Trainer Stefan Ruthenbeck und VfR Aalen: Die Chemie stimmt

Dieser Aufstieg ging rasend schnell: Innerhalb von gerade einmal 15 Monaten aus dem grauen Oberliga-Alltag auf den Cheftrainerposten eines Zweitligisten. So geschehen bei Stefan Ruthenbeck, seit Saisonbeginn Trainer des VfR Aalen. Noch bis zum Ende der Spielzeit 2011/2012 hatte der 41-Jährige die SpVgg EGC Wirges in der Oberliga Südwest betreut.

Am Dienstagabend (ab 19 Uhr, live bei Sky) steht er mit seiner neuen Mannschaft, die in der 2. Bundesliga einen ordentlichen Start hingelegt hat, in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim Bundesligisten VfL Wolfsburg vor der bisher größten Herausforderung seiner noch jungen Trainerkarriere. "Wir sind der absolute Außenseiter", sagt Ruthenbeck, der in Aalen den zurückgetretenen Ralph Hasenhüttl abgelöst hatte, im Gespräch mit DFB.de. "Der VfL Wolfsburg hat kaum Schwachstellen. Auswärts ist es für uns besonders schwer."

"Richtig Bock" auf Diego, Luiz Gutavo und Co.

Sich auf der Pokalbühne nach dem Erstrundensieg beim Bayern-Regionalligisten TSV 1860 Rosenheim (2:0) jetzt schon mit einigen Größen des deutschen Fußballs messen zu dürfen, bereitet dem 41-Jährigen riesige Freude: "Wir haben richtig Bock auf die Partie gegen internationale Stars wie Diego, Luiz Gustavo und Co."

Die Chancen für ein Weiterkommen schätzt der Aalener Fußball-Lehrer dabei realistisch ein: "Wir müssen schon einen Sahnetag erwischen. Ich werde einen Plan zusammenstellen, den wir Punkt für Punkt abarbeiten müssen. Außerdem werden wir auch noch eine gehörige Portion Glück benötigen."

"24 Stunden am Tag über Fußball nachdenken"

In der Liga erkennt man schon immer häufiger Stefan Ruthenbecks Handschrift. "Gegen den Aufstiegsfavoriten 1. FC Kaiserslautern haben wir beispielsweise mit einem Plan sehr gut gekontert und verdient 4:0 gewonnen", so der Aalener Trainer. "Auch gegen 1860 München war mehr als ein 0:0 drin."

Der neue Job - daraus macht Stefan Ruthenbeck keinen Hehl - war für den 41-Jährigen eine große Umstellung. "Der Arbeitsumfang als Nachwuchsleiter und Trainer der zweiten Mannschaft war größer", berichtet Ruthenbeck. "Allerdings ist der Druck und die Aufmerksamkeit als Cheftrainer viel höher. Ich muss jetzt 24 Stunden am Tag über meine Spieler und den Fußball insgesamt nachdenken. Ich kann nie abschalten. Trotz aller Intensität ist es der schönste Beruf der Welt!"

17 Jahre als Chemikant tätig

Diesen "schönsten Beruf der Welt" übt Ruthenbeck noch nicht allzu lange aus. 17 Jahre arbeitete der gebürtige Kölner bei einem Chemie-Unternehmen in Königswinter als Chemikant. Vom Auszubildenden brachte er es bis zum Vorarbeiter. Während dieser Zeit trainierte er sechs Jahre lang den Oberligisten TuS Mayen und zwei Spielzeiten die SpVgg EGC Wirges.

"Irgendwann dachte ich mir: Das kann nicht alles gewesen sein und habe mich für die Ausbildung zum Fußball-Lehrer eingeschrieben", erinnert er sich. Im April 2010 schloss Ruthenbeck den Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie, damals noch an der Sporthochschule in Köln (heute in der Sportschule Hennef), gemeinsam mit bekannten Trainerkollegen wie die Ex-Nationalspieler Christian Ziege oder Markus Babbel und Torsten Lieberknecht erfolgreich ab. "Wenn wir uns sehen, ist der Umgang sehr herzlich", so Ruthenbeck.

Auszeichnung mit dem Fairplay-Preis des DFB

Die neuen Kenntnisse aus der Ausbildung zum Fußball-Lehrer setzte Ruthenbeck, damals noch Oberligatrainer, sofort in der Praxis um. So griff er am 30. Spieltag der Saison 2009/2010 zu einer bemerkenswerten Maßnahme. Nachdem seine Mannschaft unter Verletzung des Fairplay-Gedankens gegen den SV Alemannia Waldalgesheim den 3:2-Führungstreffer erzielt hatte (ein Spieler des Gegners lag verletzt am Boden), wies er sein Team kurz vor dem Spielende an, ohne Gegenwehr das Ausgleichstor der Alemannen zuzulassen. Und das, obwohl sein TuS Mayen mitten im Abstiegskampf steckte.

"Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, nur eine Woche zuvor waren wir während der Ausbildung auf die Verantwortung in unserem Geschäft aufmerksam gemacht worden", so der jetzige VfR-Trainer. "Bei dieser Partie war die D-Jugend des TuS Mayen anwesend. Ich habe lediglich so reagiert, wie ich es gelernt habe und für richtig halte." Für diese vorbildliche Aktion erhielt der damals 38-Jährige den "Fair-ist-mehr-Preis" des DFB.

"Ich würde jederzeit wieder so handeln"

Diese Auszeichnung bedeutet Stefan Ruthenbeck sehr viel. "Natürlich ist es einfacher, eine solche Entscheidung in der Ober- statt in der ersten oder zweiten Liga zu treffen, aber wenn ich erneut in eine solche Situation geraten sollte, würde ich jederzeit wieder so handeln", stellt der Trainer klar, obwohl er nicht nur Lob für seine Aktion erntete: "Viele Zuschauer und Gegner haben mit Unverständnis reagiert oder mich teilweise sogar beschimpft. Aber diese Stimmen haben mich nicht interessiert. Ich möchte mir den Erfolg nicht erschleichen."

Ruthenbecks faires Verhalten blieb auch bei den Medien nicht unbemerkt. Das Fernsehen wurde aufmerksam, sogar das ZDF-Sportstudio lud ihn zu einem Interview ein. Ein erster Vorgeschmack auf das "große" Fußballgeschäft.

"Gleich auf einer Wellenlänge" mit Sportdirektor Schupp

Nicht zuletzt auch seine Ehrlichkeit, der Respekt vor dem Gegner und seine akribische Arbeit brachten Stefan Ruthenbeck schließlich zum VfR Aalen. "Über einen gemeinsamen Freund von Markus Schupp und mir kam der Kontakt zum VfR zu Stande", berichtet Ruthenbeck von seiner ersten Begegnung mit dem langjährigen Profi und heutigen Aalener Sportdirektor, bei dem gleich die Chemie stimmte. "Wir waren gleich auf einer Wellenlänge."

Der junge Rheinländer Ruthenbeck übernahm die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums und wurde gleichzeitig Trainer der Aalener Zweitvertretung, die er auf Anhieb zur Meisterschaft in der Landesliga und damit zum Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg geführt. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit auf der Ostalb durfte Ruthenbeck schon einmal Zweitligaluft schnuppern. Als der damalige Cheftrainer Ralph Hasenhüttl während der Vorbereitung für mehrere Wochen am Hantavirus erkrankt war, übernahm er zusammen mit seinem jetzigen Co-Trainer Michael Schiele interimsweise die Zweitliga-Mannschaft des VfR.

"Die Verantwortlichen haben mich damals in mehreren Gesprächen von dieser Lösung überzeugt", blickt der Musikkenner und leidenschaftliche Heavy-Metal-Fan zurück. Auch in diesem Sommer war Ruthenbeck für die VfR-Verantwortlichen dann die erste Wahl, als Hasenhüttl überraschend seinen Abschied ankündigte.

"Da ist mir zu Hause keiner böse"

Einmal in der Woche fährt der neue VfR-Trainer die 390 Kilometer aus dem württembergischen Aalen nach Linz am Rhein. In der "Bunten Stadt am Rhein", wie Linz oft genannt wird, wohnt seine Ehefrau mit den beiden Töchtern im Familien-Eigenheim. "Wir haben vereinbart, dass ich die anderthalb freien Tage in der Woche zu Hause verbringe", sagt Ruthenbeck, schiebt jedoch eine Ausnahme ein. "Es können natürlich immer Überraschungen wie eine Englische Woche in der Liga oder - wie jetzt - der DFB-Pokal dazwischen kommen. Da ist mir zu Hause keiner böse."

Beste Voraussetzungen also für eine Überraschung in Wolfsburg und eine mögliche weitere Runde im DFB-Pokal. "Dann aber bitte ein Heimspiel gegen einen Erstligisten", sagt Ruthenbeck.

[mspw]

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Dieser Aufstieg ging rasend schnell: Innerhalb von gerade einmal 15 Monaten aus dem grauen Oberliga-Alltag auf den Cheftrainerposten eines Zweitligisten. So geschehen bei Stefan Ruthenbeck, seit Saisonbeginn Trainer des VfR Aalen. Noch bis zum Ende der Spielzeit 2011/2012 hatte der 41-Jährige die SpVgg EGC Wirges in der Oberliga Südwest betreut.

Am Dienstagabend (ab 19 Uhr, live bei Sky) steht er mit seiner neuen Mannschaft, die in der 2. Bundesliga einen ordentlichen Start hingelegt hat, in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim Bundesligisten VfL Wolfsburg vor der bisher größten Herausforderung seiner noch jungen Trainerkarriere. "Wir sind der absolute Außenseiter", sagt Ruthenbeck, der in Aalen den zurückgetretenen Ralph Hasenhüttl abgelöst hatte, im Gespräch mit DFB.de. "Der VfL Wolfsburg hat kaum Schwachstellen. Auswärts ist es für uns besonders schwer."

"Richtig Bock" auf Diego, Luiz Gutavo und Co.

Sich auf der Pokalbühne nach dem Erstrundensieg beim Bayern-Regionalligisten TSV 1860 Rosenheim (2:0) jetzt schon mit einigen Größen des deutschen Fußballs messen zu dürfen, bereitet dem 41-Jährigen riesige Freude: "Wir haben richtig Bock auf die Partie gegen internationale Stars wie Diego, Luiz Gustavo und Co."

Die Chancen für ein Weiterkommen schätzt der Aalener Fußball-Lehrer dabei realistisch ein: "Wir müssen schon einen Sahnetag erwischen. Ich werde einen Plan zusammenstellen, den wir Punkt für Punkt abarbeiten müssen. Außerdem werden wir auch noch eine gehörige Portion Glück benötigen."

"24 Stunden am Tag über Fußball nachdenken"

In der Liga erkennt man schon immer häufiger Stefan Ruthenbecks Handschrift. "Gegen den Aufstiegsfavoriten 1. FC Kaiserslautern haben wir beispielsweise mit einem Plan sehr gut gekontert und verdient 4:0 gewonnen", so der Aalener Trainer. "Auch gegen 1860 München war mehr als ein 0:0 drin."

Der neue Job - daraus macht Stefan Ruthenbeck keinen Hehl - war für den 41-Jährigen eine große Umstellung. "Der Arbeitsumfang als Nachwuchsleiter und Trainer der zweiten Mannschaft war größer", berichtet Ruthenbeck. "Allerdings ist der Druck und die Aufmerksamkeit als Cheftrainer viel höher. Ich muss jetzt 24 Stunden am Tag über meine Spieler und den Fußball insgesamt nachdenken. Ich kann nie abschalten. Trotz aller Intensität ist es der schönste Beruf der Welt!"

17 Jahre als Chemikant tätig

Diesen "schönsten Beruf der Welt" übt Ruthenbeck noch nicht allzu lange aus. 17 Jahre arbeitete der gebürtige Kölner bei einem Chemie-Unternehmen in Königswinter als Chemikant. Vom Auszubildenden brachte er es bis zum Vorarbeiter. Während dieser Zeit trainierte er sechs Jahre lang den Oberligisten TuS Mayen und zwei Spielzeiten die SpVgg EGC Wirges.

"Irgendwann dachte ich mir: Das kann nicht alles gewesen sein und habe mich für die Ausbildung zum Fußball-Lehrer eingeschrieben", erinnert er sich. Im April 2010 schloss Ruthenbeck den Lehrgang an der Hennes-Weisweiler-Akademie, damals noch an der Sporthochschule in Köln (heute in der Sportschule Hennef), gemeinsam mit bekannten Trainerkollegen wie die Ex-Nationalspieler Christian Ziege oder Markus Babbel und Torsten Lieberknecht erfolgreich ab. "Wenn wir uns sehen, ist der Umgang sehr herzlich", so Ruthenbeck.

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Auszeichnung mit dem Fairplay-Preis des DFB

Die neuen Kenntnisse aus der Ausbildung zum Fußball-Lehrer setzte Ruthenbeck, damals noch Oberligatrainer, sofort in der Praxis um. So griff er am 30. Spieltag der Saison 2009/2010 zu einer bemerkenswerten Maßnahme. Nachdem seine Mannschaft unter Verletzung des Fairplay-Gedankens gegen den SV Alemannia Waldalgesheim den 3:2-Führungstreffer erzielt hatte (ein Spieler des Gegners lag verletzt am Boden), wies er sein Team kurz vor dem Spielende an, ohne Gegenwehr das Ausgleichstor der Alemannen zuzulassen. Und das, obwohl sein TuS Mayen mitten im Abstiegskampf steckte.

"Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, nur eine Woche zuvor waren wir während der Ausbildung auf die Verantwortung in unserem Geschäft aufmerksam gemacht worden", so der jetzige VfR-Trainer. "Bei dieser Partie war die D-Jugend des TuS Mayen anwesend. Ich habe lediglich so reagiert, wie ich es gelernt habe und für richtig halte." Für diese vorbildliche Aktion erhielt der damals 38-Jährige den "Fair-ist-mehr-Preis" des DFB.

"Ich würde jederzeit wieder so handeln"

Diese Auszeichnung bedeutet Stefan Ruthenbeck sehr viel. "Natürlich ist es einfacher, eine solche Entscheidung in der Ober- statt in der ersten oder zweiten Liga zu treffen, aber wenn ich erneut in eine solche Situation geraten sollte, würde ich jederzeit wieder so handeln", stellt der Trainer klar, obwohl er nicht nur Lob für seine Aktion erntete: "Viele Zuschauer und Gegner haben mit Unverständnis reagiert oder mich teilweise sogar beschimpft. Aber diese Stimmen haben mich nicht interessiert. Ich möchte mir den Erfolg nicht erschleichen."

Ruthenbecks faires Verhalten blieb auch bei den Medien nicht unbemerkt. Das Fernsehen wurde aufmerksam, sogar das ZDF-Sportstudio lud ihn zu einem Interview ein. Ein erster Vorgeschmack auf das "große" Fußballgeschäft.

"Gleich auf einer Wellenlänge" mit Sportdirektor Schupp

Nicht zuletzt auch seine Ehrlichkeit, der Respekt vor dem Gegner und seine akribische Arbeit brachten Stefan Ruthenbeck schließlich zum VfR Aalen. "Über einen gemeinsamen Freund von Markus Schupp und mir kam der Kontakt zum VfR zu Stande", berichtet Ruthenbeck von seiner ersten Begegnung mit dem langjährigen Profi und heutigen Aalener Sportdirektor, bei dem gleich die Chemie stimmte. "Wir waren gleich auf einer Wellenlänge."

Der junge Rheinländer Ruthenbeck übernahm die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums und wurde gleichzeitig Trainer der Aalener Zweitvertretung, die er auf Anhieb zur Meisterschaft in der Landesliga und damit zum Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg geführt. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit auf der Ostalb durfte Ruthenbeck schon einmal Zweitligaluft schnuppern. Als der damalige Cheftrainer Ralph Hasenhüttl während der Vorbereitung für mehrere Wochen am Hantavirus erkrankt war, übernahm er zusammen mit seinem jetzigen Co-Trainer Michael Schiele interimsweise die Zweitliga-Mannschaft des VfR.

"Die Verantwortlichen haben mich damals in mehreren Gesprächen von dieser Lösung überzeugt", blickt der Musikkenner und leidenschaftliche Heavy-Metal-Fan zurück. Auch in diesem Sommer war Ruthenbeck für die VfR-Verantwortlichen dann die erste Wahl, als Hasenhüttl überraschend seinen Abschied ankündigte.

"Da ist mir zu Hause keiner böse"

Einmal in der Woche fährt der neue VfR-Trainer die 390 Kilometer aus dem württembergischen Aalen nach Linz am Rhein. In der "Bunten Stadt am Rhein", wie Linz oft genannt wird, wohnt seine Ehefrau mit den beiden Töchtern im Familien-Eigenheim. "Wir haben vereinbart, dass ich die anderthalb freien Tage in der Woche zu Hause verbringe", sagt Ruthenbeck, schiebt jedoch eine Ausnahme ein. "Es können natürlich immer Überraschungen wie eine Englische Woche in der Liga oder - wie jetzt - der DFB-Pokal dazwischen kommen. Da ist mir zu Hause keiner böse."

Beste Voraussetzungen also für eine Überraschung in Wolfsburg und eine mögliche weitere Runde im DFB-Pokal. "Dann aber bitte ein Heimspiel gegen einen Erstligisten", sagt Ruthenbeck.