Verena Schweers: "Bayern kann die Pole Position verteidigen"

Verena Schweers (31) weiß, wovon sie spricht: Die 47-malige deutsche Nationalspielerin hat sowohl für den VfL Wolfsburg als auch für den FC Bayern München gespielt. Die beiden Klubs liefern sich in dieser Saison in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga einen packenden Zweikampf um die deutsche Meisterschaft. Wer entscheidet das Rennen für sich? Schweers verrät im Gespräch mit DFB.de ihren Favoriten und begründet ihre Einschätzung.

DFB.de: Frau Schweers, vor dem Start in die zweite Saisonhälfte stehen die Münchnerinnen auf Platz eins in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Holt der FC Bayern in diesem Jahr den Titel?

Verena Schweers: Ja, das denke ich schon. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich kann mir gut vorstellen, dass sie in diesem Jahr mehrere Titel gewinnen. Sie sind momentan in der Pole Position. Und ich glaube, dass sie diese Rolle verteidigen können.

DFB.de: DFB-Pokal und Champions League?

Schweers: Ich habe bei meiner Antwort in erster Linie an den DFB-Pokal gedacht. Die Champions League ist nochmal eine andere Hausnummer. Da muss wirklich alles perfekt laufen. Ich glaube nicht, dass sie die schon in diesem Jahr gewinnen. Andererseits sind sie in der vergangenen Saison nur knapp am Seriensieger Olympique Lyon gescheitert. Warum sollte also nicht der nächste Schritt möglich sein? In dieser Spielzeit sehe ich den FC Bayern deutlich stärker aufgestellt, als in den vergangenen Jahren.

DFB.de: Wo kommt die neue Qualität her?

Schweers: Sie haben zwei Dinge genau richtig gemacht. Erstens haben sie für die entscheidenden Positionen Spielerinnen geholt, die hervorragend passen. Marina Hegering hält die Abwehr zusammen und auch Sarah Zadrazil nimmt eine ganz wichtige Rolle im Team ein. Beide bringen Mentalität mit und reißen die anderen mit. Neben hochtalentierten Spielerinnen wie Sydney Lohmann, Klara Bühl und vielen weiteren braucht man einfach auch die eine oder andere gestandene Spielerin mit Erfahrung. Die Mischung ist im Moment perfekt.

DFB.de: Und zweitens?

Schweers: Mich beeindrucken die Siegermentalität und die Sicherheit, die sie auf dem Platz entwickelt haben. Ich habe das Gefühl, dass da eine Mannschaft auf dem Rasen steht, in der die eine für die andere kämpft. Auch wenn spielerisch noch Luft nach oben ist, leisten sie sich derzeit kaum eine Schwäche.

DFB.de: Und sie haben nach zwölf Begegnungen erst ein Gegentor kassiert...

Schweers: Vor allem gewinnen sie auch die knappen Begegnungen und lassen gegen vermeintlich schwächere Gegner keine Punkte mehr liegen. Der Sieg im direkten Duell gegen Wolfsburg hat dieser überragenden ersten Saisonhälfte die Krone aufgesetzt. Daran muss die Manschaft von Jens Scheuer anknüpfen und zeigen, dass sie bereit ist.

DFB.de: Reicht das alles, um Wolfsburg auf Dauer gefährlich zu werden?

Schweers: Das denke ich schon. Wolfsburg hat an Boden verloren. Der VfL musste Weltklassespielerinnen wie Pernille Harder und Sara Gunnarsdottir abgeben. Hinzu kommen die Verletzungen von wichtigen Stützen wie Alexandra Popp, Fridolina Rolfö und Ewa Pajor. Selbst Wolfsburg kann solche Ausfälle nicht gleichwertig ersetzen. Deshalb fehlt ihnen meiner Meinung nach in diesem Jahr etwas die Qualität. Und Neuverpflichtungen auf diesem Niveau zu finden, die einem sofort weiterhelfen, ist extrem schwer. Es ist nicht mehr so, dass alle nur nach Deutschland wollen. Frankreich, Italien, Spanien und vor allem England sind für die besten europäischen Fußballerinnen auch zu sehr attraktiven Zielen geworden. Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verlieren.

DFB.de: Sehen Sie diese Gefahr?

Schweers: Die FLYERALARM Frauen-Bundesliga zählt natürlich nach wie vor zu den absoluten Topligen in Europa. Aber andere Nationen holen auf, sind bereits auf Augenhöhe oder sogar auf der Überholspur. Man muss ja nur einmal nach England schauen. Dort können Spielerinnen aus kleineren Klubs in der Women's Super League ordentliches Geld mit dem Fußball verdienen, sie sammeln Auslandserfahrung, die nicht nur für den sportlichen Aspekt wichtig ist und sie profitieren von den Strukturen der Männer. Das ist bei uns leider nicht immer der Fall. Hier muss sich was tun. Wir müssen in Deutschland das Gesamtprodukt im Auge behalten. Es braucht bessere Strukturen und eine breitere Unterstützung der professionellen Männerklubs.

DFB.de: Wolfsburg ist aber seit Jahren absolute europäische Spitze...

Schweers: Es ist auch ganz wichtig, dass sie diese hervorragende Position verteidigen. Toll wäre es, wenn mit Bayern München noch ein zweiter deutscher Klub in diese Sphären vordringen würde. Der FC Bayern ist ein Weltverein, von daher ist das sehr gut möglich. Wenn die Verantwortlichen es wirklich ernst meinen, dann kann da richtig was gehen. Ich habe das Gefühl, dass dort in den kommenden Jahren was passieren wird und darauf freue ich mich.

DFB.de: In welcher Rolle verfolgen Sie den Frauenfußball?

Schweers: Ich bin von einer Spielerin zu einem Fan geworden. Ich habe die Perspektive komplett gewechselt und schaue jetzt eher von außen auf das Geschehen. Es ist spannend, die Entwicklung aus dieser Sichtweise zu verfolgen. Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht. Es ist aber auf jeden Fall auch mein Ziel, meinen Teil dazu beizutragen, dass sich die positive Tendenz fortsetzt. Mir ist es wichtig, dass der Frauenfußball in der Gesellschaft noch mehr Akzeptanz findet und sichtbarer wird. Ich finde, dass es überhaupt keine Rolle spielen sollte, ob Jungs oder Mädchen, Frauen oder Männer Fußball spielen. Was bringt an dieser Stelle die ewige Differenzierung? Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Fußball ist Fußball.

DFB.de: Könnten Sie sich vorstellen, eine offizielle Funktion zu übernehmen?

Schweers: Im Moment habe ich andere Pläne. Ich beende gerade mein Studium in der Sozialen Arbeit. In diesem Jahr möchte ich meinen Abschluss machen. Gleichzeitig bin ich in einer Kindertagesstätte in Vollzeit angestellt. Beides lastet mich derzeit voll aus aber ich bin glücklich und mir geht es sehr gut. Die Arbeit in der KiTa macht mir unglaublich viel Spaß. Ich arbeite total gerne mit Menschen, in diesem Fall mit Kindern zusammen. Ich versuche jeden Tag, ihnen spielerisch den Spaß am Sport und der Bewegung zu vermitteln. Die Kinder geben mir sehr viel zurück, das ist ein schönes Gefühl. Aber das bedeutet nicht, dass ich eine Rückkehr in den Fußball kategorisch ausschließe. Es heißt ja nicht ohne Grund: Sag niemals nie. Wir werden sehen, was passiert. Der Fußball ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich schaue gerne auf die Zeit als Spielerin zurück, in der ich großartige Erfolge feiern durfte.

DFB.de: Die deutsche Meisterschaft, zweimal die Champions League und den DFB-Pokal sogar dreimal. Fehlt für Sie etwas in dieser Bilanz?

Schweers: Mir fehlen die großen Erfolge mit der Nationalmannschaft. Ich habe zwar 47 Länderspiele bestritten, aber keinen großen Titel gewonnen.

DFB.de: Warum eigentlich nicht?

Schweers: Das hat verschiedene Gründe. Ich war zu extrem ungünstigen Zeitpunkten verletzt oder krank, 2013 beispielsweise hatte ich das Pfeiffersche Drüsenfieber. Es kam auch vor, dass die Trainerin nicht auf mich gestanden hat. Oder ich habe einfach nicht die Leistung abgerufen, zu der ich eigentlich im Stande war. Es läuft nicht immer alles so, wie man es sich wünscht. Aber ich blicke keinesfalls im Groll zurück. Ich bin stolz auf meine Spiele für die Nationalmannschaft. Damit habe ich mir einen Traum erfüllt und ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich geschafft und gelernt habe. Immer wenn ich gefragt werde, wie es als Nationalspielerin war, sage ich: "Hey, es war eine geile Zeit. Aber jetzt kommen andere coole Dinge!"

[sw]

Verena Schweers (31) weiß, wovon sie spricht: Die 47-malige deutsche Nationalspielerin hat sowohl für den VfL Wolfsburg als auch für den FC Bayern München gespielt. Die beiden Klubs liefern sich in dieser Saison in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga einen packenden Zweikampf um die deutsche Meisterschaft. Wer entscheidet das Rennen für sich? Schweers verrät im Gespräch mit DFB.de ihren Favoriten und begründet ihre Einschätzung.

DFB.de: Frau Schweers, vor dem Start in die zweite Saisonhälfte stehen die Münchnerinnen auf Platz eins in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Holt der FC Bayern in diesem Jahr den Titel?

Verena Schweers: Ja, das denke ich schon. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich kann mir gut vorstellen, dass sie in diesem Jahr mehrere Titel gewinnen. Sie sind momentan in der Pole Position. Und ich glaube, dass sie diese Rolle verteidigen können.

DFB.de: DFB-Pokal und Champions League?

Schweers: Ich habe bei meiner Antwort in erster Linie an den DFB-Pokal gedacht. Die Champions League ist nochmal eine andere Hausnummer. Da muss wirklich alles perfekt laufen. Ich glaube nicht, dass sie die schon in diesem Jahr gewinnen. Andererseits sind sie in der vergangenen Saison nur knapp am Seriensieger Olympique Lyon gescheitert. Warum sollte also nicht der nächste Schritt möglich sein? In dieser Spielzeit sehe ich den FC Bayern deutlich stärker aufgestellt, als in den vergangenen Jahren.

DFB.de: Wo kommt die neue Qualität her?

Schweers: Sie haben zwei Dinge genau richtig gemacht. Erstens haben sie für die entscheidenden Positionen Spielerinnen geholt, die hervorragend passen. Marina Hegering hält die Abwehr zusammen und auch Sarah Zadrazil nimmt eine ganz wichtige Rolle im Team ein. Beide bringen Mentalität mit und reißen die anderen mit. Neben hochtalentierten Spielerinnen wie Sydney Lohmann, Klara Bühl und vielen weiteren braucht man einfach auch die eine oder andere gestandene Spielerin mit Erfahrung. Die Mischung ist im Moment perfekt.

DFB.de: Und zweitens?

Schweers: Mich beeindrucken die Siegermentalität und die Sicherheit, die sie auf dem Platz entwickelt haben. Ich habe das Gefühl, dass da eine Mannschaft auf dem Rasen steht, in der die eine für die andere kämpft. Auch wenn spielerisch noch Luft nach oben ist, leisten sie sich derzeit kaum eine Schwäche.

DFB.de: Und sie haben nach zwölf Begegnungen erst ein Gegentor kassiert...

Schweers: Vor allem gewinnen sie auch die knappen Begegnungen und lassen gegen vermeintlich schwächere Gegner keine Punkte mehr liegen. Der Sieg im direkten Duell gegen Wolfsburg hat dieser überragenden ersten Saisonhälfte die Krone aufgesetzt. Daran muss die Manschaft von Jens Scheuer anknüpfen und zeigen, dass sie bereit ist.

DFB.de: Reicht das alles, um Wolfsburg auf Dauer gefährlich zu werden?

Schweers: Das denke ich schon. Wolfsburg hat an Boden verloren. Der VfL musste Weltklassespielerinnen wie Pernille Harder und Sara Gunnarsdottir abgeben. Hinzu kommen die Verletzungen von wichtigen Stützen wie Alexandra Popp, Fridolina Rolfö und Ewa Pajor. Selbst Wolfsburg kann solche Ausfälle nicht gleichwertig ersetzen. Deshalb fehlt ihnen meiner Meinung nach in diesem Jahr etwas die Qualität. Und Neuverpflichtungen auf diesem Niveau zu finden, die einem sofort weiterhelfen, ist extrem schwer. Es ist nicht mehr so, dass alle nur nach Deutschland wollen. Frankreich, Italien, Spanien und vor allem England sind für die besten europäischen Fußballerinnen auch zu sehr attraktiven Zielen geworden. Wir müssen wirklich aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verlieren.

DFB.de: Sehen Sie diese Gefahr?

Schweers: Die FLYERALARM Frauen-Bundesliga zählt natürlich nach wie vor zu den absoluten Topligen in Europa. Aber andere Nationen holen auf, sind bereits auf Augenhöhe oder sogar auf der Überholspur. Man muss ja nur einmal nach England schauen. Dort können Spielerinnen aus kleineren Klubs in der Women's Super League ordentliches Geld mit dem Fußball verdienen, sie sammeln Auslandserfahrung, die nicht nur für den sportlichen Aspekt wichtig ist und sie profitieren von den Strukturen der Männer. Das ist bei uns leider nicht immer der Fall. Hier muss sich was tun. Wir müssen in Deutschland das Gesamtprodukt im Auge behalten. Es braucht bessere Strukturen und eine breitere Unterstützung der professionellen Männerklubs.

DFB.de: Wolfsburg ist aber seit Jahren absolute europäische Spitze...

Schweers: Es ist auch ganz wichtig, dass sie diese hervorragende Position verteidigen. Toll wäre es, wenn mit Bayern München noch ein zweiter deutscher Klub in diese Sphären vordringen würde. Der FC Bayern ist ein Weltverein, von daher ist das sehr gut möglich. Wenn die Verantwortlichen es wirklich ernst meinen, dann kann da richtig was gehen. Ich habe das Gefühl, dass dort in den kommenden Jahren was passieren wird und darauf freue ich mich.

DFB.de: In welcher Rolle verfolgen Sie den Frauenfußball?

Schweers: Ich bin von einer Spielerin zu einem Fan geworden. Ich habe die Perspektive komplett gewechselt und schaue jetzt eher von außen auf das Geschehen. Es ist spannend, die Entwicklung aus dieser Sichtweise zu verfolgen. Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht. Es ist aber auf jeden Fall auch mein Ziel, meinen Teil dazu beizutragen, dass sich die positive Tendenz fortsetzt. Mir ist es wichtig, dass der Frauenfußball in der Gesellschaft noch mehr Akzeptanz findet und sichtbarer wird. Ich finde, dass es überhaupt keine Rolle spielen sollte, ob Jungs oder Mädchen, Frauen oder Männer Fußball spielen. Was bringt an dieser Stelle die ewige Differenzierung? Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Fußball ist Fußball.

DFB.de: Könnten Sie sich vorstellen, eine offizielle Funktion zu übernehmen?

Schweers: Im Moment habe ich andere Pläne. Ich beende gerade mein Studium in der Sozialen Arbeit. In diesem Jahr möchte ich meinen Abschluss machen. Gleichzeitig bin ich in einer Kindertagesstätte in Vollzeit angestellt. Beides lastet mich derzeit voll aus aber ich bin glücklich und mir geht es sehr gut. Die Arbeit in der KiTa macht mir unglaublich viel Spaß. Ich arbeite total gerne mit Menschen, in diesem Fall mit Kindern zusammen. Ich versuche jeden Tag, ihnen spielerisch den Spaß am Sport und der Bewegung zu vermitteln. Die Kinder geben mir sehr viel zurück, das ist ein schönes Gefühl. Aber das bedeutet nicht, dass ich eine Rückkehr in den Fußball kategorisch ausschließe. Es heißt ja nicht ohne Grund: Sag niemals nie. Wir werden sehen, was passiert. Der Fußball ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich schaue gerne auf die Zeit als Spielerin zurück, in der ich großartige Erfolge feiern durfte.

DFB.de: Die deutsche Meisterschaft, zweimal die Champions League und den DFB-Pokal sogar dreimal. Fehlt für Sie etwas in dieser Bilanz?

Schweers: Mir fehlen die großen Erfolge mit der Nationalmannschaft. Ich habe zwar 47 Länderspiele bestritten, aber keinen großen Titel gewonnen.

DFB.de: Warum eigentlich nicht?

Schweers: Das hat verschiedene Gründe. Ich war zu extrem ungünstigen Zeitpunkten verletzt oder krank, 2013 beispielsweise hatte ich das Pfeiffersche Drüsenfieber. Es kam auch vor, dass die Trainerin nicht auf mich gestanden hat. Oder ich habe einfach nicht die Leistung abgerufen, zu der ich eigentlich im Stande war. Es läuft nicht immer alles so, wie man es sich wünscht. Aber ich blicke keinesfalls im Groll zurück. Ich bin stolz auf meine Spiele für die Nationalmannschaft. Damit habe ich mir einen Traum erfüllt und ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich geschafft und gelernt habe. Immer wenn ich gefragt werde, wie es als Nationalspielerin war, sage ich: "Hey, es war eine geile Zeit. Aber jetzt kommen andere coole Dinge!"

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