Tasci: "Fußball ist die große Integrations-Chance"

Zweimal in Folge scheiterte die Türkei in der Qualifikation für das Fußball-Weltturnier. Der WM-Dritte von 2002 steht nach der Trennung von Fatih Terrim ohne Trainer da. In der FIFA-Weltrangliste belegt die Türkei einen unspektakulären 42. Platz. Und dennoch, Serdar Tasci glaubt an das Land, aus dem seine Eltern einst nach Deutschland auswanderten. Eine Krise mag er nicht erkennen. „Die Türkei ist unser gefährlichster Gruppengegner auf dem Weg zur EURO 2012. Dafür sind die Türken einfach zu starke Fußballer“, sagt der Profi des VfB Stuttgart, der am 20. August 2008 gegen Belgien sein Debüt im der deutschen Nationalmannschaft gab.

Der 22-jährige Tasci ist ein Schwabe, der auch gerne mal „passt scho’“ im Gespräch sagt. Aber er ist auch ein gläubiger Muslim, der im Fastenmonat Ramadan darum ringt, seiner Religion und den Anforderungen der Bundesliga gerecht zu werden. James Camerons' „Avatar“ sah er zuletzt im Kino, aber er mag auch türkische Komödien. Die Hürriyet liest er nur deshalb nicht, weil „bei unserem Zeugwart immer nur deutsche Zeitungen liegen“. Er hört Pop und House, aber auch türkische Folklore. Und Serdar Tasci ist Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes.

Diese Woche verleiht der Deutsche Fußball-Bund gemeinsam mit seinem Generalsponsor Mercedes-Benz den mit 150.000 Euro in Geld- und Sachpreisen dotierten Integrationspreis. DFB-Redakteur Thomas Hackbarth fragte den neunmaligen Nationalspieler im DFB.de-Gespräch der Woche, warum er sich 2006 für Deutschland entschied und welche Rolle der Fußball bei der Integration spielen kann.

DFB.de: 2006 haben sie sich trotz heftigen Werbens durch den damaligen türkischen Nationaltrainer Fatih Terim für die deutsche Nationalmannschaft entschieden. Was waren damals Ihre Gründe?

Serdar Tasci: Beide Länder wollten mich in ihre Nationalmannschaft berufen. Meine Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland eingewandert, alle meine Verwandten leben dort, so dass mir die Entscheidung schon schwer fiel. Aber ich bin in Deutschland geboren worden, bin hier zur Schule gegangen und wurde auch fußballerisch hier ausgebildet. Nach den Gesprächen mit Joachim Löw war meine Entscheidung für Deutschland eindeutig.

DFB.de: Deutschland und die Türkei werden in der Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 aufeinander treffen. Haben Sie sich über die Auslosung in Warschau gefreut?

Tasci: Ich habe die Auslosung mit anderen Spielern des VfB Stuttgart verfolgt. Gegen die Türkei, das werden bestimmt heiße Spiele.

DFB.de: Wie stark ist die türkische Nationalmannschaft?

Tasci: Sie sind an der WM-Qualifikation gescheitert, auch Terim wurde entlassen, momentan sucht man einen neuen Trainer. Von einer Krise würde ich dennoch nicht reden, dafür sind die Türken zu starke Fußballer. Die Türkei ist in unserer EM-Gruppe der gefährlichste Gegner.

DFB.de: Sind die in Deutschland lebenden Türken stolz auf sie? Oder doch eher noch verstimmt?

Tasci: Am Anfang, nach meiner Entscheidung für den DFB, gab es schon Kritik, auch in der Öffentlichkeit. Das hat sich aber gelegt. Inzwischen sind die meisten Türken, glaube ich, eher stolz auf meine Leistungen.

DFB.de: Sie wurden 1987 in Esslingen geboren. Erzählen Sie uns doch bitte etwas von Ihrer „deutsch-türkischen“ Jugend.

Tasci: In meinem Elternhaus wurde Deutsch und Türkisch gesprochen – mit meinen Eltern meistens türkisch, mit meinen Geschwistern meistens Deutsch. Mit fünf Jahren habe ich mit dem Fußballspielen beim SC Altbach angefangen. Mein Freundeskreis war immer sehr gemischt und bestand aus Deutschen, Türken und anderen Ausländern.

DFB.de: Sie sind gläubiger Muslim. Wie lässt sich die Fastenzeit mit den harten Anforderungen als Bundesliga-Spieler vereinbaren?

Tasci: Mir fällt das ehrlich gesagt sehr schwer. Ramadan ist zu keiner festen Jahreszeit, das verschiebt sich immer um 20 Tage. Ich kenne andere muslimische Spitzensportler, die das Fasten dann eisern durchziehen. Wenn ich aber vor einem wichtigen Spiel nichts essen würde, könnte ich auch nicht die geforderte Leistung bringen. Ich muss also die Fastentage auf freie Phasen verschieben, auf Tage an denen weder ein Spiel noch ein strapaziöses Training ansteht.

DFB.de: Immer mehr Fußballvereine kooperieren mittlerweile mit den Ausländerklubs oder der Moschee in der Stadt. Der Fußball dient als Treffpunkt unterschiedlicher Kulturen. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Tasci: Fußball verbindet die Menschen. Das Spiel bietet gerade Ausländern und Menschen mit ausländischen Wurzeln die Chance, sich zu integrieren. Der Fußball ist die große Chance zur Integration. Man spielt mit anderen zusammen in einer Mannschaft, daraus erwächst dann ganz natürlich eine Gemeinschaft.

DFB.de: Sie hatten im Herbst und Winter ein paar gesundheitliche Probleme, wie schaut es jetzt aus?

Tasci: Die Überlastungsreaktion im Mittelfuß liegt hinter mir, ich gehe fit ins WM-Jahr.

DFB.de: Am 3. März spielt Deutschland in München gegen Argentinien, danach nominiert der Bundestrainer das WM-Aufgebot. Gehören Sie dazu?

Tasci: Meine Chancen stehen gut. Ich habe mir einen Platz im Kandidatenkreis erkämpft, jetzt versuche ich in jedem Spiel und jeder Trainingseinheit alles zu geben, um den Anspruch auf einen Platz für Südafrika zu untermauern. Mit 22 Jahren bin ich noch ein junger Spieler. Selbstkritik ist wichtig, weil sie der Weiterentwicklung dient. Aber auch heute schon weiß Joachim Löw, was er an mir hat. Wir haben uns ohne eine Niederlage für Südafrika qualifiziert, dabei zweimal die starken Russen geschlagen. Klar haben wir bei ein paar Freundschaftsspielen vergangenes Jahr enttäuscht, aber im Juni in Südafrika werden wir voll da sein. Wir haben die Chance, Weltmeister zu werden.

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Zweimal in Folge scheiterte die Türkei in der Qualifikation für das Fußball-Weltturnier. Der WM-Dritte von 2002 steht nach der Trennung von Fatih Terrim ohne Trainer da. In der FIFA-Weltrangliste belegt die Türkei einen unspektakulären 42. Platz. Und dennoch, Serdar Tasci glaubt an das Land, aus dem seine Eltern einst nach Deutschland auswanderten. Eine Krise mag er nicht erkennen. „Die Türkei ist unser gefährlichster Gruppengegner auf dem Weg zur EURO 2012. Dafür sind die Türken einfach zu starke Fußballer“, sagt der Profi des VfB Stuttgart, der am 20. August 2008 gegen Belgien sein Debüt im der deutschen Nationalmannschaft gab.

Der 22-jährige Tasci ist ein Schwabe, der auch gerne mal „passt scho’“ im Gespräch sagt. Aber er ist auch ein gläubiger Muslim, der im Fastenmonat Ramadan darum ringt, seiner Religion und den Anforderungen der Bundesliga gerecht zu werden. James Camerons' „Avatar“ sah er zuletzt im Kino, aber er mag auch türkische Komödien. Die Hürriyet liest er nur deshalb nicht, weil „bei unserem Zeugwart immer nur deutsche Zeitungen liegen“. Er hört Pop und House, aber auch türkische Folklore. Und Serdar Tasci ist Integrationsbotschafter des Deutschen Fußball-Bundes.

Diese Woche verleiht der Deutsche Fußball-Bund gemeinsam mit seinem Generalsponsor Mercedes-Benz den mit 150.000 Euro in Geld- und Sachpreisen dotierten Integrationspreis. DFB-Redakteur Thomas Hackbarth fragte den neunmaligen Nationalspieler im DFB.de-Gespräch der Woche, warum er sich 2006 für Deutschland entschied und welche Rolle der Fußball bei der Integration spielen kann.

DFB.de: 2006 haben sie sich trotz heftigen Werbens durch den damaligen türkischen Nationaltrainer Fatih Terim für die deutsche Nationalmannschaft entschieden. Was waren damals Ihre Gründe?

Serdar Tasci: Beide Länder wollten mich in ihre Nationalmannschaft berufen. Meine Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland eingewandert, alle meine Verwandten leben dort, so dass mir die Entscheidung schon schwer fiel. Aber ich bin in Deutschland geboren worden, bin hier zur Schule gegangen und wurde auch fußballerisch hier ausgebildet. Nach den Gesprächen mit Joachim Löw war meine Entscheidung für Deutschland eindeutig.

DFB.de: Deutschland und die Türkei werden in der Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 aufeinander treffen. Haben Sie sich über die Auslosung in Warschau gefreut?

Tasci: Ich habe die Auslosung mit anderen Spielern des VfB Stuttgart verfolgt. Gegen die Türkei, das werden bestimmt heiße Spiele.

DFB.de: Wie stark ist die türkische Nationalmannschaft?

Tasci: Sie sind an der WM-Qualifikation gescheitert, auch Terim wurde entlassen, momentan sucht man einen neuen Trainer. Von einer Krise würde ich dennoch nicht reden, dafür sind die Türken zu starke Fußballer. Die Türkei ist in unserer EM-Gruppe der gefährlichste Gegner.

DFB.de: Sind die in Deutschland lebenden Türken stolz auf sie? Oder doch eher noch verstimmt?

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Tasci: Am Anfang, nach meiner Entscheidung für den DFB, gab es schon Kritik, auch in der Öffentlichkeit. Das hat sich aber gelegt. Inzwischen sind die meisten Türken, glaube ich, eher stolz auf meine Leistungen.

DFB.de: Sie wurden 1987 in Esslingen geboren. Erzählen Sie uns doch bitte etwas von Ihrer „deutsch-türkischen“ Jugend.

Tasci: In meinem Elternhaus wurde Deutsch und Türkisch gesprochen – mit meinen Eltern meistens türkisch, mit meinen Geschwistern meistens Deutsch. Mit fünf Jahren habe ich mit dem Fußballspielen beim SC Altbach angefangen. Mein Freundeskreis war immer sehr gemischt und bestand aus Deutschen, Türken und anderen Ausländern.

DFB.de: Sie sind gläubiger Muslim. Wie lässt sich die Fastenzeit mit den harten Anforderungen als Bundesliga-Spieler vereinbaren?

Tasci: Mir fällt das ehrlich gesagt sehr schwer. Ramadan ist zu keiner festen Jahreszeit, das verschiebt sich immer um 20 Tage. Ich kenne andere muslimische Spitzensportler, die das Fasten dann eisern durchziehen. Wenn ich aber vor einem wichtigen Spiel nichts essen würde, könnte ich auch nicht die geforderte Leistung bringen. Ich muss also die Fastentage auf freie Phasen verschieben, auf Tage an denen weder ein Spiel noch ein strapaziöses Training ansteht.

DFB.de: Immer mehr Fußballvereine kooperieren mittlerweile mit den Ausländerklubs oder der Moschee in der Stadt. Der Fußball dient als Treffpunkt unterschiedlicher Kulturen. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Tasci: Fußball verbindet die Menschen. Das Spiel bietet gerade Ausländern und Menschen mit ausländischen Wurzeln die Chance, sich zu integrieren. Der Fußball ist die große Chance zur Integration. Man spielt mit anderen zusammen in einer Mannschaft, daraus erwächst dann ganz natürlich eine Gemeinschaft.

DFB.de: Sie hatten im Herbst und Winter ein paar gesundheitliche Probleme, wie schaut es jetzt aus?

Tasci: Die Überlastungsreaktion im Mittelfuß liegt hinter mir, ich gehe fit ins WM-Jahr.

DFB.de: Am 3. März spielt Deutschland in München gegen Argentinien, danach nominiert der Bundestrainer das WM-Aufgebot. Gehören Sie dazu?

Tasci: Meine Chancen stehen gut. Ich habe mir einen Platz im Kandidatenkreis erkämpft, jetzt versuche ich in jedem Spiel und jeder Trainingseinheit alles zu geben, um den Anspruch auf einen Platz für Südafrika zu untermauern. Mit 22 Jahren bin ich noch ein junger Spieler. Selbstkritik ist wichtig, weil sie der Weiterentwicklung dient. Aber auch heute schon weiß Joachim Löw, was er an mir hat. Wir haben uns ohne eine Niederlage für Südafrika qualifiziert, dabei zweimal die starken Russen geschlagen. Klar haben wir bei ein paar Freundschaftsspielen vergangenes Jahr enttäuscht, aber im Juni in Südafrika werden wir voll da sein. Wir haben die Chance, Weltmeister zu werden.