Verl-Coach Capretti: "Wir lassen uns nicht verrückt machen"

Der SC Verl verbrachte die Länderspielpause in der 3. Liga auf Platz 17. Das war eine (ungeliebte) Premiere für Trainer Guerino Capretti und seine Mannschaft. Erstmals seit dem Aufstieg 2020 belegt der Sportclub einen Abstiegsrang. Die sichere Zone ist aber nur einen Punkt entfernt. Im DFB.de-Interview spricht der 39 Jahre alte Fußball-Lehrer mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über die aktuelle Lage.

DFB.de: Ihr Team war auch während der Länderspielpause in einem Pflichtspiel im Einsatz. Wie zufrieden waren Sie mit dem 6:0 im westfälischen Verbandspokal beim Oberligisten TuS Ennepetal, Herr Capretti?

Guerino Capretti: Mir hat es sehr gefallen, wie wir die Aufgabe gelöst haben. Solche Spiele sind nie einfach, der Druck liegt klar beim höherklassigen Team. Dabei bekommt man es in der Regel mit hochmotivierten Gegnern zu tun, die dem Favoriten unbedingt ein Bein stellen wollen. Wir haben aber vom ersten Moment an keine Zweifel daran gelassen, dass wir das Spiel für uns entscheiden werden. Einstellung und Mentalität waren super. Damit haben wir uns für das Halbfinale qualifiziert und die Chance auf die Teilnahme am DFB-Pokal gewahrt. Das ist selbstverständlich unser Ziel.

DFB.de: Tut der Sieg auch mit Blick auf die Situation in der 3. Liga besonders gut?

Capretti: Siege sorgen immer für Selbstvertrauen. Vor allem haben wir uns gefreut, dass wir wieder einmal zu Null gespielt haben. Die Jungs sind in der Trainingswoche sehr fokussiert und positiv gestimmt. Wir freuen uns auf das Ligaspiel gegen den 1. FC Saarbrücken und wollen in der Meisterschaft jetzt nachlegen.

DFB.de: Der Sportclub belegt erstmals seit der Zugehörigkeit zur dritthöchsten deutschen Spielklasse einen Abstiegsplatz. Befindet sich der Verein in der schwierigsten Situation, seitdem Sie Trainer sind?

Capretti: Schwer zu sagen. Als ich Mitte April 2017 angefangen hatte, betrug in der Regionalliga West unser Vorsprung auf die Gefahrenzone nur vier Punkte. Allerdings waren auch nur noch sechs Spieltage offen. Das war auch alles andere als einfach. Es ist eine coole Sache, wie sehr wir uns in dieser doch relativ kurzen Zeit als Team und Verein weiterentwickelt haben. Neben meiner Tätigkeit als Trainer war ich bis zu unserem Aufstieg gleichzeitig auch noch Lehrer an einer Realschule. Dennoch will ich nicht drumherum reden: Wir hätten uns zu diesem Zeitpunkt mehr Punkte gewünscht. Und eine bessere Ausbeute wäre auch möglich gewesen. Wir lassen uns aber von der Lage nicht verrückt machen.

DFB.de: Ist die erfolgreiche Debütsaison, in der lange Zeit sogar ein Platz in der Spitzengruppe zu Buche stand, jetzt eine Bürde?

Capretti: Das denke ich nicht. Wir wurden vor einem Jahr lange Zeit von einer Euphoriewelle getragen. Der eine oder andere Gegner hatte uns - zumindest unterbewusst - vielleicht ein wenig unterschätzt. Aber auch in der zurückliegenden Saison hatten wir einige schwierige Phasen zu überstehen. Der gute Start war für uns Ansporn, wir wollten uns eigentlich noch länger unter den Spitzenteams halten. Genauso ist es jetzt ein Anreiz, erneut in solch eine Lage zu kommen. Die erste Drittligasaison des Vereins hat auch gezeigt, dass junge Spieler hier eine gute Bühne finden und sich beim SC Verl weiterentwickeln können.

DFB.de: Zur aktuellen Spielzeit: In nur zwei der 15 Ligapartien ist Ihr Team ohne Gegentreffer geblieben. Ist das einer der ersten Ansatzpunkte?

Capretti: Absolut. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass wir jetzt deutlich defensiver und abwartender agieren werden. Wir wollen weiterhin offensiven Fußball spielen. Unsere Philosophie ist, den Ball so weit weg wie möglich von unserem Tor zu halten. Ganz nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Da ist unser Pressing ein wesentlicher Bestandteil. Das haben wir häufig noch nicht konstant über die komplette Spieldauer mit der nötigen Geschlossenheit geschafft. Individuelle Fehler wurden dann oft bestraft. Wir haben viel daran gearbeitet, diese Fokussierung über die kompletten 90 Minuten halten zu können.

DFB.de: Was stimmt Sie positiv, dass die Mannschaft sich aus dieser Lage befreien wird?

Capretti: Es ist häufig so, dass Zweifel an einer Idee aufkommen können, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Das Gefühl habe ich bei uns aber überhaupt nicht. Die Jungs glauben an unsere Spielweise. Wir haben zwar vier der zurückliegenden fünf Partien verloren. Beim 1:2 gegen den VfL Osnabrück hatten wir aber eine Vielzahl an Torchancen. Die drei Punkte hätten genauso gut auch an uns gehen können. Beim 0:2 in der Partie beim Tabellenführer 1. FC Magdeburg hat mir unsere Leistung bei eigenem Ballbesitz nicht ganz so gut gefallen, dafür hat unser Pressing funktioniert. Es liegt an uns, mit harter Arbeit dafür zu sorgen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir uns wieder mit Punkten belohnen. Am besten schon gegen Saarbrücken.

DFB.de: Das DFB-Präsidium hat unter anderem beschlossen, ab der nächsten Saison die Mindestkapazität für Zuschauer in den Stadien der 3. Liga auf 5.001 Plätze herabzusetzen. Dadurch müsste der SC Verl dann nicht mehr "umziehen". Ist das ein zusätzlicher Ansporn?

Capretti: Wir haben uns über die Entscheidung sehr gefreut. Es sind zwar trotzdem noch einige Arbeiten in unserer Arena zu erledigen. Aber die Regel sorgt dafür, dass wir ab der nächsten Saison auch in der 3. Liga in unserer "Sportclub Arena" in Verl spielen dürfen. Das bedeutet nicht nur dem Verein, der Stadt und den Fans, sondern auch der Mannschaft viel. Ich muss an dieser Stelle aber auch sagen: Wir sind den Sportfreunden Lotte sehr dankbar, dass wir in dieser Saison in ihr Stadion ausweichen dürfen. Sonst wäre für den SC Verl aktuell kein Drittligafußball möglich.

DFB.de: Beim bislang jüngsten Heimspiel hatte der VfL Osnabrück als Auswärtsteam eine kürzere Anreise als der SC Verl. Mit welchem Aufwand sind die Partien in Lotte verbunden?

Capretti: Unser Zeugwart Johannes König und Betreuer Markus Schmand fahren meistens mit einem Kleinbus voraus und bereiten alles rund um die Mannschaft vor. Wir essen gemeinsam in Verl, bevor es dann mit dem Mannschaftsbus nach Lotte geht. Wir sind etwa 50 Minuten unterwegs. Dass es für uns keine optimale Lösung ist, versteht sich von selbst. Aber wir machen das Beste aus der Situation. Die zusätzliche Zeit, die wir so gemeinsam verbringen, ist für den Zusammenhalt förderlich.

DFB.de: Schon heute geht es mit dem nächsten Heimspiel in Lotte gegen den 1. FC Saarbrücken weiter. Welchen Eindruck haben Sie vom Gegner?

Capretti: Wir treffen auf eine Mannschaft, die sehr körperlich und robust spielt. Der 1. FC Saarbrücken ist nach hohen Bällen sehr gefährlich. Diese Spielweise wollen wir nicht zur Entfaltung kommen lassen. Wir müssen über den Kampf in die Partie finden, um dann fußballerische Lösungen finden zu können.

DFB.de: Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Team?

Capretti: Es wird wichtig sein, im Verbund aufzutreten. Nach Ballverlusten dürfen wir den richtigen Moment nicht verpassen, um nachzusetzen. Ich will bei jedem Einzelnen die unbedingte Leidenschaft und den Siegeswillen zu sehen, damit wir wieder die volle Punktausbeute einfahren.

[mspw]

Der SC Verl verbrachte die Länderspielpause in der 3. Liga auf Platz 17. Das war eine (ungeliebte) Premiere für Trainer Guerino Capretti und seine Mannschaft. Erstmals seit dem Aufstieg 2020 belegt der Sportclub einen Abstiegsrang. Die sichere Zone ist aber nur einen Punkt entfernt. Im DFB.de-Interview spricht der 39 Jahre alte Fußball-Lehrer mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über die aktuelle Lage.

DFB.de: Ihr Team war auch während der Länderspielpause in einem Pflichtspiel im Einsatz. Wie zufrieden waren Sie mit dem 6:0 im westfälischen Verbandspokal beim Oberligisten TuS Ennepetal, Herr Capretti?

Guerino Capretti: Mir hat es sehr gefallen, wie wir die Aufgabe gelöst haben. Solche Spiele sind nie einfach, der Druck liegt klar beim höherklassigen Team. Dabei bekommt man es in der Regel mit hochmotivierten Gegnern zu tun, die dem Favoriten unbedingt ein Bein stellen wollen. Wir haben aber vom ersten Moment an keine Zweifel daran gelassen, dass wir das Spiel für uns entscheiden werden. Einstellung und Mentalität waren super. Damit haben wir uns für das Halbfinale qualifiziert und die Chance auf die Teilnahme am DFB-Pokal gewahrt. Das ist selbstverständlich unser Ziel.

DFB.de: Tut der Sieg auch mit Blick auf die Situation in der 3. Liga besonders gut?

Capretti: Siege sorgen immer für Selbstvertrauen. Vor allem haben wir uns gefreut, dass wir wieder einmal zu Null gespielt haben. Die Jungs sind in der Trainingswoche sehr fokussiert und positiv gestimmt. Wir freuen uns auf das Ligaspiel gegen den 1. FC Saarbrücken und wollen in der Meisterschaft jetzt nachlegen.

DFB.de: Der Sportclub belegt erstmals seit der Zugehörigkeit zur dritthöchsten deutschen Spielklasse einen Abstiegsplatz. Befindet sich der Verein in der schwierigsten Situation, seitdem Sie Trainer sind?

Capretti: Schwer zu sagen. Als ich Mitte April 2017 angefangen hatte, betrug in der Regionalliga West unser Vorsprung auf die Gefahrenzone nur vier Punkte. Allerdings waren auch nur noch sechs Spieltage offen. Das war auch alles andere als einfach. Es ist eine coole Sache, wie sehr wir uns in dieser doch relativ kurzen Zeit als Team und Verein weiterentwickelt haben. Neben meiner Tätigkeit als Trainer war ich bis zu unserem Aufstieg gleichzeitig auch noch Lehrer an einer Realschule. Dennoch will ich nicht drumherum reden: Wir hätten uns zu diesem Zeitpunkt mehr Punkte gewünscht. Und eine bessere Ausbeute wäre auch möglich gewesen. Wir lassen uns aber von der Lage nicht verrückt machen.

DFB.de: Ist die erfolgreiche Debütsaison, in der lange Zeit sogar ein Platz in der Spitzengruppe zu Buche stand, jetzt eine Bürde?

Capretti: Das denke ich nicht. Wir wurden vor einem Jahr lange Zeit von einer Euphoriewelle getragen. Der eine oder andere Gegner hatte uns - zumindest unterbewusst - vielleicht ein wenig unterschätzt. Aber auch in der zurückliegenden Saison hatten wir einige schwierige Phasen zu überstehen. Der gute Start war für uns Ansporn, wir wollten uns eigentlich noch länger unter den Spitzenteams halten. Genauso ist es jetzt ein Anreiz, erneut in solch eine Lage zu kommen. Die erste Drittligasaison des Vereins hat auch gezeigt, dass junge Spieler hier eine gute Bühne finden und sich beim SC Verl weiterentwickeln können.

DFB.de: Zur aktuellen Spielzeit: In nur zwei der 15 Ligapartien ist Ihr Team ohne Gegentreffer geblieben. Ist das einer der ersten Ansatzpunkte?

Capretti: Absolut. Das ist aber nicht gleichbedeutend damit, dass wir jetzt deutlich defensiver und abwartender agieren werden. Wir wollen weiterhin offensiven Fußball spielen. Unsere Philosophie ist, den Ball so weit weg wie möglich von unserem Tor zu halten. Ganz nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Da ist unser Pressing ein wesentlicher Bestandteil. Das haben wir häufig noch nicht konstant über die komplette Spieldauer mit der nötigen Geschlossenheit geschafft. Individuelle Fehler wurden dann oft bestraft. Wir haben viel daran gearbeitet, diese Fokussierung über die kompletten 90 Minuten halten zu können.

DFB.de: Was stimmt Sie positiv, dass die Mannschaft sich aus dieser Lage befreien wird?

Capretti: Es ist häufig so, dass Zweifel an einer Idee aufkommen können, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Das Gefühl habe ich bei uns aber überhaupt nicht. Die Jungs glauben an unsere Spielweise. Wir haben zwar vier der zurückliegenden fünf Partien verloren. Beim 1:2 gegen den VfL Osnabrück hatten wir aber eine Vielzahl an Torchancen. Die drei Punkte hätten genauso gut auch an uns gehen können. Beim 0:2 in der Partie beim Tabellenführer 1. FC Magdeburg hat mir unsere Leistung bei eigenem Ballbesitz nicht ganz so gut gefallen, dafür hat unser Pressing funktioniert. Es liegt an uns, mit harter Arbeit dafür zu sorgen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir uns wieder mit Punkten belohnen. Am besten schon gegen Saarbrücken.

DFB.de: Das DFB-Präsidium hat unter anderem beschlossen, ab der nächsten Saison die Mindestkapazität für Zuschauer in den Stadien der 3. Liga auf 5.001 Plätze herabzusetzen. Dadurch müsste der SC Verl dann nicht mehr "umziehen". Ist das ein zusätzlicher Ansporn?

Capretti: Wir haben uns über die Entscheidung sehr gefreut. Es sind zwar trotzdem noch einige Arbeiten in unserer Arena zu erledigen. Aber die Regel sorgt dafür, dass wir ab der nächsten Saison auch in der 3. Liga in unserer "Sportclub Arena" in Verl spielen dürfen. Das bedeutet nicht nur dem Verein, der Stadt und den Fans, sondern auch der Mannschaft viel. Ich muss an dieser Stelle aber auch sagen: Wir sind den Sportfreunden Lotte sehr dankbar, dass wir in dieser Saison in ihr Stadion ausweichen dürfen. Sonst wäre für den SC Verl aktuell kein Drittligafußball möglich.

DFB.de: Beim bislang jüngsten Heimspiel hatte der VfL Osnabrück als Auswärtsteam eine kürzere Anreise als der SC Verl. Mit welchem Aufwand sind die Partien in Lotte verbunden?

Capretti: Unser Zeugwart Johannes König und Betreuer Markus Schmand fahren meistens mit einem Kleinbus voraus und bereiten alles rund um die Mannschaft vor. Wir essen gemeinsam in Verl, bevor es dann mit dem Mannschaftsbus nach Lotte geht. Wir sind etwa 50 Minuten unterwegs. Dass es für uns keine optimale Lösung ist, versteht sich von selbst. Aber wir machen das Beste aus der Situation. Die zusätzliche Zeit, die wir so gemeinsam verbringen, ist für den Zusammenhalt förderlich.

DFB.de: Schon heute geht es mit dem nächsten Heimspiel in Lotte gegen den 1. FC Saarbrücken weiter. Welchen Eindruck haben Sie vom Gegner?

Capretti: Wir treffen auf eine Mannschaft, die sehr körperlich und robust spielt. Der 1. FC Saarbrücken ist nach hohen Bällen sehr gefährlich. Diese Spielweise wollen wir nicht zur Entfaltung kommen lassen. Wir müssen über den Kampf in die Partie finden, um dann fußballerische Lösungen finden zu können.

DFB.de: Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Team?

Capretti: Es wird wichtig sein, im Verbund aufzutreten. Nach Ballverlusten dürfen wir den richtigen Moment nicht verpassen, um nachzusetzen. Ich will bei jedem Einzelnen die unbedingte Leidenschaft und den Siegeswillen zu sehen, damit wir wieder die volle Punktausbeute einfahren.

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