Trainerin Grings: "Der Männerfußball ist und bleibt mein Ziel"

Inka Grings ist seit Februar 2021 Trainerin der Frauen des FC Zürich. Im DFB.de-Interview spricht die 96-malige deutsche Nationalspielerin über den Frauenfußball in der Schweiz und über Corona in unserem Nachbarland. Aber die 43-Jährige erklärt vor allem, warum es weiterhin ihr großes Ziel ist, im Männerfußball als Cheftrainerin zu arbeiten. Das hat allerdings noch etwas Zeit. Zunächst geht sie Skifahren.

DFB.de: Frau Grings, Sie sind seit Februar Trainerin der Frauen des FC Zürich. Wie geht es Ihnen in der Schweiz?

Inka Grings: Sehr gut, danke. Sportlich können wir uns überhaupt nicht beschweren. Wir überwintern als Spitzenreiter. Aber es ist ein enges Rennen. Mit Servette Genf, den Grashoppers Zürich, St. Gallen-Staad und dem FC Basel haben wir starke Verfolger. Die zweite Saisonhälfte wird auf jeden Fall spannend. Unser Ziel ist es, jedes Spiel zu gewinnen und die Schweizer Meisterschaft zu holen. Aber jetzt sind wir erstmal froh, dass Pause ist. So können sich einige verletzte und angeschlagene Spielerinnen regenerieren. Und dann werden wir im neuen Jahr wieder richtig angreifen.

DFB.de: Und wie läuft es abseits des Fußballs?

Grings: Es lässt sich in Zürich super leben. Ich war ja schon als Spielerin hier und fand es damals bereits megaschön und habe mich sehr wohlgefühlt. Das ist jetzt immer noch der Fall. Ich habe eine tolle Wohnung in einer schönen Gegend. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich den Wald. Die Lebensqualität ist extrem hoch. Der Zürichsee ist nicht weit weg, die Cafes und Restaurants sind toll. Zudem liegt Zürich total zentral. Ich bin in zwei Stunden in Italien und in eineinhalb Stunden im Skigebiet. Es gibt weitaus schlechtere Städte zum Leben und Arbeiten.

DFB.de: Wie erleben Sie Corona in der Schweiz?

Grings: Die Inzidenzzahlen sind leider ziemlich hoch. Zum Glück haben wir in meiner Mannschaft eine hundertprozentige Impfquote. Meine Spielerinnen sind in dieser Hinsicht sehr diszipliniert. Sie beachten alle Regeln und Maßnahmen.

DFB.de: Wie stark schränkt Corona Ihr Leben in der Schweiz ein?

Grings: Als ich im Februar hierher kam, galt in Deutschland ein strenger Lockdown. In der Schweiz wurde das alles etwas lockerer gesehen - auch in Bezug auf den Sport. Die Frauenliga konnte komplett durchspielen. Im Jugendbereich war das zwar nicht möglich, aber immerhin war im Gegensatz zu Deutschland Mannschaftstraining möglich. Ob das gut oder schlecht für die Entwicklung der Pandemie war, müssen andere beurteilen. Ich habe versucht, mich so weit wie möglich auf das Sportliche zu konzentrieren.

DFB.de: Wo steht der Schweizer Frauenfußball Ihrer Meinung nach gerade im internationalen Vergleich?

Grings: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Aber wir sind noch ein paar Jahre hinter dem Frauenfußball in Deutschland zurück. Sehr positiv ist hier allerdings die Ausbildungsstruktur. Es gibt zahlreiche Schulkooperationen. Viele Mädchen haben die Möglichkeit, vormittags zu trainieren. Individuelles und spezifisches Training steht in der Schweiz sehr hoch im Kurs. Wir befinden uns hier gerade in einer sehr spannenden Phase. Da möchte ich mich mit meinen Erfahrungen gerne einbringen und noch mehr Verantwortung übernehmen.

DFB.de: Sie sind eine sehr ambitionierte Trainerin und haben mehrfach betont, dass Ihr Ziel der Männerbereich ist. Gilt das auch heute noch?

Grings: Ja, absolut. Das ist und bleibt mein Ziel. Ich war als Spielerin immer sehr ehrgeizig, als Trainerin sicherlich noch etwas mehr. (schmunzelt) Ich kann gar nicht anders arbeiten und leben. Ich muss immer 100 Prozent geben. Das ist meine Passion. Ich bin mit extremen Emotionen und viel Leidenschaft dabei - in positiver wie in negativer Hinsicht. Mein Anspruch ist sehr hoch. Als Trainerin muss man flexibel sein und sich auch anpassen können. Aber ich verliere niemals meine Art. Ich bin immer noch davon überzeugt - und dabei bleibe ich auch -, dass sich Qualität am Ende immer durchsetzt. Mal schauen, wo meine Reise in Zukunft hingeht. Aktuell bin ich beim FC Zürich glücklich und sehr zufrieden. Ich habe hier viele Möglichkeiten. Zum Beispiel leite ich hier die Stürmerakademie. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es wichtig ist, mit Angreiferinnen und Angreifern spezifisch zu trainieren.

DFB.de: Warum ist es so schwer, für eine Frau in den Männerbereich zu kommen? Welche Hürde müssen Sie überwinden?

Grings: Die höchste Hürde sind die Personen, die nicht auf dem Platz stehen. Die Verantwortlichen zu überzeugen, ist die große Herausforderung. Ich bin der Meinung, dass nicht das Geschlecht darüber entscheiden darf, ob jemand eine gute Trainerin oder ein guter Trainer ist. Letztlich dürfen und sollten nur die Qualität, Kompetenz und Autorität des Menschen ausschlaggebend sein.

DFB.de: Wie sollte es sein?

Grings: Der Mix ist in den meisten Fällen viel interessanter und effektiver. Das sehen viele leider noch nicht. Deshalb müssen wir Frauen uns anders beweisen, als viele männliche Kollegen - bei gleicher Qualifikation. Ich habe die höchste Fußball-Lehrer-Lizenz, die es in Deutschland gibt und konnte als Spielerin viele Erfolge feiern. Vielleicht ist auch noch etwas Geduld nötig. Aber das ist gar nicht meine Stärke. (lacht)

DFB.de: Beim DFB werden alle weiblichen Nationalmannschaften auch von Frauen trainiert.

Grings: Ich finde es gut, dass der DFB an dieser Stelle die Frauen fördert und in die Verantwortung nimmt. Im Staff um das Team herum arbeiten Frauen und Männer gemeinsam. Das finde ich noch viel wichtiger, weil ich davon überzeugt bin, dass beide Geschlechter voneinander profitieren. Ich kann diese grundsätzliche Diskussion manchmal nicht nachvollziehen. In der Bundesliga in Deutschland haben elf von zwölf Teams einen männlichen Cheftrainer. Das wird kaum hinterfragt. Wenn allerdings eine Frau plötzlich eine männliche Mannschaft betreut, ist das ein Riesenthema. Warum ist das eigentlich so?

DFB.de: Weil es noch immer außergewöhnlich ist.

Grings: Und genau das ist das Problem, das wir lösen müssen. Ich persönliche arbeite total gerne und auch sehr effektiv mit Männern zusammen. Sie denken anders, sie handeln anders - das ist die perfekte Ergänzung zu mir als Frau. Eine Fußballmannschaft besteht aus mindestens 22 Spielerinnen, die alle einen anderen Charakter haben und dementsprechend individuell anders behandelt werden müssen. Da ist es super wichtig, dass auch der Staff aus verschiedenen Charakteren besteht. Das ist die Konstellation, die den größten Erfolg verspricht.

DFB.de: Was steht nun auf dem Programm?

Grings: Meine Familie. Ich möchte lange Spaziergänge mit den Hunden machen, um wieder Kraft zu tanken. Dann geht es hoffentlich noch ein paar Tage in den Skiurlaub. Und dann greifen wir beim FC Zürich wieder an.

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Inka Grings ist seit Februar 2021 Trainerin der Frauen des FC Zürich. Im DFB.de-Interview spricht die 96-malige deutsche Nationalspielerin über den Frauenfußball in der Schweiz und über Corona in unserem Nachbarland. Aber die 43-Jährige erklärt vor allem, warum es weiterhin ihr großes Ziel ist, im Männerfußball als Cheftrainerin zu arbeiten. Das hat allerdings noch etwas Zeit. Zunächst geht sie Skifahren.

DFB.de: Frau Grings, Sie sind seit Februar Trainerin der Frauen des FC Zürich. Wie geht es Ihnen in der Schweiz?

Inka Grings: Sehr gut, danke. Sportlich können wir uns überhaupt nicht beschweren. Wir überwintern als Spitzenreiter. Aber es ist ein enges Rennen. Mit Servette Genf, den Grashoppers Zürich, St. Gallen-Staad und dem FC Basel haben wir starke Verfolger. Die zweite Saisonhälfte wird auf jeden Fall spannend. Unser Ziel ist es, jedes Spiel zu gewinnen und die Schweizer Meisterschaft zu holen. Aber jetzt sind wir erstmal froh, dass Pause ist. So können sich einige verletzte und angeschlagene Spielerinnen regenerieren. Und dann werden wir im neuen Jahr wieder richtig angreifen.

DFB.de: Und wie läuft es abseits des Fußballs?

Grings: Es lässt sich in Zürich super leben. Ich war ja schon als Spielerin hier und fand es damals bereits megaschön und habe mich sehr wohlgefühlt. Das ist jetzt immer noch der Fall. Ich habe eine tolle Wohnung in einer schönen Gegend. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich den Wald. Die Lebensqualität ist extrem hoch. Der Zürichsee ist nicht weit weg, die Cafes und Restaurants sind toll. Zudem liegt Zürich total zentral. Ich bin in zwei Stunden in Italien und in eineinhalb Stunden im Skigebiet. Es gibt weitaus schlechtere Städte zum Leben und Arbeiten.

DFB.de: Wie erleben Sie Corona in der Schweiz?

Grings: Die Inzidenzzahlen sind leider ziemlich hoch. Zum Glück haben wir in meiner Mannschaft eine hundertprozentige Impfquote. Meine Spielerinnen sind in dieser Hinsicht sehr diszipliniert. Sie beachten alle Regeln und Maßnahmen.

DFB.de: Wie stark schränkt Corona Ihr Leben in der Schweiz ein?

Grings: Als ich im Februar hierher kam, galt in Deutschland ein strenger Lockdown. In der Schweiz wurde das alles etwas lockerer gesehen - auch in Bezug auf den Sport. Die Frauenliga konnte komplett durchspielen. Im Jugendbereich war das zwar nicht möglich, aber immerhin war im Gegensatz zu Deutschland Mannschaftstraining möglich. Ob das gut oder schlecht für die Entwicklung der Pandemie war, müssen andere beurteilen. Ich habe versucht, mich so weit wie möglich auf das Sportliche zu konzentrieren.

DFB.de: Wo steht der Schweizer Frauenfußball Ihrer Meinung nach gerade im internationalen Vergleich?

Grings: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Aber wir sind noch ein paar Jahre hinter dem Frauenfußball in Deutschland zurück. Sehr positiv ist hier allerdings die Ausbildungsstruktur. Es gibt zahlreiche Schulkooperationen. Viele Mädchen haben die Möglichkeit, vormittags zu trainieren. Individuelles und spezifisches Training steht in der Schweiz sehr hoch im Kurs. Wir befinden uns hier gerade in einer sehr spannenden Phase. Da möchte ich mich mit meinen Erfahrungen gerne einbringen und noch mehr Verantwortung übernehmen.

DFB.de: Sie sind eine sehr ambitionierte Trainerin und haben mehrfach betont, dass Ihr Ziel der Männerbereich ist. Gilt das auch heute noch?

Grings: Ja, absolut. Das ist und bleibt mein Ziel. Ich war als Spielerin immer sehr ehrgeizig, als Trainerin sicherlich noch etwas mehr. (schmunzelt) Ich kann gar nicht anders arbeiten und leben. Ich muss immer 100 Prozent geben. Das ist meine Passion. Ich bin mit extremen Emotionen und viel Leidenschaft dabei - in positiver wie in negativer Hinsicht. Mein Anspruch ist sehr hoch. Als Trainerin muss man flexibel sein und sich auch anpassen können. Aber ich verliere niemals meine Art. Ich bin immer noch davon überzeugt - und dabei bleibe ich auch -, dass sich Qualität am Ende immer durchsetzt. Mal schauen, wo meine Reise in Zukunft hingeht. Aktuell bin ich beim FC Zürich glücklich und sehr zufrieden. Ich habe hier viele Möglichkeiten. Zum Beispiel leite ich hier die Stürmerakademie. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es wichtig ist, mit Angreiferinnen und Angreifern spezifisch zu trainieren.

DFB.de: Warum ist es so schwer, für eine Frau in den Männerbereich zu kommen? Welche Hürde müssen Sie überwinden?

Grings: Die höchste Hürde sind die Personen, die nicht auf dem Platz stehen. Die Verantwortlichen zu überzeugen, ist die große Herausforderung. Ich bin der Meinung, dass nicht das Geschlecht darüber entscheiden darf, ob jemand eine gute Trainerin oder ein guter Trainer ist. Letztlich dürfen und sollten nur die Qualität, Kompetenz und Autorität des Menschen ausschlaggebend sein.

DFB.de: Wie sollte es sein?

Grings: Der Mix ist in den meisten Fällen viel interessanter und effektiver. Das sehen viele leider noch nicht. Deshalb müssen wir Frauen uns anders beweisen, als viele männliche Kollegen - bei gleicher Qualifikation. Ich habe die höchste Fußball-Lehrer-Lizenz, die es in Deutschland gibt und konnte als Spielerin viele Erfolge feiern. Vielleicht ist auch noch etwas Geduld nötig. Aber das ist gar nicht meine Stärke. (lacht)

DFB.de: Beim DFB werden alle weiblichen Nationalmannschaften auch von Frauen trainiert.

Grings: Ich finde es gut, dass der DFB an dieser Stelle die Frauen fördert und in die Verantwortung nimmt. Im Staff um das Team herum arbeiten Frauen und Männer gemeinsam. Das finde ich noch viel wichtiger, weil ich davon überzeugt bin, dass beide Geschlechter voneinander profitieren. Ich kann diese grundsätzliche Diskussion manchmal nicht nachvollziehen. In der Bundesliga in Deutschland haben elf von zwölf Teams einen männlichen Cheftrainer. Das wird kaum hinterfragt. Wenn allerdings eine Frau plötzlich eine männliche Mannschaft betreut, ist das ein Riesenthema. Warum ist das eigentlich so?

DFB.de: Weil es noch immer außergewöhnlich ist.

Grings: Und genau das ist das Problem, das wir lösen müssen. Ich persönliche arbeite total gerne und auch sehr effektiv mit Männern zusammen. Sie denken anders, sie handeln anders - das ist die perfekte Ergänzung zu mir als Frau. Eine Fußballmannschaft besteht aus mindestens 22 Spielerinnen, die alle einen anderen Charakter haben und dementsprechend individuell anders behandelt werden müssen. Da ist es super wichtig, dass auch der Staff aus verschiedenen Charakteren besteht. Das ist die Konstellation, die den größten Erfolg verspricht.

DFB.de: Was steht nun auf dem Programm?

Grings: Meine Familie. Ich möchte lange Spaziergänge mit den Hunden machen, um wieder Kraft zu tanken. Dann geht es hoffentlich noch ein paar Tage in den Skiurlaub. Und dann greifen wir beim FC Zürich wieder an.

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