Viktoria-Trainer Olaf Janßen: "Alle Uhren auf Null gestellt"

Zweieinhalb Jahre nach seiner ersten Amtszeit von Januar bis Juni 2018 ist der frühere Bundesligaprofi Olaf Janßen wieder Cheftrainer beim FC Viktoria Köln. Ging es damals um den Aufstieg in die 3. Liga, kämpft der 54 Jahre alte Fußball-Lehrer mit den Domstädtern jetzt um den Verbleib in der dritthöchsten Spielklasse. Im DFB.de-Interview spricht Janßen mit Mitarbeiter Ralf Debat über seinen Start.

DFB.de: In Ihrem zweiten Spiel als neuer Cheftrainer bei der Viktoria gelang mit dem 1:0 bei der U 23 des FC Bayern München der erste Sieg nach zuvor acht Partien ohne dreifachen Punktgewinn. Wie groß war die Erleichterung, Herr Janßen?

Olaf Janßen: Extrem groß. Schließlich hatten wir zuvor eine sehr intensive Zeit - mit dem Trainerwechsel, dem äußerst unglücklich verlorenen Spiel in Ingolstadt, dem Wintereinbruch mit erheblichen Folgen für den Trainingsbetrieb sowie der Absage des Heimspiels gegen den SV Meppen. Hinzu kam noch der Spielverlauf in München. Nach unserer frühen 1:0-Führung hatten wir zahlreiche Torchancen ausgelassen und es damit versäumt, die Partie zu entscheiden. In der Schlussphase mussten wir deshalb noch ein wenig zittern.

DFB.de: Was war ausschlaggebend für den Auswärtssieg beim aktuellen Meister?

Janßen: Gegen einen Gegner mit hoher Qualität haben die Jungs alles reingeworfen. Es ist uns gelungen, nur wenige Chancen der Bayern zuzulassen, selbst aber durch Läufe in die Tiefe immer wieder hinter die Abwehrkette des Gegners zu kommen. Das hat sehr gut funktioniert. Nur die Auswertung unserer Tormöglichkeiten ließ zu wünschen übrig.

DFB.de: Sie haben es schon angedeutet. Ihr Debüt war dramatisch verlaufen. Beim FC Ingolstadt 04 gab Ihre Mannschaft in der Nachspielzeit eine Führung aus der Hand und ging noch als Verlierer vom Platz, unter anderen durch einen Treffer von FCI-Torhüter Fabijan Buntic. Wie lange hatten Sie daran zu knabbern und mussten Ihre Mannschaft aufrichten?

Janßen: Sie können sich vorstellen, dass die ersten Stunden nach diesem Erlebnis alles andere als lustig waren. Ich habe dann aber unmittelbar die sechsstündige Busfahrt nach Hause genutzt, um mit jedem Spieler ein Einzelgespräch zu führen. Ich wollte den Jungs damit zeigen, dass ich trotz der Niederlage total zufrieden mit ihrer Leistung war. Wir hatten schließlich zuvor nur wenige Tage gemeinsam trainiert. Außerdem habe ich dem Team vor Augen geführt, dass sogar dem FC Bayern München so etwas schon passiert ist - und das sogar in einem Champions-League-Endspiel gegen Manchester United. Die Bayern konnten das danach nicht mehr ausgleichen. Der Henkelpott war weg. Wir dagegen haben jetzt noch 15 Spiele, um unser Ziel zu erreichen. Das sollte uns Mut machen.

DFB.de: Hatte die folgende Absage des Heimspiels gegen den SV Meppen also auch eine positive Seite, um die Mannschaft noch besser kennenlernen zu können?

Janßen: Ja, definitiv. Zwar konnten wir wegen der für NRW ungewohnten Schneemengen und frostigen Temperaturen einige Zeit kaum regulär trainieren, sind beispielsweise in eine Leichtathletik- und eine Soccerhalle ausgewichen. Wir konnten die Zeit aber auch für intensive Videoanalysen und andere Trainingsinhalte gut nutzen.

DFB.de: Worauf kam es Ihnen nach Ihrem Amtsantritt besonders an?

Janßen: Wir haben alle Uhren auf Null gestellt und sind komplett neu gestartet. Zunächst habe ich dem Team vermittelt, wie wir auftreten wollen: Aggressiv gegen den Ball agieren, Fehler des Gegners provozieren und dann schnell vor das gegnerische Tor kommen. Entsprechend waren die Trainingseinheiten gestaltet. Zweiter Schwerpunkt war es, zu zeigen, dass wir als Team nur funktionieren können, wenn alle zu 100 Prozent mitziehen.

DFB.de: Bereits von Januar bis Juni 2018 waren Sie Trainer bei der Viktoria, damals noch in der Regionalliga West. Warum haben Sie sich für die Rückkehr entschieden?

Janßen: Die Viktoria zu verlassen, war keine einfache Entscheidung. Ich hatte mich schon damals im Verein sehr wohl gefühlt, zumal der Klub auch direkt vor meiner Haustür liegt. Gemeinsam mit Bruno Labbadia in der Bundesliga zu arbeiten, hat mich aber brutal gereizt. Als jetzt nach unserer Freistellung bei Hertha BSC und der fast gleichzeitigen Beurlaubung von Pavel Dotchev bei der Viktoria die Anfrage kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich schätze sehr die Strukturen und die handelnden Personen in der Vereinsführung, spüre totales Vertrauen. Diese Möglichkeit musste ich einfach wahrnehmen.

DFB.de: Sie sprachen bei Ihrer Vorstellung davon, nach Ihrer ersten Amtszeit "noch nicht fertig" gewesen zu sein. Wie war das gemeint?

Janßen: Wir hatten damals in sechs Monaten kein einziges Spiel verloren und dennoch den Aufstieg in die 3. Liga am letzten Spieltag verpasst. Außerdem gelang der Gewinn des Mittelrheinpokals und damit die Qualifikation für den DFB-Pokal. Da war es schon ein komisches Gefühl, nicht weiterzumachen. Umso mehr hoffe ich jetzt darauf, dass wir alle gemeinsam daran anknüpfen können.

DFB.de: Zuletzt waren Sie bei den Bundesligisten VfL Wolfsburg und Hertha BSC jeweils Co-Trainer Ihres ehemaligen Mitspielers Bruno Labbadia. Wie ist er als "Chef"?

Janßen: Wir hatten auch zuvor schon über viele Jahre engen Kontakt. Es war vom ersten bis zum letzten Tag eine herausragende Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Jeder kannte seine Rolle und hat sie bestmöglich ausgefüllt.

DFB.de: Im Profifußball hatten Sie schon fast alle möglichen Funktionen inne, waren nach Ihrer Spielerkarriere bei verschiedenen Klubs Co- und Cheftrainer, aber auch schon Scout und Sportdirektor sowie als Assistent von Berti Vogts für die Nationalmannschaft von Aserbaidschan zuständig. Was liegt Ihnen denn am meisten?

Janßen: Die Frage kann ich so gar nicht beantworten. Entscheidend war und ist für mich nicht eine bestimmte Position oder Funktion, sondern immer das jeweilige Projekt und die Perspektive. Kann ich dort meine gesamte Energie einbringen und mithelfen, erfolgreich zu sein? Bin ich von der Aufgabe überzeugt? Dazu nur ein Beispiel: Als ich 2004 die Ausbildung zum Fußball-Lehrer abgeschlossen hatte, war es schon mein Plan, als Cheftrainer im Profifußball zu arbeiten. Dann aber kam plötzlich ein Angebot von Rot-Weiss Essen, die Sportliche Leitung zu übernehmen. Das habe ich dann auch mit voller Überzeugung angenommen. Und so habe ich es auch im weiteren Verlauf meiner Karriere gehalten.

DFB.de: Jetzt also wieder Viktoria Köln: Trotz des Sieges in München beträgt der Vorsprung auf die Gefahrenzone nur drei Punkte. Könnte es bis zum Saisonende eng bleiben?

Janßen: Es ist zumindest kein Fehler, in dieser engen Liga und bei der Vielzahl der noch ausstehenden Partien damit zu rechnen. Denn es wird auch bei uns nicht ständig bergauf gehen, sondern auch immer mal wieder Rückschläge geben. Für jedes Team. Dann wird es entscheidend sein, welche Mannschaften am besten damit umgehen. Dass wir unser Ziel am liebsten nicht erst am letzten Spieltag erreichen wollen, versteht sich jedoch von selbst.

DFB.de: Der Verein war eigentlich mit dem Ziel in die Saison gestartet, um die vorderen Tabellenplätze mitzuspielen. Kann das Team auch Abstiegskampf?

Janßen: Wenn ich die beiden Begegnungen unter meiner Regie als Maßstab nehme, dann ein klares Ja dazu. Mehr kann man nicht investieren. Wir tun allerdings gut daran, uns nicht so sehr mit dem Saisonende zu beschäftigen. Vielmehr gehen wir jedes Spiel so an, als sei es bereits das letzte und als ginge es bereits um alles. Das machen die Jungs bisher gut.

DFB.de: Durch die ausstehenden Nachholpartien wartet vor allem im Monat März ein sehr straffes Programm mit mehreren Englischen Wochen. Ist das Team dafür gerüstet?

Janßen: Ich habe von Beginn an betont, dass es nicht nur auf die elf Spieler auf dem Platz ankommt, sondern dass in dieser schwierigen Lage noch jeder Einzelne im Kader gefordert sein wird. Wir haben eine gute Breite im Team, das wird aber auch notwendig sein. Schon am Samstag fehlen uns gegen Hansa Rostock mit Mike Wunderlich und Timmy Thiele zwei Spieler aufgrund von Gelbsperren. Auch Verletzungen werden noch hinzukommen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir das kompensieren können.

DFB.de: Wie schwer wiegt denn vor allem der Ausfall von Kapitän Mike Wunderlich?

Janßen: Er wiegt schon schwer, keine Frage. Mike ist mit seiner Spielweise und seiner Spielintelligenz sowie als Führungsfigur des Teams nicht eins-zu-eins zu ersetzen. Wir müssen es als gesamte Mannschaft auffangen.

DFB.de: Wie ist vor Ihrem Heimdebüt gegen Hansa Ihr Eindruck vom Gegner?

Janßen: Wir treffen auf die zurzeit vielleicht sogar stärkste Mannschaft der Liga. Aus sieben Spielen 19 von 21 möglichen Punkten zu holen, ist schon eine Hausnummer. Es wird für uns eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

DFB.de: Was wollen Sie von Ihrer Mannschaft sehen?

Janßen: Um eine Chance zu haben, benötigen wir zunächst einen sehr, sehr guten Plan. Weitere Voraussetzungen sind eine hohe Disziplin im Spiel gegen den Ball, aber auch Mut bei eigenem Ballbesitz. Es wird eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen.

DFB.de: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie gehen Sie als fünffacher Familienvater und zweifacher Opa mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie um?

Janßen: Wie für alle Menschen und die gesamte Gesellschaft ist es eine sehr schwierige Zeit. Vier unserer Kinder wohnen noch bei uns, sind entweder im Homeoffice, absolvieren ihr Studium hauptsächlich online oder müssen - wie die beiden jüngsten - im Homeschooling lernen. Sie können sich vorstellen, dass bei uns einiges los ist. (lacht) Wir versuchen einfach, das Beste aus der Situation zu machen, und können nur hoffen, dass irgendwann die Normalität nach und nach zurückkehrt.

[mspw]

Zweieinhalb Jahre nach seiner ersten Amtszeit von Januar bis Juni 2018 ist der frühere Bundesligaprofi Olaf Janßen wieder Cheftrainer beim FC Viktoria Köln. Ging es damals um den Aufstieg in die 3. Liga, kämpft der 54 Jahre alte Fußball-Lehrer mit den Domstädtern jetzt um den Verbleib in der dritthöchsten Spielklasse. Im DFB.de-Interview spricht Janßen mit Mitarbeiter Ralf Debat über seinen Start.

DFB.de: In Ihrem zweiten Spiel als neuer Cheftrainer bei der Viktoria gelang mit dem 1:0 bei der U 23 des FC Bayern München der erste Sieg nach zuvor acht Partien ohne dreifachen Punktgewinn. Wie groß war die Erleichterung, Herr Janßen?

Olaf Janßen: Extrem groß. Schließlich hatten wir zuvor eine sehr intensive Zeit - mit dem Trainerwechsel, dem äußerst unglücklich verlorenen Spiel in Ingolstadt, dem Wintereinbruch mit erheblichen Folgen für den Trainingsbetrieb sowie der Absage des Heimspiels gegen den SV Meppen. Hinzu kam noch der Spielverlauf in München. Nach unserer frühen 1:0-Führung hatten wir zahlreiche Torchancen ausgelassen und es damit versäumt, die Partie zu entscheiden. In der Schlussphase mussten wir deshalb noch ein wenig zittern.

DFB.de: Was war ausschlaggebend für den Auswärtssieg beim aktuellen Meister?

Janßen: Gegen einen Gegner mit hoher Qualität haben die Jungs alles reingeworfen. Es ist uns gelungen, nur wenige Chancen der Bayern zuzulassen, selbst aber durch Läufe in die Tiefe immer wieder hinter die Abwehrkette des Gegners zu kommen. Das hat sehr gut funktioniert. Nur die Auswertung unserer Tormöglichkeiten ließ zu wünschen übrig.

DFB.de: Sie haben es schon angedeutet. Ihr Debüt war dramatisch verlaufen. Beim FC Ingolstadt 04 gab Ihre Mannschaft in der Nachspielzeit eine Führung aus der Hand und ging noch als Verlierer vom Platz, unter anderen durch einen Treffer von FCI-Torhüter Fabijan Buntic. Wie lange hatten Sie daran zu knabbern und mussten Ihre Mannschaft aufrichten?

Janßen: Sie können sich vorstellen, dass die ersten Stunden nach diesem Erlebnis alles andere als lustig waren. Ich habe dann aber unmittelbar die sechsstündige Busfahrt nach Hause genutzt, um mit jedem Spieler ein Einzelgespräch zu führen. Ich wollte den Jungs damit zeigen, dass ich trotz der Niederlage total zufrieden mit ihrer Leistung war. Wir hatten schließlich zuvor nur wenige Tage gemeinsam trainiert. Außerdem habe ich dem Team vor Augen geführt, dass sogar dem FC Bayern München so etwas schon passiert ist - und das sogar in einem Champions-League-Endspiel gegen Manchester United. Die Bayern konnten das danach nicht mehr ausgleichen. Der Henkelpott war weg. Wir dagegen haben jetzt noch 15 Spiele, um unser Ziel zu erreichen. Das sollte uns Mut machen.

DFB.de: Hatte die folgende Absage des Heimspiels gegen den SV Meppen also auch eine positive Seite, um die Mannschaft noch besser kennenlernen zu können?

Janßen: Ja, definitiv. Zwar konnten wir wegen der für NRW ungewohnten Schneemengen und frostigen Temperaturen einige Zeit kaum regulär trainieren, sind beispielsweise in eine Leichtathletik- und eine Soccerhalle ausgewichen. Wir konnten die Zeit aber auch für intensive Videoanalysen und andere Trainingsinhalte gut nutzen.

DFB.de: Worauf kam es Ihnen nach Ihrem Amtsantritt besonders an?

Janßen: Wir haben alle Uhren auf Null gestellt und sind komplett neu gestartet. Zunächst habe ich dem Team vermittelt, wie wir auftreten wollen: Aggressiv gegen den Ball agieren, Fehler des Gegners provozieren und dann schnell vor das gegnerische Tor kommen. Entsprechend waren die Trainingseinheiten gestaltet. Zweiter Schwerpunkt war es, zu zeigen, dass wir als Team nur funktionieren können, wenn alle zu 100 Prozent mitziehen.

DFB.de: Bereits von Januar bis Juni 2018 waren Sie Trainer bei der Viktoria, damals noch in der Regionalliga West. Warum haben Sie sich für die Rückkehr entschieden?

Janßen: Die Viktoria zu verlassen, war keine einfache Entscheidung. Ich hatte mich schon damals im Verein sehr wohl gefühlt, zumal der Klub auch direkt vor meiner Haustür liegt. Gemeinsam mit Bruno Labbadia in der Bundesliga zu arbeiten, hat mich aber brutal gereizt. Als jetzt nach unserer Freistellung bei Hertha BSC und der fast gleichzeitigen Beurlaubung von Pavel Dotchev bei der Viktoria die Anfrage kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich schätze sehr die Strukturen und die handelnden Personen in der Vereinsführung, spüre totales Vertrauen. Diese Möglichkeit musste ich einfach wahrnehmen.

DFB.de: Sie sprachen bei Ihrer Vorstellung davon, nach Ihrer ersten Amtszeit "noch nicht fertig" gewesen zu sein. Wie war das gemeint?

Janßen: Wir hatten damals in sechs Monaten kein einziges Spiel verloren und dennoch den Aufstieg in die 3. Liga am letzten Spieltag verpasst. Außerdem gelang der Gewinn des Mittelrheinpokals und damit die Qualifikation für den DFB-Pokal. Da war es schon ein komisches Gefühl, nicht weiterzumachen. Umso mehr hoffe ich jetzt darauf, dass wir alle gemeinsam daran anknüpfen können.

DFB.de: Zuletzt waren Sie bei den Bundesligisten VfL Wolfsburg und Hertha BSC jeweils Co-Trainer Ihres ehemaligen Mitspielers Bruno Labbadia. Wie ist er als "Chef"?

Janßen: Wir hatten auch zuvor schon über viele Jahre engen Kontakt. Es war vom ersten bis zum letzten Tag eine herausragende Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Jeder kannte seine Rolle und hat sie bestmöglich ausgefüllt.

DFB.de: Im Profifußball hatten Sie schon fast alle möglichen Funktionen inne, waren nach Ihrer Spielerkarriere bei verschiedenen Klubs Co- und Cheftrainer, aber auch schon Scout und Sportdirektor sowie als Assistent von Berti Vogts für die Nationalmannschaft von Aserbaidschan zuständig. Was liegt Ihnen denn am meisten?

Janßen: Die Frage kann ich so gar nicht beantworten. Entscheidend war und ist für mich nicht eine bestimmte Position oder Funktion, sondern immer das jeweilige Projekt und die Perspektive. Kann ich dort meine gesamte Energie einbringen und mithelfen, erfolgreich zu sein? Bin ich von der Aufgabe überzeugt? Dazu nur ein Beispiel: Als ich 2004 die Ausbildung zum Fußball-Lehrer abgeschlossen hatte, war es schon mein Plan, als Cheftrainer im Profifußball zu arbeiten. Dann aber kam plötzlich ein Angebot von Rot-Weiss Essen, die Sportliche Leitung zu übernehmen. Das habe ich dann auch mit voller Überzeugung angenommen. Und so habe ich es auch im weiteren Verlauf meiner Karriere gehalten.

DFB.de: Jetzt also wieder Viktoria Köln: Trotz des Sieges in München beträgt der Vorsprung auf die Gefahrenzone nur drei Punkte. Könnte es bis zum Saisonende eng bleiben?

Janßen: Es ist zumindest kein Fehler, in dieser engen Liga und bei der Vielzahl der noch ausstehenden Partien damit zu rechnen. Denn es wird auch bei uns nicht ständig bergauf gehen, sondern auch immer mal wieder Rückschläge geben. Für jedes Team. Dann wird es entscheidend sein, welche Mannschaften am besten damit umgehen. Dass wir unser Ziel am liebsten nicht erst am letzten Spieltag erreichen wollen, versteht sich jedoch von selbst.

DFB.de: Der Verein war eigentlich mit dem Ziel in die Saison gestartet, um die vorderen Tabellenplätze mitzuspielen. Kann das Team auch Abstiegskampf?

Janßen: Wenn ich die beiden Begegnungen unter meiner Regie als Maßstab nehme, dann ein klares Ja dazu. Mehr kann man nicht investieren. Wir tun allerdings gut daran, uns nicht so sehr mit dem Saisonende zu beschäftigen. Vielmehr gehen wir jedes Spiel so an, als sei es bereits das letzte und als ginge es bereits um alles. Das machen die Jungs bisher gut.

DFB.de: Durch die ausstehenden Nachholpartien wartet vor allem im Monat März ein sehr straffes Programm mit mehreren Englischen Wochen. Ist das Team dafür gerüstet?

Janßen: Ich habe von Beginn an betont, dass es nicht nur auf die elf Spieler auf dem Platz ankommt, sondern dass in dieser schwierigen Lage noch jeder Einzelne im Kader gefordert sein wird. Wir haben eine gute Breite im Team, das wird aber auch notwendig sein. Schon am Samstag fehlen uns gegen Hansa Rostock mit Mike Wunderlich und Timmy Thiele zwei Spieler aufgrund von Gelbsperren. Auch Verletzungen werden noch hinzukommen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir das kompensieren können.

DFB.de: Wie schwer wiegt denn vor allem der Ausfall von Kapitän Mike Wunderlich?

Janßen: Er wiegt schon schwer, keine Frage. Mike ist mit seiner Spielweise und seiner Spielintelligenz sowie als Führungsfigur des Teams nicht eins-zu-eins zu ersetzen. Wir müssen es als gesamte Mannschaft auffangen.

DFB.de: Wie ist vor Ihrem Heimdebüt gegen Hansa Ihr Eindruck vom Gegner?

Janßen: Wir treffen auf die zurzeit vielleicht sogar stärkste Mannschaft der Liga. Aus sieben Spielen 19 von 21 möglichen Punkten zu holen, ist schon eine Hausnummer. Es wird für uns eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

DFB.de: Was wollen Sie von Ihrer Mannschaft sehen?

Janßen: Um eine Chance zu haben, benötigen wir zunächst einen sehr, sehr guten Plan. Weitere Voraussetzungen sind eine hohe Disziplin im Spiel gegen den Ball, aber auch Mut bei eigenem Ballbesitz. Es wird eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen.

DFB.de: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie gehen Sie als fünffacher Familienvater und zweifacher Opa mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie um?

Janßen: Wie für alle Menschen und die gesamte Gesellschaft ist es eine sehr schwierige Zeit. Vier unserer Kinder wohnen noch bei uns, sind entweder im Homeoffice, absolvieren ihr Studium hauptsächlich online oder müssen - wie die beiden jüngsten - im Homeschooling lernen. Sie können sich vorstellen, dass bei uns einiges los ist. (lacht) Wir versuchen einfach, das Beste aus der Situation zu machen, und können nur hoffen, dass irgendwann die Normalität nach und nach zurückkehrt.

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