Tim Bendzko: Nur noch kurz ein Tor schießen

Bundesvision Song Contest, Bambi, Gold, Platin, 1LIVE Krone – ein junger Musiker aus Berlin wurde in diesem Jahr zum Senkrechtstarter. Tim Bendzkos Song „Nur noch kurz die Welt retten“ war der Sommerhit 2011, und auch sein Album „Wenn Worte meine Sprache wären“ landete in den Top10 der deutschen Charts. Ein Jahr als einziger Höhenflug. Mit ein bisschen mehr Glück und Leidenschaft hätte der 26-Jährige heute auch einem anderen Beruf nachgehen können: dem des Fußball-Profis. DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen über einen „eisernen“ Weltretter.

Tim Bendzko hat gute Laune. Das hat er meistens, aber heute besonders. Hoffenheim hat gewonnen, „endlich wieder“. Er atmet tief durch. Ein bisschen exotisch ist es schon, dass einer, der acht Jahre für Union Berlin gespielt hat, zum kleinen Klub aus dem Kraichgau hält. Findet er eigentlich auch. Ist es aber auch wieder nicht. Denn Andreas Beck, Nationalspieler und Hoffenheims Kapitän, ist ein guter Freund des Sängers. „Wir haben uns schon als Jugendliche über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt“, sagt Bendzko, der damals als Junioren-Trainer bei Union im Einsatz war, während Beck noch für den VfB Stuttgart spielte. Die Freundschaft hielt – und machte Bendzko zum 1899-Fan.

Acht Jahre im Trikot von Union Berlin

Wie er überhaupt alles mitnimmt, was geht. Sprich: was im Fernsehen läuft. „Ich gucke mir die Bundesliga-Konferenz an, auch natürlich die Länderspiele“, sagt er. Beim Spiel gegen Belgien in Düsseldorf war er sogar im Stadion. „Ich saß fünfte Reihe, das war spannend, sag’ ich dir.“ Ganz vorne, da kann man den Rasen riechen, man hört, was gerufen wird, es ist fast so, als wäre man selbst auf dem Platz. Ein Gefühl, das er schon fast nicht mehr kannte.

Acht Jahre lang hat er selbst gespielt, hat das Trikot von Union Berlin getragen und auch durchaus Talent gehabt. „Talent der Herzen“ nennt er sich im Rückblick und lacht dabei. Weil er bei allem Können und aller Leidenschaft fast die ganze Zeit wusste, dass er etwas anderes werden wollte: Musiker. Fußball-Profi, das sei nur am Anfang so wirklich sein Ziel gewesen. In seinem ersten Spiel für Union erzielte der Junge aus Köpenick fünf Tore. Das war in der E-Jugend. „Sobald ich den Ball hatte, bin ich losgerannt“, sagt er, und so schnell wie er war keiner. „Fußball zu spielen, hat mir am Anfang großen Spaß gemacht. Ich mag es, mich mit anderen zu messen.“ Nach der Grundschule ging er sogar auf ein Sportgymnasium. Es drängte ihn förmlich, sich sportlich zu betätigen, „ich habe fast den ganzen Tag Fußball gespielt“.

"Karriereende" mit zwölf Jahren

Erst im Angriff, dann im rechten Mittelfeld, weil er so schnell war und seine Gegenspieler stehen ließ, als liefen sie in Zeitlupe. Zum Toreschießen kam er jedoch seltener. „Einmal hat man mich sogar im zentralen Mittelfeld aufgestellt, aber nur in einem Spiel. Das war in der Vorbereitung und einfach nur fürchterlich“, sagt er. „In der Halbzeit hat mich der Trainer dann wieder auf rechts gestellt, und von da an haben wir erst richtig angefangen, Fußball zu spielen.“ Schließlich sei er „als Rechtsverteidiger verendet“.

Die Liebe für das Spiel nahm etwas ab. Dazu kam, dass er sich viermal den Arm brach und sich wieder neu herankämpfen musste. Mehrmals wollte er aufhören, aber sein Trainer oder seine Mutter überredeten ihn, weiterzumachen. Aber mit zwölf gab er das Spielen auf. Es reichte ihm, zumindest auf diesem hohen Niveau. „Man kann sich selbst auch den Fußball kaputt denken, weil man einfach so extrem viel falsch machen kann. So war es bei mir“, sagt er. „Als es anfing, sehr theoretisch zu werden und es hieß: Wir spielen Viererkette, stellt euch vor, ihr lauft an einer Schnur durch die Gegend, da habe ich nur nachgedacht. Wo stehe ich? Wie weit ist mein Gegenspieler von mir entfernt? Automatismen, die man dafür braucht, haben sich bei mir einfach nicht eingestellt.“ So ließ er es lieber. Die Musik wurde wichtiger für ihn, später war er noch Co-Trainer bei Unions C-Junioren, aber auch nicht lange. Lieder statt Liga, die Entscheidung war gefallen.



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Bundesvision Song Contest, Bambi, Gold, Platin, 1LIVE Krone – ein junger Musiker aus Berlin wurde in diesem Jahr zum Senkrechtstarter. Tim Bendzkos Song „Nur noch kurz die Welt retten“ war der Sommerhit 2011, und auch sein Album „Wenn Worte meine Sprache wären“ landete in den Top10 der deutschen Charts. Ein Jahr als einziger Höhenflug. Mit ein bisschen mehr Glück und Leidenschaft hätte der 26-Jährige heute auch einem anderen Beruf nachgehen können: dem des Fußball-Profis. DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen über einen „eisernen“ Weltretter.

Tim Bendzko hat gute Laune. Das hat er meistens, aber heute besonders. Hoffenheim hat gewonnen, „endlich wieder“. Er atmet tief durch. Ein bisschen exotisch ist es schon, dass einer, der acht Jahre für Union Berlin gespielt hat, zum kleinen Klub aus dem Kraichgau hält. Findet er eigentlich auch. Ist es aber auch wieder nicht. Denn Andreas Beck, Nationalspieler und Hoffenheims Kapitän, ist ein guter Freund des Sängers. „Wir haben uns schon als Jugendliche über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt“, sagt Bendzko, der damals als Junioren-Trainer bei Union im Einsatz war, während Beck noch für den VfB Stuttgart spielte. Die Freundschaft hielt – und machte Bendzko zum 1899-Fan.

Acht Jahre im Trikot von Union Berlin

Wie er überhaupt alles mitnimmt, was geht. Sprich: was im Fernsehen läuft. „Ich gucke mir die Bundesliga-Konferenz an, auch natürlich die Länderspiele“, sagt er. Beim Spiel gegen Belgien in Düsseldorf war er sogar im Stadion. „Ich saß fünfte Reihe, das war spannend, sag’ ich dir.“ Ganz vorne, da kann man den Rasen riechen, man hört, was gerufen wird, es ist fast so, als wäre man selbst auf dem Platz. Ein Gefühl, das er schon fast nicht mehr kannte.

Acht Jahre lang hat er selbst gespielt, hat das Trikot von Union Berlin getragen und auch durchaus Talent gehabt. „Talent der Herzen“ nennt er sich im Rückblick und lacht dabei. Weil er bei allem Können und aller Leidenschaft fast die ganze Zeit wusste, dass er etwas anderes werden wollte: Musiker. Fußball-Profi, das sei nur am Anfang so wirklich sein Ziel gewesen. In seinem ersten Spiel für Union erzielte der Junge aus Köpenick fünf Tore. Das war in der E-Jugend. „Sobald ich den Ball hatte, bin ich losgerannt“, sagt er, und so schnell wie er war keiner. „Fußball zu spielen, hat mir am Anfang großen Spaß gemacht. Ich mag es, mich mit anderen zu messen.“ Nach der Grundschule ging er sogar auf ein Sportgymnasium. Es drängte ihn förmlich, sich sportlich zu betätigen, „ich habe fast den ganzen Tag Fußball gespielt“.

"Karriereende" mit zwölf Jahren

Erst im Angriff, dann im rechten Mittelfeld, weil er so schnell war und seine Gegenspieler stehen ließ, als liefen sie in Zeitlupe. Zum Toreschießen kam er jedoch seltener. „Einmal hat man mich sogar im zentralen Mittelfeld aufgestellt, aber nur in einem Spiel. Das war in der Vorbereitung und einfach nur fürchterlich“, sagt er. „In der Halbzeit hat mich der Trainer dann wieder auf rechts gestellt, und von da an haben wir erst richtig angefangen, Fußball zu spielen.“ Schließlich sei er „als Rechtsverteidiger verendet“.

Die Liebe für das Spiel nahm etwas ab. Dazu kam, dass er sich viermal den Arm brach und sich wieder neu herankämpfen musste. Mehrmals wollte er aufhören, aber sein Trainer oder seine Mutter überredeten ihn, weiterzumachen. Aber mit zwölf gab er das Spielen auf. Es reichte ihm, zumindest auf diesem hohen Niveau. „Man kann sich selbst auch den Fußball kaputt denken, weil man einfach so extrem viel falsch machen kann. So war es bei mir“, sagt er. „Als es anfing, sehr theoretisch zu werden und es hieß: Wir spielen Viererkette, stellt euch vor, ihr lauft an einer Schnur durch die Gegend, da habe ich nur nachgedacht. Wo stehe ich? Wie weit ist mein Gegenspieler von mir entfernt? Automatismen, die man dafür braucht, haben sich bei mir einfach nicht eingestellt.“ So ließ er es lieber. Die Musik wurde wichtiger für ihn, später war er noch Co-Trainer bei Unions C-Junioren, aber auch nicht lange. Lieder statt Liga, die Entscheidung war gefallen.

Ehrgeizig und zielstrebig zum Erfolg

Wer Tim Bendzko am Ende des Jahres 2011 erlebt, der kann sich denken, dass diese Entscheidung richtig war. „Abgefahren“ nennt er das zurückliegende Jahr. Seit er Ende Mai seine Single „Nur noch kurz die Welt retten“ veröffentlichte, folgte ein Superlativ dem nächsten, kam nach einer Auszeichnung eine weitere. Jeder sang die Liedzeile „noch 148 Mails checken“. Er trat im Vorprogramm von Elton John und Joe Cocker auf. Gekrönt wurde das Jahr durch den Sieg beim Bundesvision Song Contest, als er mit seinem Lied „Wenn Worte meine Sprache wären“ für Berlin antrat und „Deutscher Meister“ wurde. „Seit Juni ist eigentlich in jeder Woche irgendeine Sache passiert, die einfach nicht zu glauben ist, die es so womöglich auch in Deutschland noch nicht gegeben hat und bei der alle um mich herum und ich natürlich auch mit offenem Mund dastanden und dachten: Warum passiert das jetzt gerade?“, erzählt er. „Seit dem Song Contest hat das Ausmaße angenommen, wo ich dachte: Okay, bis hierhin habe ich das vielleicht alles noch verdient. Aber bei allem danach weiß man dann nicht mehr, ob das so überhaupt noch gerechtfertigt ist, das ist der Wahnsinn.“

Tim Bendzko ist ein unprätentiöser Mensch, beim Gespräch bietet er gleich das „Du“ an, seine Berliner Herkunft meldet sich akustisch. Dazu steht er, das mag er. Allüren sind nicht seine Sache. Er singt von Glück und Enttäuschung, von Verlieben und Entlieben. Immer viel Gefühl. „Man sagt, dass alles Glück dieser Welt vor unseren Augen liegt, doch wie oft täuscht man sich in dem, was man mit den Augen sieht“, heißt es in einem Lied. Ein Feingeist, das ist er ganz sicher. Aber eben auch ein „Wettkampf-Typ“, ein ehrgeiziger und zielstrebiger junger Mann mit hohem Anspruch an sich selbst.

Kaum noch Zeit zum Kicken

Das sieht man auch an den Zielen, die er sich setzte und die sein wichtigster Antrieb waren: „Ich wollte immer ein Album herausbringen, und ich habe auch immer gewusst, dass das mehr als zwei Leute kaufen werden. Aus irgendeinem Grund war mir wirklich immer klar, dass das durch die Decke gehen wird.“ Er klingt nicht arrogant dabei, nur selbstbewusst. „Im Grunde“, fügt er an, „war die Veröffentlichung des Albums schon mein Happy End. Damit habe ich mir Zeit gelassen, bis alles passte, auch wenn ich dadurch die Bravo-Generation übersprungen habe. Seitdem bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Doch danach ist der Film erst so richtig losgegangen.“ Und vermutlich ist er immer noch erst am Anfang.

Zeit zum Kicken findet er seither allerdings so gut wie gar nicht mehr. Wann auch? Auftritte, Interviews, Termine – er ist zu einer Figur des öffentlichen Lebens geworden. Mit wenig Freizeit, auch wenn ich, so gut es geht, versuche, mir zumindest die Wochenenden freizuhalten“. Dass er sich dann Bundesliga anschaut, das kommt schon öfter vor. Einziges aktives Fußball-Ereignis im Jahr 2011: ein Turnier mit seiner Plattenfirma. Bendzko hielt sich am Anfang noch zurück, ein persönliches Debakel befürchtend. Von Spiel zu Spiel kam der alte Ehrgeiz zurück, „und von da an lief es“. Er lacht. Nicht laut, aber einnehmend. Ein guter Typ.

"Im Stadion ist die Energie viel spontaner"

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Als er neulich in Düsseldorf beim Länderspiel war, hat er sich mit seinem Gitarristen darüber unterhalten, wo der Unterschied in Sachen Stimmung ist. Seine Erkenntnis: „Bei einem Konzert ist es in der Regel so, dass es sich steigert. Der letzte Song ist meistens der Höhepunkt. Im Stadion ist die Energie viel spontaner und viel gebündelter.“ Als Mesut Özil das deutsche Team in Führung brachte, sprangen alle auf, er auch, und jubelten, „wie auf Knopfdruck, das war beeindruckend“. Die deutsche Mannschaft spielen zu sehen, das sei im Moment sowieso beglückend.

2012 wird Tim Bendzko mit seiner Band auf eine ausgedehnte Tour mit dem Titel „Du warst noch nie hier“ gehen. Letzteres gilt dann also nicht mehr. Den Juni und das erste Juli-Wochenende hat er sich größtenteils freigehalten. EM-Zeit, Tage, in denen es in manchen Momenten wichtigere Dinge für ihn gibt als die Musik. Oder zumindest genauso wichtige. Eines ist klar: „Diese Spiele will ich mir nicht entgehen lassen.“