Vor 23 Jahren: Drittligist Energie Cottbus erreicht das Finale

Noch heute schwärmen sie in der Lausitz von jener Saison, als Energie Cottbus nicht mehr aus den Schlagzeilen herauskam. Nicht nur wegen des Siegeszugs im Pokal, der zum zweiten Mal überhaupt einen Drittligisten ins Finale führte. Die Lausitzer blieben auch in 53 Pflichtspielen ungeschlagen, sicherten sich die Meisterschaft in der Regionalliga Nordost und in zwei dramatischen Entscheidungsspielen gegen Hannover 96 den Aufstieg in die 2. Liga. Und er lieferte rührende Geschichten, für die der gestrenge Zuchtmeister auf der Bank, Trainer Eduard Geyer, freilich weniger zuständig war. Er war für die Pokalwunder, die 1996/1997 in Serie gingen, verantwortlich. Die Stuttgarter Kickers, der VfL Wolfsburg, der MSV Duisburg und der FC St. Pauli – alle fuhren sie als Favorit in die Lausitz und kehrten geschlagen zurück.

Nun machte sich mit dem Karlsruher SC der dritte Bundesligist auf den Weg und Libero Thomas Hengen wusste schon vorher: "Wenn wir da rausfliegen, dann lachen sich alle kaputt." Aber so kam es heute vor 23 Jahren, an diesem 15. April 1997 wurde sie geschrieben, die ganz große Pokal-Geschichte inklusive eines rührenden Kapitels. Letzteres von einem bis dato unbekannten Fußballer, mit einem Edding, und sie hatte nur vier Buchstaben.

Auch nach seinem großen Tag wusste man noch nicht viel von Willi Kronhardt – nur wie seine Freundin hieß. Das konnten Millionen ARD-Zuschauer an jenem Dienstagabend im Frühling 1997 ebenso sehen wie die 21.000 Zuschauer im erstmals ausverkauften Stadion der Freundschaft. "Jule" stand auf seinem Unterhemd, das er nach seinem Tor zum 1:0 (64.) einem Millionen-Publikum präsentierte. Der Drittligist gewann durch weitere Tore von Detlef Irrgang (68.) und Toralf Konetzke (82.) sogar mit 3:0 (Chancenverhältnis 10:4) und zog ebenso sensationell wie verdient ins Finale ein. Natürlich begünstigt durch den frühen Platzverweis für KSC-Nationalspieler Dirk Schuster (33.). Verdient, begeisternd, winterfest – denn es schneite heftig in der Lausitz. An sein Tor konnte sich Kronhardt noch 14 Jahre später erinnern: "Melle (Jens Melzig, Anm. d. Red.) legt mir den Ball auf, ich trampel voll gegen die Kugel und der Ball geht genau in den Knick."

Das Jule-T-Shirt fertigte er erst in der Halbzeit an. Nun war das Paar in aller Munde, Kronhardt hatte die private Grußbotschaft im Fußball erfunden und alle Boulevard-Zeitungen forschten nach, wer eigentlich Jule ist. Die Studentin aus Braunschweig, eigentlich Juliane, war weniger begeistert ob der ungewollten Popularität und bald nach dem gegen den VfB Stuttgart 0:2 verlorenen Finale war die Beziehung beendet. Nicht jede schöne Geschichte hat ein Happy End.

Auch dank "Jule": Erinnerung an den großen Tag lebt fort

Natürlich erinnern sie sich noch an viel mehr in Cottbus. Es war auch der stolze Tag der Flutlichteinweihung und der Tag, als ein Brustsponsor nur für dieses eine Spiel 150.000 DM bezahlte: von der im Osten damals besonders populären Zeitschrift Super Illu. Geyer knurrte nur: "Im Endspiel sind wir teurer!" Vor dem Spiel wohlgemerkt, aber in jenen Tagen hielten sich die Lausitzer aus guten Gründen für unverwundbar. Der frühere Verteidiger von Dynamo Dresden und letzte Auswahltrainer der DDR regierte seine Namenlosen mit harter Hand, erlaubte zwar eine Siegesfeier "aber im nächsten Training müssen sie wie Soldaten stehen!"

Im Karlsruher Mannschaftsbus, der erst um vier Uhr in der Heimat ankam, "hätte man eine Stecknadel fallen hören können", erzählte Präsident Roland Schmider nach der Blamage und dass das Präsidium von Trainer Winfried Schäfer und der Mannschaft "eine Antwort erwartet" für das Versagen in Schlüsselspielen, in die man als Favorit gehe. Im Vorjahr hatte der KSC das Pokalfinale erreicht und dann gegen den gerade abgestiegenen 1. FC Kaiserslautern verloren. Schmider: "Cottbus war deshalb eine ganz bittere Stunde, weil wir nicht etwa mit Pech, sondern absolut verdient rausgeflogen sind."

Kein Trost, dass sich die Pleite im Nachhinein etwas relativierte. Energie Cottbus war gewiss kein normaler Amateurklub. In Cottbus begann nun die große Zeit, mit Geyer zog man im Jahr 2000 in die Bundesliga ein, wo Energie mit Unterbrechung sechs Jahre blieb. Im Jahr 2009 begann der sukzessive Abstieg und heute, da sie viertklassig sind, denken die Fans besonders wehmütig an die glorreichen Zeiten von 1997 zurück. Ist das wirklich passiert? Ja, ist es.

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Noch heute schwärmen sie in der Lausitz von jener Saison, als Energie Cottbus nicht mehr aus den Schlagzeilen herauskam. Nicht nur wegen des Siegeszugs im Pokal, der zum zweiten Mal überhaupt einen Drittligisten ins Finale führte. Die Lausitzer blieben auch in 53 Pflichtspielen ungeschlagen, sicherten sich die Meisterschaft in der Regionalliga Nordost und in zwei dramatischen Entscheidungsspielen gegen Hannover 96 den Aufstieg in die 2. Liga. Und er lieferte rührende Geschichten, für die der gestrenge Zuchtmeister auf der Bank, Trainer Eduard Geyer, freilich weniger zuständig war. Er war für die Pokalwunder, die 1996/1997 in Serie gingen, verantwortlich. Die Stuttgarter Kickers, der VfL Wolfsburg, der MSV Duisburg und der FC St. Pauli – alle fuhren sie als Favorit in die Lausitz und kehrten geschlagen zurück.

Nun machte sich mit dem Karlsruher SC der dritte Bundesligist auf den Weg und Libero Thomas Hengen wusste schon vorher: "Wenn wir da rausfliegen, dann lachen sich alle kaputt." Aber so kam es heute vor 23 Jahren, an diesem 15. April 1997 wurde sie geschrieben, die ganz große Pokal-Geschichte inklusive eines rührenden Kapitels. Letzteres von einem bis dato unbekannten Fußballer, mit einem Edding, und sie hatte nur vier Buchstaben.

Auch nach seinem großen Tag wusste man noch nicht viel von Willi Kronhardt – nur wie seine Freundin hieß. Das konnten Millionen ARD-Zuschauer an jenem Dienstagabend im Frühling 1997 ebenso sehen wie die 21.000 Zuschauer im erstmals ausverkauften Stadion der Freundschaft. "Jule" stand auf seinem Unterhemd, das er nach seinem Tor zum 1:0 (64.) einem Millionen-Publikum präsentierte. Der Drittligist gewann durch weitere Tore von Detlef Irrgang (68.) und Toralf Konetzke (82.) sogar mit 3:0 (Chancenverhältnis 10:4) und zog ebenso sensationell wie verdient ins Finale ein. Natürlich begünstigt durch den frühen Platzverweis für KSC-Nationalspieler Dirk Schuster (33.). Verdient, begeisternd, winterfest – denn es schneite heftig in der Lausitz. An sein Tor konnte sich Kronhardt noch 14 Jahre später erinnern: "Melle (Jens Melzig, Anm. d. Red.) legt mir den Ball auf, ich trampel voll gegen die Kugel und der Ball geht genau in den Knick."

Das Jule-T-Shirt fertigte er erst in der Halbzeit an. Nun war das Paar in aller Munde, Kronhardt hatte die private Grußbotschaft im Fußball erfunden und alle Boulevard-Zeitungen forschten nach, wer eigentlich Jule ist. Die Studentin aus Braunschweig, eigentlich Juliane, war weniger begeistert ob der ungewollten Popularität und bald nach dem gegen den VfB Stuttgart 0:2 verlorenen Finale war die Beziehung beendet. Nicht jede schöne Geschichte hat ein Happy End.

Auch dank "Jule": Erinnerung an den großen Tag lebt fort

Natürlich erinnern sie sich noch an viel mehr in Cottbus. Es war auch der stolze Tag der Flutlichteinweihung und der Tag, als ein Brustsponsor nur für dieses eine Spiel 150.000 DM bezahlte: von der im Osten damals besonders populären Zeitschrift Super Illu. Geyer knurrte nur: "Im Endspiel sind wir teurer!" Vor dem Spiel wohlgemerkt, aber in jenen Tagen hielten sich die Lausitzer aus guten Gründen für unverwundbar. Der frühere Verteidiger von Dynamo Dresden und letzte Auswahltrainer der DDR regierte seine Namenlosen mit harter Hand, erlaubte zwar eine Siegesfeier "aber im nächsten Training müssen sie wie Soldaten stehen!"

Im Karlsruher Mannschaftsbus, der erst um vier Uhr in der Heimat ankam, "hätte man eine Stecknadel fallen hören können", erzählte Präsident Roland Schmider nach der Blamage und dass das Präsidium von Trainer Winfried Schäfer und der Mannschaft "eine Antwort erwartet" für das Versagen in Schlüsselspielen, in die man als Favorit gehe. Im Vorjahr hatte der KSC das Pokalfinale erreicht und dann gegen den gerade abgestiegenen 1. FC Kaiserslautern verloren. Schmider: "Cottbus war deshalb eine ganz bittere Stunde, weil wir nicht etwa mit Pech, sondern absolut verdient rausgeflogen sind."

Kein Trost, dass sich die Pleite im Nachhinein etwas relativierte. Energie Cottbus war gewiss kein normaler Amateurklub. In Cottbus begann nun die große Zeit, mit Geyer zog man im Jahr 2000 in die Bundesliga ein, wo Energie mit Unterbrechung sechs Jahre blieb. Im Jahr 2009 begann der sukzessive Abstieg und heute, da sie viertklassig sind, denken die Fans besonders wehmütig an die glorreichen Zeiten von 1997 zurück. Ist das wirklich passiert? Ja, ist es.

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