Vor 40 Jahren: Deutschland verliert WM-Finale gegen Italien

Heute vor 40 Jahren bestritt Deutschland sein viertes WM-Finale. Es ist im Rückblick das glanzloseste, denn es wurde 1:3 gegen Italien verloren und enthielt keine Dramen der Marke Wembley-Tor 1966. Der Nationalmannschaft geschah kein Unrecht, sie war einfach schwächer an diesem 11. Juli 1982 im Stadion Santiago Bernabeu. Es war ein Finale zwischen zwei Mannschaften, denen man es nach der Vorrunde kaum zugetraut hatte, noch so weit zu kommen. DFB.de blickt zurück.

Europameister Deutschland war zwar favorisiert ins Turnier gegangen, hatte aber zum Auftakt gleich 1:2 gegen Algerien verloren. Italien, der WM-Vierte von 1978, hatte gar kein Spiel gewonnen und sich mit drei Unentschieden durchgemogelt. Aber beide bestätigten ihren Ruf als Turniermannschaften und steigerten sich. Italien bot beim 3:2 gegen Favorit Brasilien in der Zwischenrunde eins der besten WM-Spiele aller Zeiten und schlug auch Titelverteidiger Argentinien mit 2:1. Die Deutschen schrieben im dramatischen Halbfinale von Sevilla Geschichte, als sie Frankreich im ersten Elfmeterschießen bei einer WM-Endrunde eliminierten (8:7).

Aber sie hatten objektiv die schlechteren Vorzeichen zu bewältigen: Sie hatten einen halben Tag weniger Ruhe. Ihr Spiel endete viel später als das Halbfinale der Italiener gegen Polen (2:0) und noch um drei Uhr nachts saßen sie in Sevilla am Flughafen fest, weil es angeblich seit 90 Minuten keine Startgenehmigung gab. Bundestrainer Jupp Derwall drohte: "Wenn wir in zehn Minuten noch nicht gestartet sind, verlässt die Mannschaft das Flugzeug." Plötzlich ging es, und um fünf Uhr bekamen die Sieger von Sevilla noch ein "Abendessen" in Madrid, da die Hotelbelegschaft extra auf den Beinen geblieben war. So gab es Steaks quasi zum Frühstück.

Fischer: "Nach dem 1:0 war die Entscheidung gegen uns gefallen"

Im Finale war die deutsche Mannschaft dann zu keiner Steigerung mehr fähig - und das war gegen die Italiener zu wenig. Jupp Derwall ließ seine Sieger von Sevilla spielen, nur Felix Magath musste dem angeschlagenen, aber unverzichtbaren Superstar Karl-Heinz Rummenigge weichen. Zur Halbzeit stand es nur deshalb noch 0:0, weil Antonio Cabrini einen Elfmeter verschoss. Als er anlief, flog eine Rakete aus dem Block hinter dem Tor dicht neben den Elfmeterpunkt.

Der deutsche Sturm brachte zu wenig Entlastung. Das lag vor allem an Rummenigge, der sich für fit erklärt hatte und es doch nicht war. "Willst du dich nicht endlich auswechseln lassen?", fragte ihn Libero Uli Stielike noch in der Halbzeit, "das sieht doch jeder, dass du nicht fit bist." Der Kapitän konterte bayerisch-derb: "Schmarrn!" Erst nach Paolo Rossis 1:0, dessen sechstes Tor in Serie bei diesem Turnier, reagierte Derwall. Aber nicht Rummenigge, sondern Wolfgang Dremmler musste Sturmtank Horst Hrubesch weichen.

Wieder regte sich Stielike auf. Den Journalisten sagte er nach dem Spiel: "Wie kann man den Dremmler auswechseln, der ackert und die Drecksarbeit macht, während andere im Mittelfeld versagen?" Für Klaus Fischer war "nach dem 1:0 die Entscheidung gegen uns schon gefallen. Uns fehlte einfach die Kraft, um uns gegen die drohende Niederlage aufzubäumen." Zu lang war die Nacht von Sevilla gewesen, "da haben wir das Finale schon verloren", so Derwall.

Breitner trifft zum zweiten Mal in einem WM-Finale

Nach 70 Minuten, Marco Tardelli hatte soeben auf 2:0 erhöht, ging der deutsche Kapitän, der mit fünf Treffern immerhin zweitbester Torjäger in Spanien war, dann doch von Bord. Es war Rummenigges persönliche Tragik, dass er nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war, als es um den WM-Titel ging. Was sich 1986 in Mexiko wiederholen sollte.

Die sich nun an sich selbst berauschenden Italiener entschieden ein am Ende einseitiges Finale ohne Mythen und Dramen durch Alessandro Altobellis 3:0 und gönnten Paul Breitner im Anschluss an einen Freistoß des eingewechselten Hansi Müller noch das Ehrentor zum 3:1-Endstand. Damit war der Bayern-Profi der dritte Fußballer nach den Brasilianern Vava und Pele, der in zwei WM-Endspielen getroffen hatte. 2006 stieß noch der Franzose Zinédine Zidane in diesen exklusiven Kreis.

1974 half Breitners Tor zum Sieg, diesmal änderte es nichts am zweiten Platz. Dass dazwischen Welten liegen können, spürte gerade Breitner besonders. Als Derwall in der Kabine begann, tröstend das Abschneiden zu loben, fiel ihm Breitner ins Wort: "Schon gut, Trainer. Sie brauchen nichts mehr zu sagen." Der angereiste Bundeskanzler Helmut Schmidt konnte da mitfühlen: "Ich bin kein Trostspender. Die Spieler müssen jetzt ein freundliches Gesicht machen wie ich nach verlorenen Wahlschlachten." Sein Amtskollege, der 84-jährige Sandro Pertini, hatte einen schöneren Sonntag erlebt. Bei jedem Tor war er aufgesprungen und sagte stolz: "Ich bin Italiens erster Tifoso." Trainer Enzo Bearzot sprach von "den schönsten 90 Minuten meines Lebens".

Noch ein verlorenes WM-Finale bis zum dritten Stern

Jupp Derwall, am Flughafen auch mit Schmäh-Transparenten empfangen, verstand noch lange nicht, warum ein zweiter Platz in der Welt so wenig wert sein sollte. Noch im Oktober 1982 sagte er: "Es wäre schön, wenn bei aller tiefschürfenden Kritik an dieser WM das Resultat eines Vizeweltmeistertitels nicht ganz vergessen würde und wir die Chance nutzen würden, auch der Mannschaft das Gefühl zu geben, etwas geleistet zu haben."

Das allerdings bekam sie schon am Frankfurter Römer, wo ihr von 5000 Fans ein herzlicher Empfang bereitet wurde. Danach hatte es nach der Gruppenphase wahrlich nicht ausgesehen. Die Fachwelt aber war sich einig: Italien war der verdiente Weltmeister, und das zum dritten Mal. Die Deutschen mussten noch acht Jahre auf ihren dritten Stern warten. Pierre Littbarski und Lothar Matthäus, 1982 auf der Tribüne, gingen den langen Weg mit, auf dem 1986 zunächst ein weiteres verlorenes Finale lag.

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Heute vor 40 Jahren bestritt Deutschland sein viertes WM-Finale. Es ist im Rückblick das glanzloseste, denn es wurde 1:3 gegen Italien verloren und enthielt keine Dramen der Marke Wembley-Tor 1966. Der Nationalmannschaft geschah kein Unrecht, sie war einfach schwächer an diesem 11. Juli 1982 im Stadion Santiago Bernabeu. Es war ein Finale zwischen zwei Mannschaften, denen man es nach der Vorrunde kaum zugetraut hatte, noch so weit zu kommen. DFB.de blickt zurück.

Europameister Deutschland war zwar favorisiert ins Turnier gegangen, hatte aber zum Auftakt gleich 1:2 gegen Algerien verloren. Italien, der WM-Vierte von 1978, hatte gar kein Spiel gewonnen und sich mit drei Unentschieden durchgemogelt. Aber beide bestätigten ihren Ruf als Turniermannschaften und steigerten sich. Italien bot beim 3:2 gegen Favorit Brasilien in der Zwischenrunde eins der besten WM-Spiele aller Zeiten und schlug auch Titelverteidiger Argentinien mit 2:1. Die Deutschen schrieben im dramatischen Halbfinale von Sevilla Geschichte, als sie Frankreich im ersten Elfmeterschießen bei einer WM-Endrunde eliminierten (8:7).

Aber sie hatten objektiv die schlechteren Vorzeichen zu bewältigen: Sie hatten einen halben Tag weniger Ruhe. Ihr Spiel endete viel später als das Halbfinale der Italiener gegen Polen (2:0) und noch um drei Uhr nachts saßen sie in Sevilla am Flughafen fest, weil es angeblich seit 90 Minuten keine Startgenehmigung gab. Bundestrainer Jupp Derwall drohte: "Wenn wir in zehn Minuten noch nicht gestartet sind, verlässt die Mannschaft das Flugzeug." Plötzlich ging es, und um fünf Uhr bekamen die Sieger von Sevilla noch ein "Abendessen" in Madrid, da die Hotelbelegschaft extra auf den Beinen geblieben war. So gab es Steaks quasi zum Frühstück.

Fischer: "Nach dem 1:0 war die Entscheidung gegen uns gefallen"

Im Finale war die deutsche Mannschaft dann zu keiner Steigerung mehr fähig - und das war gegen die Italiener zu wenig. Jupp Derwall ließ seine Sieger von Sevilla spielen, nur Felix Magath musste dem angeschlagenen, aber unverzichtbaren Superstar Karl-Heinz Rummenigge weichen. Zur Halbzeit stand es nur deshalb noch 0:0, weil Antonio Cabrini einen Elfmeter verschoss. Als er anlief, flog eine Rakete aus dem Block hinter dem Tor dicht neben den Elfmeterpunkt.

Der deutsche Sturm brachte zu wenig Entlastung. Das lag vor allem an Rummenigge, der sich für fit erklärt hatte und es doch nicht war. "Willst du dich nicht endlich auswechseln lassen?", fragte ihn Libero Uli Stielike noch in der Halbzeit, "das sieht doch jeder, dass du nicht fit bist." Der Kapitän konterte bayerisch-derb: "Schmarrn!" Erst nach Paolo Rossis 1:0, dessen sechstes Tor in Serie bei diesem Turnier, reagierte Derwall. Aber nicht Rummenigge, sondern Wolfgang Dremmler musste Sturmtank Horst Hrubesch weichen.

Wieder regte sich Stielike auf. Den Journalisten sagte er nach dem Spiel: "Wie kann man den Dremmler auswechseln, der ackert und die Drecksarbeit macht, während andere im Mittelfeld versagen?" Für Klaus Fischer war "nach dem 1:0 die Entscheidung gegen uns schon gefallen. Uns fehlte einfach die Kraft, um uns gegen die drohende Niederlage aufzubäumen." Zu lang war die Nacht von Sevilla gewesen, "da haben wir das Finale schon verloren", so Derwall.

Breitner trifft zum zweiten Mal in einem WM-Finale

Nach 70 Minuten, Marco Tardelli hatte soeben auf 2:0 erhöht, ging der deutsche Kapitän, der mit fünf Treffern immerhin zweitbester Torjäger in Spanien war, dann doch von Bord. Es war Rummenigges persönliche Tragik, dass er nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war, als es um den WM-Titel ging. Was sich 1986 in Mexiko wiederholen sollte.

Die sich nun an sich selbst berauschenden Italiener entschieden ein am Ende einseitiges Finale ohne Mythen und Dramen durch Alessandro Altobellis 3:0 und gönnten Paul Breitner im Anschluss an einen Freistoß des eingewechselten Hansi Müller noch das Ehrentor zum 3:1-Endstand. Damit war der Bayern-Profi der dritte Fußballer nach den Brasilianern Vava und Pele, der in zwei WM-Endspielen getroffen hatte. 2006 stieß noch der Franzose Zinédine Zidane in diesen exklusiven Kreis.

1974 half Breitners Tor zum Sieg, diesmal änderte es nichts am zweiten Platz. Dass dazwischen Welten liegen können, spürte gerade Breitner besonders. Als Derwall in der Kabine begann, tröstend das Abschneiden zu loben, fiel ihm Breitner ins Wort: "Schon gut, Trainer. Sie brauchen nichts mehr zu sagen." Der angereiste Bundeskanzler Helmut Schmidt konnte da mitfühlen: "Ich bin kein Trostspender. Die Spieler müssen jetzt ein freundliches Gesicht machen wie ich nach verlorenen Wahlschlachten." Sein Amtskollege, der 84-jährige Sandro Pertini, hatte einen schöneren Sonntag erlebt. Bei jedem Tor war er aufgesprungen und sagte stolz: "Ich bin Italiens erster Tifoso." Trainer Enzo Bearzot sprach von "den schönsten 90 Minuten meines Lebens".

Noch ein verlorenes WM-Finale bis zum dritten Stern

Jupp Derwall, am Flughafen auch mit Schmäh-Transparenten empfangen, verstand noch lange nicht, warum ein zweiter Platz in der Welt so wenig wert sein sollte. Noch im Oktober 1982 sagte er: "Es wäre schön, wenn bei aller tiefschürfenden Kritik an dieser WM das Resultat eines Vizeweltmeistertitels nicht ganz vergessen würde und wir die Chance nutzen würden, auch der Mannschaft das Gefühl zu geben, etwas geleistet zu haben."

Das allerdings bekam sie schon am Frankfurter Römer, wo ihr von 5000 Fans ein herzlicher Empfang bereitet wurde. Danach hatte es nach der Gruppenphase wahrlich nicht ausgesehen. Die Fachwelt aber war sich einig: Italien war der verdiente Weltmeister, und das zum dritten Mal. Die Deutschen mussten noch acht Jahre auf ihren dritten Stern warten. Pierre Littbarski und Lothar Matthäus, 1982 auf der Tribüne, gingen den langen Weg mit, auf dem 1986 zunächst ein weiteres verlorenes Finale lag.

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