Video-Assistent in Köln: Alles gecheckt?

Es ist Freitagabend, 20.15 Uhr. Noch eine Viertelstunde, dann wird die Auftaktpartie des 3. Bundesliga-Spieltags zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt angepfiffen. Im Video-Assist-Center (VAC) in Köln herrscht eine Mischung aus Anspannung, Konzentration und Betriebsamkeit. Der Raum ist voll besetzt, obwohl nur dieses eine Spiel stattfindet.

Normalerweise sind an Freitagabenden fünf der sechs Arbeitsstationen für die Video-Assistenten verwaist, doch das ist in der Hinrunde dieser Saison anders. Denn da der Personalbedarf groß ist, werden nach und nach auch sämtliche Zweitliga-Schiedsrichter und Erstliga-Assistenten zu Video-Assistenten ausgebildet. Zehn von ihnen sind schon seit dem Nachmittag in Köln und nehmen an einem Lehrgang im VAC teil. Während der Begegnung in Dortmund werden sie jeweils zu zweit die Tätigkeit an den Monitoren unter Live-Bedingungen simulieren – allerdings ohne Kontakt zum Schiedsrichter auf dem Feld.

Video-Assistenten tragen ebenfalls Schiri-Trikots

Der ist Günter Perl vorbehalten, der an diesem Abend als Video-Assistent von Schiedsrichter Benjamin Cortus amtiert. Ihm zur Seite steht der Zweitliga-Referee Sven Waschitzki, der als assistierender Video-Assistent (AVA) fungieren wird. Beide sind ebenfalls schon seit vielen Stunden in Köln, haben beim Lehrgang vorbeigeschaut, den Technik-Check durchgeführt und sind die Aufgabenverteilung während des Spiels noch einmal durchgegangen.

Nun nehmen sie an der Video-Station Platz und setzen sich die Headsets auf. Perl und Waschitzki tragen ein Schiedsrichter-Trikot. Es ist schwarz wie das von Cortus. Bei der Weltmeisterschaft in Russland kam es gut an, dass die Video-Assistenten das gleiche Jersey trugen wie die Unparteiischen auf dem Feld, weil es deutlich signalisierte: Wir gehören genauso zum Team wie die Assistenten an den Seitenlinien. In der Bundesliga wurde diese Regelung anschließend übernommen.

Drei große und zwei kleine Bildschirme

Auch die Mitarbeiter des Unternehmens Hawk-Eye tragen einheitliche Oberbekleidung, nämlich schwarze Polo-Shirts mit dem inzwischen bekannten Logo, das eine weiße Schiedsrichter-Pfeife auf rotem Grund zeigt, die von einem Dreiviertelkreis mit einem Pfeil umrandet wird – das Symbol für "Review". Darunter steht in schwarzen Großbuchstaben: "Video Assist". Hawk-Eye ist für die Videotechnik zuständig und für die Operatoren verantwortlich, die den Video-Assistenten aus mehr als 20 verschiedenen Kameraperspektiven ständig die aussagekräftigsten auf den Bildschirm schalten und auf Anweisung die Wiederholungen einspielen. Bei jedem Spiel sitzen zwei dieser Operatoren neben dem Video-Assistenten und seinem AVA, heute sind es Hendrik Eßling und Paul Rafalsky. Auch mit ihnen haben sich Perl und Waschitzki vor dem Anpfiff genau abgesprochen, damit alles glattläuft.

Den Video-Assistenten stehen drei große Bildschirme zur Verfügung. Einer zeigt das Spiel dauerhaft aus der Perspektive der Führungskamera, auf dem zweiten läuft die Fernsehübertragung der Partie. Der dritte Monitor kann als sogenannter Splitscreen genutzt werden und gibt maximal vier weitere Kameraeinstellungen wieder, damit eine Szene im Fall einer Überprüfung aus mehreren Perspektiven begutachtet werden kann. Jede davon lässt sich bei Bedarf vergrößern, auch ausschnittweise.

Schnelligkeit und Präzision sind gefragt

Auf zwei weiteren Bildschirmen sind im Kleinformat sämtliche Kameraeinstellungen zu sehen, aus denen die Operatoren permanent die situativ besten auswählen und auf den dritten Monitor schalten. Außerdem haben die beiden Video-Assistenten vor sich einen Knopf, mit dem sie eine potenziell zu überprüfende Spielsituation elektronisch markieren können, damit es bei einem Check schneller geht, und einen weiteren, um mit dem Schiedsrichter zu sprechen. Zu guter Letzt liegt noch ein Tablet bereit, um den Grund für einen Review und das Ergebnis der Überprüfung an die Stadionregie und die Medienvertreter zu übermitteln.

Schnell ahnt man, welche Fähigkeiten und Eigen­schaften diejenigen besitzen müssen, die mit dieser Hochtechnologie arbeiten: Umsicht, Auffassungsgabe, Reaktionsschnelligkeit, Konzentration, Genauigkeit und Belastbarkeit.

Und das umso mehr, als sie nicht nur das Spiel auf mehreren Bildschirmen gleichzeitig verfolgen, sondern auch den Funkverkehr im Schiedsrichterteam mithören. Das ist wichtig, um den Prozess von Entscheidungsfindungen nachvollziehen zu können und ein Gespür für die Art der Spielleitung zu bekommen. "Guten Abend, Günter", begrüßt Benjamin Cortus den Video-Assistenten in Köln kurz vor dem Anpfiff. "Servus, Benny, und ein gutes Spiel", antwortet Perl. Während sich der Schiedsrichter und seine Assistenten Florian Badstübner und Thomas Stein auf dem Platz abklatschen, tun dies auch Perl, Waschitzki und die beiden Operatoren im Studio.



Es ist Freitagabend, 20.15 Uhr. Noch eine Viertelstunde, dann wird die Auftaktpartie des 3. Bundesliga-Spieltags zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt angepfiffen. Im Video-Assist-Center (VAC) in Köln herrscht eine Mischung aus Anspannung, Konzentration und Betriebsamkeit. Der Raum ist voll besetzt, obwohl nur dieses eine Spiel stattfindet.

Normalerweise sind an Freitagabenden fünf der sechs Arbeitsstationen für die Video-Assistenten verwaist, doch das ist in der Hinrunde dieser Saison anders. Denn da der Personalbedarf groß ist, werden nach und nach auch sämtliche Zweitliga-Schiedsrichter und Erstliga-Assistenten zu Video-Assistenten ausgebildet. Zehn von ihnen sind schon seit dem Nachmittag in Köln und nehmen an einem Lehrgang im VAC teil. Während der Begegnung in Dortmund werden sie jeweils zu zweit die Tätigkeit an den Monitoren unter Live-Bedingungen simulieren – allerdings ohne Kontakt zum Schiedsrichter auf dem Feld.

Video-Assistenten tragen ebenfalls Schiri-Trikots

Der ist Günter Perl vorbehalten, der an diesem Abend als Video-Assistent von Schiedsrichter Benjamin Cortus amtiert. Ihm zur Seite steht der Zweitliga-Referee Sven Waschitzki, der als assistierender Video-Assistent (AVA) fungieren wird. Beide sind ebenfalls schon seit vielen Stunden in Köln, haben beim Lehrgang vorbeigeschaut, den Technik-Check durchgeführt und sind die Aufgabenverteilung während des Spiels noch einmal durchgegangen.

Nun nehmen sie an der Video-Station Platz und setzen sich die Headsets auf. Perl und Waschitzki tragen ein Schiedsrichter-Trikot. Es ist schwarz wie das von Cortus. Bei der Weltmeisterschaft in Russland kam es gut an, dass die Video-Assistenten das gleiche Jersey trugen wie die Unparteiischen auf dem Feld, weil es deutlich signalisierte: Wir gehören genauso zum Team wie die Assistenten an den Seitenlinien. In der Bundesliga wurde diese Regelung anschließend übernommen.

Drei große und zwei kleine Bildschirme

Auch die Mitarbeiter des Unternehmens Hawk-Eye tragen einheitliche Oberbekleidung, nämlich schwarze Polo-Shirts mit dem inzwischen bekannten Logo, das eine weiße Schiedsrichter-Pfeife auf rotem Grund zeigt, die von einem Dreiviertelkreis mit einem Pfeil umrandet wird – das Symbol für "Review". Darunter steht in schwarzen Großbuchstaben: "Video Assist". Hawk-Eye ist für die Videotechnik zuständig und für die Operatoren verantwortlich, die den Video-Assistenten aus mehr als 20 verschiedenen Kameraperspektiven ständig die aussagekräftigsten auf den Bildschirm schalten und auf Anweisung die Wiederholungen einspielen. Bei jedem Spiel sitzen zwei dieser Operatoren neben dem Video-Assistenten und seinem AVA, heute sind es Hendrik Eßling und Paul Rafalsky. Auch mit ihnen haben sich Perl und Waschitzki vor dem Anpfiff genau abgesprochen, damit alles glattläuft.

Den Video-Assistenten stehen drei große Bildschirme zur Verfügung. Einer zeigt das Spiel dauerhaft aus der Perspektive der Führungskamera, auf dem zweiten läuft die Fernsehübertragung der Partie. Der dritte Monitor kann als sogenannter Splitscreen genutzt werden und gibt maximal vier weitere Kameraeinstellungen wieder, damit eine Szene im Fall einer Überprüfung aus mehreren Perspektiven begutachtet werden kann. Jede davon lässt sich bei Bedarf vergrößern, auch ausschnittweise.

Schnelligkeit und Präzision sind gefragt

Auf zwei weiteren Bildschirmen sind im Kleinformat sämtliche Kameraeinstellungen zu sehen, aus denen die Operatoren permanent die situativ besten auswählen und auf den dritten Monitor schalten. Außerdem haben die beiden Video-Assistenten vor sich einen Knopf, mit dem sie eine potenziell zu überprüfende Spielsituation elektronisch markieren können, damit es bei einem Check schneller geht, und einen weiteren, um mit dem Schiedsrichter zu sprechen. Zu guter Letzt liegt noch ein Tablet bereit, um den Grund für einen Review und das Ergebnis der Überprüfung an die Stadionregie und die Medienvertreter zu übermitteln.

Schnell ahnt man, welche Fähigkeiten und Eigen­schaften diejenigen besitzen müssen, die mit dieser Hochtechnologie arbeiten: Umsicht, Auffassungsgabe, Reaktionsschnelligkeit, Konzentration, Genauigkeit und Belastbarkeit.

Und das umso mehr, als sie nicht nur das Spiel auf mehreren Bildschirmen gleichzeitig verfolgen, sondern auch den Funkverkehr im Schiedsrichterteam mithören. Das ist wichtig, um den Prozess von Entscheidungsfindungen nachvollziehen zu können und ein Gespür für die Art der Spielleitung zu bekommen. "Guten Abend, Günter", begrüßt Benjamin Cortus den Video-Assistenten in Köln kurz vor dem Anpfiff. "Servus, Benny, und ein gutes Spiel", antwortet Perl. Während sich der Schiedsrichter und seine Assistenten Florian Badstübner und Thomas Stein auf dem Platz abklatschen, tun dies auch Perl, Waschitzki und die beiden Operatoren im Studio.

###more###

Gute Kommunikation ist das A und O

Unterdessen hat Rainer Werthmann von der Schiedsrichterkommission Elite des DFB im Video-Assist-Center seinen Platz an einem großen Monitor mitten im Raum eingenommen. Er verfolgt das Spiel von dort, um den Video-Assistenten später ein Feedback geben zu können. Auch Jochen Drees ist anwesend. Der neue Leiter des Bereichs Video-Assistent beim DFB hat den Lehrgang am Nachmittag geleitet und wird während der Partie nicht nur Perl und Waschitzki immer wieder über die Schulter schauen, sondern auch den Zweitliga-Referees und Bundesliga-Assistenten an den anderen Video-Stationen.

In Dortmund muss Benjamin Cortus derweil nach drei Minuten erstmals energisch einschreiten, als Marco Fabián den Dortmunder Marcel Schmelzer bei einem Zweikampf um den Ball foult. "So ein Ding! Mach einfach langsamer!", ermahnt der Unparteiische den Frankfurter, bevor er sich Schmelzer zuwendet, der gerade erst von einer Verletzung genesen ist. "Alles okay? Wieder das Sprunggelenk?", fragt Cortus einfühlsam.

Perl wirft derweil einen kurzen Blick auf die Wiederholung der Szene, um rasch festzustellen: Brutal war Fabiáns Einsteigen keineswegs, eine Rote Karte kommt also nicht in Betracht, deshalb muss er dem Referee auch keinen On-Field-Review auf dem Monitor am Spielfeld­rand empfehlen. Fünf Minuten später begegnen sich Fabián und Schmelzer erneut, als sich ihre Beine bei einem Zweikampf unglücklich ineinander verhaken. Cortus lässt weiterspielen. "Da war nichts, das war so ein typisches Kreuzen", sagt Perl zu Waschitzki. "Wobei: Im Strafraum hättest du da schon wieder Diskussionen." Weil sich die Szene jedoch außerhalb des Strafraums zugetragen hat, muss Perl sie nicht überprüfen.

Aufteilung der Blicke

Als es nach zwölf Minuten einen Eckstoß für den BVB gibt, spricht er mit Waschitzki kurz darüber, welche Spieler kopfballstark sind und auf wen es entsprechend besonders zu achten gilt. "Ich gucke speziell auf den Tor­raum", sagt der AVA anschließend, Perl wird derweil auf den übrigen Strafraum achten. So stellen beide sicher, dass ihnen nichts entgeht.

Eine Viertelstunde später sind die beiden Video-Assistenten erneut gefordert: Der Frankfurter Filip Kostić setzt mit gestrecktem Bein gegen Abdou Diallo nach und trifft den Dortmunder Verteidiger schmerzhaft. Benjamin Cortus zeigt ohne jedes Zögern die Gelbe Karte. "Check auf Rot", ruft Perl, und sofort spielt ihm Operator Hendrik Eßling die Wiederholung aus mehreren Blickwinkeln ein. Es dauert nur wenige Sekunden, dann steht fest: Kostićs Foul war rücksichtslos, aber nicht brutal. Die Verwarnung geht deshalb vollkommen in Ordnung, ein Review ist nicht erforderlich. Es wird die einzige Gelbe Karte der Begegnung bleiben, beide Teams spielen ganz überwiegend fair.

Alle Tore werden automatisch überprüft

Erstmals Kontakt mit Cortus aufnehmen muss Günter Perl in der 36. Minute, nachdem die Gastgeber das 1:0 erzielt haben. Es ist ein regelrechtes Stochertor – und war da nicht eine Hand im Spiel? "Günter, check mal, aber ein Handspiel habe ich nicht gesehen", sagt der Schiedsrichter. Perl und Waschitzki schauen sich den Treffer noch einmal an, verlangsamen den entscheidenden Moment, vergrößern den Bildausschnitt. Man merkt Perl die große Erfahrung an, es ist bereits sein 40. Einsatz als Video-Assistent in der Bundesliga. Er ist ruhig, fokussiert und präzise in seinen Handlungen und Anweisungen, hat ein geübtes Auge und weiß genau, worauf er achten muss. "Alles sauber", meldet er schließlich an Cortus. Diese Information gibt der Unparteiische kurz darauf auch an die Frankfurter weiter, die sich bei ihm erkundigen, ob Diallo den Ball nicht mit dem Arm ins Tor bugsiert hat. "Alles okay, das wurde gecheckt", erklärt Cortus. Für ihn ist es beruhigend, zu wissen, dass es bei der Torerzielung mit rechten Dingen zugegangen ist.

Auch die übrigen Treffer – Dortmund gewinnt das Spiel 3:1 – werden in Köln gecheckt. Denn die Richtlinien, die der zuständige International Football Association Board (IFAB) für den Video Assistant Referee (VAR) erlassen hat, sehen vor, dass die Video-Assistenten jedes Tor von sich aus auf mögliche Regelübertretungen der angreifenden Mannschaft überprüfen. "Alles okay, Benny, kein Abseits", sagt Günter Perl nach dem Ausgleich zum 1:1, "Tor korrekt", nach dem zweiten und dritten Treffer des BVB.

"Perfekt, Benny"

Als Eintracht Frankfurt zwischenzeitlich zum vermeintlichen 2:2 trifft, entscheidet Cortus auf Abseits. Da sein Pfiff erst nach der Torerzielung erfolgt ist, lassen sich Perl und Waschitzki die Szene noch einmal zeigen. Denn sollte der Referee sich geirrt haben, wäre eine nachträgliche Anerkennung des Tores noch möglich. Doch die Bilder sind eindeutig, das Abseits ist klar zu erkennen. "Dafür brauchen wir die kalibrierten Linien nicht, das sieht man auch so deutlich", beschließt Perl. Sein Assistent nickt.

Nur noch einmal, nach 70 Minuten, müssen sich die Video-Assistenten per Funk mit dem Unparteiischen in Verbindung setzen. "Günter, check Hand", bittet dieser, nachdem Marcel Schmelzer den Ball mit einem akrobatischen Sprung aus dem eigenen Strafraum befördert hat und einige Frankfurter daraufhin die Hände zum Reklamieren gehoben haben. Wieder vergehen nur wenige Sekunden, dann kann Perl vermelden: "Nein, kein Hand" – der Dortmunder hatte den Ball mit dem Fuß geklärt.

Als Benjamin Cortus die Partie schließlich abpfeift, klatschen sich Video-Assistenten und Operatoren ab. Alles ist gut gelaufen, wirklich strittige Szenen gab es nicht. "Perfekt, Benny", lobt Perl den Referee. "Danke, Günter, und einen schönen Abend", antwortet Cortus. Mit Jochen Drees und Rainer Werthmann besprechen Perl und Waschitzki anschließend noch das Spiel, gehen die wichtigsten Szenen durch, alle sind zufrieden. Eine halbe Stunde vor Mitternacht erlöschen im Video-Assist-Center schließlich die Lichter. Am Samstagnachmittag wird der Raum wieder voll besetzt sein.

###more###