TSG-Trainer Gallai: "Eine unfassbare Leistung"

Überraschung durch die TSG Hoffenheim: Die Mannschaft von Gabor Gallai (41) hat in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga mit 3:2 beim FC Bayern München gewonnen und damit dem Tabellenführer die ersten Punkte in dieser Saison abgenommen. Im DFB.de-Interview spricht der TSG-Trainer über den außergewöhnlichen Erfolg, den Wechsel von drei deutschen Nationalspielerinnen zur Konkurrenz und den Traum von der Champions League.

DFB.de: Herr Gallai, wie hält man als Trainer eine so dramatische Schlussphase wie in dieser Begegnung aus?

Gabor Gallai: Die letzten 15 Minuten waren schon hart für mich an der Seitenlinie. Das war die Phase, in der wir plötzlich etwas zu verlieren hatten. Da habe ich sicher das eine oder andere neue graue Haar bekommen. Aber das ist es mir wert. Ich kann der Mannschaft nur einen riesigen Respekt zollen, wie sie nach dem frühen 0:2-Rückstand weiter an sich geglaubt hat und dann eindrucksvoll zurückgekommen ist.

DFB.de: 0:1 nach 30 Sekunden, 0:2 nach 13 Minuten – haben Sie da wirklich noch an eine Chance geglaubt? Sie haben immerhin gegen einen Gegner gespielt, der bis zu diesem Zeitpunkt alle 17 Begegnungen in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga gewonnen und dabei nur drei Gegentore kassiert hat.

Gallai: Viele haben uns nach den ersten 15 Minuten sicher abgeschrieben. Natürlich war es zu diesem Zeitpunkt auch für uns nicht ganz einfach, unter den genannten Voraussetzungen weiter an die Möglichkeit eines Unentschiedens oder gar eines Sieges zu glauben. Die Bayern stehen sehr kompakt und lassen wenige Chancen zu. Aber wir haben es nach dem Rückstand gut gemacht und waren meiner Meinung nach in der Spielanlage das bessere Team. Genau das haben wir den Mädels in der Pause auch gesagt. Wir haben uns darauf eingeschworen, dass etwas möglich ist. Wir hatten in der ersten Halbzeit kein Spielglück. Das wollten wir erzwingen, und das ist uns gelungen. Es war am Ende eine unfassbare Leistung.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat die Partie dann zwischen der 63. und 73. Minuten gedreht.

Gallai: Was die Mädels in diesen zehn Minuten gerissen haben, ist gar nicht in Worte zu fassen. Ich habe gespürt, dass etwas gehen könnte, weil die Münchnerinnen einen müden Eindruck gemacht haben. Gleichzeitig haben wir immer mehr Mut entwickelt, unsere Angriffe besser zu Ende gespielt und haben uns dafür belohnt. Diese drei Punkte nehmen wir gerne mit. Der Sieg tut richtig gut.

DFB.de: Wie schön ist es, dass Ihre Mannschaft es als erstes Team geschafft hat, den tollen Lauf des FC Bayern zu stoppen?

Gallai: Wir waren schon im DFB-Pokal nahe dran, sie in Schwierigkeiten zu bringen. Aber wir haben es leider nicht geschafft. Dann kam vor zwei Wochen das Spiel gegen die SGS Essen, das wir mit 0:1 verloren haben. Man kann schon sagen, dass wir danach etwas angesäuert waren. Heute hat die Mannschaft zu 100 Prozent die richtige Reaktion gezeigt. Ich bin stolz auf jede einzelne Spielerin.

DFB.de: Was ist gerade in der Kabine los?

Gallai: Das kann ich nicht sagen, weil ich während unseres Gesprächs hier ganz alleine auf dem Rasen stehe. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass in der Kabine Musik laufen wird, womöglich auch etwas lauter. Wahrscheinlich werden wir auf dem Rückweg mal an einer Tankstelle anhalten müssen, damit wir für die Mädels ein paar Radler besorgen können. Das haben sie sich heute absolut verdient.

DFB.de: Wie bitter ist es, dass mit Lena Lattwein, Maximiliane Rall und Tabea Waßmuth drei Säulen den Verein nach der Saison verlassen werden?

Gallai: Das ist leider für einen Verein wie die TSG Hoffenheim nicht ungewöhnlich. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren super Leistungen gezeigt und die Spielerinnen haben sich toll entwickelt. Das ist logischerweise auch den Topteams nicht verborgen geblieben. Und durch ihre Leistungen haben die Spielerinnen eben auf sich aufmerksam gemacht. Auch wenn es für uns bitter ist, dass sie uns verlassen: Man kann es ihnen nicht verübeln, dass sie den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen wollen. So funktioniert das Fußballgeschäft. Ich bin gleichzeitig jedoch sehr zuversichtlich, dass wir in der kommenden Saison auch eine starke Mannschaft am Start haben werden.

DFB.de: Ist dieser Sieg gegen die Bayern der nächste Schritt Richtung Topmannschaft für die TSG?

Gallai: Ja, so kann man es sehen. Durch solche Erfolge werden wir nochmal anders wahrgenommen und werden für Spielerinnen interessant, die sonst vielleicht nicht zu uns kommen würden. Alle sehen, dass sich hier etwas entwickelt und dass wir auf einem guten Weg sind, nächste Saison international zu spielen. Unsere klare Aufgabe ist es, den Abstand in den kommenden Jahren nach ganz oben zu verkürzen und die Liga so noch spannender zu machen.

DFB.de: Die Champions League ist nun zum Greifen nahe.

Gallai: Die Ausgangslage ist jetzt super. Wir wollen uns diesen Traum erfüllen. Die Konkurrenten können zwar nachlegen, aber unser Vorsprung kann je nach den Ergebnissen an diesem Wochenende auf maximal fünf Punkte schmelzen – das ist bei noch vier ausstehenden Begegnungen schon ein sehr gutes Polster. Das war auf jeden Fall ein großer Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt dürfen wir nicht nachlassen. Heute dürfen die Mädels diesen Coup genießen. Am Montag steht Regeneration auf dem Programm. Danach gilt unsere volle Konzentration dem Duell mit dem SV Meppen.

DFB.de: In dem Sie wieder der klare Favorit sein werden.

Gallai: Ja, natürlich. Diese Rolle werden wir annehmen. Da treffen wir auf einen Gegner, der um den Klassenverbleib kämpft. Das wird die nächste schwere Aufgabe für uns – das muss allen bewusst sein. Der Sieg in München ist nur etwas wert, wenn wir dort nachlegen können.

[sw]

Überraschung durch die TSG Hoffenheim: Die Mannschaft von Gabor Gallai (41) hat in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga mit 3:2 beim FC Bayern München gewonnen und damit dem Tabellenführer die ersten Punkte in dieser Saison abgenommen. Im DFB.de-Interview spricht der TSG-Trainer über den außergewöhnlichen Erfolg, den Wechsel von drei deutschen Nationalspielerinnen zur Konkurrenz und den Traum von der Champions League.

DFB.de: Herr Gallai, wie hält man als Trainer eine so dramatische Schlussphase wie in dieser Begegnung aus?

Gabor Gallai: Die letzten 15 Minuten waren schon hart für mich an der Seitenlinie. Das war die Phase, in der wir plötzlich etwas zu verlieren hatten. Da habe ich sicher das eine oder andere neue graue Haar bekommen. Aber das ist es mir wert. Ich kann der Mannschaft nur einen riesigen Respekt zollen, wie sie nach dem frühen 0:2-Rückstand weiter an sich geglaubt hat und dann eindrucksvoll zurückgekommen ist.

DFB.de: 0:1 nach 30 Sekunden, 0:2 nach 13 Minuten – haben Sie da wirklich noch an eine Chance geglaubt? Sie haben immerhin gegen einen Gegner gespielt, der bis zu diesem Zeitpunkt alle 17 Begegnungen in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga gewonnen und dabei nur drei Gegentore kassiert hat.

Gallai: Viele haben uns nach den ersten 15 Minuten sicher abgeschrieben. Natürlich war es zu diesem Zeitpunkt auch für uns nicht ganz einfach, unter den genannten Voraussetzungen weiter an die Möglichkeit eines Unentschiedens oder gar eines Sieges zu glauben. Die Bayern stehen sehr kompakt und lassen wenige Chancen zu. Aber wir haben es nach dem Rückstand gut gemacht und waren meiner Meinung nach in der Spielanlage das bessere Team. Genau das haben wir den Mädels in der Pause auch gesagt. Wir haben uns darauf eingeschworen, dass etwas möglich ist. Wir hatten in der ersten Halbzeit kein Spielglück. Das wollten wir erzwingen, und das ist uns gelungen. Es war am Ende eine unfassbare Leistung.

DFB.de: Ihre Mannschaft hat die Partie dann zwischen der 63. und 73. Minuten gedreht.

Gallai: Was die Mädels in diesen zehn Minuten gerissen haben, ist gar nicht in Worte zu fassen. Ich habe gespürt, dass etwas gehen könnte, weil die Münchnerinnen einen müden Eindruck gemacht haben. Gleichzeitig haben wir immer mehr Mut entwickelt, unsere Angriffe besser zu Ende gespielt und haben uns dafür belohnt. Diese drei Punkte nehmen wir gerne mit. Der Sieg tut richtig gut.

DFB.de: Wie schön ist es, dass Ihre Mannschaft es als erstes Team geschafft hat, den tollen Lauf des FC Bayern zu stoppen?

Gallai: Wir waren schon im DFB-Pokal nahe dran, sie in Schwierigkeiten zu bringen. Aber wir haben es leider nicht geschafft. Dann kam vor zwei Wochen das Spiel gegen die SGS Essen, das wir mit 0:1 verloren haben. Man kann schon sagen, dass wir danach etwas angesäuert waren. Heute hat die Mannschaft zu 100 Prozent die richtige Reaktion gezeigt. Ich bin stolz auf jede einzelne Spielerin.

DFB.de: Was ist gerade in der Kabine los?

Gallai: Das kann ich nicht sagen, weil ich während unseres Gesprächs hier ganz alleine auf dem Rasen stehe. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass in der Kabine Musik laufen wird, womöglich auch etwas lauter. Wahrscheinlich werden wir auf dem Rückweg mal an einer Tankstelle anhalten müssen, damit wir für die Mädels ein paar Radler besorgen können. Das haben sie sich heute absolut verdient.

DFB.de: Wie bitter ist es, dass mit Lena Lattwein, Maximiliane Rall und Tabea Waßmuth drei Säulen den Verein nach der Saison verlassen werden?

Gallai: Das ist leider für einen Verein wie die TSG Hoffenheim nicht ungewöhnlich. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren super Leistungen gezeigt und die Spielerinnen haben sich toll entwickelt. Das ist logischerweise auch den Topteams nicht verborgen geblieben. Und durch ihre Leistungen haben die Spielerinnen eben auf sich aufmerksam gemacht. Auch wenn es für uns bitter ist, dass sie uns verlassen: Man kann es ihnen nicht verübeln, dass sie den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen wollen. So funktioniert das Fußballgeschäft. Ich bin gleichzeitig jedoch sehr zuversichtlich, dass wir in der kommenden Saison auch eine starke Mannschaft am Start haben werden.

DFB.de: Ist dieser Sieg gegen die Bayern der nächste Schritt Richtung Topmannschaft für die TSG?

Gallai: Ja, so kann man es sehen. Durch solche Erfolge werden wir nochmal anders wahrgenommen und werden für Spielerinnen interessant, die sonst vielleicht nicht zu uns kommen würden. Alle sehen, dass sich hier etwas entwickelt und dass wir auf einem guten Weg sind, nächste Saison international zu spielen. Unsere klare Aufgabe ist es, den Abstand in den kommenden Jahren nach ganz oben zu verkürzen und die Liga so noch spannender zu machen.

DFB.de: Die Champions League ist nun zum Greifen nahe.

Gallai: Die Ausgangslage ist jetzt super. Wir wollen uns diesen Traum erfüllen. Die Konkurrenten können zwar nachlegen, aber unser Vorsprung kann je nach den Ergebnissen an diesem Wochenende auf maximal fünf Punkte schmelzen – das ist bei noch vier ausstehenden Begegnungen schon ein sehr gutes Polster. Das war auf jeden Fall ein großer Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt dürfen wir nicht nachlassen. Heute dürfen die Mädels diesen Coup genießen. Am Montag steht Regeneration auf dem Programm. Danach gilt unsere volle Konzentration dem Duell mit dem SV Meppen.

DFB.de: In dem Sie wieder der klare Favorit sein werden.

Gallai: Ja, natürlich. Diese Rolle werden wir annehmen. Da treffen wir auf einen Gegner, der um den Klassenverbleib kämpft. Das wird die nächste schwere Aufgabe für uns – das muss allen bewusst sein. Der Sieg in München ist nur etwas wert, wenn wir dort nachlegen können.

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