Trimmel übers Stadtderby: "Das ist praktisch ein Finalspiel"

Berliner Stadtderby im DFB-Pokalachtelfinale: Hertha BSC trifft heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky), auf den 1. FC Union. Christopher Trimmel ist Union-Kapitän. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der 34 Jahre alte Defensivspieler mit Mitarbeiter Oliver Jensen über das spezielle Duell und seinen Zweitjob als Tätowierer.

DFB.de: Herr Trimmel, ist das Derby bei Hertha BSC im Pokalachtelfinale für Sie ein Wunschlos?

Trimmel: Wir hätten uns im Pokal eher ein Heimspiel gewünscht, weil wir eine heimstarke Mannschaft sind. Ansonsten gibt es im DFB-Pokal kein Wunschlos. Aber ein Derby ist natürlich ein besonderes Spiel.

DFB.de: Sie haben mit Union Berlin bereits fünfmal gegen die Hertha gespielt. Zwei Spiele wurden gewonnen, zwei Spiele gingen verloren, einmal gab's ein Unentschieden. Welches Derby ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Trimmel: Das letzte Derby, in dem mir auch ein Tor gelang (Trimmel traf zum 2:0-Endstand; Anm. d. Red.), blieb mir natürlich sehr positiv in Erinnerung. Grundsätzlich waren das immer enge und harte Spiele. Nicht immer stand der fußballerische Aspekt im Vordergrund, sondern eher die Leidenschaft und die Zweikämpfe. Das macht ein Derby aus.

DFB.de: Könnte das Pokalspiel noch emotionaler werden, weil ein Berliner Verein den anderen aus dem Wettbewerb schmeißt?

Trimmel: Natürlich. Jeder weiß, dass das praktisch ein Finalspiel ist. In der Bundesliga passiert nach einer Niederlage nicht viel. Im Pokal wäre man ausgeschieden. Wir wollen so weit wie möglich kommen.

DFB.de: Wie nehmen Sie den Stadtrivalen Hertha BSC und seine Ambitionen aus der Ferne wahr?

Trimmel: Ich finde, dass der Verein in der Öffentlichkeit schlechter gemacht wird, als er ist. Spielerisch ist das eine Mannschaft mit megaviel Potenzial. Wenn man diese Mannschaft zu leichtnimmt, verliert man sofort. Ich erwarte einen starken Gegner.

DFB.de: Ist Union, verglichen mit der Hertha, eher das "gallische Dorf"?

Trimmel: Ich denke, dass all das mit harter Arbeit verbunden ist. Dabei geht es nicht nur um die Transfers, sondern auch um viele anderen Faktoren. Das Wichtigste ist, dass der ganze Verein zusammen in eine Richtung geht. Das ist das Erfolgsrezept, mit dem auch neue Spieler sehr schnell integriert werden. Es ist ganz normal, dass es im Fußball jedes Jahr einen Umbruch gibt. Aber wir finden uns als Mannschaft immer sehr schnell. Von einem gallischen Dorf im Vergleich zur Hertha würde ich allerdings nicht sprechen. Es gibt auch viele andere Vereine, die viel Geld in die Hand nehmen und bei denen nicht sofort alles funktioniert.

DFB.de: Wie nehmen Sie die Fanlandschaft in Berlin wahr? Gibt es vielleicht bestimmte Regionen, in denen die Anhängerschaft von Union stark dominiert?

Trimmel: Wenn man die Bezirke Köpenick oder Spandau nimmt, ist das ziemlich klar, denke ich. Wenn man durch die ganze Stadt fährt, hat sich durchaus etwas verändert. In meinen Anfangsjahren, als wir noch in der 2. Bundesliga spielten, hat man deutlich mehr blau wahrgenommen. Seit wir aber in der Bundesliga sind, spürt man, dass immer mehr Unioner unterwegs sind - nicht nur in Berlin, sondern auch über die Stadtgrenze hinaus. Der Verein wächst, das zeigt sich auch an den Mitgliederzahlen.

DFB.de: Sie sind mit Union 2019 über die Relegation aufgestiegen. Im Gegensatz zu anderen Aufsteigern, die gleich mit dem Abstiegskampf konfrontiert waren, hat sich Union sofort in der Bundesliga etabliert und qualifizierte sich sogar für die UEFA Conference League. Was macht Union besser als andere Aufsteiger?

Trimmel: Ich weiß nicht genau, wie es bei anderen Vereinen ist. Insgesamt ist es wichtig, dass hier alle Spieler die Grundtugenden von Union umsetzen. Es geht um die Kompaktheit und darum, wenig Chancen zuzulassen. Das haben wir bereits in der 2. Bundesliga gut gemacht, und das zieht sich bis heute durch. Es ist schwer, gegen uns zu gewinnen. An dieser Taktik halten wir fest. Das ist unsere Basis. Von diesem Punkt aus arbeiten wir an den anderen Dingen wie dem Offensivspiel und dem Spiel mit dem Ball. Selbst wenn wir einen schlechten Tag haben, ist es aufgrund unserer Automatismen immer schwierig, Tore gegen uns zu erzielen.

DFB.de: Themawechsel: Sie sind ein "Tattoo Artist" und haben bereits mehrere Motive selbst entworfen. Wie entstand die Leidenschaft dafür?

Trimmel: Das Thema Kunst war schon immer präsent. Ich habe bereits als Kind gerne gemalt und gezeichnet, habe auch an Wettbewerben teilgenommen. Mein ursprünglicher Plan war, in Wien Kunst zu studieren. Aber dann ist der Profifußball dazwischen gerutscht. (lacht) Irgendwann habe ich mich selber erstmals von einem guten Freund tätowieren lassen. Dadurch entstand der Anreiz, das selber zu machen. Wir haben gemeinsam viel entworfen und gemalt. Bei ihm habe ich das Tätowieren gelernt. Das hat viel Spaß gemacht. Als ich nach Berlin kam, habe ich hier selber ein Gewerbe angemeldet.

DFB.de: Wie häufig und wann sind Sie als Tätowierer tätig?

Trimmel: Ich war größtenteils als mobiler Tätowierter tätig. Ich habe meine Kunden also zu Hause besucht. Allerdings bin ich schon seit längerer Zeit auf der Suche nach einem eigenen Studio. Meine Frau ist ebenfalls Künstlerin, sie malt und hat ständig Ausstellungen. Wir suchen nach einer gemeinsamen Werbefläche, die sich als Atelierstudio nutzen lässt. Aber ich lasse mir dabei Zeit. Momentan bin ich ohnehin weniger aktiv, weil der Kundenkontakt sich mit unserem strengen Hygienekonzept nicht vereinbaren ließe. Vor der Pandemie habe ich immer am Montag und Dienstag tätowiert. Dazu muss man wissen, dass Tätowieren sehr anstrengend ist. Das sollte man nicht direkt vor einem Spieltag machen.

DFB.de: Sie haben auch Mitspieler wie Cedric Teuchert und Fabian Schönheim tätowiert. Ist das eine besondere Verantwortung? Schließlich begegnet man im schlimmsten Fall den unzufriedenen Kunden jeden Tag in der Kabine.

Trimmel: Nein. Die Zeiten, in denen ich vor dem Tätowieren nervös war, sind vorbei. Das ist ähnlich wie beim Fußball. Irgendwann legt man diese Aufgeregtheit ab. Im ersten Jahr spielt die Angst noch eine gewisse Rolle, weil man keinen Fehler machen möchte. Aber mittlerweile bin ich als Tätowierer erfahren genug. Meine Mitspieler wissen, wie ich tätowiere und wie mein Stil ist. Das klappte bislang immer sehr gut.

DFB.de: Gab es ansonsten lustige Begegnungen, wenn Kunden vielleicht gar nicht wussten, dass Sie Fußballprofi sind? Oder zum Beispiel einen Hertha-Fan, der versehentlich beim Kapitän von Union gelandet ist?

Trimmel: Viele Kunden sind Fans von Union Berlin. Für den einen oder anderen Fan ist es wohl schon reizvoll, sich vom Union-Kapitän tätowieren zu lassen. Ich habe aber auch eine Kundschaft, die überhaupt nicht fußballaffin ist. Einen Hertha-Ultra hatte ich bislang noch nicht unter meinen Kunden. (lacht)

DFB.de: Und was wäre, wenn einer käme und sich von Ihnen das Hertha-Logo groß auf den Rücken tätowieren lassen möchte?

Trimmel: (lacht) Die Frage kann ich ausschließen, weil das vermutlich nicht passieren wird. Der wüsste, dass ich das nicht machen würde.

[oj]

Berliner Stadtderby im DFB-Pokalachtelfinale: Hertha BSC trifft heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky), auf den 1. FC Union. Christopher Trimmel ist Union-Kapitän. Im aktuellen DFB.de-Interview spricht der 34 Jahre alte Defensivspieler mit Mitarbeiter Oliver Jensen über das spezielle Duell und seinen Zweitjob als Tätowierer.

DFB.de: Herr Trimmel, ist das Derby bei Hertha BSC im Pokalachtelfinale für Sie ein Wunschlos?

Trimmel: Wir hätten uns im Pokal eher ein Heimspiel gewünscht, weil wir eine heimstarke Mannschaft sind. Ansonsten gibt es im DFB-Pokal kein Wunschlos. Aber ein Derby ist natürlich ein besonderes Spiel.

DFB.de: Sie haben mit Union Berlin bereits fünfmal gegen die Hertha gespielt. Zwei Spiele wurden gewonnen, zwei Spiele gingen verloren, einmal gab's ein Unentschieden. Welches Derby ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Trimmel: Das letzte Derby, in dem mir auch ein Tor gelang (Trimmel traf zum 2:0-Endstand; Anm. d. Red.), blieb mir natürlich sehr positiv in Erinnerung. Grundsätzlich waren das immer enge und harte Spiele. Nicht immer stand der fußballerische Aspekt im Vordergrund, sondern eher die Leidenschaft und die Zweikämpfe. Das macht ein Derby aus.

DFB.de: Könnte das Pokalspiel noch emotionaler werden, weil ein Berliner Verein den anderen aus dem Wettbewerb schmeißt?

Trimmel: Natürlich. Jeder weiß, dass das praktisch ein Finalspiel ist. In der Bundesliga passiert nach einer Niederlage nicht viel. Im Pokal wäre man ausgeschieden. Wir wollen so weit wie möglich kommen.

DFB.de: Wie nehmen Sie den Stadtrivalen Hertha BSC und seine Ambitionen aus der Ferne wahr?

Trimmel: Ich finde, dass der Verein in der Öffentlichkeit schlechter gemacht wird, als er ist. Spielerisch ist das eine Mannschaft mit megaviel Potenzial. Wenn man diese Mannschaft zu leichtnimmt, verliert man sofort. Ich erwarte einen starken Gegner.

DFB.de: Ist Union, verglichen mit der Hertha, eher das "gallische Dorf"?

Trimmel: Ich denke, dass all das mit harter Arbeit verbunden ist. Dabei geht es nicht nur um die Transfers, sondern auch um viele anderen Faktoren. Das Wichtigste ist, dass der ganze Verein zusammen in eine Richtung geht. Das ist das Erfolgsrezept, mit dem auch neue Spieler sehr schnell integriert werden. Es ist ganz normal, dass es im Fußball jedes Jahr einen Umbruch gibt. Aber wir finden uns als Mannschaft immer sehr schnell. Von einem gallischen Dorf im Vergleich zur Hertha würde ich allerdings nicht sprechen. Es gibt auch viele andere Vereine, die viel Geld in die Hand nehmen und bei denen nicht sofort alles funktioniert.

DFB.de: Wie nehmen Sie die Fanlandschaft in Berlin wahr? Gibt es vielleicht bestimmte Regionen, in denen die Anhängerschaft von Union stark dominiert?

Trimmel: Wenn man die Bezirke Köpenick oder Spandau nimmt, ist das ziemlich klar, denke ich. Wenn man durch die ganze Stadt fährt, hat sich durchaus etwas verändert. In meinen Anfangsjahren, als wir noch in der 2. Bundesliga spielten, hat man deutlich mehr blau wahrgenommen. Seit wir aber in der Bundesliga sind, spürt man, dass immer mehr Unioner unterwegs sind - nicht nur in Berlin, sondern auch über die Stadtgrenze hinaus. Der Verein wächst, das zeigt sich auch an den Mitgliederzahlen.

DFB.de: Sie sind mit Union 2019 über die Relegation aufgestiegen. Im Gegensatz zu anderen Aufsteigern, die gleich mit dem Abstiegskampf konfrontiert waren, hat sich Union sofort in der Bundesliga etabliert und qualifizierte sich sogar für die UEFA Conference League. Was macht Union besser als andere Aufsteiger?

Trimmel: Ich weiß nicht genau, wie es bei anderen Vereinen ist. Insgesamt ist es wichtig, dass hier alle Spieler die Grundtugenden von Union umsetzen. Es geht um die Kompaktheit und darum, wenig Chancen zuzulassen. Das haben wir bereits in der 2. Bundesliga gut gemacht, und das zieht sich bis heute durch. Es ist schwer, gegen uns zu gewinnen. An dieser Taktik halten wir fest. Das ist unsere Basis. Von diesem Punkt aus arbeiten wir an den anderen Dingen wie dem Offensivspiel und dem Spiel mit dem Ball. Selbst wenn wir einen schlechten Tag haben, ist es aufgrund unserer Automatismen immer schwierig, Tore gegen uns zu erzielen.

DFB.de: Themawechsel: Sie sind ein "Tattoo Artist" und haben bereits mehrere Motive selbst entworfen. Wie entstand die Leidenschaft dafür?

Trimmel: Das Thema Kunst war schon immer präsent. Ich habe bereits als Kind gerne gemalt und gezeichnet, habe auch an Wettbewerben teilgenommen. Mein ursprünglicher Plan war, in Wien Kunst zu studieren. Aber dann ist der Profifußball dazwischen gerutscht. (lacht) Irgendwann habe ich mich selber erstmals von einem guten Freund tätowieren lassen. Dadurch entstand der Anreiz, das selber zu machen. Wir haben gemeinsam viel entworfen und gemalt. Bei ihm habe ich das Tätowieren gelernt. Das hat viel Spaß gemacht. Als ich nach Berlin kam, habe ich hier selber ein Gewerbe angemeldet.

DFB.de: Wie häufig und wann sind Sie als Tätowierer tätig?

Trimmel: Ich war größtenteils als mobiler Tätowierter tätig. Ich habe meine Kunden also zu Hause besucht. Allerdings bin ich schon seit längerer Zeit auf der Suche nach einem eigenen Studio. Meine Frau ist ebenfalls Künstlerin, sie malt und hat ständig Ausstellungen. Wir suchen nach einer gemeinsamen Werbefläche, die sich als Atelierstudio nutzen lässt. Aber ich lasse mir dabei Zeit. Momentan bin ich ohnehin weniger aktiv, weil der Kundenkontakt sich mit unserem strengen Hygienekonzept nicht vereinbaren ließe. Vor der Pandemie habe ich immer am Montag und Dienstag tätowiert. Dazu muss man wissen, dass Tätowieren sehr anstrengend ist. Das sollte man nicht direkt vor einem Spieltag machen.

DFB.de: Sie haben auch Mitspieler wie Cedric Teuchert und Fabian Schönheim tätowiert. Ist das eine besondere Verantwortung? Schließlich begegnet man im schlimmsten Fall den unzufriedenen Kunden jeden Tag in der Kabine.

Trimmel: Nein. Die Zeiten, in denen ich vor dem Tätowieren nervös war, sind vorbei. Das ist ähnlich wie beim Fußball. Irgendwann legt man diese Aufgeregtheit ab. Im ersten Jahr spielt die Angst noch eine gewisse Rolle, weil man keinen Fehler machen möchte. Aber mittlerweile bin ich als Tätowierer erfahren genug. Meine Mitspieler wissen, wie ich tätowiere und wie mein Stil ist. Das klappte bislang immer sehr gut.

DFB.de: Gab es ansonsten lustige Begegnungen, wenn Kunden vielleicht gar nicht wussten, dass Sie Fußballprofi sind? Oder zum Beispiel einen Hertha-Fan, der versehentlich beim Kapitän von Union gelandet ist?

Trimmel: Viele Kunden sind Fans von Union Berlin. Für den einen oder anderen Fan ist es wohl schon reizvoll, sich vom Union-Kapitän tätowieren zu lassen. Ich habe aber auch eine Kundschaft, die überhaupt nicht fußballaffin ist. Einen Hertha-Ultra hatte ich bislang noch nicht unter meinen Kunden. (lacht)

DFB.de: Und was wäre, wenn einer käme und sich von Ihnen das Hertha-Logo groß auf den Rücken tätowieren lassen möchte?

Trimmel: (lacht) Die Frage kann ich ausschließen, weil das vermutlich nicht passieren wird. Der wüsste, dass ich das nicht machen würde.

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