Tite: "Deutschland hat ein großartiges Team"

Die am Ende frustrierende WM 2014 haben sie beim Nationalteam Brasiliens weitestgehend abgehakt. Unter Nationaltrainer Tite, der seit 2016 im Amt ist, hat die Seleção eine beeindruckende Entwicklung genommen, sich ebenso souverän wie überzeugend für das Turnier in Russland qualifiziert. Entsprechend selbstbewusst spricht der 56-jährige Coach vor dem Länderspielklassiker gegen Weltmeister Deutschland am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Berlin im DFB.de-Interview über die Aussichten für die WM.

DFB.de: Tite, es sind noch knapp drei Monate bis zur WM. Brasilien spielt in der Vorrunde gegen die Schweiz, Costa Rica und Serbien. Auf den ersten Blick eine machbare Aufgabe. Auf den zweiten auch?

Tite: Ich glaube, dass die Auslosung auf Grundlage des FIFA-Rankings dazu geführt hat, dass die Gruppen generell ausgeglichener sind. Das gilt auch für unsere. Wäre Russland nicht Gastgeber, wäre die Schweiz in Topf eins gelandet, das wird also ein Spiel von zwei der bestplatzierten Mannschaften der Welt. Das wird uns alles abverlangen, da bin ich sicher, denn die Schweizer haben richtig starke Spieler. Serbien hat, wie alle Länder aus dem ehemaligen Jugoslawien, eine sehr gut ausgebildete Mannschaft. Und die Costa Ricaner haben bei der vorigen WM gezeigt, wozu sie fähig sind. Da haben sie Uruguay und Italien besiegt, gegen England Unentschieden gespielt, im Achtelfinale Griechenland ausgeschaltet, ehe sie erst im Elfmeterschießen an den Niederlanden gescheitert sind. Das Beste für uns an dieser Gruppe ist, dass uns Spiele gegen solche Mannschaften als Team herausfordern und besser machen werden.

DFB.de: Sie haben eine souveräne Qualifikation gespielt, schon früh die Teilnahme an der WM klargemacht. Erwarten nun in Ihrem Land alle von Ihnen und Ihrer Mannschaft den sechsten WM-Titel?

Tite: Ob Brasilien zu den Favoriten gehört? Ja! Das hat mit der Geschichte der Seleção zu tun, aber nicht nur. Wenn ich sehe, wie unsere aktuelle Mannschaft zuletzt aufgetreten ist, hat sie es verdient, zum Favoritenkreis gezählt zu werden. Doch der ist groß bei diesem Turnier, so ausgeglichen wie diesmal ging es schon lange nicht mehr bei einer WM zu, davon bin ich überzeugt.

DFB.de: Sie sind seit knapp zwei Jahren im Amt. Real-Star Marcelo sagte vor ein paar Monaten: "Wir müssen Tite für alles danken, weil er alles verändert hat." Können Sie nachvollziehen, was er genau damit meint?

Tite: Ich möchte nicht darüber sprechen, wie meine Vorgänger gearbeitet haben, das gehört sich nicht. Daher kann ich auch nicht darüber sprechen, was ich verändert habe, nur über meine Arbeit. Schon unmittelbar nach meinem Start als Nationaltrainer habe ich mich mit Trainern ausgetauscht, die vorher im Amt waren, das war mir wichtig. Ich habe mit Mario Zagallo, Carlos Alberto Parreira und Vanderlei Luxemburgo gesprochen. Und die Ergebnisse aus diesen Unterredungen lasse ich in meine Arbeit einfließen. Wir lassen die Spieler auf den Positionen spielen, die sie kennen und auf denen sie sich am besten fühlen, bleiben auch zwischen den Spielen immer mit ihnen in Kontakt. Außerdem habe ich einen überaus fähigen Stab, der alle Informationen über die Spieler zusammenträgt, so dass wir uns gut vorbereiten können.

DFB.de: Es hat den Anschein, als hätten die Brasilianer seit Ihrem Amtsantritt ihren alten Spielstil wiedergefunden: mehr Spaß, mehr Abenteuer, mehr typisch brasilianisch als in den vorigen Jahren. Stimmen Sie zu?

Tite: Das ist auf jeden Fall unser Ziel. Aber das gilt es, in Einklang mit dem modernen Fußball zu bringen, also die brasilianische Spielfreude mit guter Organisation zu verbinden, die es braucht, um Erfolg zu haben. Wir wollen defensiv gut stehen, einen guten Spielaufbau hinbekommen und unseren Angreifern im letzten Drittel möglichst viele Freiheiten geben. Denn es sind Eins-gegen-Eins-Situationen, in denen brasilianische Spieler den Unterschied ausmachen.

DFB.de: Ihr prominentester Spieler, Neymar, fehlt in Berlin verletzungsbedingt. Sein Rekordtransfer zu Paris Saint-Germain im vorigen Sommer war ein weltweites Thema, jeder Fan hat eine Meinung dazu. Wie geht er damit um, und wie wichtig ist er für Ihr Team?

Tite: Zunächst mal ist er ein außergewöhnlicher Spieler, und das unter zwei Gesichtspunkten. Ich glaube, in der vorigen Champions-League-Saison war er der beste Vorbereiter. Er schießt Tore, und er bereitet sie vor. Und man darf nicht vergessen, dass er sich häufig gleich zwei Gegenspielern gegenübersieht. Das heißt: Er zieht Aufmerksamkeit auf sich und verschafft seinen Kollegen dadurch Raum. Die andere Seite ist der Mensch Neymar. Er ist authentisch, ein ganz normaler und guter Mensch. Das ist für mich besonders wichtig.

DFB.de: Wie sehr ist das 1:7 aus dem WM-Halbfinale 2014 in Belo Horizonte noch ein Thema?

Tite: Natürlich wird man vor diesem Spiel darauf angesprochen, denn die Partie in Berlin ist das erste Treffen mit Deutschland seit diesem 1:7. Das müssen wir akzeptieren, es ist nicht mehr zu ändern. Die Geschichte der Seleção ist voll von großartigen Leistungen und Erfolgen, aber auch ein paar Narben. Dies ist so eine. Aber wir sind hier, um uns auf die WM vorzubereiten, wie die Deutschen auch. Wir wollen ein neues Kapitel unserer Geschichte schreiben, es ist eine andere Zeit, eine andere Situation und es sind viele andere Spieler.

DFB.de: Ist die Tatsache, dass es 2014 im eigenen Land nicht mit dem Titel geklappt hat, aus Ihrer Sicht zusätzlich motivierend für 2018?

Tite: Wir wollen gute Spiele zeigen, unser Land würdig vertreten, das hat nichts mit 2014 zu tun. Die Motivation, bei einer WM zur brasilianischen Nationalmannschaft zu gehören und sie zu trainieren, ist für mich die größte, die es gibt. Für mich ist das der Höhepunkt meiner Trainerkarriere. Da musst du von ganz alleine motiviert sein.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie von Ihrem heutigen Gegner, der DFB-Auswahl?

Tite: Eine großartige Mannschaft! Sie hat eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern. Ihr Trainer Joachim Löw hat das Team über Jahre entwickelt, er leistet tolle Arbeit. Sie haben die WM 2014 gewonnen, wurden 2016 Zweiter bei Olympia und gewannen 2017 den Confederations Cup, das spricht alles für große Qualität.

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Die am Ende frustrierende WM 2014 haben sie beim Nationalteam Brasiliens weitestgehend abgehakt. Unter Nationaltrainer Tite, der seit 2016 im Amt ist, hat die Seleção eine beeindruckende Entwicklung genommen, sich ebenso souverän wie überzeugend für das Turnier in Russland qualifiziert. Entsprechend selbstbewusst spricht der 56-jährige Coach vor dem Länderspielklassiker gegen Weltmeister Deutschland am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Berlin im DFB.de-Interview über die Aussichten für die WM.

DFB.de: Tite, es sind noch knapp drei Monate bis zur WM. Brasilien spielt in der Vorrunde gegen die Schweiz, Costa Rica und Serbien. Auf den ersten Blick eine machbare Aufgabe. Auf den zweiten auch?

Tite: Ich glaube, dass die Auslosung auf Grundlage des FIFA-Rankings dazu geführt hat, dass die Gruppen generell ausgeglichener sind. Das gilt auch für unsere. Wäre Russland nicht Gastgeber, wäre die Schweiz in Topf eins gelandet, das wird also ein Spiel von zwei der bestplatzierten Mannschaften der Welt. Das wird uns alles abverlangen, da bin ich sicher, denn die Schweizer haben richtig starke Spieler. Serbien hat, wie alle Länder aus dem ehemaligen Jugoslawien, eine sehr gut ausgebildete Mannschaft. Und die Costa Ricaner haben bei der vorigen WM gezeigt, wozu sie fähig sind. Da haben sie Uruguay und Italien besiegt, gegen England Unentschieden gespielt, im Achtelfinale Griechenland ausgeschaltet, ehe sie erst im Elfmeterschießen an den Niederlanden gescheitert sind. Das Beste für uns an dieser Gruppe ist, dass uns Spiele gegen solche Mannschaften als Team herausfordern und besser machen werden.

DFB.de: Sie haben eine souveräne Qualifikation gespielt, schon früh die Teilnahme an der WM klargemacht. Erwarten nun in Ihrem Land alle von Ihnen und Ihrer Mannschaft den sechsten WM-Titel?

Tite: Ob Brasilien zu den Favoriten gehört? Ja! Das hat mit der Geschichte der Seleção zu tun, aber nicht nur. Wenn ich sehe, wie unsere aktuelle Mannschaft zuletzt aufgetreten ist, hat sie es verdient, zum Favoritenkreis gezählt zu werden. Doch der ist groß bei diesem Turnier, so ausgeglichen wie diesmal ging es schon lange nicht mehr bei einer WM zu, davon bin ich überzeugt.

DFB.de: Sie sind seit knapp zwei Jahren im Amt. Real-Star Marcelo sagte vor ein paar Monaten: "Wir müssen Tite für alles danken, weil er alles verändert hat." Können Sie nachvollziehen, was er genau damit meint?

Tite: Ich möchte nicht darüber sprechen, wie meine Vorgänger gearbeitet haben, das gehört sich nicht. Daher kann ich auch nicht darüber sprechen, was ich verändert habe, nur über meine Arbeit. Schon unmittelbar nach meinem Start als Nationaltrainer habe ich mich mit Trainern ausgetauscht, die vorher im Amt waren, das war mir wichtig. Ich habe mit Mario Zagallo, Carlos Alberto Parreira und Vanderlei Luxemburgo gesprochen. Und die Ergebnisse aus diesen Unterredungen lasse ich in meine Arbeit einfließen. Wir lassen die Spieler auf den Positionen spielen, die sie kennen und auf denen sie sich am besten fühlen, bleiben auch zwischen den Spielen immer mit ihnen in Kontakt. Außerdem habe ich einen überaus fähigen Stab, der alle Informationen über die Spieler zusammenträgt, so dass wir uns gut vorbereiten können.

DFB.de: Es hat den Anschein, als hätten die Brasilianer seit Ihrem Amtsantritt ihren alten Spielstil wiedergefunden: mehr Spaß, mehr Abenteuer, mehr typisch brasilianisch als in den vorigen Jahren. Stimmen Sie zu?

Tite: Das ist auf jeden Fall unser Ziel. Aber das gilt es, in Einklang mit dem modernen Fußball zu bringen, also die brasilianische Spielfreude mit guter Organisation zu verbinden, die es braucht, um Erfolg zu haben. Wir wollen defensiv gut stehen, einen guten Spielaufbau hinbekommen und unseren Angreifern im letzten Drittel möglichst viele Freiheiten geben. Denn es sind Eins-gegen-Eins-Situationen, in denen brasilianische Spieler den Unterschied ausmachen.

DFB.de: Ihr prominentester Spieler, Neymar, fehlt in Berlin verletzungsbedingt. Sein Rekordtransfer zu Paris Saint-Germain im vorigen Sommer war ein weltweites Thema, jeder Fan hat eine Meinung dazu. Wie geht er damit um, und wie wichtig ist er für Ihr Team?

Tite: Zunächst mal ist er ein außergewöhnlicher Spieler, und das unter zwei Gesichtspunkten. Ich glaube, in der vorigen Champions-League-Saison war er der beste Vorbereiter. Er schießt Tore, und er bereitet sie vor. Und man darf nicht vergessen, dass er sich häufig gleich zwei Gegenspielern gegenübersieht. Das heißt: Er zieht Aufmerksamkeit auf sich und verschafft seinen Kollegen dadurch Raum. Die andere Seite ist der Mensch Neymar. Er ist authentisch, ein ganz normaler und guter Mensch. Das ist für mich besonders wichtig.

DFB.de: Wie sehr ist das 1:7 aus dem WM-Halbfinale 2014 in Belo Horizonte noch ein Thema?

Tite: Natürlich wird man vor diesem Spiel darauf angesprochen, denn die Partie in Berlin ist das erste Treffen mit Deutschland seit diesem 1:7. Das müssen wir akzeptieren, es ist nicht mehr zu ändern. Die Geschichte der Seleção ist voll von großartigen Leistungen und Erfolgen, aber auch ein paar Narben. Dies ist so eine. Aber wir sind hier, um uns auf die WM vorzubereiten, wie die Deutschen auch. Wir wollen ein neues Kapitel unserer Geschichte schreiben, es ist eine andere Zeit, eine andere Situation und es sind viele andere Spieler.

DFB.de: Ist die Tatsache, dass es 2014 im eigenen Land nicht mit dem Titel geklappt hat, aus Ihrer Sicht zusätzlich motivierend für 2018?

Tite: Wir wollen gute Spiele zeigen, unser Land würdig vertreten, das hat nichts mit 2014 zu tun. Die Motivation, bei einer WM zur brasilianischen Nationalmannschaft zu gehören und sie zu trainieren, ist für mich die größte, die es gibt. Für mich ist das der Höhepunkt meiner Trainerkarriere. Da musst du von ganz alleine motiviert sein.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie von Ihrem heutigen Gegner, der DFB-Auswahl?

Tite: Eine großartige Mannschaft! Sie hat eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern. Ihr Trainer Joachim Löw hat das Team über Jahre entwickelt, er leistet tolle Arbeit. Sie haben die WM 2014 gewonnen, wurden 2016 Zweiter bei Olympia und gewannen 2017 den Confederations Cup, das spricht alles für große Qualität.

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