Trainer-Legende: Otto Rehhagel wird 80

Er ist Träger des DFB-Trainerehrenpreises, eine Ikone in Bremen und Grieche ehrenhalber. Otto Rehhagel wurde mit Werder Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Europacupgewinner, schaffte mit dem 1. FC Kaiserslautern und Griechenlands Nationalmannschaft einmalige Sensationen. Heute wird er 80 Jahre alt. DFB.de würdigt den Fußball-Lehrer, der nach wie vor für die Sepp-Herberger-Stiftung unterwegs ist.

Er ist einer der größten Trainer des deutschen Fußballs, das wird niemand bezweifeln. Doch zu einer Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund ist es nie gekommen, nicht während seiner aktiven Zeit. "Immer, wenn sich der DFB bei mir gemeldet hat, dann musste ich zu Herrn Kindermann", erzählte Otto Rehhagel gern, wenn er auf seine Bundestrainer-Ambitionen angesprochen wurde. Hans Kindermann war der DFB-Chefankläger, im Sportgericht war Rehhagel in jungen Jahren häufiger zu Gast.

"Ich war ein brodelnder Vulkan"

"Als ich in der Trainerbranche anfing, da war ich ein brodelnder Vulkan", gab er zu. Heute hat er die Weisheit und Gelassenheit des Alters, und so jemand findet Gehör. Weshalb es 2008 doch noch etwas wurde mit Rehhagel und dem DFB, denn da trat er ins Kuratorium der Sepp-Herberger-Stiftung ein. In dieser Funktion besucht er Jugendstrafanstalten, ob in Iserlohn, Frankfurt oder Berlin-Plötzensee, und versucht den jungen Insassen Orientierung zu geben. Und immer wenn er seine Kernbotschaft los wird, werden die Häftlinge ganz nachdenklich: "Der liebe Gott hat uns allen nur ein Leben gegeben. Dieses Geschenk des Lebens ist einmalig. Sie wollen dieses Leben doch nicht im Gefängnis verbringen. Ihre nächste Chance müssen sie nutzen."

So wie er seine genutzt hat. Wer zu erzählen hat, was er zu erzählen hat, dem glaubt man. Vorgezeichnet war sein Erfolgsweg keineswegs. 1938 in Essen geboren und als Vorschulkind Zeuge schrecklicher Bombenangriffe auf seine Heimatstadt, mit elf ohne Vater (starb 1950) in einem besetzten und zerstörten Land als eines von vier Kindern aufwachsend, bot ihm der Fußball den Weg zum sozialen Aufstieg. Anstreicher und Maler hatte er gelernt, aber Fußball lag ihm im Blut. Über TuS Helene Altenessen und Rot-Weiss Essen kam der harte Verteidiger zu Hertha BSC, just als die Bundesliga gegründet wurde.

"Ich sehe mich noch heute mit meinem VW am Theodor-Heuss-Platz stehen, so hieß der damals, und die Straße hinunterschauen zur Siegessäule und zum Brandenburger Tor, und höre mich zu mir selbst sagen, 'Otto, jetzt geht's los'", sagte er einmal. Und wie es los ging, vor allem schien es nie enden zu wollen. Von den ersten 38 Bundesligajahren verpasste er nur vier. Als Spieler kickte er für Hertha BSC (1963 bis 1965) und den 1. FC Kaiserslautern (1966 bis 1972) 201-mal im Oberhaus.

Trainerkarriere startet in Offenbach

Seine unglaublich lange Trainerkarriere in der Bundesliga begann am 6. April 1974 am Bieberer Berg. Seine Offenbacher Kickers, die Cheftrainer Gyula Lorant entlassen hatten, trennten sich vom VfL Bochum unspektakulär 2:2. Winfried Schäfer, später ein Kollege Rehhagels, rettete den Offenbacher Punkt mit dem späten Ausgleichstreffer. Das erste Zitat Rehhagels auf einer Pressekonferenz: "Ich habe in dieser ersten Woche erst einmal versucht, der Mannschaft die Substanz zu erhalten. Sie war doch recht müde und mitgenommen."

Präsident Leo Böhm hielt es damals für "möglich, dass Otto Rehhagel sich so bewährt, dass er bei uns die Nummer eins bleibt." Er blieb die Nummer eins, für zwei Jahre, dann trennte man sich, weil ihn besagter Herr Kindermann 1975/1976 gleich zweimal sperrte wegen verbaler Ausraster. Rehhagel gab sich geläutert: "Ich habe meine Lehren gezogen und weiß jetzt, wo es lang geht. Aber ich finde, ich wurde zu hart bestraft." Inklusive Anwaltskosten hätten ihn die Prozesse 13.500 Mark gekostet.

Vom Feuerwehrmann zum Bremer Urgestein

Es blieben nicht die letzten Strafen, und es war auch nicht die letzte Entlassung. Der junge Rehhagel erwarb sich den Ruf eines Feuerwehrmanns, rettete Werder Bremen 1976 vor dem Abstieg und brachte Borussia Dortmund Wochen später in die Bundesliga zurück. Er vertrat den erkrankten Otto Knefler in den Entscheidungsspielen und durfte den Job behalten - bis zum legendären 0:12 gegen Mönchengladbach am 29. April 1978. Noch immer ist es das höchste Bundesligaresultat aller Zeiten. Wieder ermittelte der DFB, wegen Manipulationsverdachts.

Es gab keine Beweise und auch keine Indizien. Rehhagel war mit der Entlassung und dem Boulevard-Spott ("Otto Torhagel") gestraft genug. Im Oktober 1978 suchte Aufsteiger Arminia Bielefeld einen Retter, Otto kam, sah und siegte einmal zu wenig. Zwar schaffte er mit Arminia den höchsten Sieg eines Aufsteigers bei den Bayern (4:0), am Ende aber fehlten zwei Punkte. Trennung! Im Oktober 1979 holte ihn Fortuna Düsseldorf, Rehhagel debütierte mit einem 6:2 gegen den VfB Stuttgart. Die Saison endete mit seinem ersten Titel: Fortuna wurde Pokalsieger. Der Kredit hielt bis zum kommenden November, als er nach einem 0:3 am Kaiserslauterer Betzenberg seine Papiere bekam.

Zum Glück, muss man heute sagen. So war er frei, als sie bei Werder Bremen im Aufstiegskampf 1981 Anfang April einen Trainer brauchten. Wieder profitierte Rehhagel vom Unglück eines anderen, Kuno Klötzer war mit dem Auto verunglückt und wurde in Kur geschickt. Rehhagels Vertrag galt nur bis zu Klötzers Rückkehr - eigentlich. Doch der Neue gewann die ersten acht Spiele und stieg im Eilzugtempo wieder auf. Werder löste den Kontrakt mit Klötzer und band sich an Rehhagel - wenn auch keiner ahnen konnte, für wie lange.

14 Jahre: Trainer-Ikone bei Werder

Am Ende waren es in der Bundesliga bis heute unerreichte 14 Jahre. Es begann die Goldene Ära der Bremer, und Rehhagel, bei Beginn 42 Jahre jung, schaffte seinen Durchbruch als anerkannter Trainer. Nun war er kein Feuerwehrmann mehr, nun wurde er ein Titelhamster. Wenn auch mit Anlauf. Als Aufsteiger rauschten die Haneaten 1982 gleich in den UEFA-Cup, im Folgejahr fehlten nur acht Tore zur Meisterschaft. Zweiter wurden sie auch 1985 und 1986, jeweils hinter den Bayern, jeweils hinter seinem Erzrivalen Udo Lattek.

Als der berühmte Elfmeter von Michael Kutzop im April 1986 am Pfosten des Bayern-Tores und die Sektflaschen wieder im Kühlschrank landeten, da war Rehhagel für Spötter nur noch Otto der Zweite. Aber er blieb beharrlich bei seinen Prinzipien, bei seiner "kontrollierten Offensive", bei seiner Vorliebe für Routiniers ("Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute oder schlechte") und Ehemänner ("Für den wichtigsten Posten in der Mannschaft brauche ich gestandene Leute, die verantwortungsbewusst und verheiratet sind. Junggesellen sind oft leichtsinnig") und bei seinem Misstrauen gegenüber Medien.

Stellte sich ein neuer Boulevard-Mann bei ihm vor, gab es erst mal einen Dämpfer: "Sie können ganz in Ordnung sein, aber sie sind bei der falschen Zeitung. Von mir bekommen Sie keine Informationen." In Bremen ging das, hier war er König Otto, hier hielt ihn sein Präsident Dr. Franz Böhmert für "den besten Trainer der Welt" und hier erfüllte ihm Manager Willi Lemke fast jeden Personalwunsch. "Ich hatte das große Glück, fast 14 Jahre mit einem der außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Trainer Deutschlands zusammenarbeiten zu dürfen", gestand Lemke im Rückblick in 11 Freunde. Außergewöhnlich war Rehhagels Art der Menschenführung: "Ich habe meinen Spielern immer gesagt: 'Ich muss Sie kritisieren, aber als Mensch sind Sie mir heilig.'"



Er ist Träger des DFB-Trainerehrenpreises, eine Ikone in Bremen und Grieche ehrenhalber. Otto Rehhagel wurde mit Werder Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Europacupgewinner, schaffte mit dem 1. FC Kaiserslautern und Griechenlands Nationalmannschaft einmalige Sensationen. Heute wird er 80 Jahre alt. DFB.de würdigt den Fußball-Lehrer, der nach wie vor für die Sepp-Herberger-Stiftung unterwegs ist.

Er ist einer der größten Trainer des deutschen Fußballs, das wird niemand bezweifeln. Doch zu einer Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund ist es nie gekommen, nicht während seiner aktiven Zeit. "Immer, wenn sich der DFB bei mir gemeldet hat, dann musste ich zu Herrn Kindermann", erzählte Otto Rehhagel gern, wenn er auf seine Bundestrainer-Ambitionen angesprochen wurde. Hans Kindermann war der DFB-Chefankläger, im Sportgericht war Rehhagel in jungen Jahren häufiger zu Gast.

"Ich war ein brodelnder Vulkan"

"Als ich in der Trainerbranche anfing, da war ich ein brodelnder Vulkan", gab er zu. Heute hat er die Weisheit und Gelassenheit des Alters, und so jemand findet Gehör. Weshalb es 2008 doch noch etwas wurde mit Rehhagel und dem DFB, denn da trat er ins Kuratorium der Sepp-Herberger-Stiftung ein. In dieser Funktion besucht er Jugendstrafanstalten, ob in Iserlohn, Frankfurt oder Berlin-Plötzensee, und versucht den jungen Insassen Orientierung zu geben. Und immer wenn er seine Kernbotschaft los wird, werden die Häftlinge ganz nachdenklich: "Der liebe Gott hat uns allen nur ein Leben gegeben. Dieses Geschenk des Lebens ist einmalig. Sie wollen dieses Leben doch nicht im Gefängnis verbringen. Ihre nächste Chance müssen sie nutzen."

So wie er seine genutzt hat. Wer zu erzählen hat, was er zu erzählen hat, dem glaubt man. Vorgezeichnet war sein Erfolgsweg keineswegs. 1938 in Essen geboren und als Vorschulkind Zeuge schrecklicher Bombenangriffe auf seine Heimatstadt, mit elf ohne Vater (starb 1950) in einem besetzten und zerstörten Land als eines von vier Kindern aufwachsend, bot ihm der Fußball den Weg zum sozialen Aufstieg. Anstreicher und Maler hatte er gelernt, aber Fußball lag ihm im Blut. Über TuS Helene Altenessen und Rot-Weiss Essen kam der harte Verteidiger zu Hertha BSC, just als die Bundesliga gegründet wurde.

"Ich sehe mich noch heute mit meinem VW am Theodor-Heuss-Platz stehen, so hieß der damals, und die Straße hinunterschauen zur Siegessäule und zum Brandenburger Tor, und höre mich zu mir selbst sagen, 'Otto, jetzt geht's los'", sagte er einmal. Und wie es los ging, vor allem schien es nie enden zu wollen. Von den ersten 38 Bundesligajahren verpasste er nur vier. Als Spieler kickte er für Hertha BSC (1963 bis 1965) und den 1. FC Kaiserslautern (1966 bis 1972) 201-mal im Oberhaus.

Trainerkarriere startet in Offenbach

Seine unglaublich lange Trainerkarriere in der Bundesliga begann am 6. April 1974 am Bieberer Berg. Seine Offenbacher Kickers, die Cheftrainer Gyula Lorant entlassen hatten, trennten sich vom VfL Bochum unspektakulär 2:2. Winfried Schäfer, später ein Kollege Rehhagels, rettete den Offenbacher Punkt mit dem späten Ausgleichstreffer. Das erste Zitat Rehhagels auf einer Pressekonferenz: "Ich habe in dieser ersten Woche erst einmal versucht, der Mannschaft die Substanz zu erhalten. Sie war doch recht müde und mitgenommen."

Präsident Leo Böhm hielt es damals für "möglich, dass Otto Rehhagel sich so bewährt, dass er bei uns die Nummer eins bleibt." Er blieb die Nummer eins, für zwei Jahre, dann trennte man sich, weil ihn besagter Herr Kindermann 1975/1976 gleich zweimal sperrte wegen verbaler Ausraster. Rehhagel gab sich geläutert: "Ich habe meine Lehren gezogen und weiß jetzt, wo es lang geht. Aber ich finde, ich wurde zu hart bestraft." Inklusive Anwaltskosten hätten ihn die Prozesse 13.500 Mark gekostet.

Vom Feuerwehrmann zum Bremer Urgestein

Es blieben nicht die letzten Strafen, und es war auch nicht die letzte Entlassung. Der junge Rehhagel erwarb sich den Ruf eines Feuerwehrmanns, rettete Werder Bremen 1976 vor dem Abstieg und brachte Borussia Dortmund Wochen später in die Bundesliga zurück. Er vertrat den erkrankten Otto Knefler in den Entscheidungsspielen und durfte den Job behalten - bis zum legendären 0:12 gegen Mönchengladbach am 29. April 1978. Noch immer ist es das höchste Bundesligaresultat aller Zeiten. Wieder ermittelte der DFB, wegen Manipulationsverdachts.

Es gab keine Beweise und auch keine Indizien. Rehhagel war mit der Entlassung und dem Boulevard-Spott ("Otto Torhagel") gestraft genug. Im Oktober 1978 suchte Aufsteiger Arminia Bielefeld einen Retter, Otto kam, sah und siegte einmal zu wenig. Zwar schaffte er mit Arminia den höchsten Sieg eines Aufsteigers bei den Bayern (4:0), am Ende aber fehlten zwei Punkte. Trennung! Im Oktober 1979 holte ihn Fortuna Düsseldorf, Rehhagel debütierte mit einem 6:2 gegen den VfB Stuttgart. Die Saison endete mit seinem ersten Titel: Fortuna wurde Pokalsieger. Der Kredit hielt bis zum kommenden November, als er nach einem 0:3 am Kaiserslauterer Betzenberg seine Papiere bekam.

Zum Glück, muss man heute sagen. So war er frei, als sie bei Werder Bremen im Aufstiegskampf 1981 Anfang April einen Trainer brauchten. Wieder profitierte Rehhagel vom Unglück eines anderen, Kuno Klötzer war mit dem Auto verunglückt und wurde in Kur geschickt. Rehhagels Vertrag galt nur bis zu Klötzers Rückkehr - eigentlich. Doch der Neue gewann die ersten acht Spiele und stieg im Eilzugtempo wieder auf. Werder löste den Kontrakt mit Klötzer und band sich an Rehhagel - wenn auch keiner ahnen konnte, für wie lange.

14 Jahre: Trainer-Ikone bei Werder

Am Ende waren es in der Bundesliga bis heute unerreichte 14 Jahre. Es begann die Goldene Ära der Bremer, und Rehhagel, bei Beginn 42 Jahre jung, schaffte seinen Durchbruch als anerkannter Trainer. Nun war er kein Feuerwehrmann mehr, nun wurde er ein Titelhamster. Wenn auch mit Anlauf. Als Aufsteiger rauschten die Haneaten 1982 gleich in den UEFA-Cup, im Folgejahr fehlten nur acht Tore zur Meisterschaft. Zweiter wurden sie auch 1985 und 1986, jeweils hinter den Bayern, jeweils hinter seinem Erzrivalen Udo Lattek.

Als der berühmte Elfmeter von Michael Kutzop im April 1986 am Pfosten des Bayern-Tores und die Sektflaschen wieder im Kühlschrank landeten, da war Rehhagel für Spötter nur noch Otto der Zweite. Aber er blieb beharrlich bei seinen Prinzipien, bei seiner "kontrollierten Offensive", bei seiner Vorliebe für Routiniers ("Es gibt keine jungen oder alten Spieler, nur gute oder schlechte") und Ehemänner ("Für den wichtigsten Posten in der Mannschaft brauche ich gestandene Leute, die verantwortungsbewusst und verheiratet sind. Junggesellen sind oft leichtsinnig") und bei seinem Misstrauen gegenüber Medien.

Stellte sich ein neuer Boulevard-Mann bei ihm vor, gab es erst mal einen Dämpfer: "Sie können ganz in Ordnung sein, aber sie sind bei der falschen Zeitung. Von mir bekommen Sie keine Informationen." In Bremen ging das, hier war er König Otto, hier hielt ihn sein Präsident Dr. Franz Böhmert für "den besten Trainer der Welt" und hier erfüllte ihm Manager Willi Lemke fast jeden Personalwunsch. "Ich hatte das große Glück, fast 14 Jahre mit einem der außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Trainer Deutschlands zusammenarbeiten zu dürfen", gestand Lemke im Rückblick in 11 Freunde. Außergewöhnlich war Rehhagels Art der Menschenführung: "Ich habe meinen Spielern immer gesagt: 'Ich muss Sie kritisieren, aber als Mensch sind Sie mir heilig.'"

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Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Europapokalgewinner

Geldstrafen gab er nie - "sonst habe ich als Sportlehrer versagt" -, und manchem briet er Extrawürste. Mario Basler, der exzentrische Freigeist, kam mal zu spät zum Training. Statt einer Strafe gab es eine Aufgabe, und nach einer direkt verwandelten Ecke durfte er gleich wieder nach Hause fahren. Er wusste seine Spieler zu nehmen, und manche entwickelten sich zu Weltstars und Nationalspielern: wie Rudi Völler, Karl-Heinz Riedle, Norbert Meier oder Uwe Reinders. Völler gestand: "Er hat mir das Gefühl vermittelt, dass ich machen konnte, was ich wollte. Es gab keine taktischen Zwänge."

Werder wurde zu einem der beliebtesten Klubs im Lande, dank spektakulärer Europacupnächte, die "Wunder von der Weser" gingen regelrecht in Serienproduktion. Gegen Dynamo Berlin, ZSKA Moskau, RSC Anderlecht. Kein Rückstand war zu hoch, um ihn nicht noch unter Flutlicht im Weserstadion zu biegen.

Werder Bremen stand vor 30 Jahren für Erlebnisfußball und die Hoffnung, dass der Meister nicht immer aus München kommen muss, wonach es nach Bayerns Titelhattrick 1985 bis 1987 allmählich aussah. Aber 1988 ging die Schale nach Bremen, und endlich war Otto nicht mehr der Zweite, sondern der Erste. 1989 und 1990 verlor er noch das DFB-Pokalfinale, 1991 kam auch diese Trophäe an die Weser. Deshalb spielten sie 1991/1992 im Europacup der Pokalsieger - und gewannen ihn in einem leeren Stadion zu Lissabon mit 2:0 gegen den AS Monaco. 1993 dann die zweite Meisterschaft unter Rehhagel, 1994 wieder der Pokal. Was konnte er noch erreichen? Diese Frage trieb ihn nach jedem Titel stärker um.

Bei Bayern gescheitert, in Lautern Legende

Aber Werder ohne Rehhagel war längst undenkbar. Die Spieler gingen, der Trainer blieb. Sie handelten antizyklisch an der Weser, auch deshalb hatte dieser Klub so viele Bewunderer. "Er wird an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine Laufbahn auch in Bremen beenden", stand in der Bundesligachronik von Jörg Wontorra 1993 zu lesen. Irrtum.

1995 wollte Rehhagel noch mal zu neuen Ufern, und Bayern München suchte nach einem verlorenen Jahr einen Nachfolger für Giovanni Trapattoni. Alle Welt riet Rehhagel ab, er machte es trotzdem. Schon auf dem Rückflug nach der Einigung mit Bayern konnte er sein künftiges Gehalt in der Zeitung lesen. Nun wusste er, wo er war. In München blieb er nur zehn Monate, nach einem 0:1 im Heimspiel gegen Hansa Rostock Ende April 1996 ersetzte ihn der Präsident persönlich: Franz Beckenbauer. Rehhagel war daran gescheitert, König Otto bleiben zu wollen.

Im Vorstand der Bayern aber saßen Männer mit ungleich mehr Fußballkompetenz und -vergangenheit als in Bremen, er war von Welt- und Europameistern umzingelt, und die äußerten sich täglich in den Medien. Seine Spieler auch. Dass er keine Taktik habe, war noch einer der harmloseren Vorwürfe. Rehhagel zeigte sich enttäuscht, zahlte aber nie mit gleicher Münze zurück. Er ging als Ehrenmann.

Von "König Otto" zu "Rehakles"

Und das Schicksal gab ihm schnell die Chance, nicht als Verlierer in Erinnerung zu bleiben. Der 1. FC Kaiserslautern suchte nach dem ersten Abstieg einen Erneuerer und holte den Verteidiger der Siebziger in die Pfalz. Rehhagel stieg 1997 sofort auf, das war kein Wunder. Aber im Jahr darauf kam das größte Wunder der deutschen Vereinsfußballgeschichte. Mit der kaum veränderten Aufstiegsmannschaft wurde der FCK 1998 Deutscher Meister, vor den Bayern, die man in Hin- und Rückspiel besiegte. Welch Genugtuung für Rehhagel. "Es gibt einen Fußballgott, und der sieht alles", sagte er triumphierend. "Die Rechnung kommt immer, manchmal gleich, manchmal ein wenig später."

Und weiter: "Es war eine Sensation, die es nie mehr geben wird. Wir haben Sportgeschichte geschrieben", bekannte Rehhagel, als die Bundesliga 50 wurde. Da hatte er freilich noch eine mindestens genauso große Sensation geschafft. Mit Griechenland, wo er nach seiner Entlassung in Kaiserslautern 2001 als Nationaltrainer einstieg, wurde er in Portugal Europameister. Mit Fußball aus der Antike, wie der Boulevard lästerte. Mit Libero, mit Manndeckung, mit wenig Risiko und viel Disziplin. Die Tore fielen meist nach Standards, es war kein Fußball zum Verlieben - aber ganz Griechenland flippte aus im Sommer 2004.

"Sie können beruhigt sein, Otto geht es gut"

Und der DFB fragte höflich an, ob Otto Rehhagel nach Rudi Völlers Rücktritt nicht Bundestrainer werden wolle. Das war verlockend für den nun schon 66-Jährigen, aber seine Prinzipien waren genauso alt. Er könne doch seinen Vertrag mit den Griechen nicht brechen, ließ er ausrichten. Man wird also nie erfahren, ob es auch mit "Rehakles", wie er nun auf dem Boulevard hieß, ein Sommermärchen 2006 gegeben hätte. Vielleicht wäre er sogar noch auf seine alten Tage Weltmeister geworden.

Zum runden Geburtstag schickte ihm auch "seine" DFB-Stiftung Glückwünsche, persönlich gesendet von DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg und Stiftungsgeschäftsführer Tobias Wrzesinski. Dort heißt es unter anderem: "Lieber Otto Rehhagel, Ihr Lebensweg erinnert an so vielen Stellen an die Vita von Sepp Herberger. Mit ihm zählen Sie zu größten Fußball-Trainern unseres Landes. Sie sind menschlich und sportlich Vorbild für Generationen und wir sind stolz, dass Sie sich im Dienste des 'Chefs' für unsere Stiftungsarbeit engagieren." 

Immer wieder sagt Otto Rehhagel gerne: "Mein größter Erfolg ist, dass ich seit 54 Jahren mit meiner Frau Beate verheiratet bin." Mit ihr und Sohn Jens und gewiss ein paar Freunden aus der großen Fußballfamilie wird er seinen runden Geburtstag feiern. Genaueres verraten will er nicht, aber Beate ließ Anrufern dieser Tage ausrichten: "Sie können beruhigt sein, Otto geht es gut."

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