge

Und die ersten, die sich anschickten, das Double zu gewinnen, waren die Stars jener Epoche - die Schalker. Sie waren 1937 bereits zum dritten Mal in Folge ins Pokalfinale eingezogen, gewonnen hatten sie es nie. Bei der Premiere 1935 vergaben sie gegen Nürnberg gleich die ersten Doublechance, 1936 standen sie mit leeren Händen da (Dritter in der Meisterschaft und wieder Zweiter im Pokal, durch ein 1:2 im Endspiel gegen VfB Leipzig). Ins Pokalfinale von 1937 aber gingen sie als aktueller Meister - und im festen Glauben, dass aller guten Dinge drei sind.

Die Schalker waren zu jener Zeit das Nonplusultra des deutschen Fußballs, obwohl sie nur dienstags und donnerstags trainierten. Beruflich waren sie fast alle bei der Zeche "Consolidation" in Gelsenkirchen angestellt. Wenn auch die wenigsten unter Tage, sondern in der Verwaltung. Aber dennoch galten sie als die "Knappen", die mit ihren Anhängern gemeinsam schufteten. Die Glückauf-Kampfbahn war ihr gemeinsames Zuhause und wurde in jenen Tagen zur ersten Kultstätte des deutschen Fußballs.

Elf Gelsenkirchner für Schalke

Alle Spieler kamen aus Gelsenkirchen, worauf Kapitän Ernst Kuzorra Wert legte. "Wir haben genügend Talente in der eigenen Stadt, wir brauchen keine auswärtige Hilfe", sagte er. Entsprechend war der Zusammenhalt der Elf von Trainer Otto Faist. Als Ernst Poertgen zwei Wochen vor dem Finale heiratete, war die ganze Mannschaft auf der Feier - auch wenn Poertgen durch die Hochzeit zum ersten Auswärtigen wurde, da er in die Heimat seiner Frau nach Bonn zog. Das war gerade noch zu verzeihen.

Die Schalker waren durch fünf knappe Siege ins Finale gelangt, in Braunschweig gewannen sie erst durch ein Tor in der 120. Minute, auch im Halbfinale gegen Waldhof (2:1) mussten sie kräftig zittern. Und so gingen sie auch keineswegs als unumschränkter Favorit ins Finale gegen Fortuna Düsseldorf, die 1933 zum ersten und einzigen Mal Deutscher Meister geworden war.

In der Presse war vom "geheimnisvollen Pokalpech der Schalker" zu lesen, weshalb der Völkische Beobachter voraussah, dass "Fortuna knapp gewinnen kann". Ein Leserbrief-Schreiber setzte auf die rheinische Gelassenheit der Fortunen um den späteren Rekordnationalspieler Paul Janes: "Rheinländer haben gute Nerven (…) und darum tippe ich heute schon Fortuna als Pokalsieger."

Finale von Duisburg nach Köln verlegt

Das Vorgeplänkel gehört zu jedem Finale, eine andere Geschichte nicht unbedingt. Weniger das Datum für das Finale 1937, das schon ins Jahr 1938 fiel, da man noch im Kalenderjahr spielte und erst Ende August angefangen hatte. Nein, das war schon im Vorjahr so gewesen. Aber der Austragungsort sorgte für Aufsehen und Unruhe: Das Fachamt Fußball gab das Finale zwar vernünftigerweise in den Westen, aber in ein viel zu kleines Stadion.

In Duisburg gab es nur 35.000 Plätze, während in Köln 78.000 Menschen Platz fanden. So begaben sich Vertreter beider Finalisten im Dezember 1937 nach Berlin, um den Verband umzustimmen. Es gelang, und so erhielt Köln den Zuschlag, obwohl am 9. Januar 1938 dort auch Eiskunstlaufmeisterschaften stattfanden.

Dieser Konkurrenz hatte der Verband ursprünglich ausweichen wollen, auch sollten beide Teams möglichst gleich weite Anreisewege haben. Doch sie bevorzugten die große Kulisse, und als Duisburg dann auch noch kundtat, man könne so ein bedeutendes Spiel kaum organisieren, erhielt das Müngersdorfer Stadion zur Freude der Fußballfreunde den Zuschlag. Offiziell fanden sich am Spieltag 72.000 Zuschauer ein.

Kalwitzki und Szepan überrumpeln Fortuna nach der Pause

Schalke spielte mit einer Ausnahme mit der Meister-Elf, nur Otto Schweißfurth fiel verletzt aus. Der berühmte Schalker Kreisel kam zunächst nicht ins Laufen, in der ersten Halbzeit fielen keine Tore, es war ein zerfahrenes Spiel.

Was dann in der Schalker Kabine geschah, würde man heute noch gerne wissen, denn schon zwei Minuten nach Wiederanpfiff war das Finale quasi entschieden. Ernst Kalwitzi (46.) und Fritz Szepan (47.) überrumpelten die Fortunen regelrecht und schossen eine 2:0-Führung heraus, die Paul Janes erst kurz vor Schluss per Handelfmeter (83.) verkürzen konnte.

Aber es blieb beim Schalker Sieg, damit war das erste Double in der Historie des deutschen Fußballs perfekt. Damals ahnte niemand, dass es in der Schalker Historie einmalig bleiben sollte - bis heute.

Die Doublesieger von Schalke 04: Hans Klodt - Hans Bornemann, Ernst Sontow, Otto Tibulski, Walter Berg, Rudolf Gellesch, Ernst Kalwitzki, Fritz Szepan, Ernst Poertgen, Ernst Kuzorra, Adolf Urban; Trainer: Otto Faist

Die Elf von Fortuna Düsseldorf: Willi Pesch - Paul Janes, Bernhard Kluth, Paul Mehl, Jakob Bender, Edmund Czaika, Ernst Albrecht, Willi Wigold, Hans Heibach, Felix Zwolanowski, Stanislaus Kobierski; Trainer: Karl Flink

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Heute vor 75 Jahren gewann Schalke 04 als erster deutscher Verein überhaupt das Double. In Köln schlugen die Knappen, die bereits Meister 1937 waren, am 9. Januar 1938 Fortuna Düsseldorf im Pokalfinale mit 2:1. Für DFB.de blickt der Historiker und Autor Udo Muras zurück.

Im noch jungen Jahrtausend hat es im deutschen Fußball schon jetzt weit mehr Doubles gegeben als noch in den Neunzehnhunderterjahren. Dass der Meister auch Pokalsieger wird, ist längst nichts Besonderes mehr. Den Bayern glückte das seit 2000 schon sechsmal (2000, 2003, 2005, 2006, 2008, 2010), auch Werder Bremen (2004) und Borussia Dortmund (2012) haben das Kunststück schon geschafft.

Vor der Jahrtausendwende allerdings war das noch eine ausgesprochene Seltenheit, es klappte nur viermal. Möglich war es überhaupt erst seit 1935, als der Pokal eingeführt wurde - damals noch unter dem Namen des nationalsozialistischen "Reichssportführers Hans von Tschammer und Osten" - als Tschammer-Pokal firmierend.

Drittes Pokalfinale in Folge

Und die ersten, die sich anschickten, das Double zu gewinnen, waren die Stars jener Epoche - die Schalker. Sie waren 1937 bereits zum dritten Mal in Folge ins Pokalfinale eingezogen, gewonnen hatten sie es nie. Bei der Premiere 1935 vergaben sie gegen Nürnberg gleich die ersten Doublechance, 1936 standen sie mit leeren Händen da (Dritter in der Meisterschaft und wieder Zweiter im Pokal, durch ein 1:2 im Endspiel gegen VfB Leipzig). Ins Pokalfinale von 1937 aber gingen sie als aktueller Meister - und im festen Glauben, dass aller guten Dinge drei sind.

Die Schalker waren zu jener Zeit das Nonplusultra des deutschen Fußballs, obwohl sie nur dienstags und donnerstags trainierten. Beruflich waren sie fast alle bei der Zeche "Consolidation" in Gelsenkirchen angestellt. Wenn auch die wenigsten unter Tage, sondern in der Verwaltung. Aber dennoch galten sie als die "Knappen", die mit ihren Anhängern gemeinsam schufteten. Die Glückauf-Kampfbahn war ihr gemeinsames Zuhause und wurde in jenen Tagen zur ersten Kultstätte des deutschen Fußballs.

Elf Gelsenkirchner für Schalke

Alle Spieler kamen aus Gelsenkirchen, worauf Kapitän Ernst Kuzorra Wert legte. "Wir haben genügend Talente in der eigenen Stadt, wir brauchen keine auswärtige Hilfe", sagte er. Entsprechend war der Zusammenhalt der Elf von Trainer Otto Faist. Als Ernst Poertgen zwei Wochen vor dem Finale heiratete, war die ganze Mannschaft auf der Feier - auch wenn Poertgen durch die Hochzeit zum ersten Auswärtigen wurde, da er in die Heimat seiner Frau nach Bonn zog. Das war gerade noch zu verzeihen.

Die Schalker waren durch fünf knappe Siege ins Finale gelangt, in Braunschweig gewannen sie erst durch ein Tor in der 120. Minute, auch im Halbfinale gegen Waldhof (2:1) mussten sie kräftig zittern. Und so gingen sie auch keineswegs als unumschränkter Favorit ins Finale gegen Fortuna Düsseldorf, die 1933 zum ersten und einzigen Mal Deutscher Meister geworden war.

In der Presse war vom "geheimnisvollen Pokalpech der Schalker" zu lesen, weshalb der Völkische Beobachter voraussah, dass "Fortuna knapp gewinnen kann". Ein Leserbrief-Schreiber setzte auf die rheinische Gelassenheit der Fortunen um den späteren Rekordnationalspieler Paul Janes: "Rheinländer haben gute Nerven (…) und darum tippe ich heute schon Fortuna als Pokalsieger."

Finale von Duisburg nach Köln verlegt

Das Vorgeplänkel gehört zu jedem Finale, eine andere Geschichte nicht unbedingt. Weniger das Datum für das Finale 1937, das schon ins Jahr 1938 fiel, da man noch im Kalenderjahr spielte und erst Ende August angefangen hatte. Nein, das war schon im Vorjahr so gewesen. Aber der Austragungsort sorgte für Aufsehen und Unruhe: Das Fachamt Fußball gab das Finale zwar vernünftigerweise in den Westen, aber in ein viel zu kleines Stadion.

In Duisburg gab es nur 35.000 Plätze, während in Köln 78.000 Menschen Platz fanden. So begaben sich Vertreter beider Finalisten im Dezember 1937 nach Berlin, um den Verband umzustimmen. Es gelang, und so erhielt Köln den Zuschlag, obwohl am 9. Januar 1938 dort auch Eiskunstlaufmeisterschaften stattfanden.

Dieser Konkurrenz hatte der Verband ursprünglich ausweichen wollen, auch sollten beide Teams möglichst gleich weite Anreisewege haben. Doch sie bevorzugten die große Kulisse, und als Duisburg dann auch noch kundtat, man könne so ein bedeutendes Spiel kaum organisieren, erhielt das Müngersdorfer Stadion zur Freude der Fußballfreunde den Zuschlag. Offiziell fanden sich am Spieltag 72.000 Zuschauer ein.

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Kalwitzki und Szepan überrumpeln Fortuna nach der Pause

Schalke spielte mit einer Ausnahme mit der Meister-Elf, nur Otto Schweißfurth fiel verletzt aus. Der berühmte Schalker Kreisel kam zunächst nicht ins Laufen, in der ersten Halbzeit fielen keine Tore, es war ein zerfahrenes Spiel.

Was dann in der Schalker Kabine geschah, würde man heute noch gerne wissen, denn schon zwei Minuten nach Wiederanpfiff war das Finale quasi entschieden. Ernst Kalwitzi (46.) und Fritz Szepan (47.) überrumpelten die Fortunen regelrecht und schossen eine 2:0-Führung heraus, die Paul Janes erst kurz vor Schluss per Handelfmeter (83.) verkürzen konnte.

Aber es blieb beim Schalker Sieg, damit war das erste Double in der Historie des deutschen Fußballs perfekt. Damals ahnte niemand, dass es in der Schalker Historie einmalig bleiben sollte - bis heute.

Die Doublesieger von Schalke 04: Hans Klodt - Hans Bornemann, Ernst Sontow, Otto Tibulski, Walter Berg, Rudolf Gellesch, Ernst Kalwitzki, Fritz Szepan, Ernst Poertgen, Ernst Kuzorra, Adolf Urban; Trainer: Otto Faist

Die Elf von Fortuna Düsseldorf: Willi Pesch - Paul Janes, Bernhard Kluth, Paul Mehl, Jakob Bender, Edmund Czaika, Ernst Albrecht, Willi Wigold, Hans Heibach, Felix Zwolanowski, Stanislaus Kobierski; Trainer: Karl Flink