"The Beautiful Game": Tagung zum Thema Diskrimierung im Fußball

Fußball ist ein komplexer Sport. Das gilt für das Spiel auf dem Platz, aber auch für den sozialen Kontext, in dem es stattfindet. Und weil die Welt nicht nur gut ist, heißt das auch, dass die Weisen, in denen in und um Fußball Diskriminierung stattfindet, mannigfaltig sind.

Einige Aspekte dieses Themenfelds erörterte in den letzten Tagen die Konferenz des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, unter anderem gefördert durch die DFB-Kulturstiftung. An zwei Tagen trugen in den Räumen der "Topographie des Terrors" in sieben Panels und zwei key note Vorträgen 25 Forscher und Forscherinnen aus aller Welt aktuelle Erkenntnisse vor und gaben Ein- oder Überblick darüber, wie Fußball rassistische, sexistische oder antisemitische Äußerungen und Handlungen produziert, kanalisiert und vielleicht hilft zu überwinden. Dass die Konferenz am israelischen Tag des Gedenkens an die Shoah und an einer der Erinnerungsstätten an die Verbrechen des Naziregimes stattfand, ließ nie vergessen, vor welchem geschichtlichen Hintergrund die Auseinandersetzung mit diesem Thema abläuft.

Disziplinübergreifende Forschung

Den Fokus der Tagung begrenzten dabei weder geographische Einschränkungen noch sozialwissenschaftliche Disziplinengrenzen, und auch die Art, in der Fußball in den Untersuchungen vorkam, war sehr unterschiedlich. So bezogen sich Vorträge auf die angebliche oder tatsächliche jüdische Identität von Fußballvereinen von der Frankfurter Eintracht bis zu Buenos Aires Club Atletico Atlanta. So gab es historische Abrisse der faschistischen Überformung des italienischen Fußballs und des Antisemitismus gegenüber jüdischen Vereinen und Spielern im Österreich der Zwischenkriegszeit, die übrigens sehr erfolgreich waren und in Matěj Šindelář nicht nur den wohl besten Spieler der Geschichte des Landes, sondern im SC Hakoah Wien auch einen nationalen Meister und international konkurrenzfähigen Spitzenverein produzierten.

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Und so erklärte ein Anthropologe, inwiefern Organisationsformen und Rollenverteilungen in Ultraszenen Regeln von dominanter Maskulinität folgen und eine Linguistin präsentierte ihre Feldforschung in einer professionellen Fußballmannschaft, die unter deren Kommunikationsmustern auch solche fand, die als Alltagsrassismus gelten müssen.

Fußballer kommen in Studie zu Wort

Diese letzte Studie, von Solvejg Wolfers im Rahmen ihrer Promotion an der Universität Warwick durchgeführt, war mindestens methodologisch das interessanteste Stück Forschung im Programm der Tagung. Und das nicht nur, weil ihr Vortrag einer von wenigen war, in denen tatsächlich Fußballer, und nicht die Akteure rund um das Spiel zu Wort kamen. Dreimal besuchte Wolfers für je eine Woche das Trainingsgelände eines (nicht näher spezifizierten) Profivereins und zeichnete Gespräche innerhalb der Mannschaft auf - in der Kabine, bei Waldläufen, in Teambesprechungen.

In dieser Fülle an Material finden sich auch (relativ niedrigschwellige) rassistische Äußerungen, wenn etwa ein Deutsch-Schweizerischer Spieler seinen asiatischen Mitspieler fragt, ob er zum Frühstück Katze oder in letzter Zeit Hund gegessen habe. Dass dem so ist, bedeutet wohl kaum, dass die Fußballer in der Studie besonders schlechte Menschen wären, sondern deutet darauf hin, wie häufig solche Interaktionen in unserer Gesellschaft überhaupt sind.

Strategien zur Vermeidung vorgestellt

Welche Strategien sich eröffnen, um dem entgegenzuwirken, war Thema des letzten Panels der Konferenz. Darin trugen Mitarbeiter der Anne Frank Stiftung vor, wie sie mit Fans verschiedener niederländischer Vereine, die mit gegen Ajax Amsterdam gerichteten antisemitischen Gesängen auffallen, arbeiten, und diese Fans etwa mit den jüdischen Teilen ihrer eigenen Vereine vertraut machen. Pavel Klymenko stellte die Monitoring Arbeit von FARE vor. Und Matthias Thoma, Direktor des Eintracht Frankfurt Museums, zeigte, wie das Museum die Zeit des Naziregimes in seiner Darstellung der Vereinsgeschichte präsentiert.

Wie schon andere Vorträge der Veranstaltung thematisiert hatten, war die Eintracht einer der Vereine, denen in der ersten Hälfte eine jüdische Identität zugeschrieben wurde - etwas, das stärker mit dem sozio-kulturellen Umfeld eines Clubs korreliert, als mit der tatsächlichen Zahl jüdischer Mitglieder. Trotzdem ist diese Tradition des Klubs, und "dass wir damals auch von Ausgrenzung betroffen waren," einer der Gründe dafür dass, wie Thoma sagt, "die Eintracht auch politisch denkt, sich politisch engagiert, wie es aktuell Präsident Peter Fischer tut."

Dass ein solches politisches Engagement überall im Fußball notwendig ist, und überall seine ganz eigenen, unterschiedlichen historischen und aktuellen Anschlusspunkte findet, ist jedenfalls unter dem Eindruck der Tagung offensichtlich.

[dr]

Fußball ist ein komplexer Sport. Das gilt für das Spiel auf dem Platz, aber auch für den sozialen Kontext, in dem es stattfindet. Und weil die Welt nicht nur gut ist, heißt das auch, dass die Weisen, in denen in und um Fußball Diskriminierung stattfindet, mannigfaltig sind.

Einige Aspekte dieses Themenfelds erörterte in den letzten Tagen die Konferenz des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, unter anderem gefördert durch die DFB-Kulturstiftung. An zwei Tagen trugen in den Räumen der "Topographie des Terrors" in sieben Panels und zwei key note Vorträgen 25 Forscher und Forscherinnen aus aller Welt aktuelle Erkenntnisse vor und gaben Ein- oder Überblick darüber, wie Fußball rassistische, sexistische oder antisemitische Äußerungen und Handlungen produziert, kanalisiert und vielleicht hilft zu überwinden. Dass die Konferenz am israelischen Tag des Gedenkens an die Shoah und an einer der Erinnerungsstätten an die Verbrechen des Naziregimes stattfand, ließ nie vergessen, vor welchem geschichtlichen Hintergrund die Auseinandersetzung mit diesem Thema abläuft.

Disziplinübergreifende Forschung

Den Fokus der Tagung begrenzten dabei weder geographische Einschränkungen noch sozialwissenschaftliche Disziplinengrenzen, und auch die Art, in der Fußball in den Untersuchungen vorkam, war sehr unterschiedlich. So bezogen sich Vorträge auf die angebliche oder tatsächliche jüdische Identität von Fußballvereinen von der Frankfurter Eintracht bis zu Buenos Aires Club Atletico Atlanta. So gab es historische Abrisse der faschistischen Überformung des italienischen Fußballs und des Antisemitismus gegenüber jüdischen Vereinen und Spielern im Österreich der Zwischenkriegszeit, die übrigens sehr erfolgreich waren und in Matěj Šindelář nicht nur den wohl besten Spieler der Geschichte des Landes, sondern im SC Hakoah Wien auch einen nationalen Meister und international konkurrenzfähigen Spitzenverein produzierten.

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Und so erklärte ein Anthropologe, inwiefern Organisationsformen und Rollenverteilungen in Ultraszenen Regeln von dominanter Maskulinität folgen und eine Linguistin präsentierte ihre Feldforschung in einer professionellen Fußballmannschaft, die unter deren Kommunikationsmustern auch solche fand, die als Alltagsrassismus gelten müssen.

Fußballer kommen in Studie zu Wort

Diese letzte Studie, von Solvejg Wolfers im Rahmen ihrer Promotion an der Universität Warwick durchgeführt, war mindestens methodologisch das interessanteste Stück Forschung im Programm der Tagung. Und das nicht nur, weil ihr Vortrag einer von wenigen war, in denen tatsächlich Fußballer, und nicht die Akteure rund um das Spiel zu Wort kamen. Dreimal besuchte Wolfers für je eine Woche das Trainingsgelände eines (nicht näher spezifizierten) Profivereins und zeichnete Gespräche innerhalb der Mannschaft auf - in der Kabine, bei Waldläufen, in Teambesprechungen.

In dieser Fülle an Material finden sich auch (relativ niedrigschwellige) rassistische Äußerungen, wenn etwa ein Deutsch-Schweizerischer Spieler seinen asiatischen Mitspieler fragt, ob er zum Frühstück Katze oder in letzter Zeit Hund gegessen habe. Dass dem so ist, bedeutet wohl kaum, dass die Fußballer in der Studie besonders schlechte Menschen wären, sondern deutet darauf hin, wie häufig solche Interaktionen in unserer Gesellschaft überhaupt sind.

Strategien zur Vermeidung vorgestellt

Welche Strategien sich eröffnen, um dem entgegenzuwirken, war Thema des letzten Panels der Konferenz. Darin trugen Mitarbeiter der Anne Frank Stiftung vor, wie sie mit Fans verschiedener niederländischer Vereine, die mit gegen Ajax Amsterdam gerichteten antisemitischen Gesängen auffallen, arbeiten, und diese Fans etwa mit den jüdischen Teilen ihrer eigenen Vereine vertraut machen. Pavel Klymenko stellte die Monitoring Arbeit von FARE vor. Und Matthias Thoma, Direktor des Eintracht Frankfurt Museums, zeigte, wie das Museum die Zeit des Naziregimes in seiner Darstellung der Vereinsgeschichte präsentiert.

Wie schon andere Vorträge der Veranstaltung thematisiert hatten, war die Eintracht einer der Vereine, denen in der ersten Hälfte eine jüdische Identität zugeschrieben wurde - etwas, das stärker mit dem sozio-kulturellen Umfeld eines Clubs korreliert, als mit der tatsächlichen Zahl jüdischer Mitglieder. Trotzdem ist diese Tradition des Klubs, und "dass wir damals auch von Ausgrenzung betroffen waren," einer der Gründe dafür dass, wie Thoma sagt, "die Eintracht auch politisch denkt, sich politisch engagiert, wie es aktuell Präsident Peter Fischer tut."

Dass ein solches politisches Engagement überall im Fußball notwendig ist, und überall seine ganz eigenen, unterschiedlichen historischen und aktuellen Anschlusspunkte findet, ist jedenfalls unter dem Eindruck der Tagung offensichtlich.

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