Türkgücü-Torhüter Vollath: "Derbysieg bedeutet viel Prestige"

Stadtduell im besonderen Rahmen: Türkgücü München trifft heute (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport und im BR Fernsehen) in der 3. Liga auf den Lokalrivalen TSV 1860 - und das im Olympiastadion, der langjährigen Spielstätte der "Löwen". Im DFB.de-Interview spricht Türkgücü-Kapitän René Vollath mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über das Derby und seine Zeit als Schiedsrichter.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat als Liganeuling in 31 Saisonspielen 40 Gegentreffer kassiert. Insgesamt elf Spiele zu Null sind jedoch der drittbeste Wert der Liga. Wie passt das zusammen, Herr Vollath?

René Vollath: Wir waren mit einer sehr offensiven Spielphilosophie in die Saison gestartet. Entsprechend torreich waren die ersten Partien - zum Beispiel ein 4:4 beim SV Waldhof Mannheim oder ein 4:3 gegen den VfB Lübeck. Daher relativiert das die Statistik von 40 Gegentreffern in nur 20 Spielen etwas. Als die Partien dann nicht mehr ganz so erfolgreich verliefen, haben wir das System ein wenig umgestellt. Insgesamt sind wir mittlerweile defensiv stabiler geworden. Wir hatten unter anderem eine Phase mit fünf Partien ohne Gegentor in Folge. Das ist natürlich eine gute Basis für positive Ergebnisse.

DFB.de: Bei den Partien ohne Gegentreffer sind nur die Spitzenteams Dynamo Dresden, Hansa Rostock und 1860 München ähnlich erfolgreich. War in der Saison also noch mehr für Türkgücü möglich?

Vollath: Wenn man zur Winterpause nur drei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz hat, geht der Blick schon ein wenig nach oben. So gesehen war es schon schade, dass die Aufstiegsplätze im Frühjahr für uns außer Reichweite gekommen sind. 43 Punkte nach 31 Spieltagen sind für uns als Aufsteiger dennoch eine gute Bilanz. Vor der Saison hatten wir einen großen Umbruch.

DFB.de: Warum hat es zuletzt beim 1:2 in der Partie beim Mitaufsteiger 1. FC Saarbrücken nicht zu etwas Zählbarem gereicht?

Vollath: Die Gegentore sind zwar schon früh gefallen, verschlafen haben wir die Anfangsphase aber nicht. Es waren vielmehr eher unglückliche Umstände. Zunächst bekamen wir den Ball nach einem Eckball nicht richtig geklärt. Beim zweiten Gegentor sprang Alexander Sorge bei einer Grätsche im Strafraum der Ball unglücklich an den Arm. Im zweiten Durchgang waren wir spielbestimmend. Leider hatte es nur noch zum Anschlusstreffer von Lucas Röser gereicht.

DFB.de: Während Ihrer Zeit beim Karlsruher SC waren Sie auch als Schiedsrichter im Amateurfußball im Einsatz. Wie kam es zum "Seitenwechsel"?

Vollath: Ich war bei den Spielen sehr emotional und hatte daher auch viele Gelbe Karten wegen Meckerns gesehen. Nach einer Partie kam ich mit einem Schiedsrichterbeobachter über die Leistung des Unparteiischen ins Gespräch. Er meinte daraufhin zu mir: Wenn ich denke, ich könnte das besser, sollte ich es doch einfach mal probieren. Und so habe ich dann Spiele bis zur Verbandsliga geleitet. In der Oberliga durfte ich als Linienrichter im Einsatz sein. Samstags stand ich dann oft als Spieler auf dem Feld, sonntags als Schiedsrichter. Das hat mir großen Spaß gemacht und kann ich mir grundsätzlich auch weiterhin vorstellen. Durch meine Wechsel zum KFC Uerdingen 05 und nach München hat das Thema zuletzt geruht. Ich lege meinen Fokus derzeit voll auf meine Karriere bei Türkgücü. Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie könnte ich derzeit ja ohnehin nicht als Schiedsrichter im Einsatz sein.

DFB.de: Auch als aktiver Fußballer haben Sie einen Positionswechsel hinter sich. Sie wären fast kein Torhüter geworden, oder?

Vollath: Mein Vater Richard, der früher selbst Bundesligaprofi beim 1. FC Nürnberg war, wollte eigentlich, dass ich - wie er - Offensivspieler werde. Die Chance, zum Einsatz zu kommen, wäre sicherlich größer gewesen als bei einem Torhüter. Ich wollte aber schon immer zwischen den Pfosten stehen. Irgendwann hat mir meine Mama dann Torwart-Handschuhe gekauft. In meiner Altersstufe bin ich dann in der Regel als Stürmer aufgelaufen, bei den zwei Jahre älteren Nachwuchsspielern als Torhüter. Erst, als ich mit 15 Jahren in die Nachwuchsabteilung des 1. FC Nürnberg gewechselt bin, wurde ich endgültig Torhüter. Die Zeit als Feldspieler hat mir bei meiner Entwicklung aber sicher gutgetan.

DFB.de: Als Torhüter ging es dann mit der DFB-Auswahl 2007 sogar zur U 17-Weltmeisterschaft. Ein Highlight in Ihrer Karriere?

Vollath: Absolut. Nicht jeder Fußballer kann von sich behaupten, mit einer Junioren-Nationalmannschaft WM-Dritter geworden zu sein. Wir hatten eine super Mannschaft, von der sehr viele Spieler den Sprung in den Profi-Bereich geschafft haben. Da ist natürlich vor allem Weltmeister Toni Kroos zu nennen. Aber auch auf der Torhüterposition waren wir mit Kevin Trapp und Fabian Giefer sehr gut besetzt. Wir hatten mit Heiko Herrlich auch einen super Trainer, der mittlerweile beim FC Augsburg in der Bundesliga arbeitet. Im Nachhinein fand ich es fast ein wenig schade, dass ich als jüngerer Spieler die ganzen Emotionen rund um das Turnier noch gar nicht voll wahrgenommen habe. Das kam dann erst mit der Zeit.

DFB.de: Michael Köllner, den Trainer des nächsten Gegner TSV 1860 München, kennen Sie schon lange, oder?

Vollath: Da es in der Tat schon sehr lange her ist, weiß ich gar nicht mehr genau, wie alt ich damals war. Aber Michael Köllner war bei der bayerischen Landesauswahl auf jeden Fall zeitweise mein Trainer. Ich habe unter ihm viel im taktischen Bereich gelernt. Seine Mannschaften konnte er immer schon sehr gut auf den Gegner einstellen.

DFB.de: Erst vor zweieinhalb Wochen gab es das Duell mit den "Löwen" bereits in der Qualifikationsrunde zum Verbandspokal-Viertelfinale. Türkgücü siegte 1:0 und wahrte die Chance auf den DFB-Pokal. Wird das beim erneuten Aufeinandertreffen eine Rolle spielen?

Vollath: Ich denke schon, dass sich der TSV 1860 für das Pokalaus revanchieren möchte. Ein Derbysieg bedeutet auch immer viel Prestige. Für uns ist die Leistung aus der ausgeglichenen Pokalpartie definitiv ebenfalls ein Ansporn, nach dem 2:2-Unentschieden in der Hinserie und unserem Sieg im Verbandspokal auch das dritte Duell mit den "Löwen" für uns zu entscheiden.

DFB.de: Nach zwei Duellen im Grünwalder Stadion findet das Derby diesmal im Olympiastadion statt. Was verbinden Sie mit der Spielstätte?

Vollath: Schon mein Vater stand als Spieler des 1. FC Nürnberg im Olympiastadion gegen den FC Bayern München auf dem Platz. Als Kind hatte ich mit der bayerischen Landesauswahl eine Stadionführung. Jetzt selbst im Olympiastadion zu spielen, ist etwas ganz Besonderes. Der Rasen ist in einem hervorragenden Zustand. Das Einzige, was noch fehlt, sind Zuschauer. Aber das ist wegen der Corona-Pandemie ja leider nicht möglich.

DFB.de: Türkgücü München führen Sie nun seit Ende März als Kapitän auf das Feld. Was bedeutet Ihnen das?

Vollath: Das ist eine große Ehre. Ich bin dankbar für das Vertrauen. Mit meiner Disziplin und meinem Ehrgeiz will ich vorangehen. Zu einem Führungsspieler gehört aber mehr, als nur die Kapitänsbinde zu tragen. Daher hat auch das Wort vom bisherigen Kapitän Sercan Sararer weiterhin Gewicht. Er ist aus meiner Sicht der beste Spieler der 3. Liga.

DFB.de: Was wird im Ligaspiel gegen den TSV 1860 München entscheidend sein?

Vollath: Wir müssen von Anfang an mit Emotionen auftreten. Dabei dürfen wir allerdings nicht überdrehen. Die "Löwen" sehen nach den zurückliegenden Ergebnissen die Chance, vielleicht doch noch einen Aufstiegsplatz zu erreichen. In einem Derby kann aber alles passieren. Wenn wir unsere Leidenschaft und unseren Zusammenhalt auf den Platz bekommen, bin ich guter Dinge.

[mspw]

Stadtduell im besonderen Rahmen: Türkgücü München trifft heute (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport und im BR Fernsehen) in der 3. Liga auf den Lokalrivalen TSV 1860 - und das im Olympiastadion, der langjährigen Spielstätte der "Löwen". Im DFB.de-Interview spricht Türkgücü-Kapitän René Vollath mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über das Derby und seine Zeit als Schiedsrichter.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat als Liganeuling in 31 Saisonspielen 40 Gegentreffer kassiert. Insgesamt elf Spiele zu Null sind jedoch der drittbeste Wert der Liga. Wie passt das zusammen, Herr Vollath?

René Vollath: Wir waren mit einer sehr offensiven Spielphilosophie in die Saison gestartet. Entsprechend torreich waren die ersten Partien - zum Beispiel ein 4:4 beim SV Waldhof Mannheim oder ein 4:3 gegen den VfB Lübeck. Daher relativiert das die Statistik von 40 Gegentreffern in nur 20 Spielen etwas. Als die Partien dann nicht mehr ganz so erfolgreich verliefen, haben wir das System ein wenig umgestellt. Insgesamt sind wir mittlerweile defensiv stabiler geworden. Wir hatten unter anderem eine Phase mit fünf Partien ohne Gegentor in Folge. Das ist natürlich eine gute Basis für positive Ergebnisse.

DFB.de: Bei den Partien ohne Gegentreffer sind nur die Spitzenteams Dynamo Dresden, Hansa Rostock und 1860 München ähnlich erfolgreich. War in der Saison also noch mehr für Türkgücü möglich?

Vollath: Wenn man zur Winterpause nur drei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz hat, geht der Blick schon ein wenig nach oben. So gesehen war es schon schade, dass die Aufstiegsplätze im Frühjahr für uns außer Reichweite gekommen sind. 43 Punkte nach 31 Spieltagen sind für uns als Aufsteiger dennoch eine gute Bilanz. Vor der Saison hatten wir einen großen Umbruch.

DFB.de: Warum hat es zuletzt beim 1:2 in der Partie beim Mitaufsteiger 1. FC Saarbrücken nicht zu etwas Zählbarem gereicht?

Vollath: Die Gegentore sind zwar schon früh gefallen, verschlafen haben wir die Anfangsphase aber nicht. Es waren vielmehr eher unglückliche Umstände. Zunächst bekamen wir den Ball nach einem Eckball nicht richtig geklärt. Beim zweiten Gegentor sprang Alexander Sorge bei einer Grätsche im Strafraum der Ball unglücklich an den Arm. Im zweiten Durchgang waren wir spielbestimmend. Leider hatte es nur noch zum Anschlusstreffer von Lucas Röser gereicht.

DFB.de: Während Ihrer Zeit beim Karlsruher SC waren Sie auch als Schiedsrichter im Amateurfußball im Einsatz. Wie kam es zum "Seitenwechsel"?

Vollath: Ich war bei den Spielen sehr emotional und hatte daher auch viele Gelbe Karten wegen Meckerns gesehen. Nach einer Partie kam ich mit einem Schiedsrichterbeobachter über die Leistung des Unparteiischen ins Gespräch. Er meinte daraufhin zu mir: Wenn ich denke, ich könnte das besser, sollte ich es doch einfach mal probieren. Und so habe ich dann Spiele bis zur Verbandsliga geleitet. In der Oberliga durfte ich als Linienrichter im Einsatz sein. Samstags stand ich dann oft als Spieler auf dem Feld, sonntags als Schiedsrichter. Das hat mir großen Spaß gemacht und kann ich mir grundsätzlich auch weiterhin vorstellen. Durch meine Wechsel zum KFC Uerdingen 05 und nach München hat das Thema zuletzt geruht. Ich lege meinen Fokus derzeit voll auf meine Karriere bei Türkgücü. Wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie könnte ich derzeit ja ohnehin nicht als Schiedsrichter im Einsatz sein.

DFB.de: Auch als aktiver Fußballer haben Sie einen Positionswechsel hinter sich. Sie wären fast kein Torhüter geworden, oder?

Vollath: Mein Vater Richard, der früher selbst Bundesligaprofi beim 1. FC Nürnberg war, wollte eigentlich, dass ich - wie er - Offensivspieler werde. Die Chance, zum Einsatz zu kommen, wäre sicherlich größer gewesen als bei einem Torhüter. Ich wollte aber schon immer zwischen den Pfosten stehen. Irgendwann hat mir meine Mama dann Torwart-Handschuhe gekauft. In meiner Altersstufe bin ich dann in der Regel als Stürmer aufgelaufen, bei den zwei Jahre älteren Nachwuchsspielern als Torhüter. Erst, als ich mit 15 Jahren in die Nachwuchsabteilung des 1. FC Nürnberg gewechselt bin, wurde ich endgültig Torhüter. Die Zeit als Feldspieler hat mir bei meiner Entwicklung aber sicher gutgetan.

DFB.de: Als Torhüter ging es dann mit der DFB-Auswahl 2007 sogar zur U 17-Weltmeisterschaft. Ein Highlight in Ihrer Karriere?

Vollath: Absolut. Nicht jeder Fußballer kann von sich behaupten, mit einer Junioren-Nationalmannschaft WM-Dritter geworden zu sein. Wir hatten eine super Mannschaft, von der sehr viele Spieler den Sprung in den Profi-Bereich geschafft haben. Da ist natürlich vor allem Weltmeister Toni Kroos zu nennen. Aber auch auf der Torhüterposition waren wir mit Kevin Trapp und Fabian Giefer sehr gut besetzt. Wir hatten mit Heiko Herrlich auch einen super Trainer, der mittlerweile beim FC Augsburg in der Bundesliga arbeitet. Im Nachhinein fand ich es fast ein wenig schade, dass ich als jüngerer Spieler die ganzen Emotionen rund um das Turnier noch gar nicht voll wahrgenommen habe. Das kam dann erst mit der Zeit.

DFB.de: Michael Köllner, den Trainer des nächsten Gegner TSV 1860 München, kennen Sie schon lange, oder?

Vollath: Da es in der Tat schon sehr lange her ist, weiß ich gar nicht mehr genau, wie alt ich damals war. Aber Michael Köllner war bei der bayerischen Landesauswahl auf jeden Fall zeitweise mein Trainer. Ich habe unter ihm viel im taktischen Bereich gelernt. Seine Mannschaften konnte er immer schon sehr gut auf den Gegner einstellen.

DFB.de: Erst vor zweieinhalb Wochen gab es das Duell mit den "Löwen" bereits in der Qualifikationsrunde zum Verbandspokal-Viertelfinale. Türkgücü siegte 1:0 und wahrte die Chance auf den DFB-Pokal. Wird das beim erneuten Aufeinandertreffen eine Rolle spielen?

Vollath: Ich denke schon, dass sich der TSV 1860 für das Pokalaus revanchieren möchte. Ein Derbysieg bedeutet auch immer viel Prestige. Für uns ist die Leistung aus der ausgeglichenen Pokalpartie definitiv ebenfalls ein Ansporn, nach dem 2:2-Unentschieden in der Hinserie und unserem Sieg im Verbandspokal auch das dritte Duell mit den "Löwen" für uns zu entscheiden.

DFB.de: Nach zwei Duellen im Grünwalder Stadion findet das Derby diesmal im Olympiastadion statt. Was verbinden Sie mit der Spielstätte?

Vollath: Schon mein Vater stand als Spieler des 1. FC Nürnberg im Olympiastadion gegen den FC Bayern München auf dem Platz. Als Kind hatte ich mit der bayerischen Landesauswahl eine Stadionführung. Jetzt selbst im Olympiastadion zu spielen, ist etwas ganz Besonderes. Der Rasen ist in einem hervorragenden Zustand. Das Einzige, was noch fehlt, sind Zuschauer. Aber das ist wegen der Corona-Pandemie ja leider nicht möglich.

DFB.de: Türkgücü München führen Sie nun seit Ende März als Kapitän auf das Feld. Was bedeutet Ihnen das?

Vollath: Das ist eine große Ehre. Ich bin dankbar für das Vertrauen. Mit meiner Disziplin und meinem Ehrgeiz will ich vorangehen. Zu einem Führungsspieler gehört aber mehr, als nur die Kapitänsbinde zu tragen. Daher hat auch das Wort vom bisherigen Kapitän Sercan Sararer weiterhin Gewicht. Er ist aus meiner Sicht der beste Spieler der 3. Liga.

DFB.de: Was wird im Ligaspiel gegen den TSV 1860 München entscheidend sein?

Vollath: Wir müssen von Anfang an mit Emotionen auftreten. Dabei dürfen wir allerdings nicht überdrehen. Die "Löwen" sehen nach den zurückliegenden Ergebnissen die Chance, vielleicht doch noch einen Aufstiegsplatz zu erreichen. In einem Derby kann aber alles passieren. Wenn wir unsere Leidenschaft und unseren Zusammenhalt auf den Platz bekommen, bin ich guter Dinge.

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