Vor 30 Jahren in Seoul: Deutschland holt Bronze bei Olympia

Deutschland bei Olympia – das war über Jahrzehnte keine Erfolgsgeschichte. Nicht im Fußball. Während die DDR-Auswahl 1976 in Montreal Gold gewann, lief die Bundesrepublik – damals noch das Kaiserreich – dem Traum von einer Medaille seit der ersten Teilnahme 1912 hinterher. Bis heute vor 30 Jahren in Seoul der Bann gebrochen wurde. Die Auswahl von Trainer Hannes Löhr kehrte 1988 mit Bronze zurück von einem Turnier, wegen dem sogar die Bundesliga für vier Wochen unterbrochen wurde. Denn der DFB schickte – wie erstmals schon 1984 – eine Profimannschaft zu den Spielen.

Bei den unregelmäßigen Teilnahmen davor spielten nur Amateure, während beispielsweise die Ostblock-Staaten ihre Nationalmannschaften schickten. Nun waren nur Spieler ausgeschlossen, die schon WM-Erfahrungen hatten, aber keine Profis generell. So herrschte endlich "Waffengleichheit" und beim zweiten Anlauf konnten die Deutschen gleich etwas mit nach Hause bringen – Bronze! Es hätte sogar mehr sein können, denn im fünften Turnierspiel, dem Halbfinale gegen Brasilien, scheiterte die DFB-Auswahl erst im Elfmeterschießen. Kapitän Frank Mill baute die Kameraden in der Kabine wieder auf und schwor sie ein: "Jungs, lasst die Köpfe nicht hängen und seid nicht sauer. Jetzt wollen wir eben Bronze, das ist auch eine schöne Medaille."

2:0 nach 17 Minuten

Gegner Italien hatte auch 120 Minuten in den Knochen (nach einem 2:3 gegen die Russen) und hatte den Deutschen traditionell bei Turnieren Schwierigkeiten bereitet. Diesmal nicht. Löhr baute zwar noch etwas um, auch um fleißige Reservisten wie den Frankfurter Ralf Sievers zu belohnen, aber verschenken wollten sie den Trostpreis nicht. "Wir fahren hier nicht ohne Medaille nach Hause", kündigte Jürgen Klinsmann an, der wie Wolfram Wuttke und Frank Mill im Juni bereits an der EM teilgenommen hatte. Weil weitere Nationalelf-Kandidaten im Team standen – wie der junge Thomas Häßler – gab sich auch Teamchef Franz Beckenbauer die Ehre und nahm im Stadion von Seoul Platz. Als einer von 61.000, das Fußballturnier zog die Massen in ihren Bann.

Das Spiel entwickelte sich unerwartet gut aus deutscher Sicht, schon nach 17 Minuten hatten Jürgen Klinsmann und der Uerdinger Verteidiger Gerhard Kleppinger eine 2:0-Führung herausgeschossen und -geköpft. Sievers erinnerte sich noch 2016 auf DFB.de: "Man hatte nie das Gefühl, dass es in die Hose gehen konnte. Es war ein relativ faires Spiel, auch wenn es ordentlich zur Sache ging." Er bekam es mit Colombo vom AC Mailand zu tun, bekannteste Namen im Team der Italiener waren Mauro Tassotti und Andrea Carnevale. Der kommende Münchner Ruggiero Rizzitelli wurde eingewechselt, er sollte dem Spiel eine Wende geben. Aber kurz darauf erhöhte der Leverkusener Christian Schreier auf 3:0 (69). Das war auch der Endstand.

Kicker: "Bronze – das funkelt wie Gold!"

Von der Tribüne eilte Teamchef Franz Beckenbauer herunter und schüttelte allen die Hand. Sievers: "Ich war ganz stolz, dass er meinen Namen kannte." Im Hotel warteten schon die Glückwunschtelegramme von Bundeskanzler Helmut Kohl und Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Es war wie bei einem WM-Triumph, die anfangs belächelte Olympiaauswahl hatte viel für das Ansehen des deutschen Fußballs getan. So sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes: "Anfangs war ich ja der Meinung, man hätte eine Amateur-Mannschaft zu den Spielen schicken sollen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass unsere Mannschaft hervorragend abgeschnitten hat. Das war eine echte Werbung für den deutschen Fußball."

Großes Lob erntete vor allem Trainer Löhr. Wuttke bilanzierte damals: "Der Hannes nahm auf die Spieler Rücksicht und wir auf ihn. Nach zwei Jahren gemeinsamen Weges halte ich das für eine Sensation. Es gab nie einen internen Krach oder Theater in dieser Elf! Das ist mehr wert als eine Goldmedaille." Auch der Kicker stufte das Ergebnis als erstklassig ein: "Bronze – das funkelt wie Gold!" Unvergessliche Erinnerungen brachten sie alle mit, Verteidiger Michael Schulz Jahrzehnte vor Selfies sogar ein Foto mit der amerikanischen Sprintlegende Carl Lewis. Der Erfolg von Seoul blieb bis 2016 der größte, ehe die deutschen Kicker in Rio unter Horst Hrubesch sogar Silber holten. Auch diese Mannschaft war nur im Elfmeterschießen zu schlagen – von Brasilien…

Die Bronze-Medaillengewinner 1988:

Uwe Kamps, Thomas Hörster, Michael Schulz, Gerd Kleppinger, Thomas Häßler, Wolfram Wuttke, Roland Grahammer, Jürgen Klinsmann (alle je 6 Einsätze), Wolfgang Funkel, Frank Mill, Holger Fach, Armin Görtz ( alle je 5), Christian Schreier (4), Olaf Janßen (2), Ralf Sievers, Rudi Bommer, Fritz Walter, Karl-Heinz Riedle (alle je 1).

Torschützen:

Klinsmann (4), Mill (3), Wuttke (2) Grahammer, Schreier, Walter, Funkel, Kleppinger (alle je 1) sowie ein Eigentor.

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Deutschland bei Olympia – das war über Jahrzehnte keine Erfolgsgeschichte. Nicht im Fußball. Während die DDR-Auswahl 1976 in Montreal Gold gewann, lief die Bundesrepublik – damals noch das Kaiserreich – dem Traum von einer Medaille seit der ersten Teilnahme 1912 hinterher. Bis heute vor 30 Jahren in Seoul der Bann gebrochen wurde. Die Auswahl von Trainer Hannes Löhr kehrte 1988 mit Bronze zurück von einem Turnier, wegen dem sogar die Bundesliga für vier Wochen unterbrochen wurde. Denn der DFB schickte – wie erstmals schon 1984 – eine Profimannschaft zu den Spielen.

Bei den unregelmäßigen Teilnahmen davor spielten nur Amateure, während beispielsweise die Ostblock-Staaten ihre Nationalmannschaften schickten. Nun waren nur Spieler ausgeschlossen, die schon WM-Erfahrungen hatten, aber keine Profis generell. So herrschte endlich "Waffengleichheit" und beim zweiten Anlauf konnten die Deutschen gleich etwas mit nach Hause bringen – Bronze! Es hätte sogar mehr sein können, denn im fünften Turnierspiel, dem Halbfinale gegen Brasilien, scheiterte die DFB-Auswahl erst im Elfmeterschießen. Kapitän Frank Mill baute die Kameraden in der Kabine wieder auf und schwor sie ein: "Jungs, lasst die Köpfe nicht hängen und seid nicht sauer. Jetzt wollen wir eben Bronze, das ist auch eine schöne Medaille."

2:0 nach 17 Minuten

Gegner Italien hatte auch 120 Minuten in den Knochen (nach einem 2:3 gegen die Russen) und hatte den Deutschen traditionell bei Turnieren Schwierigkeiten bereitet. Diesmal nicht. Löhr baute zwar noch etwas um, auch um fleißige Reservisten wie den Frankfurter Ralf Sievers zu belohnen, aber verschenken wollten sie den Trostpreis nicht. "Wir fahren hier nicht ohne Medaille nach Hause", kündigte Jürgen Klinsmann an, der wie Wolfram Wuttke und Frank Mill im Juni bereits an der EM teilgenommen hatte. Weil weitere Nationalelf-Kandidaten im Team standen – wie der junge Thomas Häßler – gab sich auch Teamchef Franz Beckenbauer die Ehre und nahm im Stadion von Seoul Platz. Als einer von 61.000, das Fußballturnier zog die Massen in ihren Bann.

Das Spiel entwickelte sich unerwartet gut aus deutscher Sicht, schon nach 17 Minuten hatten Jürgen Klinsmann und der Uerdinger Verteidiger Gerhard Kleppinger eine 2:0-Führung herausgeschossen und -geköpft. Sievers erinnerte sich noch 2016 auf DFB.de: "Man hatte nie das Gefühl, dass es in die Hose gehen konnte. Es war ein relativ faires Spiel, auch wenn es ordentlich zur Sache ging." Er bekam es mit Colombo vom AC Mailand zu tun, bekannteste Namen im Team der Italiener waren Mauro Tassotti und Andrea Carnevale. Der kommende Münchner Ruggiero Rizzitelli wurde eingewechselt, er sollte dem Spiel eine Wende geben. Aber kurz darauf erhöhte der Leverkusener Christian Schreier auf 3:0 (69). Das war auch der Endstand.

Kicker: "Bronze – das funkelt wie Gold!"

Von der Tribüne eilte Teamchef Franz Beckenbauer herunter und schüttelte allen die Hand. Sievers: "Ich war ganz stolz, dass er meinen Namen kannte." Im Hotel warteten schon die Glückwunschtelegramme von Bundeskanzler Helmut Kohl und Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Es war wie bei einem WM-Triumph, die anfangs belächelte Olympiaauswahl hatte viel für das Ansehen des deutschen Fußballs getan. So sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes: "Anfangs war ich ja der Meinung, man hätte eine Amateur-Mannschaft zu den Spielen schicken sollen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass unsere Mannschaft hervorragend abgeschnitten hat. Das war eine echte Werbung für den deutschen Fußball."

Großes Lob erntete vor allem Trainer Löhr. Wuttke bilanzierte damals: "Der Hannes nahm auf die Spieler Rücksicht und wir auf ihn. Nach zwei Jahren gemeinsamen Weges halte ich das für eine Sensation. Es gab nie einen internen Krach oder Theater in dieser Elf! Das ist mehr wert als eine Goldmedaille." Auch der Kicker stufte das Ergebnis als erstklassig ein: "Bronze – das funkelt wie Gold!" Unvergessliche Erinnerungen brachten sie alle mit, Verteidiger Michael Schulz Jahrzehnte vor Selfies sogar ein Foto mit der amerikanischen Sprintlegende Carl Lewis. Der Erfolg von Seoul blieb bis 2016 der größte, ehe die deutschen Kicker in Rio unter Horst Hrubesch sogar Silber holten. Auch diese Mannschaft war nur im Elfmeterschießen zu schlagen – von Brasilien…

Die Bronze-Medaillengewinner 1988:

Uwe Kamps, Thomas Hörster, Michael Schulz, Gerd Kleppinger, Thomas Häßler, Wolfram Wuttke, Roland Grahammer, Jürgen Klinsmann (alle je 6 Einsätze), Wolfgang Funkel, Frank Mill, Holger Fach, Armin Görtz ( alle je 5), Christian Schreier (4), Olaf Janßen (2), Ralf Sievers, Rudi Bommer, Fritz Walter, Karl-Heinz Riedle (alle je 1).

Torschützen:

Klinsmann (4), Mill (3), Wuttke (2) Grahammer, Schreier, Walter, Funkel, Kleppinger (alle je 1) sowie ein Eigentor.

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