Ulm-Trainer Wörle: "Dynamo ist extrem gut, variabel, dominant"

20 Punkte aus zehn Spielen und Rang zwei: Das ist die aktuelle Bilanz des SSV Ulm 1846 Fußball in der 3. Liga. Bei einem Sieg heute (ab 13.30 Uhr) gegen Tabellenführer Dynamo Dresden würde der Aufsteiger sogar die Spitzenposition übernehmen. Im DFB.de-Interview spricht Trainer Thomas Wörle (41) mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über den Aufschwung und die Ausgangslage.

DFB.de: Ihr Team bestreitet als Tabellenzweiter das Topspiel des 11. Spieltages gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden. Was hätten Sie geantwortet, wäre Ihnen das im Vorfeld der Saison prophezeit worden, Herr Wörle?

Thomas Wörle: Ich hätte es nicht geglaubt, da natürlich nicht damit zu rechnen war. Wir waren als Aufsteiger damit beschäftigt, uns auf die 3. Liga und die damit verbundenen neuen Herausforderungen vorzubereiten. Uns war von Anfang an klar, dass es für uns darauf ankommen würde, uns so schnell wie möglich an die neue Spielklasse anzupassen und dazuzulernen. In der 3. Liga ist die Qualität in der Breite noch einmal höher, jeder Gegner fordert einem enorm viel ab.

DFB.de: Spricht der Verlauf des 2:1-Auswärtssieges beim SV Sandhausen für das Selbstverständnis, das sich Ihr Team erarbeitet hat?

Wörle: Wir haben mit dem Aufstieg und dem guten Start eine Euphorie entfacht, die man deutlich spürt und uns Selbstvertrauen verleiht. Die Führung kurz nach dem Platzverweis hatte dem SV Sandhausen natürlich sehr in die Karten gespielt. Wir haben den in Unterzahl sehr defensiv agierenden Gegner aber im Laufe der Partie geduldig bespielt. Der Druck wurde stetig größer. Diese Geduld und die überragende Bereitschaft unseres gesamten Teams haben dafür gesorgt, dass wir das Spiel noch drehen konnten.

DFB.de: Seitdem Sie im Sommer 2021 als Cheftrainer übernommen haben, ging es kontinuierlich nach oben. Welche Bausteine haben den Weg in die 3. Liga und zum guten Saisonstart geebnet?

Wörle: Schon in den Jahren vor meinem Wechsel nach Ulm ist beim SSV viel passiert. Unser Verein steht für Tradition, hat aber auch eine bewegte Geschichte. Nach dem schnellen Aufstieg in die Bundesliga und dem ebenso schnellen Weg nach unten, inklusive finanzieller Probleme, musste sich der Verein bei Fans und Sponsoren das Vertrauen wieder hart erarbeiten und sportlich einen schweren Weg zurück in den Profifußball gehen. Die Spiele in der Regionalliga Südwest waren super umkämpft. Uns war bei der Kaderzusammenstellung wichtig, dass es auf und abseits des Platzes im Team stimmt. Bei uns steht der Teamgedanke an erster Stelle. Wichtig war insgesamt, dass wir uns nicht so sehr auf das blanke Ergebnis konzentriert haben, sondern der Fokus vor allem auf dem Entwicklungsprozess lag.

DFB.de: Wie passt das 0:4 beim FC Ingolstadt 04 zu Beginn der englischen Woche zum sonst sehr guten Saisonstart?

Wörle: Wir haben auch in Ingolstadt eine gute erste Halbzeit gespielt, waren aber nicht so zielstrebig wie sonst. Außerdem haben wir zu spüren bekommen, dass in der 3. Liga gefühlt jeder Fehler ausgenutzt wird. Der FC Ingolstadt hat aus seinen wenigen Chancen sehr viel gemacht, das war sehr abgezockt und ein Zeichen von Qualität. Da haben wir als Aufsteiger Lehrgeld bezahlt. Dass wir die weiteren Spiele der englischen Woche dann aber schon wieder für uns entscheiden konnten, spricht für den außergewöhnlichen Charakter unseres Teams. Wir haben schnell einen Haken an das Spiel in Ingolstadt gemacht. Unabhängig davon, ob Sieg oder Niederlage: Wir halten uns nicht lange damit auf.

DFB.de: Erst in der zurückliegenden Saison hat mit der SV 07 Elversberg der vorherige Meister der Regionalliga Südwest in der 3. Liga für Furore gesorgt und den Durchmarsch in die 2. Bundesliga geschafft. Sehen Sie einen Zusammenhang mit dem positiven Ulmer Abschneiden?

Wörle: Im ersten Moment ist da natürlich die Spielklasse. Die Regionalliga Südwest ist in der Spitze stark besetzt, die Konkurrenz um den Aufstieg groß. Da wird man schon ein Stück weit auf die 3. Liga vorbereitet. Sonst gibt es aber schon gewisse Unterschiede, wodurch ein Vergleich auch hinkt. Die SV 07 Elversberg hatte schon einige Jahre zuvor den Sprung in die 3. Liga zweimal in den Aufstiegsspielen knapp verpasst, das Team ist über einen noch längeren Zeitraum zusammengeblieben und hat sich nach dem Aufstieg sehr deutlich verstärkt. Wir hatten in der Vergangenheit dagegen den einen oder anderen größeren Umbruch. Das Aufstiegsteam haben wir bewusst weitgehend zusammengehalten und punktuell mit jungen Spielern ergänzt. Die Eingespieltheit aus der vergangenen Saison haben wir in die 3. Liga mitgenommen.

DFB.de: Wie sehr träumen die Fans bereits vom nächsten Aufstieg?

Wörle: Ich weiß nicht, was in den Köpfen der Fans vorgeht. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass jede und jeder im Klub um die bewegte Vereinsgeschichte weiß. Die Geschäftsführung legt großen Wert darauf, dass wir uns gesund und bodenständig weiterentwickeln und einen Schritt nach dem anderen in Angriff nehmen. Wir freuen uns sehr über die aktuelle Situation, können das aber ganz gut einordnen. Jeden Punkt, den wir erkämpfen, erkämpfen wir für unser Ziel Klassenverbleib.

DFB.de: Sie wurden in Krumbach, nur wenige Kilometer von Ulm entfernt, geboren. Gab es schon früher Berührungspunkte mit dem SSV?

Wörle: Im Nachwuchsbereich habe ich einige Male gegen Ulm gespielt. Wenn man einen so großen Klub im persönlichen Umfeld hat, schaut man da natürlich auch drauf. Mein Vater hat sogar für kurze Zeit auch für den SSV gespielt. Es ist etwas Besonderes, nun als Trainer bei einem solchen Traditionsverein so nah an der Heimat tätig zu sein.

DFB.de: Ihr Vater Günther war auch schon unter anderem als Cheftrainer in der Frauen-Bundesliga tätig. Inwiefern hat das Ihren Wunsch geprägt, später einmal selbst an der Seitenlinie zu stehen?

Wörle: Das hatte definitiv Einfluss. Ich war schon als kleiner Junge immer bei seinen Trainerstationen dabei. Mir hatte das Verhältnis zwischen einem Trainer und der Mannschaft imponiert und was man in der Rolle als Trainer bewirken kann. Die Umstände hatten es ergeben, dass ich meine Trainerlaufbahn beim Frauenteam des FC Bayern München starten durfte. Ich bin dankbar dafür, diese Chance bekommen zu haben. Ich durfte mich als Trainer weiterentwickeln. Es war eine sehr lehrreiche und erfolgreiche Zeit, die Bedeutung und die Rückendeckung für den Frauenfußball ist über die Jahre gestiegen.

DFB.de: Gibt es aus Ihrer Sicht Aspekte, die der Männer- vom Frauen-Fußball lernen kann?

Wörle: Ich denke, dass es sehr viele Parallelen gibt. Es ist zwar kein Lernaspekt, aber es hatte mich sehr beeindruckt, welchen Spagat die Mädels hinbekommen haben: Auf der einen Seite professionell Fußball zu spielen und sich parallel dazu beruflich noch ein zweites Standbein aufzubauen.

DFB.de: In Ulm hat sich durch den Aufstieg der Zuschauerschnitt von 3900 auf 10.510 mehr als verdoppelt. Ist der SSV ein schlafender Riese?

Wörle: Der SSV Ulm hat eine ungemeine Tradition und daher auch Ambitionen. Das war schon von meinem ersten Tag an zu spüren. Der Zuspruch und die Unterstützung der Fans sind groß. Wir sind alle gemeinsam dabei, für eine stabile Grundlage zu sorgen, von der aus wir in den kommenden Jahren weitere Schritte gehen können.

DFB.de: Wie ist Ihr Eindruck von Dynamo Dresden?

Wörle: Da wartet ein weiteres Highlight auf uns. Wir treffen auf einen extrem guten Gegner, der schon in der abgelaufenen Saison dicht vor dem Aufstieg stand. Dass der Verein in dieser Saison hohe Ziele hat, wurde klar formuliert. Dynamo agiert variabel und dominant, verfügt über viele Spieler auf einem hohen Level. Wir sind Außenseiter und werden einen sehr starken Tag benötigen. Wir freuen uns unheimlich darauf, vor erneut 17.000 Fans im ausverkauften Donaustadion zu spielen.

[mspw]

20 Punkte aus zehn Spielen und Rang zwei: Das ist die aktuelle Bilanz des SSV Ulm 1846 Fußball in der 3. Liga. Bei einem Sieg heute (ab 13.30 Uhr) gegen Tabellenführer Dynamo Dresden würde der Aufsteiger sogar die Spitzenposition übernehmen. Im DFB.de-Interview spricht Trainer Thomas Wörle (41) mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über den Aufschwung und die Ausgangslage.

DFB.de: Ihr Team bestreitet als Tabellenzweiter das Topspiel des 11. Spieltages gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden. Was hätten Sie geantwortet, wäre Ihnen das im Vorfeld der Saison prophezeit worden, Herr Wörle?

Thomas Wörle: Ich hätte es nicht geglaubt, da natürlich nicht damit zu rechnen war. Wir waren als Aufsteiger damit beschäftigt, uns auf die 3. Liga und die damit verbundenen neuen Herausforderungen vorzubereiten. Uns war von Anfang an klar, dass es für uns darauf ankommen würde, uns so schnell wie möglich an die neue Spielklasse anzupassen und dazuzulernen. In der 3. Liga ist die Qualität in der Breite noch einmal höher, jeder Gegner fordert einem enorm viel ab.

DFB.de: Spricht der Verlauf des 2:1-Auswärtssieges beim SV Sandhausen für das Selbstverständnis, das sich Ihr Team erarbeitet hat?

Wörle: Wir haben mit dem Aufstieg und dem guten Start eine Euphorie entfacht, die man deutlich spürt und uns Selbstvertrauen verleiht. Die Führung kurz nach dem Platzverweis hatte dem SV Sandhausen natürlich sehr in die Karten gespielt. Wir haben den in Unterzahl sehr defensiv agierenden Gegner aber im Laufe der Partie geduldig bespielt. Der Druck wurde stetig größer. Diese Geduld und die überragende Bereitschaft unseres gesamten Teams haben dafür gesorgt, dass wir das Spiel noch drehen konnten.

DFB.de: Seitdem Sie im Sommer 2021 als Cheftrainer übernommen haben, ging es kontinuierlich nach oben. Welche Bausteine haben den Weg in die 3. Liga und zum guten Saisonstart geebnet?

Wörle: Schon in den Jahren vor meinem Wechsel nach Ulm ist beim SSV viel passiert. Unser Verein steht für Tradition, hat aber auch eine bewegte Geschichte. Nach dem schnellen Aufstieg in die Bundesliga und dem ebenso schnellen Weg nach unten, inklusive finanzieller Probleme, musste sich der Verein bei Fans und Sponsoren das Vertrauen wieder hart erarbeiten und sportlich einen schweren Weg zurück in den Profifußball gehen. Die Spiele in der Regionalliga Südwest waren super umkämpft. Uns war bei der Kaderzusammenstellung wichtig, dass es auf und abseits des Platzes im Team stimmt. Bei uns steht der Teamgedanke an erster Stelle. Wichtig war insgesamt, dass wir uns nicht so sehr auf das blanke Ergebnis konzentriert haben, sondern der Fokus vor allem auf dem Entwicklungsprozess lag.

DFB.de: Wie passt das 0:4 beim FC Ingolstadt 04 zu Beginn der englischen Woche zum sonst sehr guten Saisonstart?

Wörle: Wir haben auch in Ingolstadt eine gute erste Halbzeit gespielt, waren aber nicht so zielstrebig wie sonst. Außerdem haben wir zu spüren bekommen, dass in der 3. Liga gefühlt jeder Fehler ausgenutzt wird. Der FC Ingolstadt hat aus seinen wenigen Chancen sehr viel gemacht, das war sehr abgezockt und ein Zeichen von Qualität. Da haben wir als Aufsteiger Lehrgeld bezahlt. Dass wir die weiteren Spiele der englischen Woche dann aber schon wieder für uns entscheiden konnten, spricht für den außergewöhnlichen Charakter unseres Teams. Wir haben schnell einen Haken an das Spiel in Ingolstadt gemacht. Unabhängig davon, ob Sieg oder Niederlage: Wir halten uns nicht lange damit auf.

DFB.de: Erst in der zurückliegenden Saison hat mit der SV 07 Elversberg der vorherige Meister der Regionalliga Südwest in der 3. Liga für Furore gesorgt und den Durchmarsch in die 2. Bundesliga geschafft. Sehen Sie einen Zusammenhang mit dem positiven Ulmer Abschneiden?

Wörle: Im ersten Moment ist da natürlich die Spielklasse. Die Regionalliga Südwest ist in der Spitze stark besetzt, die Konkurrenz um den Aufstieg groß. Da wird man schon ein Stück weit auf die 3. Liga vorbereitet. Sonst gibt es aber schon gewisse Unterschiede, wodurch ein Vergleich auch hinkt. Die SV 07 Elversberg hatte schon einige Jahre zuvor den Sprung in die 3. Liga zweimal in den Aufstiegsspielen knapp verpasst, das Team ist über einen noch längeren Zeitraum zusammengeblieben und hat sich nach dem Aufstieg sehr deutlich verstärkt. Wir hatten in der Vergangenheit dagegen den einen oder anderen größeren Umbruch. Das Aufstiegsteam haben wir bewusst weitgehend zusammengehalten und punktuell mit jungen Spielern ergänzt. Die Eingespieltheit aus der vergangenen Saison haben wir in die 3. Liga mitgenommen.

DFB.de: Wie sehr träumen die Fans bereits vom nächsten Aufstieg?

Wörle: Ich weiß nicht, was in den Köpfen der Fans vorgeht. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass jede und jeder im Klub um die bewegte Vereinsgeschichte weiß. Die Geschäftsführung legt großen Wert darauf, dass wir uns gesund und bodenständig weiterentwickeln und einen Schritt nach dem anderen in Angriff nehmen. Wir freuen uns sehr über die aktuelle Situation, können das aber ganz gut einordnen. Jeden Punkt, den wir erkämpfen, erkämpfen wir für unser Ziel Klassenverbleib.

DFB.de: Sie wurden in Krumbach, nur wenige Kilometer von Ulm entfernt, geboren. Gab es schon früher Berührungspunkte mit dem SSV?

Wörle: Im Nachwuchsbereich habe ich einige Male gegen Ulm gespielt. Wenn man einen so großen Klub im persönlichen Umfeld hat, schaut man da natürlich auch drauf. Mein Vater hat sogar für kurze Zeit auch für den SSV gespielt. Es ist etwas Besonderes, nun als Trainer bei einem solchen Traditionsverein so nah an der Heimat tätig zu sein.

DFB.de: Ihr Vater Günther war auch schon unter anderem als Cheftrainer in der Frauen-Bundesliga tätig. Inwiefern hat das Ihren Wunsch geprägt, später einmal selbst an der Seitenlinie zu stehen?

Wörle: Das hatte definitiv Einfluss. Ich war schon als kleiner Junge immer bei seinen Trainerstationen dabei. Mir hatte das Verhältnis zwischen einem Trainer und der Mannschaft imponiert und was man in der Rolle als Trainer bewirken kann. Die Umstände hatten es ergeben, dass ich meine Trainerlaufbahn beim Frauenteam des FC Bayern München starten durfte. Ich bin dankbar dafür, diese Chance bekommen zu haben. Ich durfte mich als Trainer weiterentwickeln. Es war eine sehr lehrreiche und erfolgreiche Zeit, die Bedeutung und die Rückendeckung für den Frauenfußball ist über die Jahre gestiegen.

DFB.de: Gibt es aus Ihrer Sicht Aspekte, die der Männer- vom Frauen-Fußball lernen kann?

Wörle: Ich denke, dass es sehr viele Parallelen gibt. Es ist zwar kein Lernaspekt, aber es hatte mich sehr beeindruckt, welchen Spagat die Mädels hinbekommen haben: Auf der einen Seite professionell Fußball zu spielen und sich parallel dazu beruflich noch ein zweites Standbein aufzubauen.

DFB.de: In Ulm hat sich durch den Aufstieg der Zuschauerschnitt von 3900 auf 10.510 mehr als verdoppelt. Ist der SSV ein schlafender Riese?

Wörle: Der SSV Ulm hat eine ungemeine Tradition und daher auch Ambitionen. Das war schon von meinem ersten Tag an zu spüren. Der Zuspruch und die Unterstützung der Fans sind groß. Wir sind alle gemeinsam dabei, für eine stabile Grundlage zu sorgen, von der aus wir in den kommenden Jahren weitere Schritte gehen können.

DFB.de: Wie ist Ihr Eindruck von Dynamo Dresden?

Wörle: Da wartet ein weiteres Highlight auf uns. Wir treffen auf einen extrem guten Gegner, der schon in der abgelaufenen Saison dicht vor dem Aufstieg stand. Dass der Verein in dieser Saison hohe Ziele hat, wurde klar formuliert. Dynamo agiert variabel und dominant, verfügt über viele Spieler auf einem hohen Level. Wir sind Außenseiter und werden einen sehr starken Tag benötigen. Wir freuen uns unheimlich darauf, vor erneut 17.000 Fans im ausverkauften Donaustadion zu spielen.

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